Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Verehrte Gäste! Der Bundesgesetzgeber hat das SGB VIII geändert, und deswegen muss das Land Brandenburg sein Ausführungsgesetz dazu auch ändern, damit Bundes- und Landesrecht wieder zusammenpassen.
Nach Ansicht der Landesregierung können mit dem heute zu beschließenden Gesetz den Landkreisen zusätzliche nicht bezifferbare Kosten in geringfügiger Höhe durch die zahlenmäßige Erweiterung einzelner Gremien entstehen. Diese Kosten werden jedoch nach Ansicht der Landesregierung durch die zu erwartende Verwaltungskostenreduzierung kompensiert. Demnächst brauchen Tagespflegemütter, wenn sie höchstens 15 Stunden in der Woche Kinder betreuen, keine Erlaubnis mehr. Auch wird die unsinnige Regelung, dass eine Tagespflegemutter für jedes von ihr zu betreuende Kind eine Erlaubnis braucht, geändert. Ab sofort kann ihr für fünf Betreuungsplätze eine Erlaubnis erteilt werden.
Mit dieser Regelung sollen Verwaltungskosten eingespart werden. Wir als DVU-Fraktion sind optimistisch, dass dies auch der Fall sein wird. Im Gegensatz zu den linken Genossen begrüßen wir diese Regelung.
Der uns vorliegende Gesetzentwurf enthält durchaus richtige Ansätze, zum Beispiel im Artikel 1 Abschnitt 1 § 2. Dieser Paragraph erlaubt es nun den Jugendämtern, tätig zu werden, selbst wenn kein Antrag gestellt wurde. Warum das so vorteilhaft ist, wurde während der 1. Lesung bereits ausführlich dargelegt. All das zu wiederholen erspare ich mir.
Der Gesetzentwurf enthält jedoch auch einige nicht ganz so wesentliche Änderungen. Zum Beispiel wird das Wort „Familientagespflege“ durch die Wörter „Kindertages- und Vollzeitpflege“ ersetzt, und man spricht jetzt nicht mehr vom Vorsitzenden, sondern von dem vorsitzenden Mitglied - also eine geschlechtsneutrale Bezeichnung.
Was von der DVU-Fraktion kritisch gesehen wird, ist die Einschränkung von Grundrechten. § 18 Abs. 6 erlaubt, wenn ein begründeter Verdacht besteht, dass das Wohl des zu betreuenden Kindes in einer Kindertagespflegestelle gefährdet ist, den unverzüglichen Zutritt zu den Räumen und zu den zu betreuenden Kindern. - Damit wird das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung, wie in Artikel 13 des Grundgesetzes verankert, eingeschränkt. Auch in § 19 Abs. 4 wird dieses Grundrecht eingeschränkt. Da aber das Grundgesetz selbst Einschränkungen erlaubt, haben wir als gesetzestreue Fraktion in diesem Landtag keine Schwierigkeiten, der Beschlussempfehlung des Ausschusses zu folgen.
Zu den eingereichten Änderungsanträgen der linken Oppositionsfraktion werde ich nichts sagen; denn diese wurden bereits im Ausschuss behandelt und hatten die mehrheitliche Ablehnung erfahren.
Wir setzen die Debatte mit dem Beitrag der CDU-Fraktion, für die die Abgeordnete Hartfelder spricht, fort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem jetzt zur Abstimmung vorliegenden Gesetzentwurf ist eine gute Grundlage für eine Verbesserung der Jugendhilfe in Brandenburg gegeben. Ich bitte um Zustimmung zum Gesetzentwurf. - Danke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der 1. Lesung des vorliegenden Änderungsgesetzes habe ich aus den zahlreichen Änderungen, die dieses Gesetz beinhaltet, zwei Punkte herausgegriffen, die mir besonders wichtig waren: erstens den durch § 2 verbesserten Kinderschutz und zweitens die durch § 17a verbesserten Mitwirkungsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen.
Die weiteren parlamentarischen Beratungen haben erfreulicherweise gezeigt, dass gerade in diesen jugendpolitisch wichtigen Fragen eine breite parlamentarische Übereinstimmung besteht, sieht man davon ab, dass die Fraktion DIE LINKE den neuen § 17a in Details jetzt anders formulieren möchte. Herr Krause, dieser Änderungsantrag ist mir - da stimme ich mit Frau Lieske überein - völlig unverständlich. Der Gesetzentwurf hat in dieser Hinsicht ein klares Ziel. Überall dort, wo die Lebensbedingungen von Kindern und Jugendlichen gestaltet werden, sollen sie dazu Stellung nehmen und ihre eigenen Vorstellungen einbringen können - je nach ihrem Alter und ihren Möglichkeiten. Das gilt für den Jugendhilfeausschuss, den Landesjugendhilfeausschuss ebenso wie für die Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe. Damit sind eben nicht nur Heime gemeint, sondern auch jeder Hort, jeder Jugendklub.
Sie scheinen nicht verstanden zu haben, dass wir mit diesem Gesetzentwurf nämlich Mitwirkungsmöglichkeiten mit möglichst allen Einrichtungen befördern wollen; denn der von Ihnen gewollte Heimbeirat geht an der Intention vorbei. Er reduziert die Mitwirkung nur auf Einrichtungen der Hilfen zur Erziehung.
Ähnlich verhält es sich mit den beiden anderen Änderungsanträgen. Auch da stimme ich mit dem, was Frau Lieske hier vorgetragen hat, weitestgehend überein. Der Antrag zu § 4 geht, denke ich, an der Realität kommunaler Selbstverwaltung vorbei; denn der Gesetzentwurf stärkt den Jugendhilfeausschuss gegenüber dem Kreistag, er schwächt ihn mitnichten, wie Sie hier dargestellt haben. Ihr Antrag zu § 18 bedeutet nicht nur einen - glaube ich jedenfalls - gigantischen bürokratischen Aufwand, sondern widerspricht auch dem Bundesrecht. Daher sind aus meiner Sicht alle drei Anträge abzulehnen.
Der Gesetzentwurf in der Form der Beschlussempfehlung ist geeignet, die Kinder- und Jugendhilfe in Brandenburg deutlich zu qualifizieren. Dieser Konsens ist auch im Zuge der parlamentarischen Beratungen deutlich geworden. Darüber freue ich mich sehr und bitte um Zustimmung. - Danke sehr.
Meine Damen und Herren! Damit sind wir am Ende der Debatte zu diesem Tagesordnungspunkt angelangt. Ich stelle die vorliegenden Anträge zur Abstimmung. Wir beginnen mit dem Änderungsantrag in der Drucksache 4/4785 der Fraktion DIE LINKE, Änderungen in § 4 betreffend. Wer diesem Änderungsantrag Folge leisten möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Änderungsantrag ohne Enthaltungen mit deutlicher Mehrheit abgelehnt worden.
Ich stelle den Änderungsantrag in der Drucksache 4/4786 der Fraktion DIE LINKE - Änderungen in § 17a betreffend - zur Abstimmung. Wer diesem Folge leisten möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Gibt es Stimmenthaltungen? - Damit ist dieser Änderungsantrag ohne Enthaltungen mit deutlicher Mehrheit abgelehnt worden.
Ich stelle den Änderungsantrag in der Drucksache 4/4787 der Fraktion DIE LINKE - Änderungen in § 18 betreffend - zur Abstimmung. Wer dem Folge leisten möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist auch dieser Änderungsantrag ohne Enthaltungen mit deutlicher Mehrheit abgelehnt worden.
Ich stelle die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bildung, Jugend und Sport, Drucksache 4/4702, zur Abstimmung. Wer ihr Folge leisten möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist das Gesetz in 2. Lesung bei einigen Gegenstimmen und einigen Enthaltungen verabschiedet worden.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Gäste! Ich glaube, es war der Vorsitzende der SPD-Fraktion im Bundestag, Herr Struck, der vor einigen Monaten sagte, kein Gesetzentwurf verlasse das Parlament so, wie er hereingekommen sei. Nimmt man dies zum Maßstab, so ticken die Uhren in Brandenburg etwas anders, denn es ist in kürzester Zeit der zweite Gesetzentwurf, der so aus dem Parla
ment geht, wie er hereingekommen ist, und zwar der zweite nach der Novelle des Kindertagesstättengesetzes.
Bei der Novellierung des Kindertagesstättengesetzes hat es sich so wie heute verhalten: Man hat viele Menschen angehört, die mit der Materie zu tun haben, ist geduldig auf ihre Argumente eingegangen, hat das Ganze aber zum Schluss im Gesetzentwurf nicht berücksichtigt.
Auffallend bei der Behandlung beider Gesetzesvorlagen war auch: In beiden Ausschüssen kam zum Ausdruck, dass die Kolleginnen und Kollegen der SPD in manchen Bereichen eigentlich etwas anderes wollten, als sie beschlossen haben, oder dass sie dem einen oder anderen Änderungsantrag durchaus hätten folgen können, aber sehr deutlich gesagt haben, mit Rücksicht auf den Koalitionspartner ginge das nicht. Allerdings haben Sie die Koalition deshalb geschlossen - daran darf ich auch einmal erinnern -, weil Sie meinten, Sie könnten mit ihrem Koalitionspartner besser sozialdemokratische Politik durchsetzen.
Die Fraktion DIE LINKE hat in den Ausschussberatungen eine ganze Reihe von Änderungen an dem Gesetzentwurf vorgeschlagen. Sie betreffen drei Komplexe und enthalten im Übrigen auch die Hinweise, die von der Mehrheit der Sachverständigen in der Anhörung zum Ausdruck gebracht wurden - natürlich nicht die Meinung der katholischen Kirche, die wir auch angehört haben. Dazu sage ich - dazu stehen wir auch -: Wer keinen Beratungsschein ausstellt, erfüllt nicht die gesetzlichen Anforderungen an ein beratungsoffenes Angebot. Deswegen haben wir es auch nicht berücksichtigt.
Wir hätten zwar gern Qualitätsstandards in die gesetzliche Regelung übernommen, die es heute schon als Verordnung gibt, jedoch gab es dagegen juristische Einwände. Gut, wir haben das zur Kenntnis genommen.
In einem zweiten Antrag meiner Fraktion ging es um die Finanzierung der Beratungsstellen. Die gegenwärtige Förderung des Landes deckt etwa 90 % der Kosten. Künftig sollen es laut Bundesgesetz mindestens 80 % sein. Es können natürlich auch mehr sein, aber der Anspruch bezieht sich auf mindestens 80 %.
Wir hätten gern gehabt, dass die Personalkosten mit einem festen dynamisierten Beitrag in Höhe von 70 000 Euro gefördert werden. Das wären mehr als 80 %, dies hätte für die Träger eine wesentliche Planungssicherheit im Personalbereich bedeutet.
Den dritten Antrag legen wir Ihnen heute erneut zur Abstimmung vor. Es geht darum, dass Ratsuchende die Beratungsstellen auch unter den räumlichen und verkehrstechnischen Bedingungen Brandenburgs in zumutbarer Zeit erreichen können. Es ist nicht so wichtig, wie viele Kreisgrenzen sie zu überfahren oder zu überlaufen haben. Wichtig ist, welche Entfernung sie zu überbrücken haben.
Es ist wichtig zu beachten, einen Zeitraum von fünf Stunden für den Hin- und Rückweg zu zwei unabhängigen Beratungsstellen nicht zu überschreiten, und zwar mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Wenn ich an den Redebeitrag von Frau Geywitz heute Morgen in der Aktuellen Stunde denke, in dem sie die Erreichbarkeit von Schwangerschaftsberatung mit zum Kinderschutz zählte, was wir genauso sehen, passt das genau dazu.
Angesichts des ausgedünnten ÖPNV-Netzes und der parallel dazu steigenden Preise ist eine solche Regelung umso wichtiger. Welcher schwangeren Frau oder Familie mit Kleinkindern und Säuglingen wollen wir eine Wegezeit von mehr als fünf Stunden zumuten? Mit der heutigen Struktur ist das zwar gesichert, wie Sie hervorgehoben haben. Ich kann auch verstehen, dass die Koalitionsfraktionen den Versicherungen der Landesregierung Glauben schenken, die Erreichbarkeit solle so bleiben. Sie werden aber verstehen, dass wir als Opposition das etwas anders sehen und nicht so gutgläubig sind. Im Übrigen macht es misstrauisch, dass in der Begründung zum Gesetzentwurf erhalten geblieben ist, die Landesregierung stehe zu einer zumutbaren Wegezeit von acht Stunden. Es ist denkbar, dass die Beratungsstellen dort bleiben, wo sie jetzt sind, jedoch aufgrund von Einschränkungen des ÖPNV nicht mehr in zumutbarer Zeit erreicht werden können. Wir müssen auch jene Frauen im Blick haben, die nicht Vater oder Mutter oder jemand anders bitten wollen oder können, sie mit dem Auto zu fahren, wenn beispielsweise niemand von der Schwangerschaft wissen soll. Für Frauen und junge Mädchen in derartigen Konfliktsituationen wäre es viel wichtiger, eine Beratungsstelle erreichen zu können als eine Babyklappe.
Ich werbe um Ihre Zustimmung für diesen Antrag. Gerade weil Sie sagen, niemand wolle am heutigen Standard etwas ändern, sollten Sie unserem Antrag zustimmen. Dann haben Beratungsstellen und Betroffene nicht nur ein Versprechen, sondern ein Gesetz, das Sicherheit und Vertrauen für alle schafft.
Herr Präsident! Sehr verehrte Kollegen! Sehr verehrte Gäste! Liebe Frau Wöllert, das ist eben so. Wenn ein Gesetzentwurf der Regierung gut ist, kann es das Parlament ungeändert passieren. Man kann den Anwesenden natürlich auch sehr gut erklären, warum wir, die Koalition, Ihnen heute empfehlen, den Regierungsentwurf anzunehmen.
In der Tat liegt eine umfangreiche Debatte hinter uns. Dabei haben ganz unterschiedliche weltanschauliche Sichten diese Diskussion begleitet. Wir in der Koalition konnten uns nicht zu Änderungsanträgen durchringen. Die CDU wollte, dass wir das Gesetz bezüglich Anerkennung und Finanzierung auch in Richtung allgemeine Schwangerschaftsberatung erweitern. Wir wollten gern, dass der Mindestversorgungsschlüssel in diesem Gesetz etwas präziser formuliert wird. Wir beide sind nicht zusammengekommen. Das ist kein Drama, ist kein Weltuntergang. Dadurch wird die Qualität dieses Gesetzes nicht beeinträchtigt. Das Gesetz ist qualitativ gut. Insofern empfehlen wir Ihnen die Beschlussfassung.
Die Beratungen in den Arbeitskreisen, im Ausschuss und in der Anhörung haben deutlich gemacht: Die bisherige Struktur, der bisherige Ansatz, wie wir dies in Brandenburg und auch in vielen anderen Bundesländern mit der Beratung aus einer Hand handhaben - die allgemeine Schwangerschafsberatung auf der einen, die Schwangerschaftskonfliktberatung auf der anderen
Seite -, hat sich fachlich-inhaltlich bewährt. Aus diesem Grunde wollen wir mit unserem Gesetzentwurf an diesem Ansatz festhalten und genau diesen Ansatz in puncto Anerkennung und Finanzierung festschreiben.