Protocol of the Session on March 25, 2010

(Zuruf des Abgeordneten Görke [DIE LINKE])

Darüber hinaus plant die Bundesregierung, zusätzliche Mittel vor allem zur Erforschung anderer Extremismusformen wie Linksextremismus und Extremismus im Bereich des Islamismus bereitzustellen. Diese Mittel belaufen sich auf 5 Millionen Euro.

(Zuruf von der CDU)

Daran, dass diese Mittel zusätzlich sind und das andere bleibt, sehen Sie doch, dass die Bundesregierung auch weiterhin den Schwerpunkt auf die Unterstützung der Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus setzt. Aber es ist eben auch ausdrücklich zu begrüßen, dass die Bundesregierung auch beschlossen hat, die anderen Extremismusformen nicht aus den Augen zu verlieren. Es muss die Aufgabe der Politik sein, die Rahmenbedingungen einer lebendigen Demokratie zu sichern; denn Demokratie kann von vielen Seiten bedroht sein, Herr Scharfenberg. Das Handlungskonzept „Tolerantes Brandenburg“ muss diesem Umstand Rechnung tragen. Deshalb fordern wir eine entsprechende Weiterentwicklung dieses Handlungskonzeptes.

Zum Schluss möchte ich noch sagen: In mindestens einem Punkt ist das Handlungskonzept ein ganzes Stück weiter als die Verfasser dieses Antrags. Der Wortbaustein „rechtsextrem“ kommt im Handlungskonzept nur halb so oft vor wie das Wort „Demokratie“. Bei Ihnen ist das Verhältnis nicht einmal umgekehrt, sondern es ist viel schlimmer. Das Wort „rechtsextrem“ verwenden Sie 21 Mal und das Wort Demokratie nur dreimal. Ich finde, das lässt bezüglich Ihres demokratischen Verständnisses tief blicken, meine Damen und Herren.

(Beifall CDU - Zuruf von der Fraktion DIE LINKE)

Der Abgeordnete Ness spricht für die SPD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin noch nicht lange in diesem Landtag, aber heute haben wir wieder einige Redebeiträge erlebt, die von großer, gehaltvoller Rhetorik geprägt waren. Herr Bretz war doch noch zu toppen. Bei ihm waren es nur noch Luftblasen, die durch den Raum schwebten. Aber der letzte Beitrag hat mich, Frau Wanka, daran erinnert, was Franz Müntefering einmal gesagt hat: Opposition ist Mist. Ich merke der CDU an, dass sie wirklich erlebt, dass Opposition Mist ist.

(Beifall SPD)

Ich glaube, durch solche Beiträge wie eben geben Sie dem Satz „Opposition ist Mist“ einen völlig neuen bzw. anderen Gehalt, als er bisher interpretiert worden ist.

(Beifall SPD)

Ich denke, dass wir hier in Brandenburg angesichts unserer Geschichte in den letzten 20 Jahren, was wir an rechtsextremistischer Gewalt, an Totschlägen durch Rechtsextremisten, an Morden durch Rechtsextremisten erlebt haben, andere Wortbeiträge aus Ihrer Fraktion erwarten sollten,

(Senftleben [CDU]: Hören Sie einfach einmal zu!)

auch vor dem Hintergrund, dass wir zehn Jahre lang gemeinsam regiert haben und der frühere Innenminister in diesen zehn Jahren eine sehr konsequente Änderung seiner Position vorgenommen hat.

(Beifall DIE LINKE)

Ich kann mich erinnern, wie Jörg Schönbohm Anfang 2000 gesagt hat, er lehne es ab, dass Gutmenschen mit Kerzen in der Hand durch das Land gehen, und ich habe ihn im Jahr 2006 erlebt, wie er am „Tag der Demokraten“ gemeinsam mit anderen CDU-Mitgliedern, gemeinsam mit anderen Demokraten von allen Parteien dieses Hauses - mit Ausnahme der unsäglichen DVU - dort gemeinsam mit uns dafür gesorgt hat, dass Rechtsextremisten nicht das Bild dieses Land prägen. Das war ein Wandel, den die CDU dort vollzogen hat, den ich sehr bewundert habe, auch ganz klar in der Person von Jörg Schönbohm.

(Beifall DIE LINKE - Zuruf des Abgeordneten Senftleben [CDU])

Was ich mit dem vorhergehenden Redebeitrag erlebt habe, zeigt, dass wir auf dem Rückweg sind. Ich erlebe es auch an anderen Dingen.

(Zurufe von der CDU)

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ich erlaube im Moment keine Zwischenfrage, weil ich glaube, noch genügend Anlass für weitere Zwischenfragen aus den Reihen der CDU-Fraktion zu geben.

(Zuruf von der CDU)

Ich will Ihnen sagen, worum es Ihnen geht: Ich glaube, die CDU-Fraktion in diesem Haus leidet vehement darunter, dass es keinen Linksextremismus in diesem Land gibt, der nennenswert ist.

(Lachen bei der CDU)

Der Höhepunkt für mich ist eine Kleine Anfrage des Kollegen Petke - er ist leider schon gegangen -, die gestern in meinem Fach lag.

Da wird in einer Überschrift, die auf mich einen ganz verdienstvollen Eindruck machte, die Frage gestellt, welche Vereinigung es denn gegen Rechtsextremismus in diesem Land gebe. Die Themen Rechtsextremismus und Vereinigung gegen Rechtsextremismus werden in der Anfrage von Herrn Petke jedoch nur als Projektionsfläche benutzt; denn eigentlich geht es ihm darum, Erkenntnisse darüber zu erlangen, ob die Initiativen, die etwas gegen Rechtsextremismus unternehmen, nicht eigentlich linksextremistisch seien. Es ist ein Skandal sondergleichen, dass Gruppen in diesem Land, die das machen, was wir jahrelang eingefordert haben, nämlich sich zivilgesellschaftlich zu engagieren, Linksextremismus unterstellt wird.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Dazu passt es gut, was ich gestern in einer Potsdamer Lokalzeitung gelesen habe: Eine große Verteidigungsrede von Sven Petke für einen Busfahrer, der die „Junge Freiheit“ in Potsdam gelesen hat. Ich glaube, in der Opposition zeigt sich jetzt ein Geist, der schon immer da und zum Teil nur verdeckt war.

Ich glaube, es ist gut, dass die Regierungsfraktionen gemeinsam mit den Grünen heute einen Antrag eingebracht haben, der deutlich macht, dass in den nächsten fünf Jahren und darüber hinaus der Kampf gegen Rechtsextremismus weiterhin ein Thema bleiben wird, mit dem wir uns intensiv beschäftigen. Dazu gibt es am kommenden Sonnabend Gelegenheit. Da wird nämlich in Neuruppin - ganz in der Nähe Ihres Wahlkreises, Herr Hoffmann - kein Aufmarsch von Islamisten stattfinden, da werden auch keine Linksextremisten Autos abbrennen, sondern es haben sich 250 Neonazis angekündigt, die versuchen wollen, in dieser Stadt Angst und Schrecken zu verbreiten. Ich wünschte mir, dass Sie einmal dorthin gingen. Vielleicht können Sie etwas lernen. - Vielen Dank.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Der Abgeordnete Goetz setzt für die FDP-Fraktion fort. Die Kurzintervention behandeln wir am Ende des Tagesordnungspunktes.

Das überrascht mich ein wenig, Herr Präsident, aber bitte, wenn das nach der Geschäftsordnung so gehen soll.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir hatten bereits im Oktober in der ersten Sitzung einen Antrag von Rot-Rot sowie der Fraktion GRÜNE/B90, der sich „Erklärung für ein demokratisches und tolerantes Brandenburg“ nannte. Der Antrag, der jetzt vorliegt, ist im Wesentlichen eine Wiederholung dieses Antrags, der damals bereits beschlossen worden ist. Der Antrag krankt am gleichen Mangel wie der vom Oktober: Dieser Antrag ist auf dem linken Auge blind. - Der Antrag, den Sie jetzt gestellt haben, enthält durchaus akzeptable Passagen. Den Punkt 2 beispielsweise, den Sie, Kollege Hoffmann, kritisiert haben, finde ich gar nicht so schlecht. Er ist der beste Punkt in diesem Antrag, weil er offen nach links und rechts formuliert, indem er sagt:

„Die Förderung von und Erziehung zur Toleranz ist ein Bildungsauftrag, der bereits im vorschulischen Bereich ansetzen muss. Der Landtag fordert die Landesregierung auf, neue Ansätze bei der Aufklärung über historische Zusammenhänge in den Bildungsangeboten insbesondere der Jugendarbeit und in Schulen, aber auch in der Erwachsenenbildung zu entwickeln und zu erproben.“

Letzteres ist falsch, da haben Sie Recht. Eigentlich müsste es eher heißen: umzusetzen, endlich zu qualifizieren, endlich weiterzumachen. Wir haben durchaus auch Probleme mit dem Linksextremismus. Im „Spiegel“ ist ganz frisch die Kriminalstatistik des Bundes nachzulesen. Demnach sind die linksextremistischen Straftaten im vorigen Jahr um 39,4 % auf insgesamt 9 375 Fälle bundesweit angestiegen.

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE)

Das sind immer noch doppelt so viele wie rechtsextreme Straftaten.

(Zurufe von der CDU)

Dabei muss man wissen, dass bei den rechtsextremen Straftaten auch das Verwenden von verfassungsfeindlichen Symbolen mitzählt, was bei linksextremen Straftaten nicht auftritt. Erstmals gibt es mehr Körperverletzungen aus der linksextremen Ecke als rechtsextrem motivierte. Auch das sind Fakten, die bundesweit gelten. Wenn es darum geht, dass Autos brennen, dann brennen sie nicht nur in Berlin, sondern auch in Potsdam und Vororten Potsdams. Auch da besteht der Verdacht auf linksextreme Straftaten. Ob das am Ende so ist, ist eine andere Frage. Das bedarf der Untersuchung. Deswegen kommt es darauf an, in beide Richtungen zu schauen.

Wenn Sie Toleranz einfordern, haben Sie uns voll an Ihrer Seite. Wir brauchen Toleranz für eine tolerante Gesellschaft, für ein demokratisches Miteinander. Aber Toleranz ist eben unteilbar. Sie können bei der Toleranz nicht nur in die eine Richtung schauen und es in der anderen Richtung nicht so genau nehmen. Sie muss in beide Richtungen gleichermaßen gelten. Opposition mag Mist sein, meine Damen und Herren, aber man kann durchaus auch mistig regieren. Dieser Antrag ist ein Beispiel dafür. So geht das mit uns nicht. Deswegen werden wir diesen Antrag ablehnen. - Ich danke Ihnen.

(Beifall FDP und CDU)

Der Kollege Bretz möchte sich mit seiner Kurzintervention auf Herrn Ness konzentrieren und die übrigen Redebeiträge nicht

einbeziehen. Deshalb hat er jetzt die Gelegenheit zur Kurzintervention.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Ness, wenn Sie zum Thema Rechtsextremismus reden und es schaffen, in Ihrem Redebeitrag nichts zu den Fakten zu sagen, sondern sich darauf zu konzentrieren, demokratisch gewählte Abgeordnete dieses Hauses zu kritisieren, vorzuführen und zu beschimpfen, dann muss ich mich fragen, Herr Kollege Ness, wessen Verständnis Sie eigentlich haben.

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE)

Wenn Sie dann noch im versteckten Gewand eines Zitats sagen, dass eine demokratisch gewählte Opposition in diesem Haus „Mist“ sei, und das im Zusammenhang mit Ihrem Redebeitrag sehen, dann muss ich Ihnen sagen, dass Sie hier preisgeben, wes Geistes Kind Sie sind. Wenn Sie versuchen, zu diesem wichtigen Thema einen politischen Kampf zu führen und bei der Diskussion über dieses Thema, bei dem Sie eigentlich die Einheit dieses Hauses herstellen wollen, zu spalten, dann lässt auch das sehr tief blicken, Herr Kollege Ness. Ich finde es enttäuschend, dass der Generalsekretär der Sozialdemokratischen Partei in diesem Land sich zu einem solchen Redebeitrag hat hinreißen lassen. Das lässt tief in die Absichten Ihres Vorhabens blicken. - Danke.

(Zuruf der Abgeordneten Kaiser [DIE LINKE] - Beifall CDU)

Der Kollege Ness hat Gelegenheit zu reagieren, wenn er möchte. Besteht Bedarf? - Es besteht kein Bedarf.

Wir setzen mit dem Beitrag der Abgeordneten Nonnemacher von der Fraktion GRÜNE/B90 fort. Es wäre schön, wenn Sie ihr alle Ihre Aufmerksamkeit schenken würden.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich spreche zum gemeinsamen Antrag „Rechtsextremismus konsequent bekämpfen“. Meine Damen und Herren von der CDU und von der FDP, ich spreche nicht zum Entschließungsantrag „Extremismus konsequent bekämpfen“. Warum nicht? Ich möchte hier über Äpfel reden und nicht über Birnen. Es muss einfach einmal erlaubt sein, das Thema der anhaltenden Bedrohung durch den Rechtsextremismus in Brandenburg hier zur Sprache zu bringen, ohne dass man gleichzeitig über brennende Autos in Neu Fahrland redet.

(Beifall DIE LINKE und SPD)