Protocol of the Session on April 1, 2009

Das sollten Sie möglicherweise einmal historisch nachvollziehen.

Wie gesagt, der Zwölfte Rundfunkänderungsstaatsvertrag war nicht leicht zustande zu bekommen. Man hatte sich mit der Europäischen Union zu einigen. Wir hatten eine ordentliche Beauftragung, was nachvollziehbar ist, auch nach europäischem Recht herbeizuführen. Die Internetanbieter, die Telemedien mussten so geordnet werden, dass die Gebühren nicht weiter steigen; es ist also auch ein finanzielles Problem. Auf der anderen Seite hatte mit den Printmedien und den privaten Rundfunkund Fernsehanbietern ein Ausgleich stattzufinden bzw. musste ein Kompromiss gefunden werden. Er ist gefunden worden. Ich finde: Das duale Rundfunk- und Fernsehsystem, das wir in Deutschland haben, ist damit gestärkt und weiter gesichert worden.

Ich will es nur noch einmal kurz unterstreichen: Die Rundfunkund Fernsehräte von ZDF, ARD und jetzt auch von den einzelnen Landesrundfunkanstalten haben sich bei ihren Präsentationen bezüglich der Möglichkeiten des Internets und bei der Nutzung

von Telemedien, die ja für junge Menschen sehr wichtig, sehr interessant und sehr attraktiv sind, einem sehr intensiven Test, einem neuen Controllingverfahren zu unterziehen. Sie haben erstens zu prüfen, inwieweit das Angebot den demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnissen der Gesellschaft entspricht, zweitens, in welchem Umfang durch das Angebot in qualitativer Hinsicht die publizistische Wirkung erzielt bzw. dem Wettbewerb entsprochen wird sowie - drittens -, welcher finanzielle Aufwand für das Angebot erforderlich ist.

Es war ein relativ großer Aufwand, der zu leisten ist. Bei der 1. Lesung wurde schon darauf hingewiesen, dass man prüfen müsse, ob sich der Aufwand lohnt. Die Rundfunkräte kommen nicht umhin, Unterausschüsse zu bilden - neben dem Finanzausschuss und dem Programmausschuss -, um diese Tests durchzuführen.

Es geht einerseits darum, bei denjenigen Medien, die sich nur über Werbung finanzieren, Chancengleichheit im Internet also, bei den Telemedien herzustellen und die Printmedien nicht zu benachteiligen, die in der neuen Mediengesellschaft einen sehr, sehr schweren Stand haben. Es geht natürlich auch darum, dass unser öffentlich-rechtlicher Rundfunk bei diesem modernen Mittel der Verbreitung von Nachrichten nicht hintansteht, sondern in dieser Liga mitspielt. Das hat der Zwölfte Rundfunkänderungsstaatsvertrag geschafft. ZDF, ARD und Deutschlandradio sind gemeinsam mit den 16 Ministerpräsidenten und Regierenden Bürgermeistern zu einem Ergebnis gekommen.

Ich empfehle Ihnen herzlich, diesem Staatsvertrag zuzustimmen.

(Beifall bei der CDU)

Herzlichen Dank. - Nun erhält der Chef der Staatskanzlei, Herr Appel, das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Meier, dieser Zwölfte Rundfunkstaatsvertrag löst in der Tat nicht alle Probleme dieser Erde. Aber ich sage Ihnen: Er wollte es auch gar nicht, sondern wir haben uns mit der Frage, die vom Abgeordneten Birthler hier beschrieben worden ist, zu befassen gehabt. Nicht, dass wir das aus Jux und Dollerei gemacht hätten, sondern die EU-Kommission hat die Gebühren in Deutschland als unzulässige Beihilfe betrachtet. Sie hat gesagt: Wenn ihr das machen wollt, lassen wir uns nur dann auf einen Kompromiss ein, wenn ihr bestimmte Sachen beauftragt. Genau das tun wir durch diesen Rundfunkstaatsvertrag.

Natürlich ist es richtig, dass es immer mehr Vermischungen zwischen Internet und Fernsehen und Radio gibt. Natürlich ist es richtig, dass dieser Rundfunkstaatsvertrag nicht alle Probleme lösen kann. Das wird uns noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Wir haben uns darauf konzentriert, die Fragen zu lösen und mit der EU-Kommission abzustimmen, damit dieses Beihilfeverfahren eingestellt bleibt. Das ist ja jetzt mit den Kompromissen, die wir gefunden haben, auch der Fall.

Sie haben gesagt, die Öffentlich-rechtlichen sollen einen Dreistufentest durchführen. Das ist falsch. Sie sind laut Rundfunkstaatsvertrag - § 11d - beauftragt, bestimmte Sachen zu

machen. Wenn sie darüber hinausgehen wollen, das heißt zum Beispiel bestimmte Telemedien, bestimmte Programme länger als sieben Tage im Netz lassen wollen, dann müssen sie den Dreistufentest durchführen. Das heißt, sie sollen nicht, sie müssen nicht, sondern sie können, wenn sie bestimmte Angebote machen, diesen Test nutzen, um dann die Zulässigkeit dessen, was sie treiben, zu erreichen.

Was Sie zu dem Dreistufentest und den Gremien gesagt haben, stimmt mich ein wenig traurig. Denn eigentlich sitzen die Menschen deshalb in den Gremien, weil sie ein bisschen Ahnung von der Materie haben.

(Zuruf der Abgeordneten Meier [DIE LINKE])

Dass sie natürlich volkswirtschaftliche Ergänzungsgutachten brauchen, ist völlig klar. Das ist auch bei anderen Dingen so. Selbstverständlich haben die Gremien eine höhere Verantwortung bekommen. Aber ich glaube, sie ist in guten Händen. Es wäre nicht gut gewesen - das war die ursprüngliche Überlegung -, noch einmal neue Gremien zu schaffen, die dann diesen Dreistufentest durchführen.

Ich glaube, dass sich die harte Arbeit über mehrere Jahre gelohnt hat, einen Kompromiss zwischen 16 Ländern in diesen Fragen zu erzielen. Wie man sich vorstellen kann, war das nicht immer ganz einfach. Dieser Kompromiss ist von der EUKommission abgesegnet worden. Sie hat gesagt: Okay, so wie ihr das gemacht habt, setzt ihr unsere Vorgaben um. Trotzdem haben wir als Länder noch unsere Gestaltungshoheit in Rundfunkfragen behalten und nicht etwa nach Brüssel abgegeben. Das war nämlich auch ein Punkt, der für uns sehr wichtig war. Insofern bitte ich herzlich, wie vom Ausschuss empfohlen, um die Zustimmung zu diesem Rundfunkstaatsvertrag. - Ich danke Ihnen.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär. Wir kommen damit zur Abstimmung. Ihnen liegt die Beschlussempfehlung in der Drucksache 4/7387 vor. Wer dieser Beschlussempfehlung seine Zustimmung geben kann, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Bei einigen Gegenstimmen und einigen wenigen Enthaltungen ist dieser Beschlussempfehlung mehrheitlich zugestimmt und das Gesetz damit in 2. Lesung verabschiedet worden.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 3 und rufe Tagesordnungspunkt 4 auf:

Gesetz zu dem Vierten Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrages über die Zusammenarbeit zwischen Berlin und Brandenburg im Bereich des Rundfunks

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 4/7208

2. Lesung

Beschlussempfehlung und Bericht des Hauptausschusses

Drucksache 4/7388

Ich eröffne die Aussprache. Herr Abgeordneter Christoffers erhält das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Staatssekretär, auch wenn es keine Abstimmung zwischen 16 Ländern, sondern nur zwischen zwei Ländern gewesen ist, sind Verhandlungen mit dem Land Berlin sicherlich nicht immer vergnügungssteuerpflichtig.

Ich möchte eine Vorbemerkung machen: Ich finde, dass der vorliegende Entwurf des Medienstaatsvertrages zwischen Berlin und Brandenburg wesentliche Verbesserungen gegenüber dem bisher gültigen Vertrag enthält. Darauf möchte ich mich auch konzentrieren.

Erstens: Ich möchte darauf verweisen, dass wir im § 8 des vorliegenden Entwurfs des Medienstaatsvertrages eine Reihe von aus meiner Sicht grundsätzlichen Änderungen haben, die uns alle sehr gut zu Gesicht stehen werden. Es geht um die Planung und Durchführung eines Offenen Kanals, der weiter ausgebaut werden kann. Das ist zumindest aus meiner Sicht ein Instrument von hoher medienpolitischer Wichtigkeit. Es geht um die Feststellung und Definition, dass erstmals ein Ausbildungsrundfunk geschaffen wird. Dazu wird ein § 42a eingeführt, der das tatsächlich noch einmal untersetzt. Ich finde, das ist eine wichtige Errungenschaft.

Es geht unter anderem darum, dass die Medienanstalt selbst Maßnahmen zur Förderung von Medienkompetenz durchführen kann, also sozusagen nicht nur auf die Unterstützung von privaten Dritten warten muss, sondern selbst tätig werden kann, was aus meiner Sicht auch sehr viel mit ihrem Auftrag zu tun hat.

Dass sich die Medienanstalt, wenn es im öffentlichen Interesse liegt, selbst an Vorhaben und Unternehmen Dritter beteiligen kann, finde ich, ist eine Öffnung, die dringend notwendig gewesen ist. Insofern hoffe ich, dass wir mit diesen Änderungen die Frage der Medienpolitik in der Region Berlin-Brandenburg weiter voranbringen können.

Ich bin sehr froh über den § 15a. In ihm wird erstmals die Verwendung der Mittel klar und eindeutig definiert, und ein Ungleichgewicht, was bisher zwischen Berlin und Brandenburg geherrscht hat, wird korrigiert. Wir werden dadurch das Filmorchester Babelsberg, über das es ja jahrelang Debatten und Streit gegeben hat, tatsächlich dauerhaft fördern können. Das ist ein Vorhaben und ein Projekt, das dem Medienstandort insgesamt zugute kommen wird. Wir schaffen hiermit auch einen Ausgleich mit den Interessenlagen zu Berlin.

Trotzdem gehe ich davon aus, dass der Medienstaatsvertrag in der vorliegenden Form im Laufe der Zeit weiteren Veränderun

gen unterliegen muss. Erstens würde ich mir sehr wünschen, dass der Bereich Fernsehförderung im Medienstaatsvertrag mit verankert wird. Ich weiß, dass der Medienboard dazu einiges macht. Aber ich glaube, aufgrund der Wertigkeit, die die Fernsehproduktion am Medienstandort Berlin-Brandenburg einnimmt, wäre es dringend notwendig, auch hier eine Regelung zu schaffen. Das ist bisher leider noch nicht Konsens mit Berlin. Ich hoffe sehr, dass uns der in Zukunft gelingen wird.

Zweitens: Ich bin froh, dass wir mit dem Medienstaatsvertrag ein Stück weit auch eine Experimentierklausel geschaffen haben, neue Formen auszuprobieren sowie die Schaffung weiterer Sendungen und Sendeformate zu unterstützen. Ich hoffe einfach, dass wir in Umsetzung des Medienstaatsvertrages den Standort als Ganzes politisch und substanziell weiter stärken können. Insofern, meine Damen und Herren, kann ich Ihnen nur die Zustimmung zum vorliegenden Staatsvertrag empfehlen. Vielen Dank.

(Vereinzelt Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Herzlichen Dank. - Das Wort erhält Herr Abgeordneter Birthler.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich kann mich den Ausführungen von Herrn Christoffers vollinhaltlich anschließen und empfehle die Zustimmung.

Ich möchte nur einen Punkt konkretisieren. Herr Christoffers hat die Fernsehförderung angesprochen. Ich vermute, Sie meinen die Ausbildungsförderung im Fernsehbereich, denn wir haben Rundfunkgebühren und können das Fernsehen nun nicht noch zusätzlich fördern.

(Christoffers [DIE LINKE]: Meinte ich nicht, Herr Birth- ler!)

Gut. - Aber allem anderen stimme ich zu.

(Beifall bei der SPD)

Herzlichen Dank. - Das Wort erhält Herr Abgeordneter Schuldt.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Qualität und Wettbewerb statt Kuriosität - dies, meine Damen und Herren der anderen Fraktionen, brauchen wir im Bereich des Rundfunks und des Fernsehens hier in der Region Berlin-Brandenburg wie in ganz Deutschland so dringlich wie die Luft zum Atmen, wenn in diesem unserem doch so demokratischen Land auch nur ein Rest an Meinungsfreiheit übrig bleiben soll.

Genau darum geht es beim vorliegenden Vierten Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrages über die Zusammenarbeit zwischen Berlin und Brandenburg im Bereich des Rundfunks,

insbesondere was die Neuordnung des sogenannten Offenen Kanals sowie das Rundfunkgebührenaufkommen betrifft.

Zunächst zum Offenen Kanal. Der Offene Kanal in Berlin wurde im Jahr 1985 als Radio- und Fernsehkanal als eine Art nicht kommerzielles Gegengewicht zu dem seit den 80er Jahren erlaubten privaten Rundfunk gegründet. Bürger sollten so die Möglichkeit erhalten, sich in einem werbefreien Massenmedium ungehindert zu äußern.

Ganz am Anfang wurde der Offene Kanal seinem hehren Anspruch wirklich gerecht, da zu dieser Zeit in diesem Kanal alle politischen, weltanschaulichen oder religiösen Meinungen zu Wort kamen. Dies änderte sich jedoch bereits nach wenigen Jahren aufgrund des von der Landesmedienanstalt ausgeübten Drucks sehr schnell.

Inzwischen ist der Offene Kanal zu einem Tummelplatz von gelinde gesagt - gesellschaftlichen Außenseitern geworden, deren Sendungen wegen ihrer nicht selten kurios schlechten Qualität und technischer und inhaltlicher Hinsicht seit Langem in der Kritik stehen.

Sendereihen des Offenen Kanals wie Schwulfernsehen oder Salmonellen-TV oder - wie in der letzten Woche - stundenlange Live-Berichterstattung über Tagungen der Rosa-LuxemburgStiftung sprechen zumindest nicht gerade für medienpolitische Vielfalt. Darüber hinaus ist das ursprüngliche Ziel des Offenen Kanals in Zeiten von Internet und veränderten Medienkommunikationsgewohnheiten längst überholt. Daher ist seit dem Jahr 2000 die Zahl der Nutzer ebenso wie die Zahl der Sendungen um mehr als ein Drittel gesunken.