Protocol of the Session on February 25, 2010

Drucksache 5/438

Das Wort erhält die einbringende Fraktion. Der Abgeordnete Petke darf an das Rednerpult.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am Sonntag sind die Bürgerinnen und Bürger in der Uckermark aufgefordert, einen neuen Landrat für ihren Landkreis zu wählen. In der letzten Legislaturperiode sind durch die gemeinsam von CDU und SPD vorgenommene Novellierung der Kommunalverfassung die Grundlagen dazu gelegt worden. In diesem Jahr fanden in insgesamt vier Landkreisen bereits Direktwahlen der Landräte statt. Wir folgen damit der Mehrheit der Bundesländer. In der Mehrheit der Länder werden die Landrätinnen und Landräte von den Wählerinnen und Wählern direkt gewählt. In einer Minderheit der Länder erfolgt diese Wahl über die Kreistage.

Hierzu hat es eine Diskussion gegeben. Ich finde es bemerkenswert, dass in der Presse nach den Direktwahlen immer wieder über das Quorum diskutiert wurde und über die Frage, ob die 15 % erreicht worden sind oder nicht. Festzustellen bleibt, dass im Landkreis Oberspreewald-Lausitz entgegen vielen Vermutungen ein Landrat gewählt worden ist, der nicht nur die Mehrheit der Stimmen erhalten hat, sondern wo auch ein Quorum von 15 % erfüllt worden ist.

Dieses Quorum ist übrigens einmalig. Das gibt es in dieser Form in keinem anderen Bundesland der Bundesrepublik Deutsch

land. Insofern ist die Frage berechtigt, ob das Quorum in dieser Form Bestand haben sollte.

Umso mehr hat es uns und viele Menschen im Land gewundert, dass Rot-Rot im Koalitionsvertrag vereinbart hat, die rechtlichen Grundlagen der Direktwahl für die Landräte in Brandenburg nach den Direktwahlen, die jetzt stattfinden, zu überprüfen. Das wurde in den Koalitionsvertrag aufgenommen, allerdings ohne eine Begründung. Es ist nicht nachvollziehbar, unter welchen Prämissen diese Überprüfung erfolgen soll.

Wir haben im Plenum und auch im Innenausschuss den Versuch unternommen, den Innenminister zu fragen, nach welchen konkreten Maßstäben diese Überprüfung erfolgen soll. Der Innenminister ist eine Antwort hierauf schuldig geblieben und hat sich darauf bezogen, dass dies ja noch ausstehe und man dann weitersehen werde. Das ist in dieser Form sehr unglaubwürdig; denn wenn man so etwas in den Koalitionsvertrag aufnimmt, dann, so denke ich, hat man sich schon überlegt, warum man diese Überprüfung vornehmen will.

Meine Damen und Herren! Ich möchte unseren Antrag mit einem weiteren Argument begründen. Es waren nicht nur die mehr als 227 000 abgegebenen Stimmen für die jeweiligen Kandidatinnen und Kandidaten, die an dieser Stelle mit Respekt zu behandeln sind. Es waren in zwei Landkreisen auch diejenigen, die davor zur Abstimmung gegangen sind, um die Direktwahl überhaupt auf die Tagesordnung zu setzen. Denn nicht in allen Landkreisen war eine Direktwahl vorgesehen. Dies wurde erst im Rahmen der Bürgerinitiative angeschoben.

Insofern, so glaube ich, ist es gut zu wissen und in Erfahrung zu bringen, was Rot-Rot nun will und ob die Direktwahl nach dem kommenden Sonntag überhaupt noch eine Zukunft in Brandenburg hat. Daran müssen sich nicht nur diejenigen messen lassen, die für das Amt kandidieren, sondern auch diejenigen, die seitens der Partei aufrufen, zur Wahl zu gehen. Es rufen diejenigen auf, die sagen, sie stünden zur Direktwahl, wie die CDU, aber es rufen möglicherweise auch andere auf, die Kandidaten der SPD zu wählen. Nach dem kommenden Sonntag wird die SPD unter Umständen das wahrmachen, was der Generalsekretär der SPD schon ziemlich deutlich angekündigt hat, nämlich die Direktwahl der Landräte in Brandenburg von der Tagesordnung zu streichen.

Herr Abgordneter Pekte, lassen Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Torsten Krause zu?

Vielen Dank. Herr Petke. Sie wissen, dass sich die Linke für die Direktwahl der Landräte einsetzt. Ist Ihnen bekannt, dass Ihr Fraktionskollege Henryk Wichmann als CDU-Fraktionsvorsitzender im Kreistag Uckermark wesentlich daran beteiligt war, die Direktwahl abzuschaffen - er hat einen Antrag für eine indirekte Wahl eingebracht - und erst durch ein Bürgerbegeh

ren, das durch die Linke unterstützt wurde, auf den neuen Weg der Direktwahl zurückgeführt werden musste?

Herr Krause, mir ist aus der letzten Legislaturperiode aus zahlreichen Diskussionen bekannt, dass die Linke zur Direktwahl der Landräte keine einmütige Position hatte. Ich kann mich an eine Diskussion mit dem damaligen und heutigen innenpolitischen Sprecher erinnern, bei der dieses gar nicht zum Ausdruck gekommen ist. Deswegen würde ich mit Ihrer Formulierung sehr vorsichtig sein. Mir ist bekannt, dass die Bürgerinnen und Bürger in der Uckermark an diesem Sonntag aufgerufen sind, über die Kandidatinnen und Kandidaten für das Amt des Landrats abzustimmen. Es rufen verschiedene Parteien hierzu auf. Ich glaube, dieser Aufruf ist nur dann glaubwürdig, wenn sich der Landtag heute auch klar dazu bekennt, dass die Wahl der Landräte in Brandenburg auch in Zukunft direkt erfolgt. Wir können über die Inhalte und darüber, wie das gestaltet wird, reden. Aber an der Direktwahl an sich sollte nicht gerüttelt werden.

Das erste, was ein führender Vertreter der SPD nach den ersten Direktwahlen zu sagen hatte, war, dass man darüber reden müsse, die Direktwahl abzuschaffen. Das ist genau das falsche Signal, wenn man die Menschen dazu bewegen will, zur Wahl bzw. zur Stichwahl zu gehen. Damit machen die Sozialdemokraten nur deutlich, dass es ihnen nicht um eine demokratische Beteiligung geht, sondern dass das, was in den vergangenen Jahren durchaus gelungen ist, dass man das eine oder andere im Kreistag nämlich auch im Wege der Kungelei klärt, das Modell der SPD ist. Deshalb stellen wir diesen Antrag

(Zuruf des Abgeordneten Ness [SPD])

und würden uns freuen, wenn die aus unserer Sicht bewährte Direktwahl auch in Brandenburg eine Zukunft hätte. - Vielen Dank.

(Beifall CDU, FDP sowie GRÜNE/B90)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Petke. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der SPD-Fraktion fort. Der Abgeordnete Richter erhält das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Direktwahl der Landräte ist in § 126 der Kommunalverfassung geregelt; das wissen Sie. Die Änderung der Kommunalverfassung ist gerade einmal eineinhalb Jahre her; im September 2008 ist diese Regelung in Kraft getreten. Wir haben mit diesem neuen Instrument, das wir in Brandenburg eingeführt haben, gerade einmal zwei Monate lang Erfahrungen sammeln können. Wir wollen diese Erfahrungen sammeln, auswerten und daraus Schlussfolgerungen ziehen. Es gibt keinen Grund, dabei in Hektik zu verfallen; denn die direkte Wahl der Landräte ist im Gesetz geregelt; mehr kann man gar nicht machen. Es ist bereits das Äußerste, was man machen kann.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Wir werden unsere Erfahrungen, aber auch die der anderen Bundesländer auswerten. Diese sind durchaus bunt gemischt. Wenn ich mich recht erinnere, dann hat die CDU/FDP-Regierung in Schleswig-Holstein die Direktwahl vor drei Monaten wieder abgeschafft.

(Frau Wehlan [DIE LINKE]: Och ne!)

Auch solche Erfahrungen gibt es in anderen Bundesländern. Ich will nicht sagen, dass wir das auch wollen. Aber ich will sagen, dass es sich lohnt, eine Weile darüber nachzudenken und nicht mit allen Ergebnissen immer schon fertig zu sein.

Wir werden diese Erfahrungen also sammeln, in Ruhe auswerten und zu gegebener Zeit unsere Schlussfolgerungen ziehen.

Es bietet sich bei diesem Tagesordnungspunkt an, Redezeit zu sparen. Ich kann es in einem kurzen Satz zusammenfassen: Wir haben ein Gesetz, die Kommunalverfassung, in der die Direktwahl der Landräte geregelt ist. Und nun sollen wir beschließen, dass wir uns an dieses Gesetz halten wollen? Das finde ich prima. Wenn wir es immer so machen, dass wir erst die Gesetze beschließen und danach beschließen, dass wir sie auch einhalten, dann haben wir eine Menge zu tun.

(Frau Wehlan [DIE LINKE]: Drei Tage Landtagssitzung!)

Wenn wir heute gar nichts beschließen, dann kommen wir dem Antrag der CDU vollkommen nach. Wenn wir heute nichts beschließen, erfüllen wir den Wunsch der CDU; so steht es in der Kommunalverfassung.

(Bischoff [SPD]: So machen wir es!)

Einen solchen Antrag halte ich für entbehrlich und überflüssig, und wir werden ihn ablehnen.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Richter. - Wir setzen die Aussprache mit dem Redebeitrag der Fraktion der FDP fort. Der Abgeordnete Goetz erhält das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen! Herr Kollege, Gesetze fallen nicht vom Himmel. Gesetze werden vom Landtag gemacht und der Landtag Brandenburg, das sind wir Abgeordneten in diesem Saal. In der Kommunalverfassung ist die Direktwahl verankert, und man könnte die Direktwahl auch wieder abschaffen. Das ist die Sorge, die in dem Antrag der CDU-Fraktion zum Ausdruck kommt.

(Krause [DIE LINKE]: Das hat doch aber niemand bean- tragt! - Weitere Zurufe)

Nach gerade einmal zwei Monaten, in denen es die Direktwahl gibt, wird schon danach gerufen, dass sie sich nicht bewährt habe, dass sie nicht funktioniere, dass wir neu evaluieren müssten und darüber nachdenken müssten, ob man sie überhaupt noch haben will. Das sind die Überlegungen, die zu diesem Antrag geführt haben. Und genau das wollen wir nicht.

Wir haben im Jahr 2008 eine Volksinitiative zur Direktwahl der Landräte gestartet.

(Ness [SPD]: Für die ihr keine Unterschriften bekommen habt!)

Wir hatten 10 000 Unterschriften zusammen; das entspricht der Hälfte der benötigten. Wir haben die Initiative abgebrochen, weil dann die Große Koalition aus SPD und CDU gesagt hat, sie führten die Direktwahl ein. Daraufhin haben wir die Initiative eingestellt. So stellte sich damals die Situation dar. Insofern waren wir dann froh, dass die Direktwahl eingeführt wurde. Nun besteht sie seit zwei Monaten. Ich habe keinen Zweifel daran, dass im Landkreis Uckermark am kommenden Sonntag das notwendige Quorum erreicht werden wird, wobei es zweifelhaft ist, ob ein Quorum überhaupt angebracht ist, da es in anderen Bereichen und in anderen Bundesländern auch keine Quoren gibt und in Brandeburg insofern eine andere Situation besteht, als man sagt, man will die Direktwahl nicht und deshalb dieses Quorum einbaut.

Natürlich haben wir die Situation, dass in Brandenburg in der Vergangenheit, wie es Kollege Petke sagte, in Hinterzimmern heftig gekungelt wurde und dass gerade die SPD als einzige Partei in diesem Landtag die Direktwahl nie wollte und, so vermittelt es der Antrag, nach wie vor nicht will, weil dann die Gefahr bestehen könnte, dass ein Landrat nicht der SPD angehört, sondern einer anderen Partei. Auch das ist gewollt; es gehört zur Demokratie, dass auch andere die Chance haben, sich entsprechend einzubringen, sofern sie dies wollen, um Landrat zu werden. Das ist der richtige Ansatz.

Herr Abgeordneter Goetz, lassen Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Ness zu?

Oh ja, fragen Sie mich hart.

Nein, gar nicht hart. Ich habe meine Frage bereits in der Öffentlichkeit gestellt, und jetzt habe ich die Gelegenheit, Sie direkt zu fragen. Wir haben in der Tat erste Erfahrungen mit Direktwahlen gemacht. Mich hat jedoch überrascht, dass sich die FDP an diesen Direktwahlen nicht beteiligt hat. Bei allen vier Direktwahlen, die bisher im Land Brandenburg stattgefunden haben, hat die FDP keinen Kandidaten aufgestellt. Auch bei der Wahl am kommenden Sonntag im Landkreis Uckermark stellt die FDP keinen Kandidaten auf. Ich finde, eine Partei, die so vehement für die Direktwahl kämpft, könnte ihr Engagement dadurch unterstreichem, dass sie Kandidaten aufstellt und sich an einem solchen Wahlkampf beteiligt. Alles andere ist ein bisschen bigott.

Ich habe Ihre Erklärung zur Kenntnis genommen. Eine wirkliche Frage war es nicht.

(Frau Mächtig [DIE LINKE]: Warum haben Sie sich nicht beteiligt?)

Was soll man dazu sagen? Es war nicht mehr als heiße Luft zu erwarten, und so ist es letztlich auch gekommen. Wir haben in mehreren Bereichen Kandidaten unterstützt, die auch gute Ergebnisse erzielt haben, aber nicht die notwendigen Quoren erreicht haben. Das ist auch eine Form von Beteiligung an der Direktwahl. Wir werden für die Direktwahl in allen Bereichen werben und machen deutlich, dass man sich beteiligen und seine demokratischen Rechte wahrnehmen sollte.

Selbst wenn Quoren nicht erreicht werden, selbst wenn sich nur wenige an einer Direktwahl beteiligen, so sind es doch immerhin mehr, als wenn nur 56 Kreistagsabgeordnete den Landrat wählen. Eine Steigerung der Demokratie ist es also auf jeden Fall, selbst wenn sich 2 000, 4 000, oder 6 000 Leute weniger an der Wahl beteiligen, als gebraucht werden, um Quoren zu erreichen. Eine Direktwahl ist demokratischer als jede andere Variante. Mehr Demokratie tut uns gut in diesem Land. Deshalb bitten wir darum, dem Antrag der CDU zuzustimmen und dafür zu sorgen und die Sicherheit zu schaffen, dass die Direktwahl der Landräte im Land Brandenburg dauerhaft fortgeführt wird. - Danke.

(Beifall FDP und CDU - Bischoff [SPD]: Uckermark ist dagegen!)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Goetz. Sie haben trotz der Zwischenfrage Redezeit gespart. - Das Wort geht an die Fraktion DIE LINKE. Die Abgeordnete Mächtig hat das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehre Kolleginnen und Kollegen! Herr Richter, Sie haben Recht, wir werden an der Stelle hoffentlich Zeit sparen, aber wir haben gemerkt, rechts von uns gibt es ein bisschen Nachholbedarf, und Wiederholung ist die Mutter der Weisheit. Deshalb werde ich noch drei Gedanken äußern. Die Kollegen haben mir Folgendes mit auf den Weg gegeben: Sie haben die Kungelei vor Ort kritisiert. In den Landkreisen Potsdam-Mittelmark und Barnim muss es so etwas anscheinend gegeben haben. Sie sollten einfach einmal mit Ihren Kollegen darüber reden, wie das dort gewesen ist.

(Zuruf der Abgeordneten Prof. Dr. Wanka [CDU])