Protocol of the Session on February 23, 2006

Seniorenpolitik ist wie die Familienpolitik ein Querschnittsthema, das keinesfalls nur allein aus dem Blickwinkel des Sozialen und des Finanziellen zu sehen ist, sondern ein gemeinsames Vorgehen der Landesregierung erfordert. Die langfristig sichere und den Lebensunterhalt sichernde Rente ist die eine, die wichtige Seite der Medaille. Die andere Seite ist die Teilhabe am gesellschaftlichen Geschehen und die Sicherheit, mit seinem Wissen, seinen Erfahrungen lange gebraucht zu werden. Diesen Zustand als selbstverständlichen Teil des Alltags herzustellen ist die eigentlich schwierige und uns alle fordernde Aufgabe. - Vielen Dank.

(Beifall bei SPD und CDU)

Vielen Dank, Frau Ministerin Ziegler. - Die restliche Redezeit der SPD-Fraktion möchte der Abgeordnete Baaske wahrnehmen.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mich hat auf die Palme gebracht, was Frau Fechner vorhin wieder darbot, wie sie auf unsägliche Art und Weise versuchte, Zuwanderer, Aussiedler dafür verantwortlich zu machen, dass die Rentenkasse nicht genug Geld hätte und wir womöglich Nullrunden fahren müssten.

(Beifall bei SPD, CDU und der Linkspartei.PDS)

Frau Fechner, Sie haben mehrfach gesagt, dass diese Gelder versicherungsfremd verwandt worden seien und dafür staatliche Mittel notwendig seien. Ich möchte Sie gern einmal aufklären. Der Bundeshaushalt umfasst ca. 250 Milliarden Euro. Von diesen 250 Milliarden Euro gehen allein in diesem Jahr mindestens 78 Milliarden Euro Steuermittel - das sind die Mittel, die Sie gerade einforderten - in die Finanzierung der Rente. Das hat sehr viel damit zu tun, dass über die Rente auch die Einheit finanziert werden muss. Das wissen wir alle, das wollen wir so und das finden wir auch gut so. Sich jetzt hier hinzustellen und zu behaupten, dass Nullrunden bei der Rentenanpassung darauf zurückzuführen seien, dass hier Aussiedler mit zu finanzieren seien, halte ich für unsäglich, betrügerisch und schlichtweg auch für fürchterlich falsch.

(Beifall bei SPD, CDU und der Linkspartei.PDS)

Vielen Dank. - Am Ende der Debatte erhält das Wort noch einmal die antragstellende Fraktion. Frau Abgeordnete Wolff-Molorciuc von der Fraktion der Linkspartei.PDS, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr verehrte Frau Prof. Heppener, Seniorenwoche ist jedes Jahr. Ich habe sozusagen nach der letzten und vor der nächsten Seniorenwoche gesprochen. Das ergab sich nun einmal so.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Vielleicht gibt es noch den einen oder anderen Hinweis, wir kommen ja heute noch einmal mit einem Antrag auf die Seniorenpolitik zurück.

Wir haben in Vorbereitung auf unsere Aktuelle Stunde einmal in den Jahresaltenbericht von 1998 geschaut. Viele Dinge, viele Aufgaben, die es anzupacken gilt, waren darin schon dargelegt.

Frau Kollegin Schier, ich habe bei meinen Kollegen herumgefragt. Ich hatte nicht das Bild des weinenden alten Menschen, der zu Hause sitzt und um den sich niemand kümmert und der sich selbst nicht mehr kümmern kann, gemalt - bei weitem nicht. Die Ministerin hat gesagt, Armut im Alter sei verhältnismäßig selten im Land Brandenburg. Verhältnismäßig selten heißt, dass es Altersarmut gibt und die Gefahr dafür besteht die Gefahr besteht, sage ich jetzt. Also haben wir die Verantwortung, uns um genau diese Menschen zu kümmern.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Solange soziale Gerechtigkeit nicht hergestellt ist, trägt der Staat die Verantwortung, hier wirksam zu werden. Dafür werden wir uns einsetzen und diesbezüglich können Sie jederzeit mit uns rechnen.

Zur Rentenanpassung: Wir haben zurzeit ein Rentenniveau von 87 % im Vergleich zur Westrente. Sie erinnern sich an den Sozialbericht des vergangenen Jahres. Das Jahr, in dem die Rentenanpassung vonstatten gehen soll, ist 2030. Wenn Sie sich erinnern, wird Ihnen klar, dass in letzter Zeit gar keine Jahreszahl dafür mehr genannt wurde. Das geht so nicht.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Es geht darum, das bürgerschaftliche Engagement zu fordern. Hierin sind wir völlig einig mit der Ministerin, die sagt, dass bürgerschaftliches Engagement aber kein Ersatz für ausbleibende Mittel sein kann. Wir wollen darauf nicht verzichten, denn dadurch lebt auch unser Gemeinwesen.

Ich möchte der Landesregierung eine Aufgabe mitgeben. RotGrün - das ist zugegebenermaßen eine Weile her - hatte im Jahre 2002 wenigstens in der damaligen Koalitionsvereinbarung die Absicht erklärt, in Ostdeutschland die Rahmenbedingungen für bürgerschaftliches Engagement zu stärken und eine kommunale Infrastruktur Ost auf den Weg zu bringen. Dabei sollte es auch um den Ausbau der sozialen Infrastruktur unter stärkerer Beteiligung der Bürger - ich füge hinzu: auch der älteren Bürger - gehen.

In der jetzigen Koalitionsvereinbarung fehlt dieser Punkt völlig. Wenn es Dinge gibt, die in Koalitionsvereinbarungen stehen und dann nicht umgesetzt werden, gibt es vielleicht auch solche, die nicht drinstehen, aber dennoch anstehen. Bei Initiativen zu derartigen Ergänzungen, werte Kolleginnen und Kolle

gen von der Koalition, wissen Sie uns an Ihrer Seite. Aufgaben sind ausreichend vorhanden, ein großes Potenzial an Mitwirkenden auch. Deshalb lassen Sie uns an der Lösung dieser Aufgaben weiterarbeiten.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Damit sind wir am Ende der Aktuellen Stunde und ich schließe Tagesordnungspunkt 1.

Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, begrüße ich neue Gäste hier bei uns. Es handelt sich um Zehntklässler der Oberschule in Kremmen. Ihr erlebt jetzt die Fragestunde mit. Ich wünsche, dass es für euch spannend wird.

(Allgemeiner Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 auf:

Fragestunde

Drucksache 4/2548 Drucksache 4/2549 Drucksache 4/2550 Drucksache 4/2505

Wir beginnen mit drei Dringlichen Anfragen. Die Dringliche Anfrage 26 (Bund und Länder einigen sich in der Föderalis- musreform?) wird vom Abgeordneten Vietze gestellt.

In der vergangenen Woche haben sich Spitzenpolitiker von SPD, CDU und CSU aus Bund und Ländern auf eine Reform der bundesstaatlichen Ordnung verständigt und haben damit ein großes Reformprojekt zum Abschluss gebracht, wie uns durch die Medien vermittelt wird. Der Chef der Staatskanzlei, Herr Appel, hat deutlich gemacht, dass das Land Brandenburg bzw. die Politiker des Ostens dabei Kröten hätten schlucken müssen, was das Arbeitsergebnis betreffe, und dass die Befürchtung real existiere, dass sich im Ergebnis der Umsetzung dieser Reform der Unterschied zwischen armen und reichen Ländern weiter auspräge, wobei das Land Brandenburg bekanntlich zu den armen Ländern zählt.

Da wir davon ausgehen - zumindest ist das bisher so zu vernehmen -, dass unsere Landesregierung im Laufe der nächsten Woche ihre Zustimmung zu dem Reformprojekt geben wird, wollen wir gern Folgendes wissen: Welche Kröten müssen von Brandenburgerinnen und Brandenburgern geschluckt werden, was veranlasst die Landesregierung, einem solchen Konzept zuzustimmen, und wie ist ihre diesbezügliche Argumentation?

Dazu wird uns Staatssekretär Appel Auskunft geben.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Abgeordneter Vietze, bei der von Ihnen angesprochenen Einigung zur Föderalismusreform, die am Don

nerstag der vergangenen Woche erzielt worden ist, handelt es sich um einen Kompromiss, der zwischen Vertretern der Länder und des Bundes ausgehandelt worden ist. Auf Länderseite nahmen an dieser Runde Vertreter Bayerns, Nordrhein-Westfalens, Bremens und Berlins teil.

Die Landesregierung hat dem so gefundenen Kompromiss zur Föderalismusreform bislang nicht zugestimmt. Eine entsprechende Kabinettsbefassung wird am 7. März 2006 erfolgen. Zuvor, am 6. März 2006, wird der Reformvorschlag auch Gegenstand einer Sonderkonferenz der Regierungschefs der Länder sein.

Gleichwohl darf ich schon heute darauf hinweisen, dass die Föderalismusreform ein komplexes Bündel einzelner Maßnahmen darstellt, die in ihrer Gesamtheit zu einer Entflechtung der beiden staatlichen Ebenen, sprich: Bundesrat und Bundestag, führen soll. Das führt auch dazu, dass die politischen Verantwortlichkeiten klarer verteilt sein werden.

Es liegt in der Natur eines Kompromisses, dass für jeden Verhandlungspartner Zugewinnen auf der einen Seite Zugeständnisse auf der anderen Seite gegenüberstehen. Daher wird es zwangsläufig Teilbereiche geben, die auch nach Auffassung der Landesregierung nach In-Kraft-Treten der beabsichtigten Reform geeignet sind, möglicherweise Nachteile für das Land zu bewirken. Dazu gehört sicherlich die Materie des Beamtenrechts, die auf die Länder übergehen soll. Doch müssen diese Nachteile mit den gleichermaßen gegebenen Zugewinnen in eine Gesamtschau gebracht und auch mit dem Szenario eines Scheiterns des Reformprojekts insgesamt konfrontiert werden. Erst auf der Grundlage eines entsprechenden Abwägungsprozesses kann ein Urteil über das Vorhaben gefällt werden, mit dem die positiven Aspekte des föderalen Aufbaus der Bundesrepublik Deutschland wieder aktiviert werden können. - Schönen Dank und ich bin gespannt auf die Nachfrage.

Dann hören wir doch jetzt die Nachfrage.

Herr Chef der Staatskanzlei Appel, meine Nachfrage lautet: Welche Möglichkeiten wird die Landesregierung, nachdem Sie ja die zu schluckenden Kröten ins Gespräch gebracht haben, nutzen, um die Bürgerinnen und Bürger des Landes über die Haltung der Landesregierung dazu und den in diesem Zusammenhang geführten Meinungsbildungsprozess, der sich sicherlich hinter geschlossenen Kabinettstüren abspielen wird, ausreichend zu informieren, damit die Bürgerinnen und Bürger wissen, wie dieses große Reformprojekt der Bundesrepublik letztendlich durch diese Landesregierung mitgetragen wird und welche Veränderungen damit verbunden sind?

Ich sagte ja, dass es sich um ein Gesamtpaket handelt. Darin enthalten ist eine Menge an Zugewinnen auch für dieses hohe Haus, wie ich ganz bewusst betonen möchte. Eine Menge an Zuständigkeiten geht nämlich auf den Landesgesetzgeber über und es gibt eine Menge an Abweichungsbefugnissen des Landesgesetzgebers gegenüber Bundesrecht, was es in der Form bisher nicht gegeben hat. Dies wird gegen die Nachteile, die wir in dem Kompromiss sehen, abzuwägen sein.

Ich halte es jedoch nicht für möglich, dass Einzelteile aus dem Gesamtprojekt herausgebrochen und neu geregelt werden. Nach meiner Einschätzung wird das Gesamtpaket nur anzunehmen oder abzulehnen sein.

Eine weitere Nachfrage stellt die Abgeordnete Große.

Wie wird sich die Kompromissbereitschaft der Landesregierung konkret bezogen auf den Bereich der Bildungspolitik innerhalb der Verhandlungen über die Föderalisreform gestalten?

Es ist wohl bekannt, dass die Landesregierung innerhalb des Konzerts der 16 Länder zu denjenigen gehörte, die die Zuständigkeit für den Bildungsbereich gern weiterhin beim Bund gesehen hätten. Das war unter den Ländern insgesamt, insbesondere gegenüber den süddeutschen Ländern, in dem Gesamtkompromiss aber schlicht und ergreifend nicht durchsetzbar, so bedauerlich wir das auch finden.

Vielen Dank. - Damit kommen wir zu der Dringlichen Anfrage 27 (Gefahr von Wildschweinfleisch für die Menschen?), die vom Abgeordneten Schulze von der DVU-Fraktion gestellt wird.

Bei einem auf Usedom erlegten Wildschwein wurde - erstmals in Deutschland - ein für den Menschen unter Umständen tödlicher Parasit nachgewiesen. Da der Erreger mit der herkömmlichen Fleischbeschau kaum erkannt werden könne, fordert das Bundesinstitut für Risikobewertung eine Änderung der Fleischbeschau.

Ich frage deshalb die Landesregierung: Welche Maßnahmen wurden oder werden eingeleitet?

Bitte, Herr Minister Dr. Woidke.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Schulze, in Deutschland ist die Untersuchung aller infrage kommenden Schlachttiere, Schwein, Wildschwein, Pferd, und auch Dachse auf Trichinen gesetzlich vorgeschrieben. Mit der im EU-Recht als Referenzmethode benannten und in Deutschland vor Jahren schon eingeführten Digestionsmethode - dabei wird die Verdauung sozusagen modelliert - werden beide Spezies von Trichinen problemlos diagnostiziert und nachgewiesen.

Der Fund von Usedom bedeutet, dass Wildschweinfleisch künftig auch auf einen Befall mit Trichinella pseudospiralis das sind die hier genannten Endoparasiten - hin untersucht werden muss, um den Schutz der Verbraucher in größtmöglichem Umfang zu gewährleisten.

Bitte, Herr Minister Dr. Woidke.