Protocol of the Session on December 16, 2004

Diese ist aus unserer Sicht gegeben.

Sie haben das Problem angesprochen, dass der Haushalt erst sehr spät beschlossen wird. Bis dahin befinden wir uns in einer vorläufigen Haushaltsführung. In den Verwaltungen vor Ort weiß man, wie man mit einer vorläufigen Haushaltsführung umzugehen hat. Das bedeutet nicht automatisch Stillstand.

Ich meine schon: Wir sollten hier ganz ruhig bleiben und abwarten,

(Krause [PDS]: Abwarten, genau!)

bis uns der Entwurf des Haushaltsplans 2005 vorliegt. Ich bin fest davon überzeugt, liebe Kollegen von der PDS, dass wir bei einzelnen Positionen sogar im Gleichschritt marschieren werden.

(Zuruf von der PDS)

- Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Für die Fraktion der DVU-Fraktion spricht Frau Abgeordnete Fechner.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Jugendhilfe als Mittel für mehr Chancengleichheit“ - so lautet das heutige Thema. Doch warum ausgerechnet nur die Jugendhilfe als Mittel zu mehr Chancengleichheit thematisiert wird, erschließt sich uns nicht ganz.

Genauso gut gehören zur gewünschten Chancengleichheit genügend Ausbildungsstellen, bessere Schulbildung, kostenlose Schülerbeförderung und ausreichend Arbeitsplätze. Sie sehen also, meine Damen und Herren von der PDS-Fraktion, die Liste ließe sich noch um etliche Forderungen erweitern. All diese Themen sind immer aktuell - zumindest hier im Land Brandenburg.

Doch der PDS-Fraktion geht es heute speziell um die Jugendhilfe.

(Krause [PDS]: Richtig!)

Sie hat nämlich vernommen, dass es Bestrebungen gibt, die Kinder- und Jugendhilfe im Wesentlichen in die Zuständigkeit der Länder zu geben, und sie hat auch vernommen, dass es zum Jahr 2006 Änderungen im 610-Stellen-Programm geben soll. All das würde nach Ansicht der PDS-Genossen die Chancengleichheit sehr beeinträchtigen.

Meine Damen und Herren! Wir haben hier im Land Brandenburg einen absoluten Bildungsnotstand. Wir haben offiziell fast eine Viertel Million Arbeitslose, inoffiziell mindestens 300 000. Ab Januar 2006 haben wir dank Hartz IV noch mehr Menschen, die am Rande des Existenzminimums leben. Das Land Brandenburg ist hoch verschuldet. In fast allen Bereichen, hauptsächlich im sozialen Bereich, wird gespart. Wo und für wen gibt es im Land Brandenburg noch Chancengleichheit?

(Beifall bei der DVU)

„Wir sparen uns die Zukunft“ - unter dieser Überschrift kann man die Kinder- und Jugendpolitik der Landesregierung zusammenfassen. Angesichts der Situation, in der sich unseren Kindern und Jugendlichen in ihrer Heimat keine oder nur traurige Zukunftsperspektiven bieten, in der leider immer mehr Eltern aufgrund ihrer eigenen Perspektivlosigkeit die Erziehung ihrer Kinder vernachlässigen, ist eine weitere Kürzung im Jugendplan nicht gerade hilfreich.

Zugunsten der Haushaltskonsolidierung werden die Belange der jüngsten Brandenburger nach dem Willen dieser Landesregierung zurückstehen müssen. Immer mehr Kinder und Jugendliche sind auf Sozialhilfe bzw. Zahlungen des Staates angewiesen. Da würde es auch herzlich wenig nützen, wenn der Haushalt bei der direkten Kinderpolitik keine Abstriche macht. Um das zu kompensieren, würde es noch nicht einmal ausreichen, den Stand der letzten Jahre zu halten. Nein, hier müsste kräftig aufgestockt werden - trotz sinkender Kinderzahlen.

Viele Eltern werden dank Hartz IV und anderer sozialer Grau

samkeiten ihren Kindern den Besuch von Schwimmhallen und anderen Freizeiteinrichtungen nicht mehr finanzieren können. Wir haben in Brandenburg eine ständig wachsende Kinderarmut. Da wirken sich Kürzungen im Jugendplan nicht gerade positiv aus, meine Damen und Herren der Landesregierung. Sorgen Sie lieber dafür, dass Zigtausende Langzeitarbeitslose wieder von eigener Arbeit leben können,

(Beifall bei der DVU)

statt mit ihren Familien auf Zahlungen des Staates angewiesen zu sein! Machen Sie aus Brandenburg ein attraktives und lebenswertes Land, in dem junge Menschen gern bleiben und sich sogar trauen, Kinder zu bekommen! Kinder dürfen hier im Land kein Armutsrisiko mehr darstellen!

(Beifall bei der DVU)

Für die Jugendarbeit im Land würde die Reduzierung des 610Stellen-Programms bedeuten, dass etliche Veranstaltungen und Projekte ersatzlos gestrichen würden. In einer Zeit, in der viele Kinder und Jugendliche tagsüber sich selbst überlassen sind, in der Kinder und Jugendliche immer mehr in den Konsum von Drogen und Alkohol abgleiten, in der Familien oftmals mit der Erziehung ihrer Kinder überfordert sind, in der leider zu viele Kinder und Jugendliche einer regelrechten sozialen und moralischen Verwahrlosung ausgesetzt sind, wäre es ein denkbar falsches Signal, Stellen im Jugendbereich abzubauen.

Deshalb forden wir von der Deutschen Volksunion Sie, meine Damen und Herren der Landesregierung, auf: Werden Sie sich Ihrer Verantwortung gegenüber unseren Kindern und Jugendlichen bewusst und handeln Sie vor allen Dingen entsprechend!

(Beifall bei der DVU)

Für die Fraktion der CDU spricht die Abgeordnete Hartfelder.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als ich das Thema der Aktuellen Stunde gelesen habe, habe ich eine ganze Reihe von Schwierigkeiten gesehen. Es hat sich mir nicht erschlossen, in welche Richtung diese Aktuelle Stunde führen soll. Geht es um die Jugendhilfe? Geht es um die Jugendarbeit? Geht es um soziale Kompetenzen und um den Zugang zu Bildung? Geht es um PISA 2003? Geht es um den Landesjugendplan? Oder geht es um das 610-Stellen-Programm?

(Zurufe von der PDS)

Wer das Thema noch einmal genau liest, kann das nachvollziehen. Ich war gespannt darauf, was der Redner der PDS-Fraktion, Herr Abgeordneter Krause, zu dem Thema der Aktuellen Stunde „Jugendhilfe als Mittel für Chancengleichheit“ sagen wird. Ich habe damit zwei Probleme: Zum einen frage ich mich, wie aktuell diese Aktuelle Stunde überhaupt ist. Geht man davon aus, dass der Redebeitrag von Herrn Abgeordneten Krause in Richtung 610-Stellen-Programm und den Landesjugendplan diskutiert werden soll, fehlt mir der aktuelle Bezug.

Der Haushalt liegt noch nicht vor; Frau Abgeordnete Lehmann

hat dazu schon etwas gesagt. Derzeit geistert eigentlich nur eine Reihe von Spekulationen und Mutmaßungen durch den Raum. Man sollte nicht über Mutmaßungen, sondern eher über Vorschläge sprechen. Diese liegen aber noch nicht vor.

(Zuruf des Abgeordneten Sarrach [PDS])

Wenn man den aktuellen Bezug über die Föderalismuskommission herstellen will, bewegen wir uns ebenfalls in einem spekulativen Raum; denn die im KJHG geregelte Jugendhilfe scheint überhaupt nicht mehr zur Debatte zu stehen, falls doch, wird erst in den nächsten Tagen darüber informiert. Die Empfehlungen der Bund-Länder-Kommission gehen dann in Bundestag und Bundesrat. Das heißt, alles ist Kaffeesatzleserei. Dies wird von der Opposition immer wieder gern betrieben und führt letztlich zu Unsicherheit.

(Zurufe von der PDS)

Zum anderen habe ich ein Problem mit der zum Thema gehörenden Begründung. Sie ist weder schlüssig noch ist erkennbar, in welche fachliche Richtung die Aktuelle Stunde gehen soll. Die Jugendhilfe umfasst weit mehr Bereiche, als in der Begründung angedeutet. Die folgenden Formulierungen der Begründung erschließen sich mir überhaupt nicht: „Die Verbindung von guten Leistungsergebnissen“ - ich frage, Leistungsergebnisse auf welchen Gebieten? - „eine bessere Entkopplung von sozialer Herkunft und erreichter Kompetenz“ - Kompetenz auf welchen Gebieten?, frage ich - „ist, wie der internationale Vergleich im Rahmen von PISA 2003 für Deutschland zeigt“ wir sind in Potsdam und sprechen über Brandenburger Verhältnisse -, „eine große Herausforderung und eine dringend notwendige Zielsetzung.“ Hier ist sehr viel unklar.

Die Aktuelle Stunde heißt „Jugendhilfe als Mittel für Chancengleichheit“.

(Zuruf von der PDS: Mehr Chancengleichheit!)

Chancengleichheit ist eine sehr nette Formulierung, man könnte sagen: Floskel. Jeder freut sich darüber seit der Französischen Revolution, - Egalité hieß es damals. Jeder fühlt sich angesprochen und findet es gut. Aber gleiche Chancen gibt es nur für gleiche Menschen unter gleichen Bedingungen. Es gibt aber auf der Welt nirgends gleiche Menschen und gleiche Bedingungen. Das heißt, es kann im weitesten Sinne nur darum gehen, einen Chancenausgleich herzustellen. Wenn wir das Märchen von der Chancengleichheit aber immer wieder buschtrommelartig in die Öffentlichkeit transportieren, zeichnen wir ein unrealistisches Menschenbild. Das stellt uns vor eigentlich unerreichbare Ziele.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Wenn wir über Jugendhilfe sprechen, reden wir über etwa 25 % der Jugendlichen - wie Untersuchungen zeigen, gibt es leider eine steigender Tendenz, vor allem bei den Jungen -, die gesellschaftliche Hilfe benötigen, weil es in den Familien Defizite gibt. Das heißt, in 75 % der Elternhäuser werden Erziehungsprobleme selbst gelöst und gehen die Jugendlichen im Wesentlichen einen geradlinigen Weg. Jugendarbeit ist ein Teil der Jugendhilfe und richtet sich an alle Jugendlichen.

Jugendarbeit ist originäre Aufgabe der Gemeinden, Städte

und Landkreise, wie Frau Abgeordnete Lehmann bereits gesagt hat. Das ist allgemein bekannt. Im Land Brandenburg wurde - Herr Abgeordneter Krause, ich bitte Sie, das nicht herunterzureden - in keinem Bereich der Jugendarbeit und Jugendfürsorge in den letzten zwei Jahren viel gekürzt. Insgesamt wurden 280 Millionen Euro aufgebracht - von der Kitafinazierung über die Ausbildung bis zur Jugend- und Sportarbeit.

(Zuruf von der PDS)

Trotz schwieriger Haushaltslage wurden in den Haushaltsjahren 2003 und 2004 Mittel im Landesjugendplan und Mittel für das 610-Stellen-Programm in der Höhe von über 11 Millionen Euro bereitgestellt.

(Zurufe von der PDS)

Herr Abgeordneter Krause, an dieser Stelle möchte ich Ihnen sagen: Gerade durch die Zusammenarbeit mit den Jugendverbänden im letzten Jahr haben wir es auch parlamentarisch geschafft, die Verträge zu halten und damit im Wesentlichen Sicherheit bezüglich des Erhalts des 610-Stellen-Programms zu geben. Zwar gibt es Unsicherheit, es wäre aber vermessen zu sagen, dass dieses Parlament nicht zu den Maßnahmen stehe, die in den letzten 14 Jahren eingeleitet worden sind.

(Beifall bei der CDU)

Diese besonderen Anstrengungen der letzten Jahre waren auf zwei Ziele gerichtet - zum einen darauf, die Jugendarbeit vor Ort auf ein fachlich höheres Niveau zu führen, zum anderen darauf, mehr Kontinuität herzustellen, die unseres Erachtens bei der Arbeit mit Menschen notwendig ist. Diese Ziele darf man nicht aus den Augen verlieren. Inwieweit wir das angesprochene Programm und auch den Landesjugendplan nach 2005 mit den gleichen Mitteln weiterführen können, weiß ich nicht; dazu können wir heute noch nichts sagen. Richtig ist aber, dass jede Kürzung in diesem Bereich einen Verlust bedeutet, der über die Konzentration der Mittel in der Jugendarbeit auszugleichen ist.

Deshalb setzen wir uns für Jugendpfleger in den Gemeinden und Städten im Land ein. Wir werden auch darauf achten, dass die Jugendverbände im Land weiterhin unterstützt werden. Sicher ist aber, dass das Ehrenamt dabei eine größere Rolle spielen wird.