Protocol of the Session on May 14, 2009

Frau Abgeordnete Tack, Sie haben das Wort. Bitte kommen Sie zum Rednerpult.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich komme gerne nach vorne. Ich habe nur den Worten des Innenministers sozusagen nachgelauscht, die sehr beeindruckend waren. Er hat uns zu Augenmaß aufgefordert, und das möchte ich jetzt zeigen.

Meine Damen und Herren, wir haben den Antrag zum Verkehrsprojekt Deutsche Einheit 17 eingebracht. Einige von Ihnen werden sich daran erinnern, dass wir das in dieser Legislaturperiode schon des Öfteren getang haben. Ich möchte daran erinnern, dass sich die Landesregierung im vergangenen Monat geweigert hat, auf unsere Große Anfrage zum VDE 17 zu antworten. Das haben wir sehr kritisiert. Wir haben infolgedessen ganz schnell eine Kleine Anfrage zur Kleinmachnower Schleuse nachgeschoben, auf die der Infrastrukturminister wieder willens war, zu antworten. Es geht also doch.

In diesem Zusammenhang haben wir unseren Antrag eingebracht, um Ihnen noch einmal folgendes Angebot zu unterbreiten - das wird voraussichtlich die letzte Gelegenheit in dieser Legislaturperiode sein, bei der Sie unserem Antrag zustimmen können -: Wir wollen zum einen, dass sich die Brandenburger Landesregierung auf Bundesebene eindeutig positioniert und sich dafür ausspricht, die bisherigen Planungen zum Ausbau der Kleinmachnower Schleuse und des Verkehrsprojekts Deutsche Einheit - zu dem auch der Sacrow-Paretzer Kanal gehört zu stoppen, dass das Projekt beendet wird und dass die Schleuse in Kleinmachnow vor allen Dingen nicht auf 190 Meter, sondern nur auf 115 Meter ausgebaut wird, weil für den Transportbedarf auf der Wasserstraße nicht mehr benötigt wird.

Zum anderen wollen wir, dass sich die Landesregierung auf Bundesebene dafür einsetzt, dass die in Angriff genommenen Planungsabschnitte zur Erhaltung des Mittellandkanals-Osthaltung und zum Elbe-Havel-Kanal qualifiziert beendet sowie die

Planungen für die Flüsse Havel und Spree sowie für den Sacrow-Paretzer Kanal auf die notwendigen Instandhaltungsund Sanierungsmaßnahmen beschränkt bleiben. Wir wollen in diesem Zusammenhang die Landesregierung auch auffordern, dafür Sorge zu tragen, dass dieses leidvolle Projekt im nächsten Bundesverkehrswegeplan nicht fortgeschrieben wird.

Diesen Antrag stellen wir zur Abstimmung, und wir denken, dass er bei Ihnen auf offene Ohren stoßen und Ihre Zustimmung finden wird, weil wir zur Kenntnis genommen haben, dass die Parlamentarische Staatssekretärin Roth, die der SPD angehört, in Kleinmachnow gewesen ist - ich glaube vor 14 Tagen - und Geld für den Ausbau des Wegenetzes sowie des Radweges am Teltowkanal mitgebracht und damit signalisiert hat: Der Teltowkanal wird nicht ausgebaut. - Die Südumfahrung bis Berlin wird also nicht in Angriff genommen, weil sich die Berliner vor geraumer Zeit entschieden haben, den Westhafen auszubauen, wofür der Teltowkanal nicht gebraucht wird. Im vergangenen Jahr hat sich die rot-rote Koalition auch dafür entschieden, auf den Ausbau der Südtrasse, sprich: des Teltowkanals, zu verzichten.

Die logische Konsequenz daraus ist natürlich, den bisherigen Plan für den überdimensionierten Ausbau der Schleuse in Kleinmachnow fallen zu lassen, weil er keinen Sinn macht. Er würde eine Steuergeldverschleuderung bedeuten. Ich denke, wir haben alle das notwendige Verantwortungsgefühl, um das zu verhindern.

Der eine oder andere von Ihnen mag sagen: Das Geld kommt ja vom Bund, also lassen wir lieber bauen. Hauptsache, es wird gebaut. - Ich glaube, meine Damen und Herren, wir sollten so viel Verantwortung haben, dass dieses Steuergeld keiner Verschleuderung zum Opfer fällt, sondern dafür eingesetzt wird, dass das Kanalsystem modernisiert und saniert wird; denn es stammt aus dem 19. Jahrhundert. Sie werden wissen, dass hier dringender Handlungsbedarf besteht. Wir haben aber keinen Bedarf, diese Wasserstraße auszubauen. Es gibt viele Prognosen, die alle besagen, dass der ursprünglich unterstellte Entwicklungsbedarf nicht zum Tragen kommt. Vom Bundesverkehrsministerium gibt es eine aktuelle Prognose bis zum Jahr 2025, die eindeutig sagt, dass der Güterverkehr auf der Binnenwasserstraße stagnieren wird. Das können wir gut finden oder bedauern. Ich bedauere es sehr. Aber es sind weder die Güterströme noch das Aufkommen für die Region BerlinBrandenburg vorhanden, um die Wasserstraße nach den geplanten Parametern auszubauen.

Deshalb, meine Damen und Herren, fordern wir Sie auf, wünschen uns von Ihnen, dass Sie dem Antrag folgen und ein gutes Gewissen für den Schutz der Umwelt und für einen sinnvollen Einsatz von Steuergeldern haben. - Vielen Dank.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Dr. Klocksin erhält für die SPD-Fraktion das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Werte Frau Kollegin Tack, herzlichen Dank, dass Sie sich des Themas weiterhin annehmen wollen. Ich darf Ihnen versichern: Wir sind in der Region am Thema dran, und zwar seit vielen Jahren. Als Bürger bzw. Vertreter der Gemeinde Kleinmachnow darf ich berichten,

dass es seit jeher gute Tradition ist, dass die Anträge zu diesem Thema fraktionsübergreifend einstimmig vonstattengehen. Insofern gibt es - Sie wissen das vielleicht, Ihre Basisorganisation vor Ort mag Ihnen das telegrafiert haben - diesbezüglich eine klare Linie. Teltow, Kleinmachnow und Stahnsdorf haben 55 000 Einwohner. Die fünftgrößte Stadt Brandenburgs hat da eine übereinstimmende Auffassung. Im Übrigen braucht man dies nicht weiter auszuführen; denn Sie haben viel Richtiges in der Begründung Ihres Antrages zusammengefasst.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Scharfenberg [DIE LINKE])

Ich darf allerdings darauf hinweisen - eine kleine Korrektur, so leid es mir tut -: Unser Bemühen hinsichtlich des Projekts Teltowkanalaue - die Erlebbarkeit des alten Industriekanals als offenes Gewässer, als Begegnungsraum und als Naherholungsgebiet - hat zwar dazu geführt, dass wir mittlerweile ein Plankonzept haben und auf dieser Basis die drei Kommunen auch einen Förderantrag stellen konnten; jedoch ist dieser Förderantrag, liebe Frau Tack, leider noch nicht positiv beschieden. Die Staatssekretärin Roth hat den Förderantrag entgegengenommen, aber die Fördermittelzusage - entgegen der Begründung Ihres Antrags - nicht abgegeben. Dies nur der guten Ordnung halber.

(Frau Tack [DIE LINKE]: Wir sind für Hinweise sehr dankbar!)

- Wenn wir sachlich helfen können, Sie wissen: gern.

Die Frage, die uns dennoch beschäftigt, ist: Wie geht es in der Sache weiter? - Sie haben völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass der Teltowkanal nicht ausgebaut wird. Das ist die Beschlusslage des Haushaltsausschusses des Bundestags. Die Schleuse Kleinmachnow aber ist in diesem Sinne unverhältnismäßig, weil sie in der Wasserstraßenklasse V bleibt, während der Teltowkanal selbst in der Wasserstraßenklasse IV verbleiben wird. Weil dem so ist, haben sich viele Menschen aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Zusammenhängen dazu erklärt. Dazu gehört selbstverständlich die Sozialdemokratische Partei, die auf der regionalen Ebene im Unterbezirk Potsdam-Mittelmark, aber auch im Land Brandenburg insgesamt stets eine klare Position gehabt hat. Insofern bedurfte es an dieser Stelle kaum einer Nachhilfe. Die Region ist natürlich vielfältiger. Dies sind auch wir zu akzeptieren bereit.

Ich darf Ihnen Folgendes mitteilen: Am 12. Dezember vergangenen Jahres gab es eine Pressekonferenz, an der ich mit Frau Cornelia Behm als örtliche Wahlkreisabgeordnete, Bürgermeister Albers aus Stahnsdorf und Frau Katherina Reiche als Bundestagsabgeordnete teilgenommen habe. Daran sehen Sie, dass es natürlich ein sehr pluraler Ansatz ist. Es wird Sie nicht überraschen, wenn ich darauf hinweise, dass zu den 100 Erstunterzeichnern des Appells an die Vernunft auch der ehemalige Kulturminister Hinrich Enderlein, die direkt gewählte Wahlkreisabgeordnete Andrea Wicklein, die Unterbezirksvorsitzende Susanne Melior und eine Vielzahl von anderen Persönlichkeiten zählen, die...

(Frau Tack [DIE LINKE]: Mich haben Sie vergessen, Herr Klocksin! - Zuruf von Ministerin Prof. Dr. Wanka)

- Bitte, Frau Wanka?

(Zuruf von Ministerin Prof. Dr. Wanka)

- Ich darf doch einmal sagen, dass wir in unterschiedlichen Funktionen tätig sind, liebe Frau Wanka. Das sind Sie ja hin und wieder auch. Das ist nichts Unanständiges.

(Frau Dr. Funck [CDU]: Als Redner darf man sagen, was man möchte!)

- Wenn Sie mir an der Stelle insoweit helfen wollen, Frau Funck, dass Sie mich vor Ihrer eigenen Ministerin schützen, dann ist das ein sehr sympathischer Zug,

(Beifall bei der SPD)

den ich an der Stelle dankend entgegennehme.

Entscheidend ist, dass das Protokoll notiert, wie vielfältig die Unterstützerzahl ist. Aus diesem Grund sollten wir uns weniger über die Funktion Gedanken machen als über die Tatsache, dass es Unterstützer gibt. Ich weiß auch den Herrn Innenminister in diesem Zusammenhang an unserer Seite.

Vor dem Hintergrund kann ich abschließend sagen: Dieser in sich geschlossene Antrag ist lesenswert. In anderen Zusammenhängen wäre es üblich, dass man einen solchen Antrag in den Fachausschuss überweist. In der vorvergangenen Woche gab es im Deutschen Bundestag zum gleichen Thema einen Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, den die Fraktionen der CDU/ CSU, SPD, FDP und die Fraktion DIE LINKE gemeinsam überwiesen haben. Sie wissen, dass es uns in Brandenburg leider nicht möglich ist, ähnliche demokratische Verfahrensweisen im Rahmen unserer Koalition zu praktizieren. Deshalb darf ich Ihnen mitteilen, dass wir Ihren Antrag mit Freude ablehnen werden. - Vielen Dank.

(Dr. Scharfenberg [DIE LINKE]: Mit Freude auch noch!)

Herzlichen Dank, Herr Abgeordneter. - Für die DVU-Fraktion erhält die Abgeordnete Hesselbarth das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Tack, Sie wollen einerseits Verkehre weg von der Straße auf die Schiene und auf die Wasserwege bringen - umweltpolitisch -, und andererseits versuchen Sie dann, den Ausbau genau dieser Wasserwege zu verhindern. Aber das muss ich nicht verstehen, will ich auch nicht.

(Frau Tack [DIE LINKE]: Nein, das verstehen Sie auch nicht!)

Im Landtagsbeschluss 4/273 B vom 15.12.2004 steht wörtlich: „Das Verkehrsprojekt Deutsche Einheit 17 wird nicht infrage gestellt.“ Dieser Beschluss, meine Damen und Herren von links außen, gilt nun einmal, und dabei soll es auch bleiben. Das, was Sie hier betreiben, ist für mich Wahlkampfgetöse, und da machen wir nicht mit.

(Beifall bei der DVU)

Für die CDU-Fraktion erhält der Abgeordnete Schrey das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Verkehrsprojekt Deutsche Einheit 17 ist in diesem Hause schon zum Dauerthema geworden. Da sich aber an der Faktenlage gegenüber der letzten Behandlung bisher offiziell nichts geändert hat, gestatten Sie mir bitte, zu diesem Antrag nur das Notwendigste zu sagen, und zwar in aller Kürze.

Wir befürworten den Ausbau der Havel zu einer verkehrstüchtigen und effizienten Wasserstraße, zu der die Kleinmachnower Schleuse gehört, und lehnen daher den Antrag der Opposition ab.

Zu den Gründen: Wir wollen die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Binnenschifffahrt erhalten und sichern und unter wirtschaftlichen Betrachtungen mehr Güterverkehr von der Straße auf das Wasser verlagern.

Angesichts der Diskussionen im vergangenen Jahr um die steigenden Spritpreise kann ich mir durchaus vorstellen, dass in absehbarer Zeit die Güter- und Logistikbranche ein höheres Interesse an einem Transport über die Wasserstraßen in Deutschland hat. Die sicherlich entscheidende Frage hierbei ist: Kann ich das wirtschaftlich darstellen? - Um dies positiv zu beantworten, muss klar sein, auf welchen Wasserstraßen dies überhaupt machbar wäre. Diesbezüglich kommt der Bundeswasserstraßenverbindung Rühen-Magdeburg-Berlin als Verkehrsprojekt Deutsche Einheit 17 eine besondere Bedeutung zu. Der entsprechende Ausbau wird eine gewisse Wettbewerbsfähigkeit unserer Transportbranche in Deutschland weiter untermauern.

Der Oppositionsantrag verlangt einen Stopp der bisherigen Planungen und den Stopp des gesamten Verkehrsprojektes. Stattdessen soll man sich auf notwendige Sanierungs- und Instandhaltungsmaßnahmen beschränken. Grundsätzlich befürworten wir den Ausbau der Havel sowie ihrer Nebenflüsse und Kanäle und begrüßen die entsprechende Untersetzung mit Bundesmitteln. Allerdings sollte man dabei nicht die Augen vor unwirtschaftlichen oder örtlichen Bedenken verschließen.

(Frau Tack [DIE LINKE]: Genau, das macht auch nie- mand!)

Ich warne aber davor, dass wir wieder eine Spaltung vollziehen: hier der gute Umweltpolitiker, da der böse Verkehrspolitiker. Es geht schließlich um den ökologischen Verkehrsmittelträger Binnenschifffahrt. Bei all diesen Projekten wird den Belangen der Natur und Landschaft ein hoher Stellenwert eingeräumt. Nicht umsonst dauern solche Planungen zumeist sehr lange und werden von hohen Ausgleichsmaßnahmen begleitet.

Viele wollen es nicht wahrhaben, aber es gibt zwischen den Naturschützern und Wasserstraßenbauern eine große Schnittmenge. Wir sollten alles tun, damit ein solches Projekt nicht in populistischen Diskussionen untergeht. Stattdessen muss es konstruktiv begleitet werden. Zudem müssen die enormen Chancen für die Ökologie und Ökonomie erkannt werden. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Schönen Dank, Herr Schrey. - Herr Minister Dellmann erhält für die Landesregierung das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mir das Protokoll des Bundestages angeschaut. Dort ist vor einigen Tagen das gleiche Thema behandelt worden. Nun weiß ich nicht, ob es mir zusteht, das zu sagen: Es war ganz spannend. Dort sind die Reden zu Protokoll gegeben worden. Man musste auch überlegen, welche neuen Aspekte es bei dieser Frage gibt. Nicht zu Unrecht hat Kollege Schrey ausgeführt, dass kaum etwas Neues in der aktuellen Diskussion zu erwarten sei.

Die Dinge wurden abgewogen. Nun liegt uns ein rechtskräftiger Planfeststellungsbeschluss vor, Frau Tack. Es ist die Frage, inwieweit sich die brandenburgische Landesverwaltung - auch wenn sie formal nichts zuschießt - trotzdem inhaltlich ein Stück daran gebunden fühlt. Ich sage an dieser Stelle noch einmal: Ich sehe derzeit keine Veranlassung, gegen diese Dinge in irgendeiner Weise anzugehen.

Sie wissen auch, dass das gesamte Projekt - aus dem Raum Magdeburg bis nach Berlin, was die Wasserstraße anbelangt im Laufe der Jahre sehr stark modifiziert worden ist, dass die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung dies dankenswerterweise an vielen Stellen - auch gemeinsam mit uns - positiv begleitet und Planungen bereits angepasst hat.

In Berlin hat es jetzt auch Anpassungsmaßnahmen gegeben. Wir wissen auch, dass es - wie wir den Medien entnehmen konnten - für den Sacrow-Paretzer Kanal anscheinend einen Vergleichsvorschlag vom OVG gibt. Es bleibt abzuwarten, wie von den Beteiligten mit diesem Vergleichsvorschlag umgegangen oder ob er überhaupt angenommen wird.