Protocol of the Session on October 28, 2004

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Verehrte Frau Richstein, wie Sie eben schon ausgeführt haben, habe ich am 18. Juni noch einmal deutlich gemacht, dass das Land gemeinsam mit der Stadt Frankfurt (Oder) seinen Anspruch angemeldet, sich beworben hat mit dem Ziel, die Kompetenzen, die hier im Lande vorhanden sind, in den Dialog mit den Gesellschaften der Staaten Mittel- und Osteuropas einzubringen. Ich kann heute dazu keine weitere Auskunft geben - ich will mich auch nicht auf die zahlreichen Zeitungsmeldungen beziehen, die es dazu gibt -; vielmehr kann ich Ihnen nur sagen: Die Bundesregierung hat über den Standort, über die Ausstattung oder über die Frage, ob eine solche Institution überhaupt eingerichtet wird, bis zum gestrigen Tage keine Entscheidung getroffen. Das ist der Sachstand.

Der Abgeordnete Hammer hat eine Nachfrage.

Herr Ministerpräsident, sind Sie nicht wie ich der Meinung, dass sich die vorher zuständige Ministerin für dieses Projekt hätte leidenschaftlicher einsetzen müssen?

(Heiterkeit bei der PDS)

Ich habe nicht den Eindruck, Herr Hammer, dass Sie auf diese Frage eine ernsthafte Antwort erwarten.

(Beifall bei der CDU - Hammer [PDS]: Doch!)

Es gibt noch eine Nachfrage der Abgeordneten Richstein.

Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass auch in der vergangenen Legislaturperiode nicht das Europaministerium, sondern die Staatskanzlei mit der Bewerbung um den Standort beauftragt war, habe auch ich meine Informationen nur aus der Zeitung und frage deshalb, ob es einen Kenntnisstand darüber gibt, wann die Bundesregierung eine Entscheidung letztendlich treffen möchte. Das Jahr 2005 steht vor der Haustür. Haushaltsmittel sind nicht veranschlagt. Ist absehbar, dass noch in der Amtszeit der jetzigen Bundesregierung ein Osteuropazentrum egal, wo - errichtet wird?

Frau Richstein, ich kann dazu keine seriöse Aussage machen. Ich muss allerdings sagen - das schwingt in Ihrer Frage ja mit -, dass auch nach meinem Eindruck dieses Vorhaben, das sich im Koalitionsvertrag der die Bundesregierung tragenden Parteien wiederfindet, nicht mit großem Engagement vorangetrieben wird.

Danke sehr. - Meine Damen und Herren, wir haben inzwischen Gäste. Ich begrüße die Neuntklässler aus der 2. Gesamtschule Senftenberg und wünsche Ihnen einen aufschlussreichen Vormittag bei uns.

(Allgemeiner Beifall)

In Vertretung der Abgeordneten Tack formuliert die Abgeordnete Dr. Enkelmann nun die Frage 11 (Aussetzung Planfest- stellungsbeschluss BBI).

Die Bedingungen für den Vollzug des Planfeststellungsbeschlusses für den Flughafen BBI in Schönefeld sind nicht gegeben. Für das Flughafenprojekt fehlt zurzeit noch ein schlüssiges Finanzierungskonzept. Klagen beim Landesverfassungsgericht und beim Oberverwaltungsgericht in Brandenburg sind noch anhängig. Die Schutzgemeinschaft „Umlandgemeinden Flughafen“ e. V. hat kürzlich beim Bundesverwaltungsgericht Leipzig Klagen gegen den Planfeststellungsbeschluss zum Bau des Flughafens eingereicht. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Klageschrift mit dem Zusatz: „Hinsichtlich des Antrages nach § 80 Abs. 5 VwGO bitte ich, vorläufig sicherzustellen, dass mit Bau- und sonstigen Maßnahmen, die dem Antrag zuwiderlaufen, noch nicht begonnen wird“ dem Beklagten, dem Land Brandenburg, zugestellt.

Ich frage die Landesregierung: Welche Position bezieht sie zu der Auffassung, den Vollzug des Planfeststellungsbeschlusses auszusetzen, bis die Klageverfahren abgeschlossen sind und für das Vorhaben BBI ein Finanzierungskonzept vorliegt?

Herr Minister Szymanski, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Dr. Enkelmann, im Vorfeld der gerichtlichen Verfahren ist die

von Ihnen vorgetragene Auffassung der fehlenden Bedingungen für den Vollzug des Beschlusses bereits von verschiedenen Seiten auch an die Planfeststellungsbehörde herangetragen worden. Nach sorgfältiger Prüfung und Anhörung der Vorhabenträger ist die Behörde zu dem Ergebnis gelangt, den Vollzug des Beschlusses nicht auszusetzen, und zwar aufgrund folgender Erwägungen:

Erstens: Die vollständige Absicherung der Gesamtfinanzierung über die Gesamtlaufzeit und ihre umfassende Abbildung in den Haushaltsplänen der Beteiligten ist nicht Voraussetzung des Vollzugs.

Zweitens: Umsetzungshandlungen schon vor Rechtskraft einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts sind geboten, um die vorliegende Zeitplanung nicht zu gefährden.

Ich teile die dort vertretene Auffassung, die ich hier in sehr verkürzter Form wiedergegeben habe, und bin gern bereit, Ihnen den entsprechenden Bescheid mit der umfassenden Begründung zur Verfügung zu stellen.

Ein anderes Thema ist der von Ihnen ebenfalls angesprochene Wunsch des Bundesverwaltungsgerichts, vorläufig von Maßnahmen abzusehen, die den gerichtlich gestellten Anträgen zuwiderlaufen könnten. Dem muss selbstverständlich entsprochen werden. Die Planfeststellungsbehörde hat dies gegenüber der Flughafengesellschaft nochmals unterstrichen.

Herr Minister, Frau Osten hat eine Nachfrage.

Herr Minister, Sie haben gesagt, dass der Vollzug im Haushalt nicht notwendig sei. Wie wir aber alle wissen, ist ein Finanzierungskonzept natürlich notwendig.

Deshalb frage ich Sie: Gibt es einen entsprechenden Entwurf, der vielleicht Grundlage einer Pressemeldung sein könnte und nach der der Flughafen billiger als gedacht werde?

Den zweiten Teil der Frage lassen wir einmal beiseite, Frau Osten, denn das war keine Frage, sondern eine Bewertung; darüber sind wir uns sicherlich einig.

Ich gehe davon aus, dass die Flughafengesellschaft bzw. die Gesellschafter das Finanzierungskonzept dann auf den Tisch legen werden, wenn es in trockenen Tüchern ist. Dann wird auch die Öffentlichkeit darüber informiert. Alles andere, Frau Osten, ist Spekulation, an der ich mich nicht beteilige.

Danke, Herr Minister. - Damit sind wir bei der Frage 12 (Mini- jobs nach Hartz IV - Konkurrenz zum ersten Arbeitsmarkt?), die der Abgeordnete Norbert Schulze stellt.

Aufgrund der so genannten Arbeitsmarktreform Hartz IV werden bereits heute so genannte Minijobs auf 1-Euro- oder

1,5-Euro-Basis geschaffen. So wurden zum Beispiel in Wittstock 20 Langzeitarbeitslose für drei Monate bzw. für ein halbes Jahr beim Bauhof auf der so genannten 1,5-Euro-Basis mit Reinigungs- und Pflegearbeiten in kommunalen Anlagen, auf Grünflächen und Wegen beschäftigt.

Ich frage die Landesregierung: Welche Auswirkungen auf die Auftragslage bzw. auf den Umsatz kleiner und mittelständischer Betriebe in Brandenburg wird nach Ihrer Einschätzung die flächendeckende Einführung der so genannten 1-Eurobzw. 1,5-Euro- oder anderer Minijobs in kommunaler Trägerschaft in Brandenburg haben?

Bitte, Frau Minister Ziegler.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Schulze, Hartz IV umfasst ja nicht nur dieses Instrument, sondern etliche andere Instrumente, um Langzeitarbeitslose wieder in Arbeit zu bringen: durch Qualifizierung und Weiterbildung, durch Eingliederungszuschüsse, durch ABM. Dazu zählen auch die so genannten Arbeitsgelegenheiten. Sie sollen vor allem die Menschen beschäftigungsfähig halten. Das ist ein erster Schritt zum Wiedereinstieg dieser Menschen in das Erwerbsleben.

Ich teile Ihre Auffassung - darin sind wir uns, glaube ich, im Haus alle einig -, dass man nichts gewänne, wenn reguläre Beschäftigungen dadurch verhindert oder verdrängt würden. Die Auftragslage und der Umsatz unserer vor allen Dingen kleinen und mittleren Unternehmen sind so schlecht, dass man ihnen dadurch wirklich Schaden zufügte. Deshalb gibt es die Kriterien der Zusätzlichkeit und der Gemeinnützigkeit, die als Voraussetzungen im Bewilligungsverfahren von Arbeitsgelegenheiten gesetzlich normiert sind. Das Wie und Wo der Einrichtung von Arbeitsgelegenheiten spielt dabei eine entscheidende Rolle. Deshalb kann es auch nur vor Ort entschieden werden. Die Kommunen haben langjährige Erfahrungen damit, da solche Tätigkeiten auch schon im Rahmen der Sozialhilfe vergeben wurden. Auch die kommunalen Bewilligungsbehörden müssen prüfen und gewährleisten, dass die Kriterien der Zusätzlichkeit und der Gemeinnützigkeit erfüllt sind und den regulären örtlichen Unternehmen dadurch keine Konkurrenz entsteht.

Ich kann Ihnen deshalb nicht sagen, inwieweit ein Verdrängungswettbewerb stattfindet. Er soll und darf nicht stattfinden. Er ist gesetzlich zu verhindern, das geschieht durch diese gesetzliche Regelung auch.

Ich versuche seit zwei Tagen vergeblich, in Wittstock nachzufragen. Ihre Aussage, dass Langzeitarbeitslose dort im Landschaftspflegebereich eingesetzt werden, ist richtig. Die Verantwortung liegt jedoch wie gesagt bei den kommunalen Verantwortungsträgern. Ich habe von der Handwerkskammer einen Brief bekommen mit der Bitte zu prüfen, ob man nicht ein ABM-ähnliches Verfahren einführen könnte; ein Stempel der Handwerkskammer würde dem Unternehmen sozusagen die Unschädlichkeit der Einführung eines 1-Euro-Jobs bestätigen. Ich bin sehr dafür, wiederhole jedoch: Das liegt in der Verantwortung der Kommunen.

Herr Dr. Scharfenberg erhält jetzt Gelegenheit, seine Frage 13 (Vorwürfe gegen Imam) zu formulieren.

Der Abgeordnete Sven Petke hat gegen den Ersten Vorsitzenden des Vereins der Muslime in Potsdam e. V. öffentlich den Vorwurf erhoben, er sei ein Hassprediger gegen den Westen, seine Lebensweise und die Ungläubigen. Das ist in der „MAZ“ vom 8. September 2004 nachzulesen. Diese Äußerungen sind weder dementiert noch belegt worden. Andererseits verlangt Innenminister Schönbohm angesichts islamistischer Hasspredigten in bestimmten Moscheen und muslimischen Gebetsräumen die Ausschöpfung aller Ausweisungstatbestände gegen diese Extremisten. Das ist in den „PNN“ vom 18.10.2004 zu finden.

Ich frage die Landesregierung: Liegen belastbare Anhaltspunkte dafür vor, dass im Land Brandenburg und speziell in der Landeshauptstadt muslimische Hasspredigten stattfinden?

Herr Staatssekretär Lancelle wird antworten.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Dr. Scharfenberg, was Sie ansprechen, sind außerordentlich ernste und bestürzende Sachverhalte. Der Hintergrund ist nämlich, dass wir uns seit vielen Jahren mit der sehr grausamen Wirklichkeit haben vertraut machen müssen, dass weltweit kontinuierlich Anschläge der schlimmsten Art mit Hunderten oder Tausenden von Toten stattfinden.

Wir erinnern uns beispielsweise an den Anschlag in New York im Jahre 2001. Der Terrorismus ist mittlerweile auch in Europa angekommen. Ich erinnere an die Anschläge von Madrid, bei denen 200 Menschen ihr Leben ließen.

Nun sind die Sachverhalte, die Sie ansprechen, noch keine terroristischen Sachverhalte, aber wir als Sicherheitsbehörden müssen im Vorfeld allen Geschehens schauen, wie sich die Dinge entwickeln. Das, was wir als islamistische Hasspredigten bezeichnen, geht in diese Richtung. Deswegen ist es bundesweit im Konsens aller Landesregierungen und auch des Bundes Programm, Verpflichtung und Aufgabe, Entwicklungen dieser Art zu beobachten. In diesem Punkt besteht in Deutschland über alle Parteigrenzen hinweg Konsens.

Diese Bemühungen erstrecken sich auch und gerade auf den Verbalradikalismus, der sich häufig in Grenzwerten zwischen volksverhetzenden Maßnahmen und Äußerungen und einem reinen religiösen Verbalradikalismus abspielt. Selbstverständlich werden auch im Land Brandenburg die entsprechenden Maßnahmen getroffen. Das ist unsere Aufgabe.

Ich habe im April dieses Jahres nach den Anschlägen von Madrid zu diesem Phänomen ausführlich in der PKK Stellung genommen. Ich habe seinerzeit angeboten - dieses Angebot steht selbstverständlich heute noch -, erneut zu berichten, wenn wir zusätzliche Informationen haben bzw. Details kennen. Ich habe

mit dem Vorsitzenden der PKK abgesprochen, dass wir auf einer weiteren in Kürze stattfindenden PKK-Sitzung berichten können, wollen und auch müssen.

Ich bitte um Verständnis, dass wir in der Öffentlichkeit keine Details aus uns vorliegenden Erkenntnissen preisgeben können. Die Gründe dafür liegen nahe. Ich kann jedoch immerhin sagen, dass die Äußerungen des Abgeordneten Herrn Petke in der Öffentlichkeit - ich meine generell, nicht personenbezogen -, sehr ernste Hintergründe haben.

(Zuruf von der PDS: Er hat Details preisgegeben!)

- Sein Verhalten unterliegt, wie Sie wissen, nicht meiner Beurteilung.

Ich möchte allerdings generell davor warnen, die bedrohliche Situation, die wir konstatieren müssen, zu verallgemeinern und auf einen nicht abgegrenzten Personenkreis zu erstrecken. Es sind einzelne Personen, die wir in dieser Weise betrachten und vor denen wir uns auch in Acht nehmen müssen. Ich warne davor, unsere Vorbehalte gegenüber einem unbestimmten Personenkreis zu generalisieren. Dies würde ich außerordentlich problematisch und schlimm finden.

Danke, Herr Staatssekretär. - Der Abgeordnete Vietze erhält nun die Gelegenheit, die Frage 14 (Beförderungsboom in der Landesverwaltung kurz vor der Landtagswahl) zu stellen.

Wir hatten verschiedentlich Anlass, diese Entwicklung zu hinterfragen. Nachdem in den Jahren 2002 bis Mitte 2003 709 Beamte des Landes in den Laufbahnen des höheren und des gehobenen Dienstes befördert wurden, gab es im Jahre 2004 trotz Haushaltssperren und manch anderem noch einmal einen kräftigen Schub von 509 Beförderungen im gehobenen und 197 Beförderungen im höheren Dienst. Mit Blick auf die Landtagswahlen gab es noch einmal eine intensive Anstrengung, treue Beamte des gehobenen und höheren Dienstes zu befördern.