Protocol of the Session on January 19, 2005

Meine Frage lautet: Welche aktuellen Probleme sind der Landesregierung bezüglich der Auszahlung, Berechnung und Bearbeitung von Widersprüchen in den Arbeitsgemeinschaften, den optierenden Kommunen und der Sonderform im Landkreis Barnim bekannt?

Frau Ministerin Ziegler, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Otto, es stimmt nach wie vor, dass im Großen und Ganzen ab 1. Januar dieses Jahres die Auszahlung geglückt ist. Aber wir wissen auch, dass sich durch einen Systemfehler bei den Kontonummern die Auszahlung verzögert hat. Das betraf bundesweit 6 000 Personen. Spätestens am 6. Januar ist eine Überweisung erfolgt. Es gab in Einzelfällen aber auch Barauszahlungen, wenn das Geld bei den betreffenden Personen knapp und dies notwendig war.

Es gab in Einzelfällen den Tatbestand, dass Kontonummern entweder von den Betroffenen selbst falsch angegeben oder von den Mitarbeitern falsch eingegeben worden sind. Das wird natürlich korrigiert. Wenn es klar war, ist es sehr zeitnah korrigiert worden bzw. wird korrigiert, sodass es diesbezüglich nur Einzelfälle sind.

Deshalb ist die Gesamtaussage die, dass die bewilligten Leistungen an den Mann bzw. die Frau gekommen sind.

Bezüglich der Widersprüche ist es so, dass diese wie in jedem anderen Widerspruchsverfahren bearbeitet werden und dass durch die große Anzahl eingelegter Widersprüche die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sehr hohen Belastungen ausgesetzt sind, sodass die eigentliche Arbeit, die Vermittlungstätigkeit, noch nicht in den Vordergrund rücken konnte, denn diese nimmt die Kapazitäten sehr stark in Anspruch.

Ich möchte noch darauf hinweisen, dass die Widerspruchsfrist Ende dieses Monats endet. Deshalb sollte sich nicht nur jeder Leistungsberechtigte beraten lassen, sondern, wenn er meint, seine Bewilligung bzw. sein Bescheid sei nicht in Ordnung, sich tatsächlich absichern, indem er Widerspruch einlegt.

(Beifall bei der PDS)

Frau Ministerin, es gibt vier Nachfragewünsche. - Zunächst erhält der Abgeordnete Otto das Wort.

Frau Ministerin, Sie schätzen richtig ein, dass gegenwärtig die Arbeit bezüglich der Bescheide beginnt. Die Bescheide sind das wissen wir alle - für viele nicht nachvollziehbar. Daraus ergeben sich viele Fragen und Ansätze für Widersprüche.

Ich habe drei Nachfragen.

Meine erste Frage: Wie schätzen Sie die gegenwärtige Arbeitsfähigkeit der in den Landkreisen einzurichtenden Widerspruchsstellen ein? Ziel muss ja sein, berechtigte Ansprüche so schnell wie möglich zu klären und die Leistungen zur Auszahlung zu bringen.

Die zweite Frage bezieht sich auf die optierenden Kommunen. Dort gibt es nach wie vor einen Dissens dahin gehend, wer schlussendlich die Widersprüche bearbeitet - entweder die optierende Kommune oder das ausstellende Arbeitsamt. Sind Ihnen diesbezüglich verbindliche rechtliche Lösungen bekannt, die auch den Betroffenen mitgeteilt werden können?

Das dritte ist eine Detailfrage. Während einer Beratung ist mir zu Ohren gekommen, dass Fördergelder, die für die Einrichtung einer Ich-AG ausgezahlt worden sind, der Bedarfsgemeinschaft angerechnet wurden. Das wäre natürlich kontraproduktiv. Sind Ihnen ähnliche Fälle bekannt?

Nein, dieser letzte Fall ist mir so nicht bekannt. Aber wir hatten ja bereits im Dezember alle Beteiligten an einem Tisch, die Optionskommunen und die Arbeitsgemeinschaften. Wir werden eine solche Zusammenkunft Anfang Februar wiederholen. Da werden wir erst einen Monat Reform hinter uns haben. Wir werden die bis dahin gesammelten Erkenntnisse besprechen, um Handlungshinweise geben zu können.

Die Widerspruchsbearbeitung in den optierenden Kommunen ist ein Punkt, der besprochen werden muss, auch in der Monitoringgruppe und in der Steuerungsgruppe, um herauszufinden, ob es ein generelles Problem ist, wie die Widersprüche bearbeitet werden.

Eigentlich ist es so, dass eine Optionskommune auch die Widersprüche bearbeiten muss. Es gibt dazu aber noch unterschiedliche Auffassungen. Wir werden unseren Beitrag dazu leisten, diesbezüglich Klarheit zu schaffen.

Die Arbeitslage bei den Widerspruchsstellen ist nach den uns bekannten Aussagen sehr angespannt, weil eine sehr große Anzahl von Widersprüchen vorliegt. Es wird zusätzliches Personal rekurriert, um diesen großen Berg abarbeiten zu können. Ich spreche den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die diese Arbeit leisten, von hier aus meinen herzlichen Dank aus. Es sind sehr viele Kenntnisse und großes Wissen erforderlich, um das alles in kürzester Zeit zu bearbeiten.

Frau Abgeordnete Osten, bitte.

Frau Ministerin, sehen Sie - erstens - auch vor dem Hintergrund der Durchsetzung der Hartz-IV-Gesetze bei der finanziellen Ausstattung der Kommunen Probleme? Ich erinnere daran, dass zum Beispiel im Kreis Potsdam-Mittelmark der Landrat die Kreisumlage von 39,17 auf 45,4 % erhöhen will das sind über 10 Millionen Euro mehr -, und zwar vor dem Hintergrund der Mehrbelastung durch erstens die Kita-Versorgung und zweitens die Durchsetzung der Hartz-IV-Gesetze.

Zweitens: Sehen Sie es aus genau diesem Grund für notwendig an, die Finanzausstattung der Kommunen im Jahr 2005 entsprechend dem Finanzausgleichsgesetz so wie beschlossen ungekürzt zu gewährleisten?

Es ist verabredet und gesetzlich verankert, dass die Kommunen insgesamt um 2,5 Milliarden Euro entlastet werden sollen. Wir wissen aber alle, dass die Anzahl der Bedarfsgemeinschaften die Prognose übersteigen wird und deshalb von der Bundesseite auch mehr Geld in Anspruch genommen werden muss. Wir werden darauf dringen, dass die Kommunen tatsächlich in

dieser Größenordnung oder, wenn der Bedarf größer ist, auch entsprechend stärker entlastet werden, die betreffenden Mittel also an die Kommunen weitergeleitet werden. Das war die Grundvoraussetzung dafür, dass die Länder dem Gesetz zugestimmt haben. Daran werden wir festhalten.

Was das FAG angeht, so bitte ich, den Kabinettsbeschluss und das parlamentarische Verfahren abzuwarten. Wenn die Kommunen durch Inanspruchnahme einer größeren Zahl von KitaPlätzen belastet würden, so wäre das politisch ein sehr schönes Zeichen; denn es bedeutete, dass die Menschen wieder in Arbeit kämen und deshalb mehr Kita-Plätze erforderlich wären.

Herr Abgeordneter Sarrach, bitte.

Frau Ministerin, ich habe zwei Fragen.

Erstens: Arbeitslosengeld-II-Anträge wurden an die Berechtigten mit der Post verschickt. Haben Antragsteller in Bedarfsgemeinschaften für alle Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft die erforderlichen persönlichen Angaben gemacht und wird in diesem Bezugszeitraum ein Familienmitglied 15 Jahre alt, so fällt dieses Mitglied mit seiner Regelleistung im Bezugszeitraum aus dem Bezug heraus. Der Bescheid enthält keinen Hinweis darauf, dass dieses 15-jährige Kind einen eigenen Antrag stellen kann. Es wird an diese Person auch kein Antragsformular verschickt. Ich frage Sie: War bei der Bescheiderstellung nicht von Amts wegen schon zu prüfen, ob über die Regelleistungen dann auch für dieses 15-jährige Familienmitglied in der Bedarfsgemeinschaft von Anfang an mit zu entscheiden war?

Zweitens: Nach Desinformationen im Zusammenhang mit der Pressearbeit einer SPD-Kollegin hier im Hause, die ein Kontaktbüro betreibt, ging es um Fragen des Krankenversicherungsschutzes für Personen, die keine Regelleistungen erhalten und als Unverheiratete auch nicht familienversichert sein können, heißt es nun vonseiten der Agentur, dass statt der in Rede stehenden Regelleistung jetzt in Härtefällen ein Zuschuss von maximal 140 Euro für den Krankenversicherungsschutz gezahlt werden soll. Ich frage Sie: Anhand welcher Kriterien und in welchem Verfahren werden jetzt diese Bedarfe festgestellt?

Diese Bedarfe werden rückwirkend - ab 1. Januar - festgestellt. Demzufolge entgeht niemandem sein Geld. Ich kann über das Verfahren der Auszahlung durch die Bundesagentur noch nichts sagen, weil wir darin nicht involviert sind. Ich werde mich erkundigen, wie das Verfahren vor sich geht. Die Betroffenen werden angeschrieben. Wie das im Einzelnen aussieht, kann ich Ihnen vielleicht dann morgen mitteilen.

Wir sind sehr froh darüber, dass diese Regelung getroffen wurde, dass zum Beispiel in eheähnlichen Gemeinschaften Lebende auch dann, wenn sie nicht familienversichert sind, einen Versicherungsschutz bezüglich der Pflege- und Krankenversicherung genießen. Das ist ein Riesenschritt nach vorn.

Bezüglich der Ausgestaltung des Verfahrens des anderen von Ihnen angesprochenen Falls muss ich auch nachfragen. Hierbei

handelt es sich um Einzelheiten. Es ist wie beim Steuerrecht. Dabei kann ich auch nicht jeden Einzelfall bewerten. Es ist so, dass viele Mängel hervorgetreten und sichtbar geworden sind, die es schnellstens abzustellen gilt. Das wird auch gemacht. Die Mitarbeiter in den Agenturen, in den Optionskommunen sind sehr engagiert, um die notwendigen Korrekturen vorzunehmen. Aber über das genaue Verfahren gebe ich Ihnen noch Auskunft.

Herr Abgeordneter Hoffmann, bitte.

Frau Ministerin, ich habe eine Frage. Seit dem 1. Januar stehen zahlreiche qualifizierte Berater offensichtlich nicht mehr zur Verfügung. Das betrifft zum Beispiel die Arbeitslosenserviceeinrichtungen. Ich frage die Landesregierung, was sie unternimmt, um diese Lücke zu schließen, und wie die Berater fortgebildet bzw. betreut werden.

Es gibt diese Lücke, die Sie darstellen, nicht. Es gibt eine große Anzahl von Anlaufpunkten für die Betroffenen, um Beratung zu erhalten. Sie kennen sie alle. Sie arbeiten zum Teil ehrenamtlich. Die Beratungseinrichtungen, die Sie nennen, sind von der Bundesagentur im letzten Jahr eingerichtet worden, um die große Anzahl an Antragstellern zu beraten. Diese große Anzahl ist ab dem 1. Januar nicht mehr vorhanden, sodass diese Arbeit jetzt die vorhandenen originären Anlaufstellen leisten können.

Eine letzte Nachfrage zu diesem Fragenkomplex wird die Abgeordnete Kaiser-Nicht stellen.

Frau Ministerin, können Sie bitte die Punkte im Gesetz benennen, bei denen die Landesregierung Änderungsbedarf sieht und für deren Änderung sie sich auch einsetzen wird? Dies ist bei der Antwort auf die Nachfrage von Frau Dr. Enkelmann offen geblieben.

Die Frage ist nicht offen geblieben, denn ich habe gesagt: Die Angleichung Ost/West und die Regelung für die nach dem 01.01.1948 Geborenen sind unbedingt herbeizuführen. Diese beiden Punkte stehen derzeit auf unserer Agenda. Alles andere wird sich im Laufe der nächsten Zeit zeigen. Man muss schauen, wie viele Betroffene es in dem einen oder anderen Fall, der uns vorgelegt wird, gibt und fragen: Ist dieser Sachverhalt für die gesamte Gesellschaft relevant oder nicht? Bedarf es an dieser Stelle einer Gesetzesänderung oder nicht?

Am 19. Tag nach In-Kraft-Treten der Reform kann man nicht davon ausgehen, dass die Landesregierung bereits ein den gesamten Nachbesserungsbedarf umfassendes Werk aufgelegt hat. Das wird sich im Laufe der nächsten Wochen und Monate zeigen müssen.

Ich danke der Ministerin für die Beantwortung der Frage. - Wir kommen zur Frage 145 (Ungleichstellung nach Eingemein- dung in die Landeshauptstadt Potsdam), die der Abgeordnete Dr. Niekisch stellen wird.

Mein Thema ist die Gemeindegebietsreform bzw. die praktische kommunale Umsetzung. Es gibt Leute, die schon über eine Kreisgebietsreform spekulieren; ich gehöre nicht zu ihnen. Ich bin der Meinung, dass die vom Landtag und von der Landesregierung gut vorbereitete und sehr gut durchgeführte Gemeindegebietsreform weiter ausgestaltet werden muss. Es muss weitere Integrationsbemühungen geben, damit alles gut zusammenwächst.

Im Speziellen geht es um die Landeshauptstadt Potsdam, in die sieben Gemeinden eingemeindet worden sind. Zwei Gemeinden traten freiwillig mit Vertrag bei, zwei sind per Gesetz und mit vertraglicher Regelung in Potsdam eingemeindet worden. Drei Gemeinden haben sich sowohl der Freiwilligkeit als auch einem vernünftigen Vertrag aufgrund falscher Beratung vor Ort widersetzt. Dies hat in den drei Gemeinden negative Auswirkungen vor allem für die Landwirte und auf die Steuerhebesätze.

Daher richte ich meine Frage an die Landesregierung: Kann die Stadtverwaltung Potsdams selbstständig, ohne dass ein Landesgesetz geändert zu werden braucht, die drei Gemeinden so behandeln, wie es den mit Vertrag eingemeindeten Gemeinden zusteht?

Diese Frage beantwortet der Innenminister.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Dr. Niekisch, es ist in der Tat so, dass die im März 2003 vom Landtag verabschiedeten sechs Gemeindegebietsreformgesetze die Möglichkeit vorsehen, dass Gemeinden mit der aufnehmenden Gemeinde einen Vertrag schließen, um auf diese Art und Weise die künftige Zusammenarbeit zu gestalten. Diese Verträge sind längstens fünf Jahre nach Wirksamwerden der Gemeindeneugliederung gültig. Sie mussten von der Kommunalaufsicht genehmigt werden; sie sind in der Regel auch genehmigt worden. Drei Gemeinden haben sich dem, wie Sie es dargestellt haben, entzogen. Sie wollten nicht freiwillig zusammengehen, sondern gegen die Eingemeindung klagen. Sie haben sich nicht bemüht, mit der Landeshauptstadt Potsdam zu einer Vereinbarung zu kommen. Es fehlt an einer Rechtsgrundlage, um jetzt zu einer Änderung zu kommen.

Die „Ungleichbehandlung“ gilt längstens fünf Jahre, also für einen überschaubaren Zeitraum. Im Übrigen hat die Landeshauptstadt Potsdam, wie alle anderen Gemeinden auch, innerhalb ihres Gemeindegebiets gleiche Hebesätze festzulegen. So sind zum Beispiel unterschiedliche ortsteilbezogene Hundesteuersätze nicht zulässig. Sofern die Stadt Potsdam aus Gleichbehandlungsgründen bestehende Abgabensätze vereinheitlichen möchte, kann sie das nur für das gesamte Stadtgebiet

tun, weil die eingegliederten Gemeinden ohne vertragliche Sonderregelung kraft Gesetzes dem bisherigen Ortsrecht der Stadt Potsdam unterliegen. Bei einer Vereinheitlichung der Hebesätze für die gesamte Stadt Potsdam auf niedrigem Niveau müssen natürlich die Haushaltsgrundsätze und die Haushaltslage beachtet werden. Zum Beispiel müssen Nutzungsgebühren für die Inanspruchnahme bestimmter Einrichtungen gemeinsam erhoben werden und gleich hoch sein. Sofern die Stadt Potsdam eine Einrichtung für ihr gesamtes Gebiet unterhält, sind unterschiedliche Nutzungsgebühren innerhalb des Stadtgebietes, einschließlich der eingegliederten Ortsteile, grundsätzlich unzulässig. Das heißt, fünf Jahre nach Wirksamwerden der Gesetze kann Einheitlichkeit hergestellt werden - nicht vorher.

Danke, Herr Innenminister. - Herr Dr. Scharfenberg hat Nachfragebedarf.

Herr Innenminister, mit solchen unterschiedlichen Regelungen wird faktisch der Gleichheitsgrundsatz infrage gestellt.

(Schippel [SPD]: Quatsch!)

Stimmen Sie mit mir darin überein, dass solche Übergangsregelungen nur damit zu begründen sind, dass - jedenfalls vorübergehend - ungleiche Bedingungen für die aufgenommenen Gemeinden und das alte Stadtgebiet bestehen und dies keine Belohnung für Wohlverhalten im Rahmen der Gemeindegebietsreform sein kann?