Protocol of the Session on September 18, 2008

Bericht der Landesregierung

Drucksache 4/6687

Es wurde vereinbart, keine Debatte zu führen. Der Bericht der Landesregierung ist somit zur Kenntnis genommen.

Der Tagesordnungspunkt 7 kann demzufolge geschlossen werden. Ich rufe Tagesordnungspunkt 8 auf:

Netzintegration der erneuerbaren Energien im Land Brandenburg

Antrag der Fraktion der SPD der Fraktion der CDU

Drucksache 4/6709

Ich eröffne die Aussprache. Frau Abgeordnete Hackenschmidt, Sie erhalten das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst ein paar Fakten: Der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung in Deutschland ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Bis 2020 wollen wir mindestens 25 % der Stromerzeugung durch erneuerbare Energien decken. Für Brandenburg ist ein Standortfaktor seine überragende Rolle als Energieland Ostdeutschlands; der Ministerpräsident hat es schon des Öfteren gesagt. Wir haben hier einen wichtigen Rohstoff, die Braunkohle, aber wir müssen dafür sorgen, dass erneuerbare Energien hier auch ihre Chance bekommen und stark ausgebaut werden, um auch Arbeitsplätze in der Zukunft zu sichern und neue Exportfelder, Marktsegmente zu erschließen.

Eines der größten Kraftwerke Deutschlands sowie eine bedeutende Raffinerie liegen in Brandenburg. Das mit Abstand größte Exportgut des Landes ist Energie. Wir wissen auch, dass große Kapazitäten im Bereich der nachwachsenden bzw. alternativen Energien im Land Brandenburg entstehen. Dies betrifft nicht nur die Anzahl von Ansiedlungen im Bereich der Solaroder Windenergie, sondern auch die Biokraftstoffe. Diese Energie muss eingespeist und transportiert werden. Jedoch wissen wir auch, dass die Kapazitäten des vorhandenen Übertragungsnetzes nicht ausreichen, um den steigenden Anteil erneuerbarer Energien vorrangig ins Netz einzuspeisen. Es gibt ja die Garantie, diese erzeugte Energie abzunehmen. Aber ich kann Sie beruhigen: Die Netze der anderen Länder verkraften dies auch nicht. Aber es wäre doch schön, hier wieder einmal Erster und damit vor allen Dingen auch rechtzeitig am Markt zu sein, oder? Das heißt, es brennt in dieser Frage, und wir müssen schnell handeln.

Vor diesem Hintergrund hat die Landesregierung auf Betreiben des Landtages in der letzten Sitzung vor der Sommerpause zumindest schon einmal die Energiestrategie 2020 vorgestellt. In der dazugehörigen Diskussion im Plenum im Juli habe ich den Dialog dazu gefordert, und ich freue mich, dass er mit diesem Antrag auch aufgenommen wird. Genau genommen hat ja nun der ganz neue Energiepolitiker - der Fachpolitiker von hohem Rang - der CDU-Fraktion den Dialog begonnen. Mein herzlicher Dank an Herrn Petke, der die Fragen, die das Ministerium für Wirtschaft nicht immer gern beantwortet, mithilfe seiner Kleinen Anfragen über die Sommerpause hat beantworten lassen.

Es sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, dass das MW die von ihm in Auftrag gegebene Studie liest und nach bestem Wissen und Gewissen und entsprechend seiner finanziellen Möglichkeiten umsetzt. Jedoch sind meine Fraktion und ich der Meinung, dass eine kleine Erinnerung hier immer hilfreich ist.

Der vorliegende Antrag soll deutlich machen, wie wichtig uns die Fortschreibung der Energiekonzeption des Landes ist, wie ernst wir es mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien nehmen, wie wichtig uns die Zukunft als Energieland Brandenburg ist, wie unumstößlich wir für den Ausstieg aus Kernenergie eintreten und wie umfassend wir nach klimaverträglicher, umweltschonender, preisgünstiger und vor allem sicherer Energieversorgung für alle Brandenburgerinnen und Brandenburger forschen.

Uns allen ist spätestens mit der BTU-Studie deutlich geworden, dass das Netz noch nicht das hergibt, was die Energiestrategie verspricht. Um nicht im Jahr 2020 von bösen Erkenntnissen überrascht zu werden - schließlich wissen wir um die Vorlaufphasen eines jeden Großprojekts -, müssen wir jetzt handeln, müssen Sie, lieber Herr Minister Junghanns - er ist leider gerade nicht im Raum - und das von Ihnen geführte Haus jetzt handeln.

Ich wiederhole: Wir wollen den Anteil erneuerbarer Energien ob als Wind, Solar, Biomasse oder Geothermie - am Energiemix des Primärenergieanteils steigern, und zwar so hoch wie nur möglich. Doch dafür ist der Ausbau der Hochspannungsnetze erforderlich. Mit unserem Antrag fordern wir, dass Sie sich so schnell wie möglich mit dem geforderten Netzausbau auseinandersetzen und in den zuständigen Ausschüssen im I. Quartal 2009 darüber berichten, was im Land wann wie und wo angegangen, umgesetzt, ausgeschrieben und finanziert werden kann, um - ich zitiere Sie, Herr Minister - die Vorreiterrolle Brandenburgs in Fragen des Energie- und Klimaschutzes in Bezug auf die Herausforderungen der Zukunft durch konkrete Antworten zu untermauern.

Ich erinnere daran: Es geht nicht nur, wie uns die Linke in ihrem Antrag glauben machen will, um die Einspeisung erneuerbarer Energien ins Netz, sondern auch um die Verbesserung der überregionalen Infrastruktur. Wir als Grenzland müssen einen seriösen Vorschlag unterbreiten. Auch deshalb ist Ihr Antrag, verehrte Damen und Herren von der Linksfraktion, die Sie einen mündlichen Bericht im November fordern, reine Schaufensterpolitik.

Wir müssen einen seriösen Vorschlag vorlegen, der alle Stufen des parlamentarischen Weges durchläuft, inklusive Ausschussberatungen, und der greift. Wir müssen einen Vorschlag unterbreiten, der uns hilft, Leitungsengpässe zu überwinden, der eine direkte Verbindung von Ost nach West schafft und der Nachhaltigkeit verspricht, weil die Leitungsverluste minimiert werden.

Sie verstehen mich richtig. Wir brauchen einmal wieder noch ein bisschen Zeit. Seien wir aber ehrlich zu uns und unseren Bürgern. Das Konzept war nur der Anfang. Jetzt geht es um die Umsetzung und die damit einhergehende parlamentarische Debatte. Diese braucht nun einmal ein bisschen Zeit. Mir ist es lieber, den Bürgerinnen und Bürgern in einem halben Jahr einen Maßnahmenkatalog vorzulegen, der Hand und Fuß hat und auf den man sich verlassen kann, statt dieses kurzfristige Politikmachen der Linksfraktion. Sie kann wieder einmal nur schnell populistisch schießen, hält es aber nicht für nötig, Maßnahmen von A bis Z durchzurechnen und im demokratischen Prozess zu diskutieren.

In diesem Sinne bitte ich Sie um Zustimmung zu unserem Antrag und selbstverständlich um Ablehnung des Antrags der Linksfraktion, der gegenüber unserem Antrag - damit gestehe ich Ihnen noch viel zu - bestenfalls paraphrasierend ist. - Danke.

(Beifall bei der SPD)

Herzlichen Dank. - Es wäre sehr hilfreich, wenn bei dieser parlamentarischen Debatte auch der zuständige Minister im Raum

wäre. Deshalb bitte ich darum, ihm zumindest mitzuteilen, dass wir jetzt bei diesem Tagesordnungspunkt sind. - Ich erteile Herrn Abgeordneten Thiel das Wort.

(Minister Junghanns betritt den Plenarsaal.)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Minister Junghanns kommt immer, wenn ich etwas zu sagen habe. Stimmt das?

(Vereinzelt Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Frau Hackenschmidt, hätten Sie mich jetzt nicht so angegriffen, hätte ich mit dem, was Sie bisher gemacht haben, sachlich umzugehen versucht.

(Frau Hackenschmidt [SPD]: Das sollten wir doch immer!)

Ich kann mich daran erinnern: Nach der Sitzung des Wirtschaftsausschusses letzte Woche habe ich Sie gefragt, wie wir mit Ihrem Antrag umgehen. Damals wussten Sie noch gar nichts davon. Eine Stunde später las ich in der Zeitung eine Presseerklärung, die mir fast die Schuhe ausgezogen hat. Und uns werfen Sie Populismus vor! Das, was Sie in der Presseerklärung geschrieben haben, war ein Schlag gegen Ihren Koalitionspartner, weiter nichts. Deswegen werde ich versuchen, in den mir zur Verfügung stehenden fünf Minuten wenigstens ein bisschen Sachlichkeit in die Diskussion zu bringen.

Sie haben gerade gesagt, wir brauchen schnelles Handeln. Dieses schnelle Handeln dokumentiert sich in Ihrem Koalitionsantrag in einem Bericht der Landesregierung, über den frühestens in einem halben Jahr diskutiert werden soll. Ich habe heute nichts darüber gehört, was der Koalition vorschwebt, welcher Handlungsauftrag der Landesregierung gegeben werden soll, um sie zu unterstützen, wohin die konkrete Entwicklung gehen soll.

Das, was Sie fordern, steht längst in den Dokumenten - sowohl in der Energiestrategie 2020 als auch im Maßnahmenkatalog für den Klimawandel und die Anpassung an ihre Folgen. Darin steht, kurzfristig die Erkenntnisse der BTU-Studie zu verarbeiten. Ich erinnere daran: An dieser Studie wird bereits seit 2006 gearbeitet. Das Wirtschaftsministerium ist unmittelbar eingebunden gewesen, nämlich durch den Strategen für Energiefragen im Wirtschaftsministerium, der der sogenannten Lenkungsgruppe angehört. Es ist nicht neu, was dort aufgeschrieben wird.

Frau Hackenschmidt, ich sage Ihnen: Mir war auch vor der BTU-Studie klar, dass wir das Netz ausbauen müssen, und zwar nicht nur in Brandenburg, sondern im nationalen Bereich und vor allen Dingen im internationalen Bereich.

Was ich an der BTU-Studie auch kritisiere, ist - es geht nicht nur um die wissenschaftliche Grundlage, sondern darin sind auch ungelöste Probleme aufgezeigt -, dass wir in Zukunft ein anderes UCTE-Netz brauchen, als es sich jetzt präsentiert, wenn wir die europäische Integration auf dem Energiesektor tatsächlich ernst meinen. Das ist das Problem, das uns bewegt.

Deswegen sage ich: Ich freue mich, wenn wir kurzfristig einen

Bericht bekommen und dann in die Sachdiskussion einsteigen, um den energiepolitischen Dialog in diesem Haus qualifiziert weiterführen zu können. Nur wenn wir gemeinsam über dieses Problem nachdenken, werden wir endlich dem gravierenden Problem der Gegenwart und der Zukunft gerecht. Das unterstützt der Sachbericht. Ich gehe davon aus, Frau Hackenschmidt, dass Sie den Bericht gelesen haben, der vor kurzem vom Bundesumweltamt gemeinsam mit dem Max-Planck-Institut veröffentlicht wurde.

Dort wird mit Nachdruck herausgestellt, dass das Ausmaß des Klimawandels nach dem heutigen Kenntnisstand die noch tolerierbaren Grenzen schon ab 2050 überschreiten wird. Früher haben wir von 2100 philosophiert und heute stellen wir fest, dass sich die Klimaemissionen so stark entwickelt haben, dass wir unsere Erkenntnisse aus dem vierten Sachstandsbericht des IPCC heute schon korrigieren müssen.

Das heißt mit anderen Worten: Wir müssen unsere Anstrengungen schnell und gewaltig potenzieren, wenn es um den Ausbau erneuerbarer Energien und um die noch radikalere Reduzierung energiebedingter Kohlenstoffemissionen geht, als die noch von uns im Landtag zur Kenntnis genommene Energiestrategie 2020 ausweist.

Übrigens hat auch der 11. Energietag in Cottbus gezeigt: Neben der Netzintegration, die unbedingt auf der Tagesordnung stehen muss, liegen noch andere detaillierte wissenschaftliche Erkenntnisse vor, die Druckpunkte aufzeigen, denen sich Politik, Wirtschaft und Verbraucherinnen und Verbraucher - also auch die Gesellschaft - stellen müssen, um die perspektivreiche Rolle regenerativer Energien, die Sie, Frau Hackenschmidt, herausgearbeitet haben, in unserem Land auszuweiten.

Es geht dabei primär um unsere spezielle Verantwortung, die wir als Politiker bei der Ausgestaltung der erforderlichen politischen Rahmenbedingungen tragen, damit dem heutigen technologischen Fortschritt - es ist für mich wichtig, was heute schon möglich ist - Genüge getan wird. Ich möchte nur einige Stichworte nennen, was alles auf der Tagesordnung steht. Zum Beispiel am 19. September im Bundesrat: Netzleitungsausbaugesetz. Es geht um das Höchstspannungsgesetz. Die Studie hat darauf hingewiesen: Es geht auch um Hochspannung. Es geht um Mittel- und um Niedrigspannung. Erdkabelgesetz: In dem Zusammenhang will ich das Problem benennen, das wir vernachlässigen. Es ist ein großes Problem, das auch das Büro für Technikfolgenabschätzung des Bundestages mit Blick auf CCS-Technologien, also CO2-Abscheidungen, Transport und Speicherung, herausgestellt hat.

Es geht um Akzeptanzprobleme. Wissen Sie, da lese ich in der Zeitung, RWE plane eine große CO2-Leitung nach SchleswigHolstein, weil RWE der Meinung sei, dort gäbe es Speicher, dort könnte sie ihr CO2 verstecken. Die Schleswig-Holsteinische Landesregierung stellt sich hin und sagt: Verdammt noch mal, wir wissen gar nichts davon. Sollte eine Untersuchung ergeben, dass wir geeignete Speicher haben, werden wir unser Kohlendioxid speichern und nicht das, was aus NordrheinWestfalen oder woher auch immer kommt.

Wir haben dieses Problem. Wir haben das Problem des Erdkabels. Wir diskutieren im Zusammenhang mit der UckermarkLeitung darüber. Wir diskutieren - das ist auch Vattenfall-Einzugsgebiet - über eine Höchstspannungsleitung über den Renn

steig. Das heißt mit anderen Worten: Wir haben noch technologische und technische Probleme zu klären. Es gibt eine Bürgerinitiative in Thüringen, die sich gemeinsam mit Bayern dagegen wehrt. Die Bürgerinitiative hat ein Gutachten erstellen lassen. In diesem Gutachten steht: Wir brauchen keine 380-kVFreileitung, sondern wir können das mit entsprechenden Netzverstärkungsmaßnahmen ausgleichen. Sie sehen, wie unterschiedlich die Meinungen in der Wissenschaft sind. Das müssen wir bewerten und daraus Schlussfolgerungen ziehen.

Ihre Redezeit ist zu Ende.

Für so ein wichtiges Thema brauchen wir mehr Zeit. Deswegen sage ich: Wir sind mitten im Dialog, und wir werden diesen Dialog zu gegebener Zeit fortsetzen. Ich bitte, unserem Änderungsantrag zuzustimmen, weil mir Ihr Antrag nicht weitgehend genug ist.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Herzlichen Dank. - Bevor der Abgeordnete Karney für die CDU-Fraktion das Wort ergreift, begrüße ich Schülerinnen und Schüler der Spreewaldschule Lübben, die bereits seit einigen Minuten bei uns im Plenarsaal sind. Herzlich willkommen!

(Allgemeiner Beifall)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Im Zuge der seit geraumer Zeit geführten Debatte um den Klimawandel, seiner Folgen und Konsequenzen für die Wirtschaft, aber auch für den Einzelnen bzw. für den Privaten spielen die erneuerbaren Energien eine besondere Rolle. Die Landesregierung hat sich in der Energiestrategie auf einen 20%igen Anteil dieser Energieform an der Primärenergie bis zum Jahr 2020 verständigt.

Dieses Ziel an sich ist schon sehr ehrgeizig. Hinzu kommt, dass die Energiewirtschaft gemeinsam mit der Politik noch das Problem der Energietransporte lösen muss. Die unter anderem durch Windkraft gewonnene Energie muss schnell und vor allem für den Endverbraucher kostengünstig transportiert werden. Dass insbesondere das zuletzt genannte Ziel ein enormes Problem darstellen wird, ist bereits absehbar.

Das Wirtschaftsministerium hat mit der Brandenburgischen Technischen Universität eine Studie zur Netzintegration in Auftrag gegeben. Diese ist Ende August erschienen und wurde vom Minister auf dem Energietag in Potsdam vorgestellt. Danach müssen die Energienetze in Brandenburg in den kommenden Jahren für etwa 852 Millionen Euro ausgebaut werden, damit das Ziel der Energiestrategie erreicht werden kann. Dabei schlagen allein die Höchstspannungsleitungen mit 800 000 Euro je Kilometer zu Buche. Laut der Studie ist bei diesem Netz ein Ausbau von 242 Kilometern Länge notwendig.

Dass die Energieunternehmen die hohen Investitionen tätigen wollen, zeigt die Anzeige von Vattenfall bei der Bundesnetza

gentur. Das Unternehmen möchte in den nächsten drei Jahren etwa 3 Milliarden Euro in die Netze investieren.