Wir müssen auch nicht beschließen festzustellen - ich komme jetzt zur Verantwortung der Eltern -, dass die Eltern die grundle
gende Verantwortung für ihre Kinder haben. Diese Regelung finden Sie im Grundgesetz. In Artikel 6 Abs. 2 Grundgesetz steht:
„Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht.“
Was wir allerdings beschließen müssten, ist - und das enthält Ihr Antrag nicht -, wie wir Eltern bei der Wahrnehmung dieser Rechte und Pflichten unterstützen können. Wir werden dem Grundgesetz gerecht, indem wir das Wächteramt, das uns zugewiesen ist, politisch tatsächlich ausfüllen.
Dieser Antrag ist leider kein Beitrag, um offenkundig bestehende Probleme zu lösen, sondern soll im Gegenteil dazu beitragen, die Dinge erst einmal auf Umwege zu schicken und den Rückwärtsgang einzulegen. Mit Überschriften wie „Gesunde Ernährung in Kindertagesstätten und Schulen“ suggerieren Sie ein inhaltliches Angebot. Genau das steht eben nicht in dem Antrag. Keine Silbe. Kein Wort. Dieser Antrag enthält nicht mehr als ein dünnes Berichtsersuchen an die Landesregierung, garniert mit ein paar allgemeinen Wahrheiten. Im Gesundheitsdienstgesetz zerstören Sie gerade die Basis für eine fachlich orientierte einheitliche Gesundheitsberichterstattung. Auch an dieser Stelle kommen dann nur Verlautbarungen. Übrigens sind die Reihenuntersuchungen nicht etwa nicht wahrgenommen worden, sie sind einfach nicht durchgeführt worden.
Meine Damen und Herren, vor knapp einem Vierteljahr hat die Koalitionsmehrheit einen Doppelhaushalt für zwei Jahre verabschiedet. Nach meinem Verständnis wäre es eine Voraussetzung für einen solchen Haushalt, Analysen über Problemlagen und Bedarfe sowie über Handlungsmöglichkeiten anzustellen. Sie machen das jetzt umgekehrt: Nach der Verabschiedung des Haushalts werden Sie aktiv, um diese Analyse von der Regierung zu erbitten. Ich meine, man braucht nicht viel Phantasie, um zu erkennen - jetzt sage ich Ihnen das, was Sie uns heute dreimal vorgeworfen haben -: Den Wahlkampf haben Sie tatsächlich eingeläutet. Die Frage ist nur, ob wirklich etwas dabei herauskommt. Handlungsdruck gibt es tatsächlich genug. Ihr Antrag aber führt lediglich dazu, dass die Entscheidungen, die längst fällig waren, wieder auf die lange Bank geschoben werden. Die Kinder aus Familien, die von Hartz IV leben müssen oder über sehr geringe Einkommen verfügen, brauchen nicht den Masterplan irgendwann, sie brauchen das kostenlose Mittagessen in Kitas und Schulen jetzt,
Ihr Antrag kommt zu spät und blockiert notwendige Entscheidungen. Er ist deshalb so, wie er vorliegt, für meine Fraktion nicht zustimmungsfähig. Deshalb haben wir einen Änderungsantrag gestellt. In diesem Änderungsantrag fordern wir Sie mit Nachdruck auf, wenigstens noch einmal deutlich Stellung zu beziehen. Wenn Sie schon Wahlkampf machen, dann sagen Sie
auch, was Sie wollen. Will die Landesregierung einkommensschwache Familien finanziell unterstützen, damit sich die Kinder das Mittagessen in Kitas und Schulen überhaupt leisten können? Und wie will die Landesregierung dafür sorgen, dass die Kinder die Angebote in Sportvereinen tatsächlich wahrnehmen können und dass es nicht an der Finanzierung liegt, sich bewegen zu können? Deshalb kann ich Ihnen nur sagen: Wenn Sie es wirklich ehrlich meinen, dann sollten Sie einmal über Ihren Schatten springen und unserem Änderungsantrag zustimmen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Kollege Hoffmann hat heute sehr häufig die alten Griechen, so unter anderem Aristoteles, zitiert. Ich muss jetzt einen alten Römer zitieren, nämlich Cato den Älteren, der immer gesagt hat: „Ceterum censeo Carthaginem esse delendam“, zu deutsch: Im Übrigen fordere ich, dass Karthago zerstört werden muss. Daran, Frau Wöllert, musste ich bei Ihrem Änderungsantrag auch schon zum letzten Tagesordnungspunkt denken. Sie wiederholen gebetsmühlenartig diese Debatte über das ÖGD, ein Gesetz, das heute überhaupt nicht auf der Tagesordnung steht.
Der zweite Punkt, den Sie permanent wiederholen, ist, dass Sie fordern: Der Staat ist zuständig, der Staat muss mehr Geld geben. - Dem ist nicht so, und es wird durch permanente Wiederholung auch nicht richtiger.
Sie sollten gerade im Bereich Kinderschutz und Ernährung von Kindern in Kitas und Schulen einmal zur Kenntnis nehmen, dass Geld in diesem Fall nicht alle Probleme löst. Sie unterschlagen dabei auch, dass es in diesem Bereich überhaupt kein gesichertes Zahlenwerk gibt. Wir haben heute Morgen bereits darüber gesprochen. Der Bildungsminister hat in einer Antwort darauf hingewiesen, dass der Prozentsatz der Kinder, die aus finanziellen Gründen nicht zum Essen gehen, in einem sehr kleinen Bereich liegt. Es gibt keine gesicherten Zahlen dazu. Daraus den Schluss zu ziehen, es muss alles kostenlos sein, ist schlicht und ergreifend falsch. Es ist auch eine Frage von sozialer Gerichtigkeit, dass das Geld bei denen ankommt, die es brauchen, und dass man nicht großzügig - wie mit der Gießkanne verteilt - das Geld auch denjenigen gibt, die sehr wohl in der Lage sind, ihre Kinder selbst zu ernähren, und das sind die meisten Eltern. Das haben auch Sie festgestellt.
Der dritte Punkt ist, dass Sie im Grunde in Ihrem Änderungsantrag die regionalen Lösungen, die vorhanden sind und aus denen wir sehr viel lernen können, ignorieren. Natürlich gibt es auf kommunaler und auf Kreisebene schon jetzt eine Reihe von Möglichkeiten, die zeigen, wie vor Ort versucht wird, den armen Kindern wirklich zu helfen und auch die Schulspeisung finanziell zu unterstützen, die Preise zu ermäßigen und zu bezuschussen. Wenn Sie die Antwort auf meine Kleine Anfrage gelesen haben, wissen Sie auch, dass es schon eine Reihe verschiedener Projekte gibt.
Ähnliches gilt auch für die Sportvereine. In vielen Sportvereinen ist es möglich, dass Kinder bis zum vollendeten 18. Lebensjahr kostenlos teilhaben. Ähnlich ist es bei vielen Ganztagsangeboten. Dass das alles sehr wohl möglich ist, unterschlagen Sie damit und entmündigen eigentlich die Träger vor Ort, die schon ganz gut wissen, wo der Schuh drückt und was man tatsächlich tun kann.
Lassen Sie mich noch etwas zu unserem Antrag sagen. Ich habe den Eindruck, Sie haben gar nicht begriffen, worum es in diesem Antrag eigentlich geht. Sie lassen sich vielleicht auch von der Überschrift, die nicht den ganzen Antrag beinhaltet, ein Stück weit in die Irre führen. Der zentrale Punkt ist Satz 2. Es geht darum, dass wir gern einen Bericht haben möchten, aus dem hervorgeht, wie die Themen Gesundheit, Ernährung und Bewegung - dazu habe ich eigentlich noch gar nichts von Ihnen gehört - in den Einrichtungen der Kindertagesbetreuung und in den Schulen umgesetzt und weiterentwickelt werden. Dafür nutzen wir - so soll es idealerweise sein das Modellprogramm des Bundes, der ja den nationalen Aktionsplan „Gesunde Ernährung und Bewegung - Schlüssel für mehr Lebensqualität“ aufgelegt hat. Außerdem haben wir hier vor Ort den Masterplan „Gesundheitsregion Berlin-Brandenburg“ mit einem eigenen Handlungsfeld, das auch dafür zuständig ist, genau im Bereich Kita und Schule vorzusorgen. Wir wollen das zu einem Markenzeichen der Region weiterentwickeln.
Uns geht es darum, die vorhandenen Ressourcen - im Übrigen geht es auch um viel Geld; der Bund gibt 10 Millionen Euro deutschlandweit für die regionale Umsetzung dieses Programms „Ernährung und Bewegung“ - zu bündeln und zu nutzen. Wir müssen überlegen: Was kann ich tun, um den Kindern tatsächlich zu helfen, sich mehr zu bewegen und sich letztlich auch gesund zu ernähren? Zu sagen „Ich brauche mehr Geld“ greift viel zu kurz und ist platt. Es geht uns darum, dass wir erst einmal gründlich analysieren, wie die Lage ist, dass wir darüber nachdenken, wo wir noch besser werden müssen, wo wir Dinge miteinander verschränken und vernetzen können, und dass wir das dann auch tun. Darum geht es uns, um nicht mehr.
Insofern sind Ihre auf das ÖGD, das wir erst im nächsten Monat beraten werden, vorauszielenden Bemerkungen vollkommen fehl am Platz, genauso wie die Forderung, die den Essenkostenzuschuss für Hartz-IV-Kinder betrifft. Auch da gibt es Lösungen; aber das ist nicht Thema dieses Antrags. Sie wissen, dass angedacht ist, einen Schulfonds einzurichten, über den wir zu gegebener Zeit noch sprechen werden. Natürlich hat der Träger der Sozialhilfe letzten Endes auch die Pflicht, für Kinder genügend Geld zur Verfügung zu stellen, damit sie gesund ernährt werden können. Aber Ziel und Inhalt unseres Antrages ist es tatsächlich, diese Konzepte zu bündeln und genau hinzuschauen: Was habe ich vor Ort? Was ist vorhanden? Wie kann ich die Ressourcen der beteiligten Akteure zum Wohle der Kinder und letzten Endes von uns allen nutzen?
Ihr Satz war mit so vielen Kommata durchsetzt, dass ich nicht wusste, wo ich dazwischenhaken kann. Bitte, Frau Wöllert.
Frau Dr. Münch, würden Sie mir bitte noch einmal erklären, wo in unserem Änderungsantrag steht, was wir finanziert haben wollen? Was Ihnen vorliegt, ist Punkt I und II. Könnten Sie mir meine Frage danach beantworten, wie lange Sie jetzt eigentlich noch analysieren wollen? Seit einigen Jahren sprechen wir über die Frage der Bewegung. Sie haben vor etwa einem Jahr über Ihre Biobrotbox gesprochen, hier anschaulich im Landtag, über die Frage der Krankenkasse, über Henriette, über Kinderturntag-Tests. Sie alle kennen diese Programme, die lange in der Umsetzung sind. Deswegen bin ich auch darauf nicht eingegangen. Wann wollen Sie denn aus dem, was vorhanden ist, tatsächlich Handlungsschritte ableiten?
Frau Wöllert, dieser Beitrag dient ja gerade dazu, zu begründen, warum dieser Antrag notwendig ist. Es geht nicht darum, an allen Orten ein Bausteinchen zu haben, sondern es geht darum, ein sinnvolles Gesamtkonzept zu haben. „Henriette in Fructonia“ und alle diese Dinge haben mit Bewegung nichts zu tun.
Der Masterplan ist im November 2007 beschlossen worden. Das ist nicht schon ein ganzes Jahr her. Den nationalen Aktionsplan gibt es auch erst seit wenigen Monaten. Im Mai 2007 sind die Eckpunkte beschlossen worden. Es ist auch nicht schon ein ganzes Jahr her. Wir müssen genau diese Dinge verschränken. Das macht kluge und vorausschauende Politik, eine wirklich vorsorgende Politik, dass man nicht auf einzelne Bausteinchen setzt, durch die irgendwo zufällig etwas entsteht, sondern es geht darum, das Ganze zu bündeln und letztlich zum Wohl von Kindern und Familie auch umzusetzen. - Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Uns liegt wieder einmal ein ganz wichtiger Antrag der Koalitionsfraktionen vor, der zwar nicht schadet, aber auch nicht nützt. Letzten Endes geht es nur darum, dass die Landesregierung bis Juni einen Bericht vorlegt. Aber halt, nein, das stimmt ja nicht! Zuvor sollen wir wieder einmal etwas feststellen. Wir sollen feststellen, dass Prävention und Gesundheitsförderung ausgebaut werden sollen. Das stellen wir also fest. Und wir stellen noch etwas fest. Wir sollen nämlich feststellen, dass eine gute Ernährung und regelmäßige Bewegung gut für die Entwicklung unserer Kinder sind. Meine Damen und Herren, das ist eine ganz umwerfende Erkenntnis, zu der aber schon meine Urgroßeltern gekommen sind. Ich möchte daran erinnern, dass es hier in Deutschland schon Zeiten gab, in denen sehr viel Wert auf die körperliche Ertüchtigung gelegt wurde. Erinnern möchte ich an die vielen Schulolympiaden zu DDR-Zeiten. Ich weiß auch,
Meine Damen und Herren, dass man so etwas in einen Antrag hineinformuliert, ist schon irgendwie beschämend.
Damit komme ich zum etwas sinnvolleren zweiten Teil dieses Antrags. Der sieht vor, dass uns die Landesregierung bis Juni einen Bericht vorlegen soll. Gegen einen Bericht haben wir nichts. Demzufolge können wir diesem Antrag auch zustimmen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Gesunde Ernährung ist ein wichtiges Thema, und zwar für uns alle, die wir hier sitzen oder - wie ich gerade - stehen. Das haben uns nicht zuletzt die besorgniserregenden Meldungen aus dem Bundesgesundheitsministerium Ende des letzten Jahres deutlich gemacht. Für Kinder und Jugendliche ist dieses Thema besonders bedeutsam, weil sie noch im Wachstum sind und unter Umständen ihr ganzes Leben lang an den Folgen falscher Ernährung im Kindesalter zu leiden haben. Gesunde Ernährung muss demzufolge eine angemessene Rolle spielen, und zwar in jeder Kindertagesstätte und in jeder Schule.
Für den Kita-Bereich sind meiner Meinung nach die Themen Ernährung, Bewegung - schön, dass Frau Dr. Münch auch auf diesen Bereich hingewiesen hat - und Gesundheit recht gut gesetzlich verankert, so zum Beispiel in § 3 des Kita-Gesetzes oder in den Grundsätzen elementarer Bildung, die den Einrichtungen den verbindlichen Rahmen für die Bildungsarbeit vorgeben.
Auch im Schulgesetz - in § 4 - wird festgelegt, dass die Schule die Fähigkeit und Bereitschaft von Schülerinnen und Schülern zu fördern hat, die Verantwortung für die eigene Gesundheit wahrzunehmen - kein leichter Auftrag, das kann ich aus Erfahrung sagen.
Zur Ausfüllung dieser Vorgaben gibt es bereits zahlreiche Projekte und Aktionen, bei denen das MBJS, das MASGF und das MLUV eng zusammenarbeiten. Außerdem sind - wie auch schon erwähnt - die Krankenkassen und viele Einrichtungen auf kommunaler Ebene aktiv.
Ich will zwei Beispiele hervorheben. Im vergangenen Jahr wurden die ersten vier Konsultations-Kitas mit dem Schwerpunkt Gesundheit in das Praxisunterstützungssystem der Kindertagesbetreuung integriert. Diese Konsultations-Kitas Gesundheit sind auch integraler Bestandteil des Netzwerks „Gesunde Kita“.
Weiterhin haben im Jahr 2006 das Gesundheitsministerium und das Bildungsministerium gemeinsam eine Zertifizierungsstelle beim OPUS-Landeszentrum der Brandenburgischen Landes
stelle gegen die Suchtgefahren e. V. eingerichtet, um das Audit Gesunde Schule, ein Zertifizierungsverfahren, in Brandenburg durchzuführen.
Die Initiative der Bundesregierung für den im Antrag genannten Aktionsplan begrüße ich gemeinsam mit meinen Kollegen Ziegler und Woidke sehr. Anknüpfend an schon bestehende Vorhaben sollen in den Ländern und Kommunen flächendeckende Strukturen zur Verbesserung der Gesundheitsförderung und zur Prävention angestoßen und etabliert werden.
Bei all diesen Vorhaben, meine Damen und Herren, müssen wir auch daran denken - das ist ganz wichtig -, die Eltern in geeigneter Weise einzubeziehen, weil nur dann wirklich nachhaltige Ergebnisse erreichbar sind. Derzeit laufen dazu die Abstimmungen zwischen den beteiligten Ministerien und der AG Ernährung in Kita und Schule des Masterplans Gesundheitsregion Berlin-Brandenburg. Deshalb bin ich, wie im Koalitionsantrag gewünscht, gerne bereit, hier im Landtag im Juni zu unseren Aktivitäten in den Bereichen Gesundheit, Ernährung und Bewegung einen Bericht vorzulegen.
Zum Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE nur ganz kurz: Eine Erweiterung des Berichtsauftrags ist aus meiner Sicht nicht sinnvoll. Der Auftrag ist, denke ich, bereits umfangreich und umfassend genug und berücksichtigt auch etliche Ihrer Wünsche. Diese Einschätzung teilt auch meine Kollegin Ziegler. Es ist eine gemeinsame Einschätzung beider Ministerien. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Herzlichen Dank, Herr Minister. - Die Aussprache ist noch nicht beendet, weil es das Ansinnen einer Kurzintervention von Herrn Dombrowski gab. Bitte schön.