Drittens: Die Diskussion um den Itino haben wir geführt, und zwar nicht jenseits des Unternehmens, sondern mit dem Unternehmen. Der Gerechtigkeit halber muss gesagt werden, dass jedes Produkt und insbesondere der Itino unterschiedlichen Einsatzbedingungen sowie unterschiedlichen Qualitäts- und Bemessungskriterien unterliegt. Dazu gab es eine Diskussion am Standort. Ich kann aus heutiger Sicht sagen, dass die damals kritikwürdigen Aspekte des Produkts weiterverfolgt und abgestellt worden sind. Es wäre töricht - der Markterfolg in Hessen belegt das -, wenn man bei einer solchen Produktkritik stehen bleiben und nicht an die Beseitigung der Ursachen gehen würde. Das hat das Unternehmen getan. Es gehört zu den Aufgaben des Unternehmens selbst, damit umzugehen. Der Markt ist aber nicht weicher, sondern härter geworden.
Wir können fragen - das ist der eigentliche Gesichtspunkt, Frau Tack -: Können wir für dieses Produkt werben oder setzen wir damit eventuell auf das falsche Pferd? Darauf antworten wir: Nein, wir sind schon in Zusammenarbeit mit dem Unternehmen der Auffassung, dass dieses Produkt und seine Einsatzmöglichkeiten weiterentwickelt worden sind.
Wir stehen immer unter wettbewerblichen Bedingungen. Ich bin auch der Auffassung, dass wir, ob es die Bestellung für die Potsdamer Straßenbahn oder die Bestellung rollenden Geräts für unser Schienennetz ist, unter diesem Gesichtspunkt die Zusammenarbeit vertiefen müssen, ohne den Wettbewerb ausschalten zu können. Ich meine, hier hat sich die Position von Bombardier in anstehenden oder zukünftigen Auseinandersetzungen nachdrücklich verbessert. Wir sehen das so
Nach welchem Terminkalender die Gespräche im Einzelnen stattfinden, möchte ich hier nicht ausführen. Sie haben gesagt, dass Herr Wolf Gespräche geführt hat. Ich habe am vergangenen Sonntag im Kontext mit der Einweihung der neuen ICEVerbindung mit allen Verantwortlichen über dieses Thema gesprochen. Es ist logisch, dass man das tut. Solche Kontakte finden ständig statt und werden auch in den nächsten Tagen fortgeführt. Es kommt darauf an, die anstehenden Ausschreibungen gut vorzubereiten, um dann für den Erfolg des Unternehmens und der Produkte aus Hennigsdorf gewappnet zu sein.
Herr Minister, Sie sagten, Sie seien mit der Unternehmensleitung im Gespräch. Ich frage: Gibt es schon erste konkrete Verabredungen über nächste Schritte, zum Beispiel darüber, wie man in den absehbar auftragsschwachen Jahren 2005 und 2006 das Unternehmen vonseiten der Landesregierung begleiten kann?
Herr Abgeordneter, wir treffen keine Vereinbarungen mit dem Unternehmen, sondern die Vereinbarungen werden mit den am Standort Verantwortlichen abgeschlossen. Gegenwärtig ist die getroffene Standortvereinbarung in Rede, die die produktiven Stunden, die Laufzeit, die Produktverantwortlichkeit bzw. Produktzuständigkeit festlegt und konzerninterne Verabredungen zur Lenkung der Produktpalette auf den Standort Hennigsdorf trifft.
Wir dürfen nicht außer Acht lassen, dass Bombardier in den neuen Bundesländern verschiedene, zum Teil konkurrierende Standorte hat. Deshalb ist es sehr wichtig, dass man bei dieser Vielgestaltigkeit der Beziehungen den Fokus auf Hennigsdorf lenkt. Im Zuge der Produktverantwortung werden Aufgabenstellungen abzuleiten sein, die dann der Hilfe des Landes bedürfen. In diesem Prozess befinden wir uns jetzt. Darüber kann ich von dieser Stelle aus im Einzelnen noch nichts sagen.
Ich möchte noch einmal prinzipiell feststellen: Es ist eine sehr komplizierte Situation. Das Signal, dass das Land Brandenburg zur Entwicklung des Standorts und der Produkte steht, ist eindeutig. Es ersetzt aber nicht das unternehmerische Engagement und die Führerschaft in diesem Prozess durch das Unternehmen selbst.
Von dieser Stelle aus kann ich sagen, dass bei dem bisherigen Strukturwandlungsprozess Hennigsdorf fest im Fokus ist. Wir werden am Markterfolg und an den Produktentwicklungen zu beweisen haben, dass dies der richtige Weg ist.
Herr Minister, Sie haben davon gesprochen, dass der Standort für die Landesregierung eine Schlüsselposition darstellt.
Meine erste Frage: Der Bundeskanzler war in China und es gibt einen Vertrag mit China betreffend Siemens. Sehen Sie eventuell Möglichkeiten, dass Bombardier an diesem Vertrag partizipieren könnte?
Die zweite Frage: Ist es, wenn es zu dem vorgesehenen Personalabbau kommt, für die Landesregierung vorstellbar, dort eine Transfergesellschaft zu installieren?
Erstens: Vertreter von Bombardier waren mit in China. Zu der Frage, welche Absprachen zwischen dem Bundeskanzler und den Begleitern in der Wirtschaftsdelegation getroffen worden sind, kann ich nichts sagen, weil mir das nicht zugänglich ist. Ich weiß, dass die Beteiligung von Bombardier an dieser Reise das Ziel hatte, auch den chinesischen Markt für sein internationales Geschäft zu öffnen. Inwieweit das auf den Standort Hennigsdorf heruntergebrochen werden kann, kann ich gegenwärtig nicht sagen. Aber es ist ja guter Stil, dass bei solchen Reisen, die dazu dienen, wirtschaftliche Potenziale aus Deutschland, insbesondere aus Ostdeutschland, mit zu transportieren, Bombardier zugegen ist.
Zweitens: Ob der Umbau, wie er dann in der Gesellschaft vollzogen wird, über eine Transfergesellschaft geschieht, weiß ich nicht. Ich bin in diese Diskussion nicht einbezogen. Ich glaube aber, dass die einzelnen Schritte schon differenziert abgestimmt sind. Die Möglichkeit einer vom Land ausgehenden Initiative, wie Sie sie vorschlagen, sehe ich gegenwärtig nicht.
Danke, Herr Wirtschaftsminister. - Wir kommen zur Frage 93 (Zukunft des Berufsbeamtentums) , die vom Abgeordneten Petke gestellt wird.
Die von Bundestag und Bundesrat eingesetzte Föderalismuskommission berät eine Vielzahl von Themen, die auch direkte Auswirkungen auf Brandenburg haben werden. Eines dieser Themen sind die gesetzlichen Grundlagen des Beamtentums in Deutschland, also auch im Land Brandenburg und in unseren Kommunen.
Ich frage die Landesregierung: Wie steht sie Forderungen gegenüber, diese gesetzlichen Grundlagen in Gänze abzuschaffen bzw. erheblich zu verändern?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Petke, es ist völlig klar, dass die Zukunftsfähigkeit des öffent
lichen Dienstes weitere Reformen des Dienstrechts erfordert. Wir haben dies auch im Koalitionsvertrag ausdrücklich hervorgehoben und gesagt, dass wir die Reform des Dienstrechts unterstützen werden. Aber der Reformbedarf im öffentlichen Dienst kann nicht ausschließlich damit begründet werden, das Berufsbeamtentum sei am Ende, wir brauchten endlich ein Kündigungsrecht für „faule Säcke“, wie es zum Teil öffentlich heißt.
Wir waren uns auf der Innenministerkonferenz 2003 in Jena einig, dass die Weiterentwicklung des öffentlichen Dienstrechts neben dem Beamtenrecht vor allem auch das Tarifrecht erfassen muss. Die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes bedürfen grundlegender, leistungsorientierter Reformen zur Verbesserung der Flexibilität der Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes und zur Deregulierung. Modernisierungsvorschläge, die sich ausschließlich auf Beamte beschränken, gehen an der Mehrheit der Beschäftigten im öffentlichen Dienst die Arbeitnehmer sind, vorbei. Was die Beamten anbelangt, so stimme ich Bundesinnenminister Schily ausdrücklich zu, dass die Geschichte des Beamtentums in Deutschland in Wahrheit auch ein Erfolgsmodell ist.
Das Problem ist: Wir haben es häufig mit Vorurteilen und auch Polemiken zu tun, die das Bild des Berufsbeamtentums in der Öffentlichkeit entstellen. Das hat kürzlich auch das renommierte Ifo-Institut aus München bestätigt, indem es über sieben Thesen über die deutschen Beamten klargemacht hat, dass Beamte besser als ihr Ruf sind und mit Vorurteilen aufzuräumen sei. Darin wird belegt, dass die Beamten im Durchschnitt mehr arbeiten als die in der Privatwirtschaft beschäftigten Arbeitnehmer und dass sie im Durchschnitt dabei weniger verdienen als vergleichbare Beschäftigte in der Privatwirtschaft. Wir haben im internationalen Vergleich in Deutschland eher weniger Beschäftigte, die aber vergleichsweise effizienter arbeiten. Das Streikverbot für Beamte schafft dem Dienstherren Berechenbarkeit bei der Erfüllung seines gesetzlichen Auftrages.
Nunmehr wird in der Föderalismuskommission vorgeschlagen, eine Aufteilung der Gesetzgebungskompetenzen bezüglich des Beamtenversorgungs- und -besoldungsrechts zwischen dem Bund und den Ländern vorzunehmen. Die Landesregierung sieht diesen Vorschlag mit einer gewissen Zurückhaltung; denn insbesondere wegen der Nähe zu Berlin und damit zur Bundeshauptstadt besteht die Gefahr, dass gute Landesbeamte aufgrund des möglichen hohen Besoldungsunterschiedes zwischen Bundesbeamten und Landesbeamten dorthin abwandern.
Ich fasse zusammen: Niemand in der Landesregierung bestreitet, dass im Beamtenrecht weitere Reformen notwendig sind. Unser Land steht vor großen Herausforderungen und muss sich weiter reformieren, um diesen Herausforderungen gewachsen zu sein. Unsere Beamten müssen uns auf diesem Weg begleiten und den Prozess voranbringen. Es ist klar, dass sie sich daher nicht von Reformen ausnehmen können. Aber wenn es richtig ist, dass sich der Staat nach dem Prinzip der Subsidiarität überall dort zurückziehen soll, wo sein Handeln nicht zwingend geboten ist, dann gilt umso mehr, dass dort, wo das Handeln des Staates unerlässlich ist, das Festhalten am Berufsbeamtentum und am Streikverbot geboten ist.
Danke, Herr Innenminister, für diese Antwort. - Wir kommen zur Frage 94 (Teilung des Landes in Planungsregionen) des Abgeordneten Schulze.
Vor zwei Jahren hat die Landesregierung aus der Befürchtung heraus, ab 2007 den EU-Höchstfördersatz für ganz Brandenburg zu verlieren, das Land in zwei Planungsregionen geteilt. Der Grund dafür war, wenigstens dem Nordosten Brandenburgs auch nach 2006 die Höchstförderung zukommen zu lassen. Am 06.12.2004 war der Presse zu entnehmen, dass das Land Brandenburg laut einem EU-Zwischenbericht auch als Ganzes eine Chance gehabt hätte, die Höchstförderung zu erhalten.
Meine Frage an die Landesregierung: Welche Gründe sprechen aus heutiger Sicht dafür, diese Teilung des Landes in zwei Planungsregionen noch als sinnvoll anzusehen?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Schulze, die Entscheidung der Landesregierung vor einigen Jahren ist nach einer gründlichen Abwägung gefallen, aber natürlich auf der Grundlage des Datenmaterials, das damals zur Verfügung stand. Sie wissen, dass bei solchen Entscheidungen nicht nur die wirtschaftliche Entwicklung Brandenburgs und seiner Teile eine Rolle spielt, sondern dass auch die Alt-EU sage ich einmal - und die zehn Beitrittsländer mit ins Kalkül gezogen werden mussten. Diese Gesamtdynamik - Sie kennen die 75%-Grenze - musste eingeschätzt werden. Das ist auch am heutigen Tage noch nicht abschließend möglich. Ich möchte dazu aus der von Ihnen erwähnten Ausgabe der „Märkischen Allgemeinen Zeitung“ die für Regionalpolitik zuständige EUKommissarin Danuta Hübner zitieren. Sie sagt:
„Fakt ist, dass die statistischen Daten, die für eine abschließende Bewertung dieser Entscheidung notwendig sind, noch nicht vorliegen. So wie es derzeit aussieht - das ist aber nur ein Iststand, es kommen ja noch einige Jahre in die Bewertung hinein -, wird der nordöstliche Teil Brandenburgs künftig in den Genuss der Höchstförderung kommen.“
„Das bedeutet aber nicht, dass der andere Teil hintenrunterfällt. Die Kommission hat großzügige Übergangsregelungen vorgeschlagen für die Regionen, die aus dem Ziel1-Gebiet herausfallen.“
Ich fasse zusammen: Seinerzeit stand die Entscheidung an: Gehen wir das Risiko ein, dass das gesamte Land Brandenburg aus der Ziel-1-Förderung herausfällt - wie es nach der Datenlage der letzten Jahre ausgesehen hat, weil wir sehr knapp an der Kante von 75 % liegen -, oder treffen wir eine Entscheidung, die für die Hälfte des Landes die Höchstförderung sichert und für die andere Hälfte des Landes die genannte großzügige Übergangsregelung schafft?
Ich meine, dass das auch noch aus heutiger Sicht eine sehr verantwortbare Entscheidung ist. Wir müssen in zwei Jahren schauen, wie die Entwicklung in Gesamteuropa ausgegangen ist, wo dann die 75%-Grenze festgemacht werden kann und wie wir dabei bewertet werden.
Ich denke, das, was Frau Danuta Hübner hier belastbar gesagt hat, zeigt uns, dass für keinen der beiden Landesteile in der nächsten Förderperiode erhebliche Einschränkungen zu befürchten sind.
Herr Ministerpräsident, Sie sprachen gerade davon, dass Übergangsregelungen gefunden werden und zum Teil auch schon Eckpunkte vorhanden sind. Können Sie sagen, welche konkreten Eckpunkte das sind?
Es gab seinerzeit erste Betrachtungen des damals noch zuständigen Kommissars Barnier. Da war in Rede, dass die Förderung - um es etwas kompakter zu sagen - in einer Größenordnung von übergangsweise ungefähr 80 % liegen soll. Ich muss allerdings dazu sagen, dass sich Frau Hübner als neue zuständige Kommissarin und die Kommission in Gänze noch nicht abschließend dazu geäußert haben, wie diese Übergangsregelungen aussehen werden. Aber ich denke, in dieser Größenordnung kann man sie etwa erwarten.
Danke sehr. - Meine Damen und Herren, es gibt Anlass, die Kollegen mit den etwas schwächeren Gedächtnissen daran zu erinnern, dass es im Plenum nicht üblich ist, Absprachen zwischen den Abgeordneten und den Ministern zu treffen oder gar Begrüßungsrunden durchzuführen. Wenn es dringenden Absprachebedarf gibt, dann bitte außerhalb des Raumes oder im Bereich der Besucherplätze. Das gilt sowohl für Minister als auch für Parlamentarische Geschäftsführer, Fraktionsvorsitzende und alle übrigen Beteiligten. Danke für die Kenntnisnahme.
Wir kommen zur Frage 95 (Zusatzjobs in Brandenburg), die von der Abgeordneten Dr. Schröder gestellt wird.
Ein wichtiger Baustein der aktuellen Hartz-IV-Reform ist die Einrichtung so genannter Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung. Seit Oktober dieses Jahres sind nach Auskunft der Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit im Land Brandenburg etwa 7 800 dieser Arbeitsgelegenheiten an Langzeitarbeitslose vermittelt worden.
Ich frage die Landesregierung: Wie viele dieser so genannten Zusatzjobs hält sie für das kommende Jahr 2005 in Brandenburg für erforderlich und möglich?