Protocol of the Session on October 10, 2007

Es steht Ihnen dennoch frei.

Wir berücksichtigen natürlich den innovativen Ansatz dieses BUGA-Konzeptes, sehen ihn als wichtig an und finden das Konzept auch interessant. Aber wir haben bei allen BUGAs,

auch in der Vergangenheit, immer wieder gesagt, dass diese Veranstaltung kein Selbstzweck, sondern ein Beitrag zu einer nachhaltigen Stadtentwicklung ist und wirtschaftliche und touristische Aspekte zu berücksichtigen hat. Hier ist insbesondere auch für uns, da die Städtebauförderung angesprochen wird, der Aspekt der nachhaltigen Stadtentwicklung zu betrachten.

Inwieweit die betreffenden Maßnahmen - in dem Konzept werden sie als „Sowieso-Projekte“ dargestellt - auch finanziert und umgesetzt werden können, muss man sehen. Aber sie sind nicht generell „Sowieso“, sondern sie sind natürlich nur im Zusammenhang mit einer städtebaulichen Entwicklung und damit auch mit einer Entwicklung der Region zu betrachten. Die betreffende Region ist nun einmal strukturschwach. Ich will auch nicht unerwähnt lassen, dass das Projekt inhaltlich - natürlich ist es ein innovatives Konzept - auch Risiken birgt in Bezug auf den räumlichen Umgriff und die Verkehrserschließung. Das spielt bei der Betrachtung und Bewertung natürlich eine Rolle. - Danke.

(Beifall bei der SPD)

Wir kommen zur Frage 1429 (Entwicklung beim ergänzenden Arbeitslosengeld-II-Bezug von Erwerbstätigen), die die Abgeordnete Lehmann stellt.

In letzter Zeit fanden sich in den Medien wiederholt Darstellungen, wonach in Brandenburg die Zahl der Erwerbstätigen, die aufgrund von zu geringem Erwerbseinkommen ergänzende Leistungen nach dem SGB II in Anspruch nehmen konnten und mussten, in den letzten Monaten des Jahres 2006 stark angestiegen ist.

Ich frage die Landesregierung: Treffen diese Darstellungen zu?

Frau Ministerin Ziegler, bitte beantworten Sie uns die Frage.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Abgeordneten! Liebe Frau Lehmann, die Zahl der hilfebedürftigen Personen mit anrechenbarem Einkommen aus Erwerbstätigkeit stieg im Zeitraum von September 2005 bis Januar 2007 in unserem Land von 47 652 um 2 749 auf 50 401 an. Der Anteil der sogenannten Aufstocker an der Gesamtzahl der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen stieg damit im Landesdurchschnitt von 17,8 % auf insgesamt 18,4 %. Damit liegt Brandenburg im Bundesdurchschnitt; denn bundesweit stieg der Anteil der erwerbsfähigen Personen mit anrechenbarem Erwerbseinkommen ebenfalls von 17,6 % auf insgesamt 18,2 %. Insofern sind die genannten Daten und Darstellungen für Brandenburg im Sinne eines besonders starken Anstiegs nicht zutreffend.

Es gibt eine Nachfrage. - Herr Abgeordneter Görke, bitte.

Frau Ministerin, teilen Sie meine Auffassung, dass wir nicht in erster Linie darüber streiten sollten, wie der Anstieg zu interpretieren ist, sondern gemeinsam dafür sorgen sollten, dass Menschen, die in Vollzeit arbeiten, auch einen existenzsichernden Mindestlohn erhalten?

Die Frage ist eindeutig mit Ja zu beantworten. Aber hier ging es um Fakten, und daher musste ich die Fakten auch darstellen und hatte nichts zu interpretieren.

Unsere neue Besuchergruppe verhält sich so still und leise, dass ich sie zunächst gar nicht wahrgenommen habe und erst jetzt dazu komme, sie zu begrüßen. Es sind Gäste aus der Grundschule in Schipkau, eine 6. Klasse. - Herzlich willkommen bei uns im Landtag!

(Allgemeiner Beifall)

Wir kommen zur Frage 1430 (Entwurf eines Gesetzes über die Festsetzung des Mindestlohns), die der Abgeordnete Görke stellen wird.

Das Land Rheinland-Pfalz hat einen umfassenden Entwurf eines Gesetzes über die Festsetzung eines Mindestlohnes in den Bundesrat eingebracht. Das Gesetz wird die unabdingbare Verpflichtung zur Zahlung eines Mindestlohnes festlegen sowie Regelungen zur Festsetzung des Mindestlohnes formulieren. Flankiert wird der Gesetzentwurf von Entschließungsanträgen des Landes Berlin und der Freien Hansestadt Bremen.

Ich frage die Landesregierung: Welche Position hat sie zu dem vom Land Rheinland-Pfalz eingebrachten Entwurf eines Mindestlohngesetzes?

Frau Ministerin Ziegler, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Görke, ich persönlich habe das allergrößte Verständnis dafür, dass Sie immer wieder auf diesem Thema herumreiten, wobei Sie allerdings nicht inhaltlich argumentieren, sondern die Koalitionsfrage in diesem Lande in den Mittelpunkt rücken. Sie wissen, dass es in unserer Koalition in Brandenburg unterschiedliche Auffassungen gibt und sich dementsprechend unser Land im Bundesrat bei der Abstimmung enthalten wird.

Meine persönliche Auffassung zum Mindestlohn haben Sie - so hoffe ich - mittlerweile zur Kenntnis genommen.

Es gibt dennoch eine Nachfrage.

Frau Ministerin, diese Auffassung kenne ich. Deshalb haben wir von der Fraktion DIE LINKE uns auch gewundert, dass sich die Vertreter Brandenburgs in den Ausschüssen des Bundesrates nicht der Stimme enthalten, sondern gegen den Gesetzentwurf des Landes Rheinland-Pfalz und weitere Anträge zum Mindestlohn gestimmt haben. Welche Beweggründe hatte die Landesregierung für dieses Abstimmungsverhalten in den Ausschüssen des Bundesrates?

Ich habe mich nie dagegen ausgesprochen. Auch der Finanzminister hat zugestimmt. Insofern ist Ihre Information falsch.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Wir kommen zur Frage 1431 (Arbeitslosengeld I), die von der Abgeordneten Monika Schulz gestellt wird.

Es gibt eine immer heftiger werdende Diskussion dahingehend, die Bezugsdauer für das Arbeitslosengeld I zu verlängern. Vor dem Hintergrund, dass es von vielen Arbeitnehmern als ungerecht empfunden wird, dass die ALG-I-Bezugsdauer von einem Jahr für alle gilt, unabhängig davon, ob man zwei oder 20 Jahre lang gearbeitet hat, frage ich die Landesregierung: Wie positioniert sie sich in der Diskussion um die Veränderung der Bezugsdauer für das Arbeitslosengeld I?

Es antwortet wiederum Frau Ministerin Ziegler.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muss zunächst eine Klarstellung vornehmen: Die Bezugsdauer von einem Jahr für das Arbeitslosengeld I gilt nicht für alle Arbeitslosen. Erwerbslose ab 55 Jahre erhalten grundsätzlich jetzt schon 18 Monate lang Arbeitslosengeld I.

Der Vorschlag, die Bezugsdauer zu verlängern, ist erst seit einigen Tagen wieder in der Diskussion. Deshalb muss ich um Verständnis bitten, dass wir keine abschließende Haltung der Landesregierung präsentieren können. Ich möchte dennoch auf das Pro und Kontra aus meiner Sicht noch einmal eingehen.

Selbstverständlich spricht dafür, dass es gerade in strukturschwachen Regionen mit einem hohen Arbeitsplatzdefizit schwer ist, Arbeit zu finden. Deshalb würde durch die Verlängerung ein schnelles Abrutschen in Altersarmut verhindert oder zumindest verzögert werden können. Aber es spricht auch eine ganze Menge gegen die Verlängerung der Bezugsdauer, zum Beispiel, dass es dadurch wieder zu einer Veränderung des Einstellungsverhaltens der Arbeitgeber kommen würde.

Ich möchte Ihnen noch einmal darstellen, was wir alles unternommen haben, um gerade die älteren Arbeitslosen in Arbeit

zu bringen. Das ist zunächst einmal die Entgeltsicherung für ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Dadurch erhalten ältere Arbeitslose, die eine Beschäftigung mit einem niedrigerem Nettoentgelt als vor ihrer Arbeitslosigkeit aufnehmen, einen teilweisen Ausgleich für die Lohneinbußen. Zusätzlich werden die Rentenversicherungsbeiträge aus der neuen Beschäftigung für die Dauer von zwei Jahren auf 90 % des vorherigen Niveaus aufgestockt. Im Rahmen von Eingliederungszuschüssen wird Arbeitgebern ein neues Angebot für die Einstellung von älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gemacht. Wenn erkennbar ist, dass individueller Unterstützungsbedarf besteht, kann die Einstellung durch einen Eingliederungszuschuss künftig auch ohne Vorliegen von Vermittlungshemmnissen gefördert werden, wenn die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bereits sechs Monate arbeitslos sind.

Die bestehende Regelung zur Weiterbildungsförderung älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Betrieben wird erweitert und attraktiver gestaltet. Künftig können Beschäftigte bereits ab dem 45. Lebensjahr in Betrieben mit weniger als 250 Beschäftigten Förderleistungen erhalten. Dieses Absenken ist sozusagen ein präventiver Ansatz zur Verhinderung von Arbeitslosigkeit. Geförderte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können künftig ebenfalls einen Bildungsgutschein erhalten, mit dem sie unter zertifizierten Weiterbildungsanbietern frei wählen können.

Um die Unternehmen zu ermutigen, mehr Ältere einzustellen, wird die erleichterte Befristung von Arbeitsverträgen als Dauerregelung im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht gestaltet. Das heißt, die Altersgrenze für den Abschluss befristeter Arbeitsverträge ohne Befristungsgrund wird dauerhaft auf das 52. Lebensjahr festgelegt. Die Regelung wird entsprechend dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs von 2005 gemeinschaftsrechtskonform gestaltet.

Die Arbeitsmarkt- und Beschäftigungsdaten für Ältere zeigen eine leicht positive Tendenz. Wir reisen sozusagen jeden Tag durch das Land und tun nichts anderes, als dafür zu werben, auch die Kompetenzen der älteren Menschen zu nutzen. Wir stellen fest, dass auch vor dem Hintergrund unserer Fachkräftesituation alle unsere Maßnahmen Früchte getragen haben und weiterhin Früchte tragen werden. Der Anteil der Älteren an den sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten ist seit Mitte 2004 um 1,8 Prozentpunkte gestiegen. Die Zahl der älteren Arbeitslosen geht sowohl bei den über 50-Jährigen als auch bei den über 55-Jährigen zurück. Im September 2007 betrug sie 53 393 bei den über 50-Jährigen bzw. 24 449 bei den über 55-Jährigen. Das ist gegenüber dem Vorjahresmonat ein Rückgang um 6 040, also 10,1 %, bzw. um 2 620, also 9,6 %.

Man darf also nicht unterschlagen, dass es diese Tendenz gibt. Deshalb bleibt es bei dem Pro und Kontra. Wir als Regierung haben aus diesem Grunde auch noch keine abschließende Meinung dazu.

Wir kommen zur Frage 1432 (Modell „Gemeindeschwester“), gestellt von der Abgeordneten Dr. Schröder.

Die im Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa)

organisierten Pflegedienste haben sich in einer Initiative zusammengeschlossen, um aufzuzeigen, dass es keiner Wiederbelebung der sogenannten Gemeindeschwester bedarf. Mit der Kampagne „Wir sind die Gemeindeschwester Agnes - Ihre bpa-Pflegedienste“ wollen sie über die bereits vorhandenen Versorgungsstrukturen aufklären.

Ich frage daher die Landesregierung: Wie beurteilt sie in der bpa-Kampagne vorgetragene Argumente gegen eine aus Sicht der bpa überflüssige Wiederbelebung der Gemeindeschwester?

Bitte, Frau Ministerin Ziegler.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die bisherigen Erfahrungen im Modellprojekt haben schon gezeigt, dass sich das Leistungsspektrum ambulanter Pflegedienste und das im Modellprojekt ermittelte Tätigkeitsspektrum der Gemeindeschwester stark voneinander unterscheiden. Es ist bereits deutlich, dass die Gemeindeschwestern grundsätzlich keine Leistungen gemäß der §§ 36 ff. SGB XI, also Grundpflege, hauswirtschaftliche Verrichtungen, durchführen. Es ist weiterhin so, dass über 70 % der Modellprojektpatienten nicht gemäß SGB XI pflegebedürftig sind und bei den weitaus meisten Leistungen der Behandlungspflege kein Parallelangebot besteht.

Gott sei Dank muss nur ein geringer Anteil der Menschen in unserem Lande gepflegt werden. Aber es gibt noch keine Lösungen, wenn Hausärzte nicht mehr vorhanden sind und die dann noch vorhandenen Ärzte Hausbesuche für jeden, der dies braucht, durchführen sollen. Die Gemeindeschwestern sollen diese Funktion übernehmen. Das dann mit den Pflegediensten in einen Topf zu werfen finde ich schon bemerkenswert. Dazu sage ich: Die Kampagne geht wirklich am Ziel vorbei. Die Pflegedienste sind dazu aufgerufen, sich mit einzubringen. Sie sitzen auch dazu im Begleitgremium des Modellprojekts. Sie können sich also mit einbringen. Aber die Kommunikation von denen, die im Begleitgremium sitzen, hin zu denen, die vor Ort Pflegedienste leisten, ist leider nicht stark ausgeprägt. Das werden wir in Zukunft auch noch übernehmen, um Klarheit vor Ort zu schaffen.

Wir haben ja ein Mitglied des Landtages, das auch über ein Gremium im ASB beschäftigt ist, aus dem Pflegedienst heraus eine Gemeindeschwester an dem Modellvorhaben teilnehmen lässt und sehr klar und deutlich immer wieder heraushebt, dass das dort überhaupt keine Parallel- oder Konkurrenzveranstaltung ist, sondern dass es eine Chance für den Pflegedienst, wenn auf Bundesebene die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen sind, sein kann, Gemeindeschwestern zu etablieren. Insofern finde ich es schade, dass wir eine Phantomdiskussion führen.

Ich möchte deutlich sagen: Wenn es Überschneidungen gibt das haben wir auch in anderen Ländern wie der Schweiz und Schweden kennengelernt -, muss man sich natürlich diese Schnittmengen ansehen und genau absprechen, wer welche Aufgaben zu erfüllen hat. Das wird in der Folge noch geschehen. Das ist allerdings angesichts der Anzahl der Menschen,

die überhaupt nicht pflegebedürftig sind, aber Hausbesuche bekommen müssen, völlig irrelevant.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank. - Meine Damen und Herren, Sie haben jetzt gut 60 Minuten lang Fragen gestellt und Antworten erhalten.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 2 und rufe Tagesordnungspunkt 3 auf:

Gesetz zur Neuordnung der Ausbildung und des Studiums für die Laufbahn des gehobenen Polizeivollzugsdienstes