Protocol of the Session on May 13, 2004

Zum Zweiten schadet ein so zeitnaher Eingriff in die Arbeit mit Verpflichtungsermächtigungen und in die öffentlichen Förde

rungen natürlich dem Vertrauensverhältnis zwischen Landesregierung und Wirtschaft, die sich in hohem Maße natürlich nicht nur enttäuscht, sondern bei ihren Planungen über den Tag hinaus „hinter die Tanne geführt“ sieht.

Ich glaube, wir sollten gemeinsam dafür Sorge tragen, dass die notwendige Haushaltskonsolidierung nicht durch Reduzierung der Investitionskraft in den neuen Bundesländern geschieht. Danke.

Danke sehr. Es gibt noch Klärungsbedarf. Herr Lunacek, bitte.

Herr Minister, können Sie sich angesichts der Tatsache, dass der Bund seine Mittel drastisch zurückgefahren hat - für die Wirtschaftsförderung in den letzten zehn Jahren immerhin auf rund ein Drittel, nämlich von umgerechnet ursprünglich 660 Millionen Euro im Jahr 1994 auf inzwischen nur noch etwas mehr als 200 Millionen Euro -, vorstellen, dass die Landesregierung den Druck auf den Bund erhöht, hier wieder zu mehr Wirtschaftsförderung in den neuen Ländern zu kommen?

Ja. Ich glaube, das ist auch gemeinsame Auffassung der Landesregierung, dass wir in diesen Zeiten - auf welchen Wegen auch immer; da müssen verschiedene Wege gegangen werden durch eine gemeinsame Positionierung klarstellen, dass der wirtschaftliche Aufschwung in den neuen Bundesländern im gemeinsamen Interesse der Entwicklung in Deutschland nicht durch Reduzierung der Investitionen erfolgt.

Danke schön. - Wir sind bei den Dringlichen Anfragen 63 (Finanzierungszusage zum Bau der Chipfabrik) und 64 (Chip- fabrik: Milliarden-Zusage an Dubai). Ich bitte die Fragesteller um Verständnis, dass wir die Fragen gemeinsam beantworten lassen, da sie sich auf das gleiche Thema beziehen. Geht das, Frau Osten?

Wenn Sie das so sagen, Herr Präsident.

Bitte schön.

In der Öffentlichkeit wurde bekannt, dass die Landesregierung, konkret der Ministerpräsident, dem Investor der Chipfabrik aus Dubai konkrete schriftliche Zusagen zur Finanzierung der Fabrik in Höhe von 1 Milliarde Euro gemacht hat. Aufgrund dieser Zusagen von Fördermitteln und Bürgschaften soll es vonseiten der Investoren aus Dubai nun Schadensersatzklagen gegen das Land in dreistelliger Millionenhöhe geben.

Ich frage deshalb die Landesregierung: Wann und mit welchem Inhalt wurde diese öffentlich benannte Zusage des Ministerpräsidenten für die Finanzierung der Chipfabrik gegeben?

Herr Claus, bitte sehr, Ihre Frage.

Meine Frage ist fast identisch, nur die Fragestellung etwas anders. Es gibt einen vom Ministerpräsidenten abgeschickten Brief. Ich frage die Landesregierung:

Warum liegt dieser Brief vom 14. Mai 2003 nicht dem Untersuchungsausschuss vor, obwohl der Ausschuss auch von der Landesregierung alle Unterlagen im Zusammenhang mit der Chipfabrik angefordert hatte?

Herr Minister Junghanns, Sie haben erneut das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Werte Gäste! Sehr geehrte Abgeordnete, die diese Fragen gestellt haben! Zur Frage von Frau Osten: Wie der Chef der Staatskanzlei schon am 11. Mai in der Öffentlichkeit klargestellt hat, ist mit dem Brief vom 14. Mai 2003 keine Zusicherung von Fördermitteln und Bürgschaften gegeben worden, die einem ungedeckten Scheck gleichkäme. Sondern in diesem Brief ist ausgewiesen, dass Fördermittel und Bürgschaften in Aussicht stehen, wenn die Gesamtfinanzierung geschlossen wird. Nach Schließen der Gesamtfinanzierung waren diese Mittel in Aussicht gestellt worden. Die Bedingung ist nicht erfüllt worden und deshalb ist es auch keine Zusage in der von Ihnen geschilderten Form.

Zur Frage 64: Von der Landesregierung sind nicht alle Unterlagen, die in irgendeinem Zusammenhang zur Chipfabrik stehen, angefordert worden. Nach dem Gesetz bestimmt der Untersuchungsausschuss zunächst den Untersuchungsgegenstand. Dann erhebt der Ausschuss die durch den Ausschussgegenstand gebotenen Beweise, indem er durch einzelne Beweisbeschlüsse eine Eingrenzung, eine Bestimmung der Inhalte vornimmt. Durch die gegenüber der Landesregierung bisher ergangenen Beweisbeschlüsse hat der Untersuchungsausschuss die Vorlage des Briefes vom 14. Mai 2003 in der Form nicht erwähnt.

(Zurufe von der DVU - Lachen der Abgeordneten Hessel- barth [DVU])

Frau Osten, bitte.

Ich möchte zumindest meine Verwunderung darüber ausdrücken, dass, wenn ich nach einem Brief vom Ministerpräsidenten frage,

(Klein [SPD]: Frage!)

der Wirtschaftsminister antwortet.

Meine drei Nachfragen - erstens -: Ist dieser Brief Grundlage wirklicher Schadensersatzansprüche aus Dubai - ich meine politisch wie juristisch?

Zweitens: Ist dieser Brief auf Druck Ihres Ministeriums bzw. von Ihnen, Herr Minister Junghanns, oder auf der Grundlage eines Kabinettsbeschlusses entstanden? Es geht ja hier um sehr viel Geld.

Ich frage drittens: Inwieweit war diese Zusage von 1 Milliarde Euro mit den Bundesministerien abgestimmt, da es sich ja nehme ich an - um Landes- und Bundesmittel handelt?

Frau Osten, es gibt keine Schadensersatzansprüche im juristischen Sinne von Dubai.

Ich habe schon vor Wochen dargestellt, dass es aus der Sicht von Dubai Ansinnen gibt. Aber sie sind mir als solche nicht abgefordert worden.

(Zuruf der Abgeordneten Osten [PDS])

Wir sind in folgender Situation - ich bitte das auch vor dem Hintergrund der öffentlich geführten Debatte noch einmal klarstellen zu dürfen -: Nach einem gescheiterten Projekt ist es legitim und für alle nachvollziehbar, dass die Positionen der am Projekt Beteiligten unterschiedlich dargestellt und aufgestellt werden.

Wir sind gegenwärtig in einer Situation, dass es gegebenenfalls unterschiedliche Positionen gibt. Unsere Auffassung ist, dass es nach dem Scheitern keine Schadensersatzansprüche geben kann. Wenn das ein anderer anders sieht, dann hat er es in der Hand, damit umzugehen. Das würde dann in geeigneter Weise zu klären sein.

Ich bitte auch bei der Art und Weise der öffentlich geführten Diskussion zu bedenken, dass wir in einem Verfahren, das in seinem weiteren Verlauf noch nicht ganz überschaubar ist, auch entsprechende Positionen sicherstellen müssen, die den Interessen des Landes Brandenburg gerecht werden.

(Zustimmung des Abgeordneten Gemmel [SPD] - Frau Osten [PDS]: Das ist in unserem Sinne!)

- Ja, genau. Deshalb sage ich das. - Ich kann keinen Partner im Verfahren in seiner Position beeinflussen. Wenn dann eine mediale Verarbeitung hinzukommt, ist das der Sache regelmäßig eigen, aber kann mich von meiner Haltung nicht abbringen.

(Frau Dr. Enkelmann [PDS]: Die Öffentlichkeit hat ein Recht auf Information!)

- Die Öffentlichkeit bekommt natürlich das Recht auf Informationen erfüllt, aber die Öffentlichkeit hat auch ein Recht, dass die Verantwortlichen in der Landesregierung die Interessen der Öffentlichkeit und damit auch die Interessen des Landes Brandenburg sowie die Struktur ihrer Aufstellung im Verfahren in geeigneter Weise inhaltlich sicherstellen.

(Beifall bei der CDU)

Zweiter Punkt: Die Verwendung des Schreibens vom 14.05. in diesen Tagen wird der Situation zum damaligen Zeitpunkt nicht gerecht. Am 14.05. hat der Ministerpräsident im Vorfeld des zu schließenden ISA-Closing, also Eigenkapitalclosing, die

Position des Landes im bevorstehenden Investment klargestellt. Er hat auf die Bedeutung dieses Investments und auf die Beachtung der Positionierung des Landtages, welcher uns beauftragt hat, zum Erfolg dieses Projektes beizutragen, hingewiesen. Und er hat vor dem Hintergrund der zu erwartenden und notwendigen Finanzierung, sprich: des ausstehenden Eigenkapitals, von Dubai darauf hingewiesen, dass das ein partnerschaftliches Projekt ist, in das das Land mit einem hohen Risiko einsteigt, und dass wir uns auf dem Weg der Schließung der Gesamtfinanzierung befinden. Wenn dieses Ergebnis erreicht wird - das ist eindeutig nachlesbar -, dann ist das Land mit einem hohen öffentlichen Risiko beteiligt. Dieser Brief hat natürlich in diesem Zusammenhang die Gemeinsamkeit gestärkt. Es ist aber in keiner Weise, auch nicht von anderen ableitbar, so unsere juristische und politische Bewertung, dass damit irgendwie ein Freibrief gegeben wurde. Das ist falsch. - Danke schön.

(Frau Osten [PDS]: Ich hatte drei Fragen gestellt!)

Bezüglich womöglich ausgeübten Drucks hatten Sie noch gefragt?

(Frau Osten [PDS]: Kabinettsbeschluss und Bundesab- stimmung!)

Es bedurfte für diesen Inhalt in diesem Verständnis keiner Abstimmung mit dem Bundeskabinett, weil wir uns in unserer Position als Mitgesellschafter und Antragsteller im Verfahren genau in Übereinstimmung mit den einschlägigen Verfahrensregeln bewegen. Wir haben etwas Bekanntes nur noch einmal mit aller Klarheit dargestellt. Deshalb war die Entwicklung des Investments eine förderliche Positionierung des Landes, die allen Beteiligten klargestellt hat, mit welch großem Anteil wir an diesem Unternehmen beteiligt und gewillt sind, für gemeinschaftlichen Erfolg Verantwortung zu übernehmen. - Danke.

Herr Claus, bitte.

Ich habe zwei Nachfragen, und zwar geht es ebenfalls um den Brief. Da der Brief hin- und hergefaxt wurde, wie man erkennen konnte, ist er leider nicht mehr lesbar. Meine Frage lautet: Wie ist der genaue Wortlaut des Briefes vom 14. Mai 2003 von Ministerpräsident Matthias Platzeck an den Kronprinzen und Verteidigungsminister des Emirates Dubai?

(Unruhe)

Man kann gar nichts lesen. - Die zweite Frage: Welche Motivation hatte der Ministerpräsident, diesen Brief zu einem Zeitpunkt zu schreiben, als im Wirtschaftsausschuss noch über eine wesentlich geringere Förder- und Garantiesumme verhandelt wurde?

Sehr geehrter Abgeordneter, ich habe die Motivation gerade noch einmal genannt. Ich glaube, dass ich Ihnen diesen Brief zugänglich machen kann. Ich halte es nicht für gegeben, in dieser Runde diesen Brief im Einzelnen vorzulesen. Sie bekommen ihn, das ist klar.

Ich habe gerade die Motivation für das Verfassen dieses Briefes noch einmal zum Ausdruck gebracht und habe dem nichts hinzuzufügen. Wenn es sich hier um eine Zusammenfassung der 1 Milliarde US-Dollar handelt: Zu diesem Zeitpunkt - natürlich ist das eine pauschale Beschreibung, wenn ich das jetzt, ohne die Zahlen noch einmal nachlesen zu können, sage - ging es in etwa um eine Förderung, die über eine Bürgschaft getragen wird, Basis 80 %, von 650 Millionen. Damals war der Arbeitsstand 282 Millionen öffentliche Förderung; das haben wir ja alles schon einmal diskutiert. Drittens haben wir natürlich auch das hinzugezählt, was wir an Beteiligung bzw. an infrastruktureller Erschließung gemacht haben. Insofern ist diese Klarstellung durch den Ministerpräsidenten nicht falsch, sondern hat die Bedeutung unterstrichen und die Beteiligten haben dies auch so verstanden.

Frau Dr. Schröder, bitte.

Herr Minister, wir haben aktuell aus den Medien erfahren, dass gestern ein Fax aus Dubai bei der Regierung eingegangen ist. Der Regierungssprecher bestätigte, dass der Inhalt des Faxes aus Dubai als Schadensersatzforderung verstanden werden könne.

Drei Fragen: Welchen Inhalt hat das Fax? In welcher Höhe werden Schadensersatzforderungen darin beziffert und welche Stellungnahme geben Sie dazu ab?