Für die SPD-Fraktion darf ich betonen - und das ist uns sehr wichtig -: Wir haben 1995 diesen Konsens, zum einen die Schutzpflicht des Staates für das ungeborene Leben zu verankern - darüber haben wir sehr intensiv diskutiert, als wir das Schwangerschaftskonfliktgesetz auf Bundesebene beraten haben -, zum anderen einen verfassungsrechtlich konformen Rahmen für die Straffreiheit von Abtreibungen zu finden, gemeinsam erarbeitet. Diesen Konsens hatten wir - einschließlich der katholischen Kirche - 1995. Insofern bedauern wir sehr, dass die katholische Kirche diesen Konsens im Jahre 2000 verlassen hat und keine Konfliktberatung mehr anbietet, sondern auch in Brandenburg nur noch die allgemeine Schwangerschaftsberatung.
Wir bedauern auch sehr, dass der Verein „Donum Vitae“, der sich 1999 aus dem Kreise von Katholiken gegründet hat, eben weil sich die katholische Kirche aus der Konfliktberatung herausgezogen hat, von der katholischen Kirche aufgrund des anderen inhaltlichen Ansatzes nicht anerkannt wird. Wir haben ein bisschen die Hoffnung, dass die Diskussion und die Auseinandersetzung auch in der katholischen Kirche - sie sind ja noch nicht abgeschlossen, es ist auch dort ein sehr schwieriger Prozess, wie man immer wieder hört - weitergeführt werden und sich dieser Prozess weiterentwickelt. Wir hoffen auch, dass wir wieder Partner werden können.
In den Anhörungen waren auch die Frage der Qualitätskriterien für die Anerkennung von Schwangerschafts- und Konfliktberatungen sowie die Frage der Qualitätskriterien bezogen auf die inhaltliche und fachliche Umsetzung dieser Beratung ein wichtiger Punkt. Dazu können wir klar und deutlich sagen, dass die Richtlinie, die wir im Land Brandenburg derzeit haben und nach der wir bisher diese Schwangerschafts- und Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen finanziert haben, weiter gilt. In dieser Richtlinie sind all diese Kriterien aufgezählt. Es wird fachlich und inhaltlich keine Abstriche geben. Ich denke, das ist noch einmal ein klares Zeichen, eine klare Botschaft an die Leistungserbringer, aber auch an alle Betroffenen.
Natürlich ist und war die Frage der Finanzierung wichtig. Wir haben im Gesetz formuliert: „mindestens 80 % der angemessenen Personal- und Sachkosten“. Hier - das sage ich ganz deutlich - muss den Wohlfahrtsverbänden und Leistungserbringern sehr schnell signalisiert werden, was die angemessenen Personal- und Sachkosten sind. Auch das ist in der Anhörung sehr deutlich geworden. Hierzu wird es eine Verwaltungsvorschrift geben. Wir gehen davon aus, dass es keine gravierenden finanziellen Abstriche gegenüber der jetzigen Finanzierung geben wird. Ich empfehle, dass wir die Verwaltungsvorschrift im zuständigen Fachausschuss noch einmal betrachten und uns über den Stand der Dinge regelmäßig informieren lassen.
Ein anderer Punkt ist mir noch sehr wichtig: Wir hatten zu der Anhörung auch die kommunale Seite eingeladen. Es ist ein Vertreter eines Landkreises gekommen und hat über seine Sicht der Dinge gesprochen. Er berichtete unter anderem, dass der Landkreis einen engen Kontakt zur Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung habe und er möglicherweise ein Projekt installieren könnte, das da heißt: Nase, Bauch und Po. - Es geht in diesem
Projekt darum, Multiplikatoren zu finden, die insbesondere Erzieherinnen in Kindertagesstätten in sexualerzieherischer Arbeit anleiten und ein Stück weit auch dazu befähigen.
Der Vertreter des Landkreises sagte aber gleichzeitig, dass es wohl am Personal hapern wird. Er hat dann ausgeführt, dass auf 90 000 Einwohner ein Sexualpädagoge käme. Ich will noch einmal klar und deutlich an die kommunale Seite appellieren: Allgemeine Schwangerschaftsberatung ist auch eine kommunale Aufgabe. Ich hoffe und erwarte, dass insbesondere die Gesundheitsämter ihre Verantwortung noch intensiver wahrnehmen, wie es möglicherweise in einzelnen Regionen bislang der Fall war. Es ist nicht nur Aufgabe der anerkannten Schwangerschafts- und Konfliktberatungsstellen, sondern auch eine Aufgabe in der Verantwortung der Landkreise und kreisfreien Städte. - Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es handelt sich heute um die 2. und letzte Lesung des Ausführungsgesetzes zum Schwangerschaftskonfliktgesetz. Wie üblich hat es dazu eine öffentliche Anhörung gegeben, und wie üblich wurden die Änderungswünsche der Anzuhörenden mit viel Geduld zur Kenntnis genommen. Jedoch fand keiner der geäußerten Änderungswünsche seinen Niederschlag im vorliegenden Gesetzentwurf, so wie es hier im Landtag allgemein üblich ist.
Die DVU-Fraktion stellt sich die Frage, wozu diese Anhörungen überhaupt noch stattfinden. Alle Anzuhörenden hatten die Festlegung der zumutbaren Fahrtzeiten kritisiert. Es ist festgelegt, dass eine Beratungsstelle so erreichbar sein soll, dass Hinund Rückfahrt plus Beratung nicht länger als acht Stunden dauern. Die Fraktion DIE LINKE hat heute hier im Plenum einen Änderungsantrag eingereicht. Wir als nationalfreiheitliche Fraktion in diesem Landtag haben keine Schwierigkeiten damit, auch einem Antrag des politischen Gegners zuzustimmen.
Ein weiterer Kritikpunkt bezog sich auf die fehlende Förderung der derzeit sechs katholischen Schwangerschaftsberatungsstellen. Seit 2001 werden diese Stellen seitens des Landes nicht mehr gefördert. Der Grund dafür ist das Nichtausstellen der
Beratungsbescheinigung gemäß § 7 Schwangerschaftskonfliktgesetz. Diese Bescheinigung ist vorgeschrieben, wenn eine Frau ein Kind straffrei abtreiben will. Derzeit beschäftigt sich das Verwaltungsgericht Cottbus mit der Frage, ob den Caritasverbänden eine Förderung ihrer Beratungsstellen durch das Land zusteht oder nicht. Die Fraktion der Deutschen Volksunion ist sehr wohl der Meinung, dass eine Förderung erfolgen sollte.
Schließlich fordert auch die DVU in ihrem Programm den Schutz des ungeborenen Lebens. Auf der einen Seite, meine Damen und Herren, beklagt man sich über fehlende Kinder, und auf der anderen Seite bezahlt man ihre Abtreibung.
Circa 125 000 Kinder werden jedes Jahr abgetrieben. Anders ausgedrückt: Circa zwölf Schulklassen werden täglich abgetrieben.
- Es stimmt, Frau Lehmann: 125 000 Kinder jährlich. - Es ist ein unhaltbarer Zustand, dass mehr als 100 000 Frauen annehmen, eine Geburt käme zu früh, das zu erwartende Kind sei zu teuer oder dergleichen. Das dürfte in Zeiten desaströser Geburtenarmut nicht wahr sein. Das ohne Zweifel in der BRD gravierende Massenphänomen der Kinderlosigkeit ist auch ein Ergebnis einer völligen und bewusst herbeigeführten Werteverdrehung. Wir müssen in Deutschland den Wert von Kindern, von Familien, von menschlichem Miteinander der Generationen im öffentlichen Bewusstsein stärken. Das sind wahre Worte. Sie stammen von Otto Schily. Kaum glaubhaft, dass es ihn wirklich kümmert, dass emanzipierte Frauen im nachmittäglichen Fernsehen ihre Abtreibungserfahrungen austauschen oder Kinderlosigkeit als Selbstverwirklichung preisen.
Meine Damen und Herren, die katholische Kirche ist zum 1. Januar 2001 aus der gesetzlichen Schwangerschaftskonfliktberatung ausgestiegen und stellt seitdem keine Beratungsscheine mehr aus. Der Beratungsschein bestätigt eine Beratung. Doch gleichzeitig dient er auch als Dokument für eine straffreie Abtreibung in den ersten zwölf Wochen der Schwangerschaft einer Frau. Berater werden somit gegen ihre Absicht in den Vollzug eines Gesetzes verwickelt, der zur Tötung unschuldiger, ungeborener Kinder führt. Für den Papst, für die katholische Kirche ist die Abtreibung Mord, ein abscheuliches Verbrechen, eine Hinrichtung und eine große Schande für die Menschheit. Deshalb will sich die Kirche nicht der Tötung unschuldiger Kinder mitschuldig machen.
Aber aufgrund dieser Überzeugung werden die katholischen Beratungsstellen seitens des Landes seit 2001 nicht mehr gefördert. Das tragen wir als Fraktion der Deutschen Volksunion
nicht mit. Deshalb haben wir heute hier im Plenum dazu einen Änderungsantrag eingereicht. Wir möchten, dass auch die Caritasberatungsstellen einen Anspruch auf finanzielle Förderung haben; denn der Gesetzentwurf der Landesregierung, sollte er jetzt in dieser Form beschlossen werden, würde eine Förderung dieser Beratungsstellen definitiv ausschließen.
Aus dem Grunde lehnen wir die Beschlussempfehlung ab und bitten um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag.
Herr Präsident! Liebe Kollegen! Sylvia Lehmann hat zu dem Gesetzentwurf inhaltlich alles gesagt. Ich möchte noch einen anderen Aspekt in die Diskussion einbringen. Schwangerschaftskonfliktberatung ist ein sehr emotionales Thema. Die überwiegende Zahl werdender Mütter macht sich die Entscheidung, die sie nach der Beratung trifft, nicht leicht.
Auch wir haben uns die Beratung über diesen Gesetzentwurf der Landesregierung nicht leicht gemacht. Davon zeugt die Anhörung, die wir dazu durchgeführt haben. Juristisch wird der vorliegende Gesetzentwurf unterschiedlich interpretiert; denn er schließt den Caritasverband von der Schwangerschaftskonfliktberatung aus. Trägervielfalt ist zwar gegeben. Die Frauen haben prinzipiell auch eine Auswahlmöglichkeit; für Frauen, die sich dem katholischen Glauben verbunden fühlen, ist diese jedoch nicht mehr gegeben; sie müssen sich eine andere Beratungsstelle suchen. Genau damit haben wir ein Problem. Wir hatten uns erhofft, nach einer Anhörung eine andere Weichenstellung vornehmen zu können. Das ist uns leider nicht gelungen.
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird der Caritasverband definitiv von der Schwangerschaftskonfliktberatung ausgeschlossen. Als Begründung für diese Entscheidung gilt das Nichtausstellen eines Beratungsscheines, wenn die Frau trotz der angebotenen Hilfe den Abbruch wünscht. Sylvia Lehmann, ich will deinen Blick für die Realität schärfen: Ich gehe nicht davon aus, dass der Vatikan eine andere Entscheidung treffen wird.
Obwohl die Frauen, die die Beratungsstellen der Caritas aufsuchten, wussten, dass der Beratungsschein nicht ausgestellt wird, haben sich immerhin tausend Frauen pro Jahr zielgerichtet für diese Beratung entschieden. Mich stimmt traurig, dass diese Möglichkeit nicht mehr besteht.
Soziales Engagement ist eng mit den Kirchen verbunden. Jeder weiß, dass sich insbesondere die Kirchen schon zu DDR-Zeiten um die Pflege von alten und behinderten Menschen verdient gemacht haben.
Ich sehe aber auch einen anderen Aspekt. Wir beklagen immer wieder den Werteverfall in der Gesellschaft und wundern uns
über diese Entwicklung, die niemand gewollt haben kann. Genau an dieser Stelle wird auch der Ruf nach christlichen Werten laut. Da wären wir froh, wenn es gelänge, den Menschen Tugenden zu vermitteln, die in den zurückliegenden Jahren verlorengegangen sind.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir müssen uns darüber klar werden, was wir eigentlich wollen: Erkennen wir die Leistung der Kirchen an, oder negieren wir sie? Ich weiß, dass in den Beratungsstellen der katholischen Kirche in den zurückliegenden Jahren, als bereits die Mittel des Landes rückwirkend eingeklagt werden mussten, eine hervorragende Betreuung der ratsuchenden Frauen erfolgt ist.
Für mich besteht das Ziel der Beratung ohnehin nicht darin, den Beratungsschein auszustellen, sondern darin, Hilfe zu gewähren, damit sich die Schwangeren doch für das Kind entscheiden können. In diesem Zusammenhang danke ich den engagierten, hochqualifizierten und hochmotivierten Beraterinnen.
Mir ist es bereits im Ausschuss schwergefallen, dem Gesetz zuzustimmen; ich habe eine persönliche Erklärung dazu abgegeben. Ich stimme dem Gesetz auch heute nur schweren Herzens zu, weil die Fortsetzung der Schwangerschaftskonfliktberatung für Frauen, die Unterstützung benötigen, gegeben sein muss.
Den Antrag der DVU-Fraktion lehnen wir ab. Weder in der Anhörung, die der Antragssitzung zu dem Gesetz vorausgegangen war, noch in der abschließenden Beratung war der Antragsinhalt ein Thema. Der DVU ist lediglich bewusst geworden, dass wir zu dem Thema eine grundlegend andere Auffassung haben. Für mich ist ein Thema, bei dem derart unterschiedliche Anschauungen aufeinandertreffen, nicht für Parteienpolemik geeignet.
Ich vertraue auf die Aussage der Ministerin, dass sich gegebenenfalls eine Regelung außerhalb des Gesetzes finden lässt, die doch noch eine Fördermöglichkeit vorsieht. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sind ganz sicher, dass wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf auf einem guten Weg sind. Die Zukunft der Schwangerschaftsberatung in Brandenburg wird mit diesem Gesetzentwurf unverändert auf qualitativ hohem Niveau gewährleistet. Entscheidend ist, dass die öffentliche Förderung auf eine gesetzliche Basis gestellt wird, was die Auswahlkriterien anbelangt.