Tatsächlich aber zeigen die jüngsten Erfahrungen mit dem Volksbegehren gegen die Zwangseingemeindung, dass durchaus Regelungsbedarf bestand, zumindest wenn man ein Bedürfnis nach sinnvollen Regelungen hatte.
Herr Kollege Klein, Sie führten aus, dass bereits das schlichte Vorhandensein von Volksbegehren schließlich die politischen Entscheidungen des Landtages beeinflusst. Das sei schon etwas Positives, wollten Sie wohl damit sagen, jedoch seien sechs Volksbegehren innerhalb von zehn Jahren allemal ausreichend - ich zitiere:
„Im Umkehrschluss müsste es uns sehr zu denken geben, wenn die Zahl der Volksinitiativen und Volksbegehren zunähme. Das stellte dann ein echtes Problem dar.“
Angesichts des vorläufigen Endergebnisses des Volksbegehrens gegen Zwangseingemeindungen wird der Abgeordnete Klein wohl jetzt wieder sehr beruhigt sein.
Kollege Klein, Sie fanden in der Debatte des letzten Jahres die Wege der Bürgerinnen und Bürger zu den Eintragungsorten nicht so weit. Das vorgesehene Verfahren sei nicht unzumutbar. Überhaupt werde die Anzahl der Volksbegehren sicherlich nicht weiter ansteigen. Sie haben mit Ihrer Vorhersage Recht behalten. Die Anzahl der Volksbegehren wird natürlich nicht weiter ansteigen, wenn das ihnen zugrunde liegende Verfahren jeden Bürger entmutigen muss, der sich im Wege der Volksgesetzgebung engagieren möchte. Diese Art der Logik ist schlicht beschämend.
Es verblüfft mich heute überhaupt nicht, dass die Vertreter der Koalition denn auch keinen Regelungsbedarf verspürten. Die entscheidende Frage ist nämlich, ob man mit der Tatsache zufrieden ist, dass ein Volksbegehren in Brandenburg nicht ein einziges Mal Erfolg gebracht hat. Wir als PDS-Fraktion sind damit nicht zufrieden. Wir wünschen uns die Verwirklichung des Verfassungsanspruch, nach dem es in Brandenburg zwei gleichberechtigte Mechanismen der Gesetzgebung gibt, deren einer die Volksgesetzgebung ist. Es überzeugt daher überhaupt nicht, dass das Parlament sich völlig unabhängig von der tatsächlichen Wahlbeteiligung für fünf Jahre in allen Fragen der Gesetzgebung als legitimiert sieht, während die Volksgesetzgebung im Rahmen einer einzigen Sachentscheidung durch unmögliche Härten und Hürden bei der Stimmensammlung immer wieder ausgebremst wird. Gerade darin liegt meiner Meinung nach der Regelungsbedarf, den Sie verneinen.
Für das aktuelle Volksbegehren mangelte es entgegen der Vorhersagen an genügend gut erreichbaren Abstimmungsräumen. Damit bestand Regelungsbedarf. Es mangelte vor allem an verlässlicher Klarheit darüber, welche Anforderungen an die Widmung von Räumen und an die Beauftragung von neutralen Vertrauenspersonen zu stellen sind. Da gab es Regelungsbedarf. Die Abstimmung litt unter zahlreichen absichtlichen und unabsichtlichen Behinderungen, zu denen es nicht hätte kommen müssen. Auch da gab es Regelungsbedarf. Es gab Fälle, in denen Wartezeiten für die sich eintragenden Personen behindernd lang waren, in denen für eine digitale Erfassung der Wählerverzeichnisse keine Computer vor Ort vorhanden waren und in denen es hinsichtlich einer mit Listenausdruck vorgenommenen Erfassung rechtliche Unklarheiten gab - da gab es Regelungsbedarf -, dass die Vertrauenspersonen von mobilitätsbeeinträchtigten Personen zurückgewiesen wurden - auch das hat es gegeben -, und das trotz dieser klaren und eindeutigen Rechtslage. Auch hier besteht Regelungsbedarf. Alle diese Beispiele sind von Bürgerinnen und Bürgern an mich herangetragen worden und werden auch an den Landesabstimmungsleiter herangetragen werden.
Jetzt soll keiner sagen, dass all diese Härten von einem politisch aktiven Menschen nun einmal hingenommen werden müssen. Wenn wir diesen Maßstab an die Landtagswahlen und an die Legimitierung des Landesparlaments legten, dann säße wohl bald niemand von uns noch hier; darin, dass wir gern hier sitzen, sind wir uns wohl einig. Der Demokratie würde mehr Mut gut zu Gesicht stehen. Sie lebt von dem Mut zu Veränderungen und sie wird sich verändern müssen, um bei den Menschen glaubhaft zu bleiben.
Auf der Grundlage der von uns beantragten Analyse der Eintragungsbedingungen bei den konkreten Abstimmungsbehörden muss also die Diskussion geführt werden, ob das Volksbegehren in seinem Verfahren dem Verfahren der Volksinitiative angenähert werden sollte.
Ich bitte Sie um Ihre Zustimmung zu unserem Antrag zur Beseitigung bürokratischer Hemmnisse und Behinderungen bei Volksbegehren und bedanke mich.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Anträge der PDS-Fraktion sind auch nicht mehr das, was sie einmal waren, zumindest dieser Antrag. Sie formulieren einfach einen Antrag von Oktober letzten Jahres ein wenig um und präsentieren ihn uns hier erneut. Bezeichnend hierfür ist auch, dass die Antragsbegründung zur Hälfte aus der Wiedergabe von Ausführungen des Innenministers zu Ihrem damaligen Antrag besteht.
Dann finde ich es wirklich bedauerlich - Gott sei Dank haben Sie anschließend noch ein wenig in Ihrer Rede korrigiert -, dass Sie mich nicht auch zitieren, obwohl der Kollege Homeyer doch so freundlich war, meine Rede von damals außerordentlich zu loben. Aber in der Rede haben Sie mich oft genug erwähnt, sodass meine Eitelkeit nicht zu sehr gekränkt ist.
Es stimmt wieder. Aber angesichts des Antrages, der letztlich eine Wiederholung ist, kann ich es Ihnen auch nicht ersparen, dass ich mich ebenfalls ein wenig wiederhole, indem ich das sage, was ich beim letzten Mal bereits geäußert habe.
Erleichterte Eintragungsmöglichkeiten für Volksbegehren sind in § 15 Abs. 3 des Volksabstimmungsgesetzes hinreichend ausgeführt. Bis zum Beweis des Gegenteils gehe ich daher davon aus, dass die Verantwortlichen vor Ort ihren Verpflichtungen ohne Wenn und Aber nachgekommen sind. Der Herr Innenminister, auf den Sie sich so gern beziehen, wies gestern in seinem Beitrag zu der so genannten Denkzettelvergabe darauf hin, dass das An-den-Pranger-Stellen von Behördenmitarbeitern, die wahrlich keine leichte Aufgabe zu erledigen haben, unangemessen ist.
Nach Ihrem Antrag aber, Kolleginnen und Kollegen der PDS, soll die Landesregierung im Benehmen mit dem Landesabstimmungsleiter eine Umfrage bei den kommunalen Abstimmungsbehörden durchführen. Das Ergebnis nehmen Sie übrigens schon vorweg. Es soll unter anderem ermittelt werden, bei welchen Abstimmungsbehörden die Eintragung nicht möglich war. Wozu brauchen Sie dann noch eine Umfrage? Um festzustellen, dass es angeblich bürokratische Hemmnisse und Behinderungen gegeben habe, brauchen Sie die Umfrage ebenfalls nicht; schließlich wird dies in Punkt 3 einfach unterstellt.
Als Frist ist die Landtagssitzung im Juni 2004 genannt. Lassen Sie mich einen Blick in die Zukunft werfen, meine Damen und Herren: Wir beschließen eventuell Ihren Antrag und in gut zwei Monaten wird die PDS-Fraktion den Bericht der Landesregierung rügen, er sei nicht umfangreich genug, die wissenschaftliche Beteiligung sei nicht angemessen gewesen und die vielen Tausend Verfahrensfehler seien nicht gewürdigt worden. Übrigens ist es keineswegs, wie in Ihrem Antrag behauptet wird, das Ergebnis des Volksbegehrens gegen Zwangseingemeindungen und für kommunale Selbstverwaltung, dass das Quorum von 80 000 zu hoch angesetzt wäre. Es hat lediglich gezeigt, dass trotz der komfortablen Auslegungszeit von vier Monaten nicht genügend Brandenburgerinnen und Brandenburger bereit waren, dieses Anliegen zu unterstützen. Das kann man bedauern oder man kann es gutheißen; man muss es aber auch einmal hinnehmen.
Wenn die Zahl der Unterschriften jeweils ein Hinweis auf das angemessene Quorum wäre, dann hätte es jetzt beim Volksbegehren für die Kreisstadt Finsterwalde bei 6 125 gelegen, im Falle „Nein zum Transrapid“ aber bei 69 750. Dafür, dass das Quorum für die Annahme dieses Antrages erreicht wird, werden die Koalitionsfraktionen ihre Stimmen übrigens nicht geben. Wir lehnen also Ihren Antrag ab. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Heute sind all unsere hellseherischen Kräfte gefordert; es wird mystisch. Das zeigt der vorliegende Antrag, der sich inhaltlich praktisch mit der Drucksache 3/6589 vom letzten November deckt. Auch ich erspare mir, die damalige Rede des Herrn Innenministers Schönbohm zu zitieren, denn das haben die Genossen bereits selbst in ihrer Begründung zu vorliegendem Antrag gemacht.
Dieses Zitat aufgreifend, kann ich hier nur wiederholen, dass es um die Lösung eines Rätsels gehen muss, denn die PDS legt wiederum nicht dar, ob und inwieweit die beschriebenen Hürden für mobilitätsbeeinträchtigte Personen der Realität entsprechen. Warum wissen denn nicht einmal das Innenministerium oder der Landeswahlleiter davon? Der Innenminister hat bereits klargemacht - das ist in § 3 des Volksabstimmungsgesetzes nachzulesen -, dass es Verwaltungspflicht und Verwaltungspraxis ist, was Sie, meine Damen und Herren von der PDS, hier fordern. Dieses Gesetz wurde erlassen, damit bei der
Durchführung von Plebisziten das Recht der Bürgerinnen und Bürger gewahrt wird, sich daran zu beteiligen. In der genannten Vorschrift hat die Auslegung der Eintragungslisten bei eingeleiteten Volksbegehren und die Prüfung der Eintragungsberechtigten als Maßnahme der Vorbereitung möglichst dezentral für jeden Bürger erreichbar zu erfolgen. Dabei ist insbesondere auf Menschen mit Behinderung besondere Rücksicht zu nehmen und in jeder Hinsicht zu gewährleisten, dass sie wie jeder andere Bürger an Volksbegehren und anderen Plebisziten teilnehmen können. Dass in Anlehnung an die Praxis der Durchführung von Wahlen den Abstimmungsbehörden empfohlen werden kann, auch in Ortsteilen und Gemeinden geeignete Räume zeitweilig als Raum zur Auslegung der Eintragungslisten und zur Prüfung der Eintragungsberechtigung zu widmen sowie Bürger zur Ausführung dieser Aufgaben zeitweilig ins Ehrenamt zu berufen, ergibt sich - natürlich bei pflichtgemäßer Auslegung der Weisungskompetenz des Landesabstimmungsleiters gegenüber Ämtern und amtsfreien Gemeinden - insbesondere aus § 3 Abs. 1 Satz 2. Das müssen wir voraussetzen.
Auch ist unerfindlich, welche Hinweise von Bürgerinnen und Bürgern die PDS hier als Begründung benennt. Wem wurden denn solche Hinweise gegeben? Nur Ihnen, Herr Sarrach? Um wie viel Hinweise handelt es sich eigentlich und vor allem: Was ist der Inhalt dieser Hinweise? Da außer der PDS-Fraktion offensichtlich niemand etwas davon gehört hat, ist diese Frage doch berechtigt - oder nicht?
Ein weiteres Geheimnis ist, warum Sie in Ihrer Antragsbegründung - was mit dem Antragsinhalt eigentlich gar nichts zu tun hat - monieren, dass im Ländervergleich das Land Brandenburg bei der Volksgesetzgebung nur einen hinteren Platz einnimmt. In diesem Zusammenhang kommen wir gleich zum nächsten Mysterium. Warum haben die PDS-Landtagsmitglieder trotz dieser Erkenntnis geschlossen gegen unseren Antrag gestimmt, plebiszitäre Elemente in größerem Umfang als bisher in die Landesverfassung aufzunehmen?
Leider sind wir kein spiritistischer Zirkel, um vielleicht durch Beschwörung okkulter Mächte die verschlungenen Wege zu ergründen, wie die politische Meinungsbildung bei der PDSFraktion zustande kommt. Wir sind ein Parlament, das die Aufgabe hat, die echten Probleme des Landes zu lösen. Deshalb stimmen wir diesem Antrag natürlich erneut nicht zu. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Sarrach, im Grunde handelt Ihr Antrag nur auf der Grundlage Ihres Antrages vom 6. November 2003, den wir im Parlament diskutiert und mit großer Mehrheit abgelehnt haben. Er ist eigentlich nur eine aufgewärmte Neuauflage dieses Antrags. Deswegen ist es für mich kaum nachvollziehbar, warum Sie das Parlament jetzt noch einmal damit behelligen und uns Zeit stehlen.
Es wird zu keinem anderen Ergebnis kommen, meine Kolleginnen und Kollegen von der PDS, an der Sachlage hat sich nämlich nichts Entscheidendes geändert, auch nicht durch das Volksbegehren gegen Zwangseingemeindung und für kommunale Selbstverwaltung.
Dennoch will ich zum vorgebrachten Anliegen der PDS erneut Stellung nehmen. Sie haben in der Begründung Ihres Antrags den Innenminister mit seinen Argumenten aus der Debatte vom 6. November ausführlich zitiert, dabei aber seinen wichtigsten rechtlichen Hinweis ausgelassen, um nicht zu sagen, bewusst verschwiegen, Herr Sarrach.
„Die Vorbereitung und Durchführung von Volksbegehren obliegt auf der Landesebene ausschließlich dem Landesabstimmungsleiter, der zugleich der Landeswahlleiter ist. Der Landesgesetzgeber hat daher dem Landesabstimmungsleiter und nicht dem Innenministerium, wie häufig angenommen wird, das Recht eingeräumt, den kommunalen Abstimmungsbehörden Weisungen zu erteilen. Der Antrag der Fraktion der PDS richtet sich daher an den falschen Adressaten. Richtiger Adressat wäre der Landesabstimmungsleiter, der ein von der Exekutive unabhängiges Abstimmungsorgan ist.“
In dem neuerlichen Antrag wird sehr geschickt, letztlich aber untauglich der Versuch unternommen, die Zuständigkeitsfrage auszuhebeln bzw., Herr Sarrach, zu verwässern, indem man die Landesregierung auffordert, im Benehmen mit dem Landesabstimmungsleiter Auskünfte einzuholen, Maßnahmen zu ergreifen usw. Das alles ändert aber nichts an der eindeutigen Rechtslage, sprich Unzuständigkeit der Landesregierung.
Nein. - Ich frage also die antragstellende Fraktion: Warum wenden Sie sich nicht an den zuständigen Landesabstimmungsleiter? Die Antwort ist aus meiner Sicht völlig klar. Sie würden damit nicht die gewünschte Publizität erreichen, Herr Sarrach. Das einzige wirklich wichtige Anliegen des vorliegenden Antrags ist meines Erachtens die Überprüfung der Zulässigkeitsvoraussetzung für Volksbegehren mit dem aus Ihrer Sicht zu hohen Quorum von 80 000 Eintragungen.
Doch was nutzt dieses Lamentieren, Herr Sarrach, im Rahmen eines Antrages? Es ist Ihnen, meine Damen und Herren der PDS, doch unbenommen, Nägel mit Köpfen zu machen. Legen Sie uns doch einen entsprechenden Gesetzentwurf vor!
Meine Fraktionskollegen und ich sind jedoch der Überzeugung, dass sich die plebiszitären Regelungen unserer Verfassung in den Ausführungsgesetzen bewährt haben und deshalb keiner Änderung bedürfen. Um Wiederholungen zu vermeiden, verweise ich noch einmal auf unsere Debatte im vergangenen November.
Wir sehen im Übrigen auch keine schwerwiegenden bürokratischen Hemmnisse und Behinderungen bei Volksbegehren im Land Brandenburg, wie sie von der PDS schon in der Überschrift ihres Antrages suggeriert werden.
Das schließt, meine Damen und Herren, Verbesserungen im Einzelfall der Verwaltungspraxis natürlich nicht aus.
Dies alles ist aber nach unseren Erfahrungen beim Landesabstimmungsleiter in guten Händen und bedarf keiner parlamentarischen Änderungsinitiative. Wir lehnen deshalb den Antrag der PDS ab. - Danke schön.