Protocol of the Session on June 3, 2010

Vor allem freue ich mich übrigens, dass der Jugendverbraucherschutz in diesen Antrag als eigener Bereich aufgenommen worden ist. Wenn wir den aktuellen Schuldneratlas Deutschland aufschlagen, sehen wir zum Beispiel, dass sich die Schuldnerquote bei den unter 20-Jährigen in den vergangenen fünf Jahren mehr als verdoppelt hat, wenngleich die Gesamtzahlen tendenziell rückläufig sind. Das zeigt, dass sowohl in der Frage der Aufklärung und Beratung als auch bei den gesetzlichen Regelungen für Jugendliche eigene maßgeschneiderte und vielleicht auch zusätzliche Maßnahmen nötig sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich freue mich schon heute auf die neuen Impulse, die die eingeforderte verbraucherschutzpolitische Strategie der Landesregierung dem Verbraucherschutz in Brandenburg geben wird. Herr Wichmann, gut Ding will Weile haben; deshalb ist Ende 2011 vielleicht gar nicht so schlecht. Wir werden darüber noch schrittweise diskutieren. Vielen Dank für Ihr Signal, dem Antrag zuzustimmen. - Danke schön.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Der Abgeordnete Beyer setzt für die FDP-Fraktion fort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das scheint ein einvernehmlicher Nachmittag zu werden. Ich hoffe doch sehr, dass das nicht dem Sauerstoffdefizit nach umfangreichem Mittagessen geschuldet ist, sondern der Sache. In der Tat ist es löblich, dass das Thema Verbraucherschutzstrategie noch vor der Sommerpause in den parlamentarischen Prozess eingebracht wird. Dies unterstreicht, wie wichtig dieses Thema ist und wie sensibel mit ihm umgegangen werden muss. Wir halten es auch für richtig, dass im vorliegenden Antrag die Frage des Verbraucher

schutzes im Umgang mit Finanzdienstleistungen aufgegriffen und dabei erkannt wird, dass dieses Feld eines intensiven und generationsübergreifenden Konsumentenschutzes bedarf.

Gleiches gilt für den Schutz persönlicher Daten und den verantwortungsvollen Umgang mit Medien, allen voran dem Internet. Wir teilen auch die Auffassung, dass es mit Blick auf den Verbraucherschutz zwischen den Generationen unterschiedliche Bedürfnisse und Wünsche gibt. Besonders die Bedürfnisse gilt es zu analysieren und in eine Verbraucherschutzstrategie einzubetten.

Wir haben in den Haushaltsberatungen wiederholt über Anforderungen an den Verbraucherschutz in Brandenburg gesprochen. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, mich an dieser Stelle nochmals für die hervorragende Arbeit der Verbraucherzentralen in unserem Land zu bedanken.

(Beifall FDP, SPD sowie CDU)

Wir werden deshalb auch in den Ausschussberatungen zum vorliegenden Antrag darauf achten, dass die Bedeutung der Verbraucherzentralen in der Verbraucherschutzstrategie deutlich gestärkt wird.

Ein wichtiges Feld ist der Verbraucherschutz bei den Finanzdienstleistungen, der dringend verbessert werden muss. Jeder Verbraucher muss Chancen und Risiken allgemein verständlich erkennen können. Aus diesem Grund benötigen wir in der Beratung klare Produktinformationen und Transparenz in Sachen Geldanlagen und Geldverkehr. Banken und Finanzvermittler müssen für die Beratung zur Risikoeinstufung ihrer Kunden und ihrer Produkte einstehen. Im Sinne einer Produktverantwortung bedeutet dies, ein Beschwerdemanagement aufzubauen, das den Anforderungen der Kunden gerecht wird. Nicht zuletzt deshalb wird meine Fraktion auch über Mindestanforderungen an alle Finanzvermittler und unabhängige Verbraucherberater sprechen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der antragstellenden Fraktionen! Eine vor kurzem veröffentlichte Studie zur privaten Altersvorsorge bei jungen Menschen kam zu dem ernüchternden Ergebnis, dass die Mehrheit der Jugendlichen und jungen Erwachsenen die Regelungen zur Altersvorsorge nicht versteht. Die Heranwachsenden sind sich der Notwendigkeit, privat für das Alter vorzusorgen, durchaus bewusst. Das Problem ist, dass die Inhalte der großen Reform zur Alterssicherung durch mehr Eigenbeteiligung nicht bei allen Menschen angekommen sind. Auch darüber müssen wir reden und uns Gedanken machen, wie wir hier, möglichst unter Einbindung der Schule und verschiedener Freizeiteinrichtungen, Abhilfe schaffen können.

Viele weitere Dinge wären anzusprechen, so zum Beispiel dass Arztrechnungen auch für gesetzlich Versicherte transparent sein müssen. Aus diesem Grunde freue ich mich, dass wir in der zweiten Jahreshälfte diese anspruchsvolle Aufgabe angehen werden. Wir halten allerdings das von Ihnen vorgesehene Zeitfenster für wenig ambitioniert. Wenn wir bereits in der zweiten Jahreshälfte im Ausschuss beraten, dann darf es nicht noch über ein Jahr dauern, bis die Landesregierung eine Strategie vorlegt. Kollege Wichmann hat es bereits angesprochen.

Sehr geehrte Frau Ministerin Tack, greifen Sie bei der Erarbeitung der Verbraucherschutzstrategie auf die Erfahrungen der Zentralen, der diversen wissenschaftlichen Einrichtungen und

auf die Experten zurück, und verkürzen Sie so den Zeitraum bis zur Vorlage der Strategie. Lassen Sie die Brandenburgerinnen und Brandenburger nicht zu lange warten, sondern nutzen Sie die Hinweise, die Ihnen der Ausschuss und die Fachleute sicherlich an die Hand geben werden. Nichtsdestotrotz werden wir dem vorliegenden Antrag auf Erstellung einer Verbraucherschutzstrategie für das Land Brandenburg zustimmen. Wir sind nicht in jedem Punkt mit der Herangehensweise einverstanden, aber wir setzen darauf, dass wir im weiteren Prozess des parlamentarischen Verfahrens gegebenenfalls eine Schnittmenge zu einem wirkungsvollen Verbraucherschutz finden werden. Unsere Unterstützung haben Sie dabei. - Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Der Abgeordnete Jungclaus setzt für die Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN fort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Seit der Übernahme des Vorsitzes der Verbraucherschutzministerkonferenz durch Ministerin Tack hat der Verbraucherschutz in unserem Bundesland ein wenig Aufwind bekommen. Allerdings kann das nicht über die untergeordnete Rolle, die der Verbraucherschutz generell in der Landespolitik spielt, hinwegtäuschen. Im Koalitionsvertrag taucht das Wort Verbraucherschutz lediglich einmal auf, und das noch in einer Überschrift. Die Chance, den Verbraucherschutz im Zuge der Neuzuschnitte für die Landesministerien zu Beginn der Legislaturperiode institutionell zu stärken, hat die Koalition leider ebenfalls nicht genutzt. Bisher ließen leider auch die Redner und Rednerinnen der Koalition nicht so richtig die Stoßrichtung erkennen, wohin es in der Verbraucherschutzpolitik in Brandenburg gehen soll. Darüber helfen auch Kennedy-Zitate und Bilder von Handynutzern in der Regionalbahn nicht hinweg.

Mit ihrem Antrag wollen die Koalitionsfraktionen nun offensichtlich die bisherige verbraucherpolitische Konzeptionslosigkeit beenden. Wenn auch die Erkenntnis ein wenig spät kommt, der Vorstoß freut mich. Der vorliegende Antrag benennt durchaus die wichtigsten Bereiche der Verbraucherschutzpolitik. Eigentlich ist es ein schöner Antrag, aber nur eigentlich. Es reicht nicht aus, durch schöne Anträge Handeln zu suggerieren. Sie werden sich vor allem an der Umsetzung messen lassen müssen. Ich hoffe daher sehr, dass die Landesregierung nun auf Basis dieses Antrags unter Einhaltung des selbst auferlegten Termins eine tatsächliche Strategie mit klaren Zielen und Maßnahmen formulieren wird, die sie dann auch umsetzt, und es nicht, wie zum Beispiel in der Energiepolitik, beim reinen Taktieren belässt. Zeit hat sie sich mit dem Termin zum Ende des Jahres genug gegeben. Handeln ist schließlich dringend geboten. Brandenburg ist immerhin in der vergangenen Legislaturperiode im Verbraucherschutzindex von Platz 1 auf Platz 4 abgerutscht. Diesen Abwärtstrend gilt es zu stoppen.

Besonders positiv hervorzuheben ist die Forderung des Antrags, in die Strategieentwicklung verschiedene sachkundige Akteure einzubeziehen und eine öffentliche Diskussion anzustoßen. Positiv fand ich auch die Äußerung des Kollegen Büchel, das Ganze als Gesamtstrategie von mehreren Ministerien zu sehen. Wir müssen nur aufpassen, dass wir uns hier nicht zu sehr ver

zetteln, und dass nicht später die Verantwortung hin- und hergeschoben wird.

Was ich in Ihrem Antrag jedoch vermisse, ist die Benennung einer oder mehrerer konkreter Schlagrichtungen oder Schwerpunkte. Hier hätte doch zum Beispiel die etwas schmal geratene Begründung sicherlich ein wenig mehr Platz in Anspruch nehmen dürfen.

(Ministerin Tack: Sie hätten doch dazu beitragen können!)

Das Parlament hätte so ein klein wenig mehr Ahnung davon, worauf wir uns am Ende des Jahres freuen können. Wir erwarten auch, dass sich der Verbraucherschutz in Brandenburg beim Warten auf die Strategie nicht in den Sleepmodus schaltet. Es gibt schließlich viele Bereiche, in denen die Frau Ministerin dringend handeln sollte und auch könnte, ohne vom Landtag explizit dazu aufgefordert zu werden.

(Frau Wehlan [DIE LINKE]: Vielleicht tut sie das auch schon!)

Werfen Sie zum Beispiel einen Blick in den letzten Verbraucherschutzindex: Brandenburg verschlechterte sich damals dramatisch in der Lebensmittelkontrolle. Zwischen 2006 und 2008 stürzte Brandenburg von Platz 2 auf Platz 15 ab. Man darf gespannt sein, wie der diesjährige Index ausfällt.

Den vorliegenden Antrag werden wir jedenfalls unterstützen und hoffen, dass die Landesregierung in der Lage sein wird, diesem Antrag auch fristgemäß Folge zu leisten. Es wäre schade, wenn wir in einem halben Jahr erneut über einen Antrag zur Ausarbeitung einer Strategie für die Verbraucherschutzpolitik abstimmen müssen. Das Negativbeispiel hierzu, die Seenprivatisierung, wird uns später noch beschäftigen. Deshalb noch einmal zur Erinnerung an die Landesregierung: Anträgen müssen Taten folgen. Ich freue mich jedenfalls schon jetzt auf die verbraucherpolitische Debatte in sechs Monaten. - Vielen Dank.

(Beifall GRÜNE/B90 sowie vereinzelt FDP)

Frau Ministerin Tack spricht für die Landesregierung.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen aus den Fraktionen! Es ist sehr angenehm zu hören, dass wir fast alle oder eigentlich alle das Gleiche wollen. Wir müssen uns nur noch über die Schwerpunkte anhand des Antrags konkret verständigen.

Ich finde, es ist eine gute Entscheidung, dass das Parlament heute diesem Antrag folgen wird. Die große Einigkeit, die gerade hier in der Sachfrage demonstriert worden ist, ist sehr hilfreich. Es handelt sich um einen anspruchsvollen Auftrag, der eine intensive Zusammenarbeit mit den anderen Ministerien fordert, um hier wirklich die Strategie des Landes vorlegen zu können.

Verbraucherinnen und Verbraucher sind gegenüber den Herstellern und Dienstleistungsanbietern strukturell im Nachteil,

und deshalb brauchen wir einen Verbraucherschutz. Wir treffen tagtäglich auf Waren und Dienstleistungen, deren Qualität wir kaum beurteilen können. Der schwer überschaubare Dschungel von Inhaltsstoffen, Gütesiegeln und irreführenden Kennzeichnungen dient nicht der Transparenz, sondern eher der Verschleierung.

Unsere Verbraucherschutzstrategie muss deshalb in zwei Richtungen wirken. Wer hier anmahnt, es gäbe keine Richtung, keine Zielsetzung, Herr Jungclaus, dem möchte ich deutlich sagen: Zum einen gilt es, die Verbraucherrechte und zum anderen die Verbraucherbildung zu stärken und auszubauen - unbedingt.

Die Brandenburger Strategie kann jedoch nicht losgelöst - das ist durchaus etwas einschränkend - von der Bundes- und Europaebene betrachtet werden. Denn über 80 % der Verbraucherrechte sind auf der europäischen Ebene verankert. Deswegen sind die Ziele und die verbraucherpolitischen Strategien der EU-Kommission für uns letztlich von großer Bedeutung. Ich habe Sie kürzlich darüber informiert, dass ich in Brüssel gewesen bin und die Auffassung des Bundesrates in Sachen Verbraucherschutzrechte in Deutschland wiedergegeben habe, der sich gegen eine Vollharmonisierung des Verbraucherrechts durch die EU ausgesprochen hat. Denn wir wollen unsere guten verbraucherrechtlichen Regelungen und unseren guten Verbraucherschutz in Deutschland erhalten wissen.

Auch in unseren Gesprächen und Debatten über unsere Konferenz am 10. Mai in Frankfurt (Oder) im Zusammenhang mit dem deutsch-polnischen Verbraucherschutz - die zuständige Direktorin des Bereiches Grundsatzfragen der EU-Kommission war zu Besuch - haben wir unsere Position noch einmal bekräftigt und deutlich gemacht, was wir hinsichtlich der Entscheidung der Europäischen Kommission erwarten.

Die Stärkung der Verbraucherrechte bedarf einer guten Kommunikation und Zusammenarbeit der verschiedenen Ressorts der Landesregierung. Wir als federführendes Ministerium werden bis Ende September - angesichts der baldigen Sommerpause ist nicht mehr viel Zeit; ich glaube, es ist ein sehr ambitioniertes Ziel - in Abstimmung mit den beteiligten Ressorts die Eckpunkte unserer Strategie erarbeiten. Unser Haus wird dabei seine Erfahrungen in den Bereichen Verbraucherberatung und Verbraucherinformation - hier spielt die Landesverbraucherzentrale eine große Rolle - sowie in dem Bereich gesundheitlicher Verbraucherschutz - das betrifft insbesondere die Lebensmittel-, Veterinär- und Futtermittelüberwachung - einbringen.

Wenn es um den Jugendverbraucherschutz und den Schutz von Jugendlichen in der Öffentlichkeit geht, stimmen wir Themen und Prioritäten natürlich mit dem MASF und dem Bildungsministerium ab. Beispielhaft sei hier unser bestehender Arbeitskreis zur Verbraucherbildung an Schulen genannt, der sich ein nächstes Mal am 4. Juni treffen und gemeinsam mit der Universität Potsdam weiter arbeiten wird.

Beim Verbrauchervertragsrecht und beim Datenschutz werden wir uns mit dem Ministerium der Justiz bzw. mit dem Ministerium des Innern abstimmen, ein Gleiches dann, wenn wir Akzente in der Seniorenpolitik setzen wollen. Sie beinhaltet bereits wichtige verbraucherpolitische Aspekte, die in die neue Strategie einfließen sollen.

Nicht nur bei dem Themenfeld Ökolebensmittel setzen wir auf das Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft, sondern

auch, Herr Kollege, wenn es um Vorschläge zur Verbesserung der Fahrgastrechte im öffentlichen Nahverkehr geht.

Für den Bereich des wirtschaftlichen Verbraucherschutzes und der Energieberatung bedarf es schließlich eines engen Schulterschlusses mit dem Ministerium für Wirtschaft und Europaangelegenheiten.

Die Verbraucherschutzministerkonferenz in diesem September steht unter dem Motto „Gesunde Produkte, faire Dienstleistungen, mündige Verbraucher“. Darin spiegelt sich auch unsere Zielstellung für die Eckpunkte der Verbraucherschutzstrategie des Landes wider.

Ich will zum Schluss aber nicht außer Acht lassen, dass wir die große Aufgabe haben, sozial gerechte Verbraucherpolitik vor allen Dingen für die Personengruppe der einkommensschwachen, bildungsferneren und unerfahrenen Verbraucherinnen und Verbraucher zu machen und ihr mehr Unterstützung zu geben. Ich hoffe, auch da haben wir Sie, die Vertreter der anderen Fraktionen, mit im Boot.

Da die Forderung kam, alle Expertinnen und Experten der Verbraucherschutzkommission in die Erarbeitung der Eckpunkte einzubeziehen, will ich Ihnen sagen, dass wir zum Beispiel am 14. Juni in der Bundestagsfraktion DIE LINKE eine große Veranstaltung durchführen unter anderem mit den Verbraucherschutzzentralen, aber auch mit dem obersten Verbraucherschützer der Bundesrepublik, Herrn Billen. Da werden wir unsere Erfahrungen austauschen. Sie werden unsere Strategie sicherlich anreichern. - Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD)

Meine Damen und Herren, wir kommen zur Abstimmung über den Antrag in der Drucksache 5/1239 der Koalitionsfraktionen: Verbraucherschutzpolitik. Wer ihm Folge leisten möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen oder Enthaltungen? - Beides ist nicht der Fall und der Antrag damit angenommen.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 3 und rufe Tagesordnungspunkt 4 auf:

Verhandlung mit der Bundesregierung um die Gewässerflächen des Bundes (BVVG) endlich aufnehmen

Antrag der Fraktion der CDU

Drucksache 5/1242