Protocol of the Session on April 1, 2004

Die investiven Zuweisungen sollen nach dem Gesetzentwurf auch den kreisangehörigen Gemeinden ausschließlich unmittelbar zugewiesen werden. Daraus folgt eine Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung und finanziellen Eigenverantwortung. Die damit zugleich verbundenen verkürzten Wege bieten gute Voraussetzungen für eine Beschleunigung der Auftragsvergabe. Mit der Neuregelung der Investitionszuweisungen werden Einspareffekte verbunden sein, wenn das bisher praktizierte aufwendige Verfahren von Prioritätenlisten entfällt.

Überdies sieht der Gesetzentwurf vor, weitere bisher von den Fachministerien bewirtschaftete Mittel schrittweise in den kommunalen Finanzausgleich zu überführen. Hierüber wird im Rahmen der Aufstellung der jeweiligen Haushalte zu befinden sein. Aber ich glaube, wir werden diesen Weg gehen müssen.

Der Gesetzentwurf berücksichtigt ferner die Mittel, die der Bund dem Land zum Ausgleich der Mehrbelastung aus der Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe - Hartz IV - in den Jahren 2005 bis 2009 in Höhe von 190 Millionen Euro jährlich bereitstellt, und sorgt dafür, dass diese Mittel ungeschmälert an die Kommunen weitergegeben werden.

Der weitaus größere Anteil der Mittel des kommunalen Finanzausgleichs wird mit annähernd 90 % über die allgemeinen und investiven Schlüsselzuweisungen und insofern finanzkraftabhängig verteilt. Mit der Zielsetzung, stärkere Anreize für die Auslastung des eigenen Einnahmenpotenzials zu setzen, wird die Ausgleichsintensität sowohl auf der Ebene der Gemeinden als auch auf der Ebene der Landkreise gemindert.

Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jüngere parlamentarische Anfragen der Fraktion der PDS lassen erkennen, dass mit einem Finanzausgleichsgesetz in dieser Legislaturperiode wohl nicht mehr ernsthaft gerechnet wurde und dass im Übrigen bezweifelt wird, dass sich der kommunale Finanzausgleich in der jetzigen Regierungszeit fortentwickelt hat.

(Frau Dr. Enkelmann [PDS]: Ihre Aussage in der Frak- tion!)

- Hallo! Willkommen! - Ohne der schriftlichen Beantwortung durch die Landesregierung vorgreifen zu wollen, möchte ich daher Folgendes feststellen: Wenn ich Bilanz ziehe, stelle ich vielmehr fest, dass wir in dieser Regierungszeit den kommunalen Finanzausgleich entscheidend weiterentwickelt haben. Ich erinnere daran, dass sich die Regierungsparteien in ihrer Koalitionsvereinbarung darauf verständigt haben, die Grundlagen der Gemeindefinanzierung neu zu regeln. Um dabei die Erkenntnisse der Wissenschaft zu berücksichtigen, wurde ein führendes Wirtschaftsforschungsinstitut zu Beginn unserer Regierungszeit mit einer gutachterlichen Untersuchung - Frau Schröder, mit einer gutachterlichen Untersuchung! - des kommunalen Finanzausgleichs beauftragt. Wesentliche Empfehlungen dieses Gutachtens wie insbesondere die weitere Spreizung der Hauptansatzstaffel haben wir bereits mit dem Gemeindefinanzierungsgesetz 2000 umgesetzt.

Wenn ich eingangs ausgeführt habe, dass der kommunale Finanzausgleich mit dem vorliegenden kommunalen Finanzausgleichsgesetz auf eine längerfristig tragfähige Grundlage gestellt wird, tritt damit bezüglich der Weiterentwicklung des kommunalen Finanzausgleichs keineswegs Stillstand ein. Beim

kommunalen Finanzausgleich handelt es sich gerade nicht um ein System, das sich, einmal entwickelt, nicht mehr weiterentwickelt. Dies wäre mit den verfassungsrechtlichen und verfassungsgerichtlichen Anforderungen unvereinbar. Es muss weiterentwickelt werden! Die wahrzunehmenden Aufgaben, die dafür notwendigen Ausgaben sowie die verfügbaren originären Einnahmen des Landes und der Kommunen unterliegen einer von zahlreichen Faktoren abhängigen Dynamik, die auch künftig Anpassungsnotwendigkeiten im kommunalen Finanzausgleich präjudizieren werden.

Weitere Anpassungsbedarfe leiten sich aus der sich fortentwickelnden Rechtsprechung sowie aus den sich abzeichnenden mittel- und langfristigen Trends der finanziellen Rahmenbedingungen ab. Hinsichtlich der sich ändernden finanziellen Rahmenbedingungen gilt es, rechtzeitig Vorsorge zu treffen und entsprechende Anreize zu setzen. Um diesen Prozess künftig mit den kommunalen Vertretungen frühzeitig gemeinsam führen zu können, sieht der vorliegende Gesetzentwurf die Einrichtung eines Beirats vor, dem ein Vertreter des Ministeriums des Innern und ein Vertreter des Ministeriums der Finanzen sowie zwei Vertreter des Landkreistages und des Städte- und Gemeindebundes angehören. Dieser Beirat soll die Landesregierung in Fragen der Bedarfsgerechtigkeit der Finanzausstattung von Land und Kommunen beraten. Insoweit fließen die Vorstellungen der kommunalen Spitzenverbände zur Schaffung objektivierbarer Bedarfsansätze frühzeitig in das jeweilige Finanzausgleichsgesetzgebungs- und -verordnungsverfahren ein.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, dass dieses Gesetz ein sehr wichtiger Schritt ist. Wir haben noch zweieinhalb Monate vor uns, in denen unter anderem Anhörungen in den Ausschüssen stattfinden werden. Frau Osten, ich gehe davon aus, dass dort die Fragen beantwortet werden, die Sie im Augenblick so sehr bewegen.

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, den Gesetzentwurf an den Ausschuss zu überweisen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Ich danke Herrn Minister Schönbohm. - Ich gebe das Wort der Fraktion der PDS, Herrn Abgeordneten Domres.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Koalitionsvereinbarung haben SPD und CDU das Ziel formuliert, für 2001 ein Finanzausgleichsgesetz und damit eine Neuordnung des kommunalen Finanzausgleichs auf den Weg zu bringen. Herr Schönbohm drehte sich um 180 Grad und wurde vom Wahlkämpfer, der sich für den Erhalt der kleinen Gemeinden einsetzte, zum Vorkämpfer einer Gemeindegebietsreform. Die Konzentration auf das Durchpeitschen der Gemeindegebietsreform diente als Argument dafür, das Finanzausgleichsgesetz zu verschieben. Von einer Verbesserung der kommunalen Finanzausstattung war keine Rede mehr.

Nach verschiedenen Rückzugsgefechten verkündete Herr Schönbohm als neues Ziel, das FAG 2004 in Kraft zu setzen. Die PDS hat mit einer Vielzahl parlamentarischer Initiativen auf die zügige Erarbeitung eines solchen Gesetzentwurfs ge

drängt. Wir haben die Einbeziehung der Kommunen in Form einer Gemeindefinanzreformkommission gefordert usw. Alle Initiativen sind von der Koalition mit großer Machtarroganz abgeschmettert worden. Wenn man dabei überhaupt von einer Begründung sprechen kann, dann bestand sie in der Behauptung, die Landesregierung würde auch ohne Aufforderung vonseiten der Opposition die notwendigen Arbeiten an diesem Gesetz leisten. Von Herrn Schönbohm, aber auch vom Kollegen Schippel war auf entsprechenden Druck der PDS zu vernehmen, dass mit einem solchen Gesetz nicht mehr Geld für die Kommunen zu erwarten sei. Wir, die PDS, sollten doch aufhören, den Bürgern Sand in die Augen zu streuen.

Mitte vergangenen Jahres deutete der Innenminister an, dass es in dieser Wahlperiode wohl kein FAG mehr geben werde. Er stand deshalb als fachlich zuständiger Minister unter Druck. Der Druck kam sowohl von der oppositionellen PDS als auch von den kommunalen Spitzenverbänden.

Am 27. Januar dieses Jahres weilte der Innenminister in der PDS-Fraktion und berichtete über den Stand der Arbeiten an dem Gesetzentwurf. Aus diesen vorsichtigen Darlegungen war abzuleiten, dass es wohl vor der Landtagswahl nichts mehr mit einem Finanzausgleichsgesetz wird.

Wenige Tage später verwandelte sich der Gejagte in den Jäger, wurde der Innenminister wieder zum Wahlkämpfer. Herr Schönbohm und sein Adlatus Sven Petke verkündeten völlig überraschend, dass die Kommunen im nächsten Jahr durch das Finanzausgleichsgesetz deutlich mehr Geld erhalten werden. Die Erhöhung von 325 Millionen Euro wurde schon einmal von Herrn Petke auf die einzelnen Kommunen aufgeteilt. So teilte der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion mit, dass die Landeshauptstadt durch das Finanzausgleichsgesetz pro Jahr 30 Millionen Euro mehr zu erwarten habe.

(Oh! bei der PDS)

Das ist rein zufällig die Summe des strukturellen Defizits für das Haushaltsjahr 2004. Im Übrigen versah Herr Petke dieses fragwürdige Agieren sinnigerweise noch mit der Aufforderung an seinen Koalitionspartner und die PDS, doch mit diesem Gesetzentwurf keinen Wahlkampf zu machen.

(Lachen bei der PDS)

Das alles kommentiert sich, denke ich, selbst.

(Beifall bei der PDS)

Fakt ist, dass die Landesregierung offensichtlich in den letzten vier Wochen einen Gesetzentwurf aus dem Boden gestampft hat, der eigentlich schon in den vergangenen Jahren unter unmittelbarer Einbeziehung der Kommunen hätte erarbeitet werden müssen.

(Beifall bei der PDS)

Nachdem vier Jahre praktisch verschlafen wurden, konnte der Anspruch, etwas Dauerhaftes zu schaffen, mit dem vorliegenden Entwurf nicht realisiert werden. Gemessen an den großartigen Ankündigungen des Innenministers ist die Ausbeute für die Kommunen mehr als bescheiden. Die angekündigte Erhöhung der SoBEZ auf einen Anteil von 40 % wird konterkariert

durch die Senkung der Verbundquote von 25,3 % auf 20 %. Da kann ich nur sagen: wie gewonnen so zerronnen.

Sie wissen, dass die kommunalen Spitzenverbände die Beibehaltung der bisherigen Verbundquote fordern. Nur so geht auch das Rechenexempel auf, mit dem Herr Petke versucht hat, Eindruck bei den Kommunen zu schinden.

Im Referentenentwurf des Innenministeriums vom 17. Februar waren noch 22,3 % Verbundquote vorgesehen. Der Referentenentwurf sah im § 4 außerdem noch vor, dass bis zum Jahre 2008 rund 100 Millionen Euro aus den Einzelhaushalten der Ministerien in das FAG zu überführen sind. Die jetzt erfolgte Abschwächung auf eine allgemeine Hinwirkungsklausel lässt nichts Gutes erahnen.

Ich darf daran erinnern, dass die Forderung nach einer Umwandlung zweckgebundener Ressortmittel in pauschale Zuweisungen seit langem besteht. Wir mussten allerdings feststellen, dass Ressortmittel abgebaut wurden, aber nicht im bisherigen Gemeindefinanzierungsgesetz gelandet sind.

Der im § 15 vorgesehene Sozial- und Jugendhilfeausgleich bindet lediglich Mittel für diesen Zweck, bedeutet aber keinen realen Zuwachs für die Kommunen. Ich erneuere an dieser Stelle unsere Forderung nach einem verlässlichen Belastungsausgleich. Hartz IV lässt grüßen.

Die einzige reale Besserstellung, die ich sehe, besteht im Verzicht auf die Abrechnung des Steuerverbundes. Im laufenden Haushaltsjahr sind das Mindereinnahmen in Höhe von 159 Millionen Euro. Das bedeutet faktisch, dass wir mit dem vorliegenden FAG-Entwurf auf das Niveau der Finanzmasse von 2003 zurückkehren.

(Schippel [SPD]: So ist das!)

Das ist uns viel zu wenig, meine Damen und Herren von der SPD und der CDU. Wir sind gegen die vorgesehene Herabsetzung der Steuerverbundquote.

(Beifall bei der PDS)

Ich habe auch kein Verständnis dafür, dass die im § 3 Abs. 3 des Referentenentwurfs vorgeschlagene Definition des Mindestanteils für freiwillige Aufgaben an der Verbundmasse im Regierungsentwurf einer allgemeinen Formulierung gewichen ist. Im Referentenentwurf war noch vorgesehen, dass die Verbundmasse mindestens so hoch sein muss, dass der Zuschussbedarf für pflichtige Aufgaben durch einen Anteil von 5 % dieses Zuschussbedarfs für freiwillige Aufgaben gedeckt wird.

Meine Damen und Herren! Der Entwurf für ein Finanzausgleichsgesetz ist enttäuschend. Er wird der erklärten Zielstellung einer Besserstellung der Kommunen sowie einem höheren Maß an Planungssicherheit und Transparenz nicht gerecht.

(Beifall bei der PDS)

Ich danke dem Abgeordneten Domres und gebe das Wort der Fraktion der SPD, Herrn Abgeordneten Schippel.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr verehrter Herr Domres, Sie haben gesagt, es ist uns gelungen, das Niveau von 2003 zu halten. Alle Achtung! Das finde ich prima; denn ringsherum geht es runter. Begreifen Sie doch endlich einmal, dass wir einen Schwerpunkt für die Kommunen mit dieser Haltung des Niveaus gesetzt haben. Das können Sie schlechtreden, das hilft Ihnen an der Stelle dann auch nicht.

(Zuruf von der PDS)

Es stimmt, Herr Innenminister, Sie haben immer gesagt: Nach der Gemeindegebietsreform muss ein FAG kommen. - Das ist nicht abzustreiten. Die konkrete Jahreszahl allerdings - das ist in dem Protokoll zu sehen - haben Sie erst im Herbst letzten Jahres genannt.

(Minister Schönbohm: Die war abhängig von der Bundesregierung!)

- Ja. Bis dahin war das Ihren Äußerungen nicht so konkret zu entnehmen.

Die Frage der Auswirkungen der Gemeindegebietsreform im Einzelnen und die Frage der Finanzreform des Bundes finden wir in einem Paragraphen, der darauf Bezug nimmt, dass sich die Gebietsreform an sich noch wenig auswirkt, weil die damit verbundene Entwicklung im Land so noch keinen Einzug ins Gesetz findet. Aber dafür haben wir ja extra diesen Beirat gegründet, der das auch aus der Warte der Kommunen beobachten und dann entsprechend nachsteuern soll.

Mit der jetzt offiziellen Einbringung des FAG ist eine alte Forderung der Koalition und der Opposition erfüllt. Manches an diesem nun vorliegenden Gesetzentwurf hätte tiefer gehen können, hätte der speziellen Brandenburger Entwicklung zwischen berlinnahen und berlinfernen Räumen mehr Rechnung tragen können.

(Zuruf von der PDS: So ist es!)

Die demographische Entwicklung, die ja zweifellos ein Verstärker dieser unterschiedlichen Entwicklung ist, hätte größere Beachtung finden können.

Allein die Zeit, die uns nun von der Vorlage des Gesetzes im April bis zur vorgesehenen Verabschiedung im Mai/Juni zur Verfügung steht, reicht nicht aus, dass wir noch sehr tiefgründig Untersuchungen und Ähnliches anstellen. Ich denke, wir sind uns einig, dass das jetzt auch nicht mehr die Frage ist. Entscheidend ist: Es muss noch verabschiedet werden.