Protocol of the Session on June 9, 2005

gen? - Das Ergebnis ist eindeutig: Das Gesetz ist in 3. Lesung verabschiedet.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 3 und rufe Tagesordnungspunkt 4 auf:

Die Zusammenarbeit der Bundesländer Brandenburg und Berlin in der Justizpolitik bei Wahrung der Interessen Brandenburgs gestalten!

Antrag der Fraktion der PDS

Drucksache 4/1312

Ich gebe das Wort an die beantragende Fraktion. Es spricht der Abgeordnete Sarrach. Bitte.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schenkt man dem jüngsten Brandenburg-Barometer von Infratest-dimap Glauben, so steht in Brandenburg noch immer eine Mehrheit der Bevölkerung der Fusion von Brandenburg und Berlin ablehnend gegenüber. Möglicherweise wird diese Unlust auch durch die öffentliche Wahrnehmung gespeist, dass schon die Zusammenarbeit beider Länder im Vorgriff auf eine Fusion nicht immer gleichberechtigt erfolgt.

So fällt auch mein Befund für die Zusammenarbeit in der Justizpolitik beider Länder aus. Die Interessen Brandenburgs werden aus Sicht der PDS-Fraktion durch das Justizministerium nicht ausreichend gewahrt. Es ist an der Zeit, so meinen wir, dass der Landtag selbst durch Beschluss des vorgelegten Antrags deutlich macht, dass mit dem Land Berlin energischer als bisher verhandelt werden muss. Für mich war es ein Offenbarungseid politischer Ohnmacht und fehlender Durchsetzungskraft, als Ministerin Blechinger vor dem Rechtsausschuss erklärte, dass ihre Briefe an die Berliner Justizsenatorin unbeantwortet blieben und ihre Bitte um Kooperation beider Länder im Strafvollzug nicht wahrgenommen wird. Stellen Sie sich, liebe Kolleginnen und Kollegen, das einmal vor. Wir können und dürfen hier nicht stehen bleiben.

Schließlich ist eine Situation zu bemerken, wonach die Haftplatzbedarfsprognose für Brandenburg künstlich heruntergerechnet wird, was zu einem Abbau von Haftplätzen, zur Schließung zum Beispiel des geschlossenen Vollzugs der JVA Spremberg und zum Stellenabbau im Vollzugsdienst führen wird, während in Berlin die Vollzugsanstalten überbelegt sind und im brandenburgischen Großbeeren gar ein Gefängnisneubau für 650 Gefangene mit 380 Vollzugsbediensteten errichtet werden soll. Das passt nicht zusammen und darf auch nicht der Weisheit letzter Schluss sein. Möglicherweise schreckt man in Berlin vor einer Kooperation im Strafvollzug wegen des aktuellen öffentlichen medialen Ansehens einzelner Brandenburger Vollzugsanstalten zurück. Aber das muss durch Qualitätsverbesserung im Strafvollzug und offene vertrauensvolle Gespräche beider Hausleitungen der Justizressorts behoben werden.

Allerdings habe ich Bedenken, was das zu frühe Wegloben des von Sachsen abgeordneten amtierenden Abteilungsleiters Strafvollzug betrifft.

Ich hoffe, dass die von ihm mit der nötigen Distanz vorgesehenen Umstrukturierungen für den Strafvollzug jetzt tatsächlich auch fortgeführt werden. Wir als PDS-Fraktion werden das weiter kritisch begleiten.

Die Kooperation im Strafvollzug sollte aber nur ein Beispiel sein. Bedarf für ein kraftvolles Tätigwerden besteht auch in anderen Bereichen. Sinnvoll ist eine Konzentration der Bearbeitung aller Berliner und Brandenburger Mahnsachen bei einem Amtsgericht, natürlich mit Sitz in Brandenburg, vielleicht in Rathenow. Hierfür wäre natürlich jetzt sehr viel Vorarbeit zu leisten, aber es wäre eben auch ein Beitrag zur Sicherung eines Amtsgerichtsstandorts für unser Land im Rahmen der aktuellen Gerichtsschließungsdebatte.

Deshalb werbe ich um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall bei der PDS)

Für die Fraktion der SPD spricht der Abgeordnete Holzschuher.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Die jüngst veröffentlichte Umfrage hat leider nicht nur eine fortbestehende sehr dürftige Zustimmung zum Fusionsgedanken ergeben, sondern hat auch gezeigt, dass die Parteien der Koalitionsregierung im Gegensatz zu den Parteien der Opposition auf deutlich gestiegene Zustimmung im Lande treffen. So schlecht kann die Politik unserer Landesregierung also gar nicht sein.

Damit komme ich zu dem vorliegenden Antrag. Wie viele andere Anträge der PDS-Fraktion enthält auch der jetzige Antrag durchaus Elemente, die erwägenswert und richtig sind, wobei die PDS-Fraktion dabei aber eine Intention verfolgt, die nicht die unsere ist, nämlich die der Kritik an der Landesregierung. Wir haben keinen Grund, daran zu zweifeln, dass das Justizministerium in der Lage ist, in Verhandlungen mit Berlin die Interessen Brandenburgs gut und richtig zu vertreten.

Wir sehen, dass es im Zusammenhang mit Gesprächen mit Berlin Probleme gibt. Diese Probleme gibt es jedoch nicht nur im Bereich der Justiz, sondern in allen Bereichen. Das mag daran liegen, dass man in Berlin - übrigens mit Unterstützung der PDS - der Meinung ist, in Verhandlungen mit Brandenburg zur Zusammenarbeit müssten vorrangig die Interessen Berlins vertreten werden. Aus der Sicht von Berlin ist auch das gut und richtig. Das mag eine der Erklärungen dafür sein, warum wir bei der Zusammenarbeit so langsam vorankommen.

Ich halte es also nicht für sinnvoll, wenn wir im Wege eines Beschlusses konkrete Vorgaben machen, durch die das Justizministerium oder auch andere Ministerien gebunden und gezwungen wären, sich auf eine Position festzulegen und zu versteifen, und dadurch gar nicht mehr verhandeln könnten. Ich glaube im Übrigen nicht, dass man in Berlin darüber überrascht wäre, dass der Landtag Brandenburg bei Verhandlungen mit Berlin Brandenburger Interessen vertreten sehen will. Aber ich denke, dass gerade die hier angesprochenen Aspekte, nämlich die Frage, wer eine Behörde leitet, oder die Frage, wo eine Behörde ihren Sitz haben soll, für die Bürger im Lande letztlich von untergeordneter

Bedeutung ist. Es ist eben nicht so wichtig, ob ein Landeskind oder ein Berliner eine Behörde führt; vielmehr ist wichtig, was eine Behörde tatsächlich für unsere Region tut. Ich weiß auch nicht, ob der Sitz einer Landesbehörde das Entscheidende ist. Sicherlich wären Cottbus und Rathenow gute Standorte, wenn man eine Behörde aus Berlin unter dem Gesichtspunkt der Regionalenentwicklung verlegte. Aber man kann schon fragen, ob ein Sitz Potsdam gegenüber einem Sitz Spandau oder Köpenick für die Region irgendeinen tatsächlichen Vorteil mit sich brächte. Wir müssen bei solchen Fragen, so meine ich, anders diskutieren, als wir es in der Vergangenheit getan haben.

Inhaltlich stimme ich dem Antrag insofern zu, als es erforderlich wäre, ein gemeinsames zentrales Mahngericht - meinetwegen in Rathenow - einzurichten. Sinnvoll wäre es auch, vielleicht nicht die Jusitzvollzugsanstalten selbst gemeinsam zu betreiben, aber doch eine gemeinsame Justizpolitik zu machen, dies allerdings nicht in der Form, wie Sie es in Ihrem Antrag hier vorschlagen.

Den Punkt 4 des Antrags verstehe ich überhaupt nicht. Hiermit soll der Rechtsausschuss durch einen Beschluss des Landtags gezwungen werden, noch im Juni eine Sondersitzung durchzuführen, um in dieser Sitzung einen Bericht entgegenzunehmen. Ich denke, es ist nicht Aufgabe des Landtags, dem Ausschuss vorzuschreiben, wann und zu welchen Themen er zu tagen hat. So etwas könnte die PDS-Fraktion durch Ihre Mitglieder in dem Ausschuss selbst veranlassen.

Aus den genannten Gründen halten wir den Antrag für überflüssig und zum Teil auch für falsch und werden ihn deswegen ablehnen. - Vielen Dank.

(Beifall bei SPD und CDU)

Für die Fraktion der DVU spricht der Abgeordnete Schuldt.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist richtig: Den vorliegenden Antrag kann man nur als Kropf bezeichnen; so überflüssig ist er. Er enthält aus meiner Sicht wirklich nur Allgemeinplätze, Selbstverständlichkeiten, Absurditäten und natürlich Überflüssiges.

Zu Ziffer 1: Wieso soll die Landesregierung eigentlich rechtliche oder organisatorische Voraussetzungen für ein gemeinsames Mahngericht mit Berlin schaffen, solange noch nicht einmal verhandelt ist, ob und wann ein solches kommen könnte? Kann mir das jemand hier erklären? Oder anders gefragt, Herr Sarrach: Nehmen Sie im Sommer die Schlittschuhe mit in der Hoffnung, dass es schneit?

(Zuruf des Abgeordneten Sarrach [PDS])

- Gut, Herr Sarrach, wenn man zur Antifa geht, weiß man nie, wann man da wieder herauskommt. Das ist klar.

(Beifall bei der DVU)

Zu Ziffer 2: Wie soll die Landesregierung verbindlich regeln, dass der nächste Präsident des Justizprüfungsamts durch Bran

denburg gestellt werden kann? Wie soll das funktionieren? Ich nehme an, dass auch das in Berlin ausgehandelt werden muss, wobei ich natürlich nicht das ZK der SED meine. Vorher gibt es hier rein gar nichts zu regeln.

Zu Ziffer 3: Gegen eine Initiative Brandenburgs für eine Länderkooperation mit Berlin im Bereich des Strafvollzugs habe ich durchaus so meine Bedenken.

Erstens ist es durch die Justizpolitik des damaligen Ministers Schelter glücklicherweise gelungen, den Strafvollzug in Brandenburg zu verbessern, während in Berlin erkennbar einiges im Argen liegt.

Zweitens - das werden Sie mir sicherlich verzeihen, meine Damen und Herren von der PDS-Fraktion - möchte ich selbst sowie meine Kollegen von der DVU-Fraktion und vielleicht noch einige andere hier im Hause einen Einfluss der roten Gemengelage im brandenburgischen Strafvollzug nicht so gerne sehen. Strafvollzug hat anerkanntermaßen eine Sicherheitsfunktion für die Gesellschaft. Deshalb ist er als sozialistisch-ideologische Veranstaltung denkbar schlecht geeignet.

Zu Ziffer 4: Einen Sachstandsbericht zur Errichtung der gemeinsamen Obergerichte können Sie erst einmal im Rechtsausschuss beantragen. Dort gehört er hin.

Schließlich zur Begründung: Dort heißt es wörtlich:

„In der Justizpolitik beider Länder ist darauf zu achten, dass die Interessen des Landes Brandenburg stets beachtet und gewahrt werden.“

Das ist doch wohl hoffentlich selbstverständlich Aufgabe der Landesregierung. Dazu ist sie ja gewählt worden, wie es in Gottes Schöpfung selbstverständlich ist, dass morgens die Sonne aufgeht und abends wieder untergeht. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Für die Fraktion der CDU spricht der Abgeordnete Werner. Bitte schön.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als ich den Antrag las, wusste ich nicht, ob ich lachen oder heulen sollte. Jedenfalls stellt dieser Antrag die Fortsetzung - das haben Sie auch in Ihren mündlichen Ausführungen dokumentiert, Herr Kollege Sarrach - der unsäglichen Rede dar, die Sie vor drei Wochen im Zusammenhang mit den Haushaltsberatungen hier gehalten haben.

Herr Kollege Sarrach, Sie müssen sich einmal entscheiden, was Sie eigentlich wollen. Auf der einen Seite erzählen Sie uns hier, die Mehrheit der Bevölkerung Brandenburgs sei gegen die Fusion. Wenn die Schlussfolgerung daraus ist, dass wir nicht mit Berlin zusammenarbeiten sollen, dann stellen Sie bitte nicht einen solchen Antrag. Wir haben hier oft genug darüber geredet, dass wir, unabhängig davon, wie die Stimmungslage der Bevölkerung ist, die Zusammenarbeit mit Berlin, vor allem

auch im Justizbereich, vorantreiben wollen. Insoweit haben wir schon eine ganze Menge erreicht. Wir haben gemeinsame Obergerichte eingerichtet, und zwar zwei zu diesem Jahr und zwei zum Jahre 2007.

Erinnern Sie sich bitte einmal daran, wie schwierig die Diskussionslage beim Standort des Finanzgerichts Cottbus war und wie wir uns da gegen Berliner Interessen durchgesetzt haben. Angesichts dessen können Sie doch nicht allen Ernstes behaupten, Brandenburger Interessen seien nicht berücksichtigt worden. Das ist eine infame Unterstellung Ihrerseits.

(Beifall bei der CDU)

Des Weiteren haben wir die Ausbildung in der Justiz harmonisiert und vereinheitlicht. Wir haben ein gemeinsames Justizprüfungsamt geschaffen. Dazu gibt es im Staatsvertrag eine Festlegung dahin gehend, dass die Leitung und die hauptamtlichen Mitglieder von beiden Ländern bestimmt werden. Damit wird Ihre Forderung unter Ziffer 2 des Antrags ad absurdum geführt. Wenn Sie in entsprechender Weise beim Fußball gegen die Regeln verstießen, dann bekämen Sie dafür jetzt eine gelbe, wenn nicht sogar die rote Karte.

Sie haben bei all den Projekten, die wir umgesetzt haben, und zwar unter Überwindung großer Schwierigkeiten gegenüber Berlin, immer im Bremserhäuschen gesessen, haben die Bremsklötze fest angezogen, bis Sie gemerkt haben, dass Sie den Zug nicht aufhalten können und deshalb jetzt Folgendes machen: Sie kommen ganz schnell nach vorn auf den Führerstand, legen Kohle auf und wollen sozusagen jetzt plötzlich der Vorreiter der Bewegung sein.

Ich frage mich wirklich, was Sie wollen. Wollen Sie uns veräppeln? Die Frage müssten Sie uns bitte einmal beantworten. Ich gehe davon aus, dass die Landesregierung die Interessen des Landes Brandenburg - das habe ich zur Genüge beobachtet tatsächlich wahrt und sich nicht unterbuttern lässt. Die Justizministerin hat im Rechtsausschuss dazu auch Stellung genommen.

Sie, meine Damen und Herren von der PDS, sitzen doch in Berlin in der Koalition.