Protocol of the Session on January 19, 2005

(Frau Dr. Enkelmann [PDS]: Sie haben zugestimmt! In- sofern tragen auch Sie Verantwortung!)

Wir haben zugestimmt, weil wir davon ausgegangen sind, dass die Verfassungsmäßigkeit gegeben ist. Solange das Gegenteil nicht bewiesen ist, handeln wir auf der Grundlage des Gesetzes.

Meine vorherige Bemerkung, dass Nachfragen nur während der Beantwortung der Frage angemeldet werden dürfen, gilt natürlich auch für alle weiteren Fragen. Da ich nicht gesehen habe, wann sich Herr Sarrach zu Wort gemeldet hat, darf er die letzte Nachfrage stellen.

Frau Ministerin, Sie selbst sprachen Ungereimtheiten und Ungleichbehandlungen an. Arbeitslose, die älter als 58 Jahre sind, konnten die Vereinbarung treffen, Arbeitslosengeld unter erleichterten Voraussetzungen zu beziehen, das heißt keine Vermittlungsleistungen mehr zu erhalten. Auch diese Personengruppe fällt seit 01.01.2005 unter die Regelungen zum Bezug von Arbeitslosengeld II. Die Regelsätze sind hierbei geringer als die bis dahin gezahlte Arbeitslosenhilfe. Vertrauensschutz besteht für diese Personengruppe nicht, weil die Vereinbarungen keine Regelung zur Höhe des Bezuges enthalten.

Ich frage Sie: Sind Sie nicht auch der Auffassung, dass für die bisherigen Arbeitslosenhilfeempfänger ein den Arbeitslosengeldempfängern vergleichbarer Vertrauensschutz gelten muss und dass in diesem Sinne nachzusteuern ist?

Nach eingehender Prüfung dieser Frage haben wir festgestellt: Leider besteht dort kein Vertrauensschutz. Für diese Leistungsbezieher kann tatsächlich ein Nachteil entstehen.

Danke. - Wir kommen zur Frage 141 (Kampfmittelberäu- mung), gestellt vom Abgeordneten Petke. Bitte sehr.

Brandenburg ist eines der am stärksten mit Kampfmitteln der beiden Weltkriege belasteten Länder der Bundesrepublik Deutschland. Die Aufwendungen des Landes für die Kampfmittelbeseitigung betragen zweistellige Millionenbeträge pro Jahr. Die Bundesebene beteiligt sich bisher leider nur an den Kosten für die Beseitigung von Kampfmitteln aus dem Zweiten Weltkrieg, die von deutschen Truppen hinterlassen wurden. Ich habe Informationen dahin gehend, dass sich die Bundesregierung aus dieser geübten Staatspraxis zurückziehen wird oder zumindest eine entsprechende Absicht hat. Das würde für Brandenburg einen Anstieg der Ausgaben bedeuten. Davon wäre die kommunale und insbesondere die Landesebene betroffen.

Ich frage die Landesregierung: Wie ist der Stand ihrer Bemühungen, dass die Bundesregierung die geübte Staatspraxis bei der Finanzierung der Hilfe für Brandenburg auf diesem Gebiet beibehält?

Herr Innenminister, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Abgeordneter Petke, dieses Thema wird uns im Landtag noch häufiger beschäftigen; denn der Bundesfinanzminister plant, die bisherige Finanzbeteiligung des Bundes an den Kosten der Kampfmittelbeseitigung weiter einzuschränken. Auf unsere Anregung hin hat sich mit dieser Frage der Arbeitskreis V Feuerwehrangelegenheiten, Rettungswesen, Katastrophenschutz und zivile Verteidigung - der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder in seiner Sitzung am 19. und 20. Oktober in Tangermünde befasst. Der Arbeitskreis hat das Nachbarland Mecklenburg-Vorpommern gebeten, hierzu eine Stellungnahme mit den Ländern insgesamt abzustimmen.

Wir haben in unserer Stellungnahme deutlich dargelegt, dass ein weiterer Rückzug des Bundes nicht hingenommen werden kann. Wir haben ebenfalls darauf hingewiesen, dass bereits die bisherige Praxis der Lastenteilung nach unserer Auffassung den Aufgaben nicht angemessen ist. Die immer noch zu beseitigenden Kriegsfolgen sind ein gemeinsames geschichtliches Erbe. Aus dieser Gesamtverantwortung darf sich der Bund nicht weiter zurückziehen.

Zur Änderung der Staatspraxis über die bestehende Kostenbeteiligung des Bundes hinaus hat Brandenburg zuletzt im Jahr 2003 eine Gesetzesinitiative für ein Rüstungsaltlastenfinanzierungsgesetz auf den Weg gebracht; für den entsprechenden Gesetzentwurf haben wir keine Mehrheit bekommen.

In diesem Zusammenhang habe ich mich auch an den Bundesverkehrsminister gewandt und ihn um Unterstützung gebeten. Mit Schreiben vom 15. April 2003 teilte er mir mit, dass die Staatspraxis die Länder ausgewogen in die Finanzierung einbe

ziehe und aus seiner Sicht keine Möglichkeit zur Verabschiedung des Gesetzes bestehe. Der Entwurf des Gesetzes wurde daraufhin im Bundestag abgelehnt.

Die jetzt beabsichtigte weitere Einschränkung der Beteiligung des Bundes an den Kosten der Kampfmittelbeseitigung ist vor dem Hintergrund des Schreibens des Bundesverkehrsministers, dass die Staatspraxis ausgewogen sei, nicht mehr nachzuvollziehen. Von daher werden wir uns dagegen wehren.

Ich muss darauf hinweisen, dass Brandenburg mit rund 400 000 ha Kampfmittelverdachtsfläche das Bundesland mit der höchsten Belastung ist. Die Kampfmittelbeseitigung wird zudem noch mehrere Jahrzehnte andauern.

Ich möchte beispielhaft die von 1991 bis Oktober 2004 entstandenen Kosten nennen: 220 Millionen Euro! Der Anteil des Bundes in diesem Zeitraum betrug 80 Millionen Euro, der des Landes 140 Millionen Euro. Hätte die nunmehr angedachte Finanzierungspraxis bereits gegolten, hätte das Land von 1991 bis 2004 statt 140 Millionen 213 Millionen Euro tragen müssen. Wir wären nicht in der Lage gewesen, unsere Aufgabe zu erfüllen.

Von daher können wir auch dem Bundesfinanzminister nicht zustimmen, wenn er argumentiert, die Kosten seien dem Grundstückseigentümer zuzumuten. Es geht um Kosten für die Entwicklung von Wirtschaftsflächen, die letztlich der Erwerber tragen müsste. Kein Erwerber würde diese zusätzlichen Lasten übernehmen. Wenn ich Ihnen sage, dass zum Beispiel eine Bombenräumung in Oranienburg bis zu 40 000 Euro kosten kann, wird deutlich, wie groß das Problem ist.

Bisher haben wir 131 Bomben geborgen. 72 davon waren mit noch intakten Zündern versehen, das heißt, sie wären zu einem Zeitpunkt X detoniert.

Die zusätzliche Belastung der Grundstückseigentümer ist nach unserer Auffassung nicht mehr vertretbar, weil sich die wirtschaftliche Entwicklung des Raume abschwächen würde.

Wegen dieser besonderen Bedeutung für unser Bundesland habe ich eine Befassung der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder mit dem Thema für notwendig erachtet und dies für die Sitzung am 18. und 19. November in Lübeck noch einmal in einem Antrag formuliert.

Die IMK-Befassung hat ergeben, dass nach Auffassung der Innenminister aller Bundesländer die bisherige Finanzierung der Kampfmittelbeseitigung beibehalten werden sollte. Ich gehe deshalb davon aus, dass wir doch eine Mehrheit dafür bekommen, an der jetzigen Staatspraxis festzuhalten.

(Beifall bei der CDU)

Danke, Herr Innenminister. Der Abgeordnete Domres hat Nachfragebedarf.

Herr Innenminister, ich habe zwei Nachfragen. Die erste Frage: Kann ich davon ausgehen, dass die Landesregierung das Rüs

tungsaltlastenfinanzierungsgesetz noch einmal in die Diskussion bringen und dieses über eine Bundesratsinitiative noch einmal auf die Tagesordnung setzen wird?

Die zweite Frage: Die letzte Wirtschaftsministerkonferenz hat ein Bundeskonversionsprogramm gefordert. Inwieweit hat die Frage der Beseitigung von Rüstungsaltlasten bei dieser Diskussion um ein Bundeskonversionsprogramm eine Rolle gespielt?

Herr Abgeordneter Domres, meine Lebenserfahrung sagt mir: Wenn man keine Mehrheiten zusammenbekommen hat und es keine neuen Mehrheiten im Bundesparlament gibt, dann ist nicht davon auszugehen, dass ein neues Gesetz Erfolg hat. Ich möchte keinen Aktionismus machen, wenn ich weiß, dass wir dafür keine Mehrheiten bekommen. Von daher gesehen werde ich nicht mehr dafür plädieren, ein neues Rüstungsaltlastenfinanzierungsgesetz auf den Weg zu bringen, weil es dafür keine Mehrheit gibt. Das muss man einfach einmal zur Kenntnis nehmen. Wir müssen jetzt verhindern, dass eine weitere Absenkung erfolgt.

Inwieweit dies beim Konversionsprogramm eine Rolle spielt, kann ich Ihnen nicht sagen. Ich vermute aber, dass sich das Konversionsprogramm sich mit dem Thema befasst, das dafür vorgesehen ist, nämlich die Umwandlung militärisch genutzter Flächen für eine zivile Nutzung. Hier geht es um eine Bombenräumung. Das sind Kriegsfolgeschäden. Das ist eine andere Kategorie, die vom Konversionsprogramm nicht erfasst ist.

Danke sehr, Herr Innenminister. - Für die Frage 142 (Finanzie- rung politischer Parteien) geht das Wort an den Abgeordneten Schulze von der DVU-Fraktion.

In den vergangenen Jahren ist die Problematik der Finanzierung politischer Parteien mehr und mehr in das Blickfeld und die Kritik der Öffentlichkeit geraten. Streitpunkt ist hierbei insbesondere die Frage der Beteiligung von Parteien an gewerblichen Unternehmungen. Da solche Praktiken den politischen Parteien mitunter erhebliche finanzielle Vorteile verschaffen, hat sich der CDU-Kreisverband Hamburg-Altona dieser Angelegenheit angenommen und auf dem 18. Bundesparteitag der CDU im Dezember 2004 die CDU/CSU-Bundestagsfraktion sowie den CDU-Bundesvorstand gebeten, entsprechende Maßnahmen bzw. Initiativen anzuregen. Ziel soll es sein, ein Verbot unmittelbarer und mittelbarer Beteiligungen durchzusetzen, was auf der Ebene einer Bundesratsinitiative zu erfolgen hätte.

Es ist allgemein bekannt, dass diese Thematik parteiübergreifenden Charakter trägt. So hat beispielsweise einem Bericht der „Frankfurter Rundschau“ zufolge die SPD durch die Medienholding Deutsche Druck- und Verlagsgesellschaft knapp 10 Millionen Euro Gewinn erzielt.

Ich frage die Landesregierung: Welche eigenen Vorstellungen hat sie zur Wahrung der Finanzierungsmoral bei den politischen Parteien?

(Schippel [SPD]: Wir lassen uns zumindest nicht aus München finanzieren! - Schulze [SPD]: Naziparteien wurden schon einmal enteignet!)

Für die Staatskanzlei antwortet Staatssekretär Harms.

Bevollmächtigter des Landes Brandenburg beim Bund und für Europaangelegenheiten Staatssekretär Dr. Harms:

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter, die Landesregierung hatte bisher keine Veranlassung, sich mit der Frage der Wahrung der Finanzierungsmoral politischer Parteien zu befassen. Sollte eine Initiative zur Änderung des Parteiengesetzes, die die Parteienfinanzierung zum Gegenstand hat, ins Gesetzgebungsverfahren kommen, wird sich das Kabinett im Rahmen der Beratung über das Abstimmungsverhalten im Bundesrat damit befassen. - Danke.

Danke für die Beantwortung. - Wir kommen zur Frage 143 („Schwitzen statt sitzen“ und 1-Euro-Jobs) , die der Abgeordnete Holzschuher stellt.

Mit dem Programm „Schwitzen statt sitzen“ werden Ersatzfreiheitsstrafen durch das Ableisten gemeinnütziger Arbeit vermieden. Ersatzfreiheitsstrafen werden verhängt, wenn Straftäter zu Geldstrafen verurteilt werden, diese aber nicht bezahlen können. Durch das Ableisten gemeinnütziger Arbeitsstunden soll nicht nur die Inhaftierung vermieden, sondern den Betroffenen auch die Wiedereingliederung in den Alltag erleichtert werden. Gerade in Bezug auf aktuelle Debatten um die benötigte Anzahl von Haftplätzen und im Hinblick darauf, dass das Programm zur Entlastung der Justiz in finanzieller Hinsicht beiträgt - die Rede ist von etwa 3 Millionen Euro im Jahr -, dürfte das Programm sehr sinnvoll sein. Durch die Einführung von 1-Euro-Jobs - wie sie genannt werden -, die ebenfalls gemeinnützig sein müssen, tritt nun ein Konflikt mit diesem Programm auf.

Ich frage daher die Landesregierung: Welchen Einfluss hat die Einführung der so genannten 1-Euro-Jobs auf das Programm?

Für die Landesregierung antwortet Justizministerin Blechinger.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Holzschuher, derzeit lassen sich im Land Brandenburg nur Spekulationen darüber anstellen, wie sich die über 1 000 Einrichtungen im Land Brandenburg, bei denen Geldstrafenschuldner zur Abwendung der Ersatzfreiheitsstrafe bisher gemeinnützige Arbeiten verrichtet haben, nach In-Kraft-Treten der Reform Hartz IV verhalten werden. Ob und in welchem Umfang 1-Euro-Jobs Beschäftigungsplätze verdrängen werden, die in den vergangenen Jahren Verurteilten zur Verfügung standen, die im Rahmen des Programms „Schwitzen statt sitzen“ gemeinnützig gearbeitet haben, können wir nicht sicher sagen. Von einigen Mitarbeitern der sozialen Dienste der Justiz, denen die Aufgabe der Vermittlung von Verurteilten in gemeinnützige Tätigkeiten obliegt, sind entsprechende Befürchtungen geäußert worden. Allerdings wird bisher nur von weni

gen Fällen berichtet, in denen Beschäftigungsträger unter Berufung auf Hartz IV angekündigt haben, sie würden in Zukunft von der Zusammenarbeit mit den sozialen Diensten der Justiz absehen und deren Klientel nicht mehr oder nur in geringerem Umfang beschäftigen.

Viele der Verurteilten, die ihre Geldstrafe nicht gezahlt haben, leisten die ihnen obliegende gemeinnützige Arbeit bei kleineren Einrichtungen, bei Kirchengemeinden, in Kindergärten, Kindertagesstätten, Tierheimen oder ähnlichen Institutionen, und werden dort zu Hausmeistertätigkeiten wie Aufräum-, Reinigungs- und Gartenarbeiten herangezogen. Dass diese Einrichtungen für solche Tätigkeiten stattdessen auf Lohnarbeiter zurückgreifen, die nach Hartz IV von den zuständigen Arbeitsagenturen bezahlt werden, ist eher unwahrscheinlich. Bei größeren Beschäftigungsträgern sind Verdrängungseffekte der genannten Art eher zu erwarten.

Wir werden entsprechende Entwicklungen sorgfältig beobachten und haben, soweit dies möglich ist, vorgesorgt. Für uns geeignet erscheinende Arbeitsprojekte, in denen unentgeltlich und für das Gemeinwohl arbeitende Geldstrafenschuldner in größerer Zahl eingesetzt werden, sind in den Haushaltsjahren 2005/2006 Fördermittel vorgesehen. Die Träger dieser Projekte haben sich zur Beschäftigung von Klienten verpflichtet, die arbeiten sollen, statt Gefängnisplätze zu belegen. Sie verfügen über pädagogisch befähigte Arbeitsanleiter und sind in der Lage, neue Arbeitsfelder zu erschließen.

Nach In-Kraft-Treten der Hartz-IV-Reform werden Innovationsbereitschaft und Kreativität der in Betracht kommenden Träger gefragt sein. Ich bin zuversichtlich, dass die mit der Justiz jetzt und zukünftig kooperierenden Träger in der Lage sein werden, sich auf die neuen Entwicklungen am Arbeitsmarkt einzustellen und für die unentgeltliche Beschäftigung der zu Geldstrafe Verurteilten, die wir nach Möglichkeit nicht in unseren Haftanstalten wiederfinden wollen, zu sorgen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Herzlichen Dank, Frau Blechinger. - Wir kommen zur Frage 144 (Anlauf Hartz IV) , die der Abgeordnete Otto stellt.

In der Landtagssitzung am 15. bzw. 16. Dezember 2004 schätzte Frau Ministerin Ziegler ein, dass die Auszahlung der Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Arbeitslosengeldes II zum 01.01.2005 gesichert sei. Der Bundeswirtschafts- und -arbeitsminister Clement schätzte in der „Bild am Sonntag“ ein, dass es Startprobleme beim In-Kraft-Treten gab.

Meine Frage lautet: Welche aktuellen Probleme sind der Landesregierung bezüglich der Auszahlung, Berechnung und Bearbeitung von Widersprüchen in den Arbeitsgemeinschaften, den optierenden Kommunen und der Sonderform im Landkreis Barnim bekannt?