Protocol of the Session on July 4, 2007

Meine Damen und Herren! Vor zwei Jahren wurde auf Antrag unserer Fraktion der Sonderausschuss eingerichtet. In dieser Zeit haben wir viele Themen behandelt und zahlreiche Projekte auf den Weg gebracht. Im ersten Jahr lag unser Schwerpunkt im Bereich Bürokratie durch Gesetze. Beispielhaft möchte ich dazu die Bürokratiekostenmessung nennen. Im zweiten Jahr haben wir uns der Bürokratie in der Verwaltung gewidmet. Dabei behandelten wir folgende Themen: das E-Government, das neue Finanzmanagement, die Kosten- und Leistungsrechnung, die Verwaltungsorganisation, das Personalmanagement, die Behördensprache und die Aufgabenkritik.

Unsere Arbeit im Sonderausschuss hat gezeigt, Verwaltungsmodernisierung und Bürokratieabbau sind außerordentlich komplex. Die in Jahrzehnten entstandenen bürokratischen Verfahren abzuschaffen kann ein parlamentarischer Ausschuss nicht leisten. Was wir leisten konnten, war die Abschaffung überflüssiger gesetzlicher Regelungen. Zudem haben wir viele Rechtsvorschriften durch Hinweis außer Kraft setzen können. Dazu erinnere ich an ein amüsantes Beispiel. Zu Beginn unserer diesbezüglichen Arbeit gab es noch eine Rechtsverordnung für den Betrieb der Pioniereisenbahn im Land Brandenburg, in der unter anderem geregelt war, dass Kinder zu sozialistischen Persönlichkeiten erzogen werden sollten. Es gibt eben unbedeutende Dinge, über die man schmunzeln kann.

Daneben sind uns in diesem Prozess aber auch sehr viele wichtige Dinge in der Verwaltung aufgestoßen. Unter anderem wurde ein Leitfaden für Bürokratiekostenmessung entwickelt, der bei der Novellierung von Gesetzen eingesetzt werden soll. Auf der Grundlage des QuickScan-Ergebnisses können Normen und Verfahren vereinfacht und Bürokratiekosten gesenkt werden.

Der vorliegende Aufgabenkatalog bietet eine umfassende Grundlage, Verwaltungsaufgaben wirkungsorientiert zu überprüfen und anzupassen. Wir stellen fest, dass die grundsätzliche strategische Ausrichtung am E-Government gut ist, jedoch die regierungsinterne Steuerung des E-Governmentprozesses verbessert werden kann und auch muss.

Mit der Standarderprobung können neue Aufgabenerledigungen erprobt werden, um Verwaltungsverfahren schneller und bürgernah durchführen zu können. All dies ist eine gute Basis für eine umfassende Verwaltungsmodernisierung im Land Brandenburg. Unabhängig vom Sonderausschuss ist die Landesregierung gefragt und gefordert, die vorliegenden Instrumente zu nutzen, um den Bürokratieabbau in ihrer Verwaltung voranzutreiben.

Ausdrücklich möchte ich auch für meine Fraktion anmerken: Wir glauben nicht, dass der Bürokratieabbau ein Selbstläufer wird. Wir würden es sehr begrüßen, wenn in der Staatskanzlei noch engagierter gearbeitet und in die Häuser eingegriffen würde. An irgendeiner Stelle muss mit legitimierter politischer Kraft Einfluss genommen werden, damit die Dinge in den einzelnen Häusern nicht im Eigenbetrieb geregelt werden. Auch von anderen, die nicht in einem solch engen Zusammenhang damit stehen, muss nachgefragt werden, warum dies so sei und ob das so sein müsse. Das scheint aus unserer Sicht noch sehr verbesserungsbedürftig. Es ist keine Einmischung, wenn aus der Staatskanzlei heraus in die einzelnen Häuser geschaut wird. Vielmehr ist es eine Chefaufgabe, die Verwaltungsentbürokratisierung voranzubringen. Dazu bedarf es nicht nur eines starken Willens, sondern auch der politischen Autorität.

Meine Damen und Herren, ich denke, der Sonderausschuss hat gemeinsam mit der Landesregierung - auch wenn wir zum Teil auf Widerstände stießen - eine gute Grundlage geschaffen. Meine kritischen Hinweise sollen so verstanden werden, dass ich den gesamten Prozess als einen Prozess des gemeinsamen Lernens von Verwaltung und Abgeordneten verstanden habe. Zudem ist ein Resümee für mich, dass sich die Abgeordneten nicht - wir tun dies nicht, dennoch erwähne ich es hypothetisch - auf die Position stellen können, die Verwaltung sei der Verursacher; denn die Gesetze, meine Damen und Herren, beschließen wir hier im Landtag und niemand anders. - Vielen Dank.

(Beifall bei CDU und SPD)

Herzlichen Dank, Herr Dombrowski. - Das Wort erhält noch einmal Herr Christoffers. - Er verzichtet. Somit könnte der Chef der Staatskanzlei noch einmal das Wort ergreifen. - Er verzichtet ebenfalls.

Damit schließe ich die Aussprache. Der Bericht der Landesregierung in der Drucksache 4/4690 und der Abschlussbericht des Sonderausschusses zur Überprüfung von Normen und Standards in der Drucksache 4/4570 sind damit zur Kenntnis genommen.

Wir kommen zur Abstimmung. Die Beschlussempfehlung in der Drucksache 4/4736 liegt uns zur Abstimmung vor. Wer dieser Beschlussempfehlung seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? Wer enthält sich der Stimme? - Damit wurde der Beschlussempfehlung mehrheitlich zugestimmt, und das Gesetz ist in 2. Lesung verabschiedet.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 3 und rufe Tagesordnungspunkt 4 auf:

Gesetz zur Änderung des Ersten Gesetzes zur Ausführung des Achten Buches Sozialgesetzbuch - Kinderund Jugendhilfe - und weiterer Rechtsvorschriften (AGKJHG-Änderungsgesetz - AG-KJHG-ÄndG)

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 4/4218

2. Lesung

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Bildung, Jugend und Sport

Drucksache 4/4702

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort erhält Herr Abgeordneter Krause; er spricht für die Fraktion DIE LINKE.

Während er zum Rednerpult kommt, begrüße ich unsere Gäste vom Kunst- und Kulturverein Kleinmachnow, die den Nachmittag bei uns im Landtag verbringen. Herzlich willkommen!

(Allgemeiner Beifall)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir debattieren heute in 2. Lesung das Ausführungsgesetz zum Kinder- und Jugendhilfegesetz. Wir haben in der vorangegangenen Debatte jene Punkte kenntlich gemacht, die uns gefallen und die in die richtige Richtung gehen. Darauf möchte ich heute nicht weiter eingehen, doch seien sie kurz noch einmal erwähnt: die Absenkung auf 14 Jahre für die Beteiligten im Kinder- und Jugendhilfebereich und die Aufnahme weiterer Mitglieder in die Jugendhilfeausschüsse. Diese Punkte wurden in der ersten Debatte benannt; das kann nachgelesen werden.

Meine Fraktion sieht in diesem Gesetz einige Knackpunkte. Sie wurden in persönlichen Gesprächen erörtert und im Ausschuss debattiert, haben aber noch nicht ausreichend Berücksichtigung gefunden. Die drei wichtigsten Knackpunkte haben wir in unseren Änderungsanträgen aufgegriffen; das sind die §§ 4, 17 und 18.

§ 4 regelt die Kompetenzen des Jugendhilfeausschusses. Der Entwurf des Gesetzes sieht einen Einschub in diesen Paragrafen vor, der da lauten soll: „ … soweit sich nicht zuvor der Kreistag oder die Stadtverordnetenversammlung die Beschlussfassung vorbehalten hat“. - Unserer Meinung nach hat dieser Einschub eine verheerende Wirkung auf die Kompetenzen des Ausschusses Einschränkung der Arbeit im Jugendhilfeausschuss, Entwertung von Fachwissen, Schwächung von Kompetenzen - und gehört deswegen gestrichen. Dies ist mit uns nicht zu machen.

Im Unterschied zu anderen Fachausschüssen handelt es sich beim Jugendhilfeausschuss um einen Ausschuss, der nicht nur politisch besetzt ist, sondern in dem auch Vertreter von Vereinen und Verbänden Stellung nehmen; die politische Kompetenz wird also durch fachliche Kompetenz ergänzt. Bereits heute wird so verfahren, dass vom Jugendhilfeausschuss gefasste Beschlüsse vom Kreistag oder von der Stadtverordnetenver

sammlung überstimmt werden können; das Votum kann also aufgehoben werden. Kommt es zu der von Ihnen vorgeschlagenen Gesetzesänderung, entmachten wir den Jugendhilfeausschuss. Eine Debatte, eine fachliche Bewertung fände nicht statt, sondern der Jugendhilfeausschuss würde von den Gremien bevormundet. Das Ganze reduzierte sich auf eine politische Entscheidung, und das halten wir für falsch.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Im zweiten Änderungsantrag geht es um den § 17, die Mitbestimmung. Die bisher gefundenen Formulierungen sind uns zu unverbindlich, zu allgemein und zu vage. Wir alle fordern ein, dass Kindern und Jugendlichen mehr Mitbestimmung zugestanden wird und sie Mitspracherechte erhalten. In der Antwort auf die Große Anfrage „Perspektiven für Jugendliche“ steht es geschrieben: Die Landesregierung will es. Die Koalition will es. Wir wollen es. - Also sollten wir es realisieren. Nur sieht der vorliegende Gesetzentwurf dies so nicht vor.

Wir möchten in § 17 die Heimbeiräte stärker verankern und die Teilnahme von Jugendlichen in den Heimbeiräten festschreiben, damit es eine stärkere Mitbestimmung von Kindern und Jugendlichen in allen sie betreffenden Angelegenheiten gibt. Das bezieht sich auf Unterkunft, Verpflegung, Betreuung, Heimordnung und Freizeitgestaltung. Wir sehen nicht ein, warum an dieser Stelle auf die Stimme der Kinder und Jugendlichen verzichtet werden sollte. Ich glaube, dass unser Änderungsantrag eine gute Grundlage ist, diesem Gedanken Rechnung zu tragen und ihn in das Gesetz aufzunehmen.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Der dritte von uns vorgelegte Änderungsantrag bezieht sich auf § 18, die Erlaubnis zur Kindertagespflege. Wir alle sind uns darin einig, dass die Anforderungen in diesem Bereich wachsen. Das Kindeswohl soll im Mittelpunkt stehen, Kinderschutz gewährleistet werden. Vor diesem Hintergrund sehen wir es nicht als glücklich an, dass die Erlaubnis zur Kindertagespflege blanko - also für vier, fünf, sechs oder sieben Kinder - ausgestellt wird, sondern wir würden mit unserem Änderungsantrag gern erreichen, dass die Erlaubnis zur Kindertagespflege für jedes Kind individuell beantragt und bestätigt werden muss. Wir sind der Meinung, dass man dem Kinderschutz mit dieser Blanko-Erlaubnis nicht Rechnung trägt.

An einigen Punkten geht das Gesetz in die richtige Richtung, an entscheidenden Punkten jedoch nicht weit genug. Diesen Punkten könnte dadurch Rechnung getragen werden, dass unsere Änderungsanträge eine Mehrheit finden; unter dieser Voraussetzung wäre das Gesetz zustimmungsfähig. Andernfalls werden wir uns der Stimme enthalten. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Ich rufe den Beitrag der SPD-Fraktion auf. Es spricht die Abgeordnete Lieske.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der uns heute in der 2. Lesung vorliegende Gesetzentwurf ändert das Ausführungsgesetz zum Kinder- und Jugendhilfegesetz. Die Änderungen sind vordringlich aufgrund bundesrechtlicher Regelungen wie dem Kinder- und Jugendweiterentwicklungsgesetz sowie dem Tagesbetreuungsausbaugesetz erforderlich geworden.

Ich verweise wie mein Kollege Krause auf die ausführliche inhaltliche Debatte über dieses Änderungsgesetz in der 1. Lesung und möchte mich vor allem auf die Änderungsanträge der Fraktion DIE LINKE beziehen. Die Verbesserung des Kinderschutzes, wie in § 2 enthalten, war im Rückblick auf die furchtbaren Fälle von Kindesmisshandlung und -vernachlässigung dringend erforderlich. Dass die Jugendämter nunmehr die Möglichkeit haben, ohne einen konkreten Antrag der Eltern bei Kindeswohlgefährdung tätig zu werden, ist mehr als zeitgemäß.

Die Verstärkung der Mitwirkungsrechte von Kindern und Jugendlichen, die sich wie ein roter Faden durch das Gesetz zieht, findet unsere volle Zustimmung und Unterstützung; dies wird dazu beitragen - da bin ich mir sicher -, das künftige Mitwirken von Kindern und Jugendlichen am gesellschaftlichen Leben zu verbessern. Wir haben heute Jugendverbände und -gruppen für ihre beispielhafte Projektarbeit im Ehrenamt ausgezeichnet. Diese Jugendlichen haben bewiesen, dass sie sich einmischen möchten, kluge Ideen haben und das kommunalpolitische Geschehen mitgestalten wollen. Diese Mitwirkungsmöglichkeit wird ihnen mit diesem Gesetz ins Stammbuch geschrieben. Viele Jugendliche nutzen sie - das konnten wir heute erleben schon jetzt in Form von Jugendparlamenten oder -beiräten, aber auch in Form von Kinder- und Jugendforen, die zu konkreten Themen von den Kommunen veranstaltet werden.

Der Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE zum § 17a Abs. 2 ist für mich nicht recht verständlich, da darin explizit auf Heimbeiräte abgestellt wird und alle anderen Bereiche der Kinder- und Jugendhilfe, die mithilfe von § 17a stärker in die Beteiligungsrechte eingebunden werden sollen, vernachlässigt werden. Insofern ist der Änderungsantrag aus unserer Sicht nicht zustimmungsfähig; denn wir werden mit dem Gesetz eine breitere Mitwirkungspflicht der Kinder und Jugendlichen verankern.

Auch den § 4 Abs. 5 sehen wir anders als die Fraktion DIE LINKE. Ich verstehe die Regelung eher als Klarstellung gegenüber der bisherigen Praxis denn als Schwächung des Jugendhilfeausschusses. Dem Jugendhilfeausschuss sind bundesgesetzlich explizit bestimmte Aufgaben zugewiesen; die kann man ihm per Kreistagsbeschluss nicht einfach entziehen. Ich weiß, dass so etwas in der Praxis durchaus vorkommt, aber Fakt ist: Es hat eine rechtliche Würdigung dieses Themas gegeben.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja, bitte.

Vielen Dank, Frau Lieske, dass Sie meine Zwischenfrage zulassen; das kommt ja nicht sehr oft vor. Wie möchten Sie in Zukunft sicherstellen, dass sich der Jugendhilfeausschuss mit allen ihn betreffenden Themen beschäftigen kann, wenn den Gremien die Möglichkeit gegeben wird, sich die Beschlussfassung vorzubehalten?

Ich glaube, hier hat vorrangig der Hauptverwaltungsbeamte die Aufgabe, zu entscheiden, in welchen Fällen die Beschlussfassung in den Kreistag gehört und in welchen Fällen die Entscheidungsgewalt beim Jugendhilfeausschuss liegt.

Hier gibt es klare gesetzliche Regelungen. Ich denke nicht, dass man durch das Entziehen von Beschlusslagen dem Jugendhilfeausschuss Macht nimmt. Da gibt es aus meiner Sicht keine direkten Ansatzpunkte. Dass dazu konkret vor Ort vielleicht einmal unterschiedlich verfahren wird, will ich nicht ausschließen. Aber ich sehe keinen Grund dafür, diese Klarstellungen, wie sie hier gewählt sind, zu verändern. Sie haben auch in Ihrem Beitrag zur 1. Lesung angeführt, dass Beschlüsse, die nach fachlicher Debatte im Jugendhilfeausschuss gefasst werden, dann von Kreistagen kassiert werden.

Genau die Form, die in der Klarstellung im Gesetz enthalten ist, dass vorher die Anhörung des Jugendhilfeausschusses dazu zu erfolgen hat, wenn so etwas geplant ist, ermächtigt dann auch den entsprechenden Hauptverwaltungsbeamten in dem Falle, dass das gesetzlich nicht einwandfrei ist, zu reagieren.

Das Gleiche gilt für den Änderungsantrag zu § 18. Auch dieser Antrag wird von uns nicht mitgetragen; denn wir sind mit dem Tagesbetreuungsgesetz dazu aufgefordert, eine größere Gestaltungsvielfalt zu erlauben. Gerade mit den Regelungen im § 18 geht es um eine bessere und vereinfachte Genehmigungspraxis - das muss ich noch einmal klar sagen - für bis zu fünf Kinder, also nicht sechs und sieben, sondern es ist auch hier klar geregelt: Ab mehr als fünf Kinder ist dazu ein entsprechender Antrag zu stellen.

Beim zuvor behandelten Thema ging es um eine Verwaltungsvereinfachung und um Entbürokratisierung. Da sind wir hier, denke ich, schon an der richtigen Stelle. Wenn ich noch einmal ausführen darf: Bei der Genehmigung stehen das Erfordernis des Kindeswohls, insbesondere bezüglich Qualifizierung, Eignung und Leistungsfähigkeit der Tagesperson, im Vordergrund. Ich glaube, hier kann man den Jugendämtern ganz differenziert zutrauen, die entsprechende Genehmigung für die Tagespflege zu erteilen.

Aus unserer Sicht ist mit dem Gesetzentwurf der Kinderschutz maßgeblich verbessert, die Beteiligung und Mitwirkung der Jugendlichen verstärkt und auch die Tagespflege in die richtige Bahn gebracht worden.

Wir bitten um Zustimmung - ohne Berücksichtigung der entsprechenden Änderungsanträge -, bitten also, dem Beschlussvotum des Ausschusses zu folgen. - Vielen Dank.

(Beifall bei SPD und CDU)