Protocol of the Session on March 31, 2004

Der Weg zu einer friedlichen Perspektive kann letztlich nur mit politischen Mitteln freigemacht werden. Dazu wollen wir alle geeigneten politischen Hebel in Bewegung setzen.

Das Verteidigungsministerium hält bislang an dem Übungsplatz fest. Das ist ein Fehler. Die Region hat ein historisches Recht auf eine Entwicklung in Frieden. Sie hat unter dem Militär jahrzehntelang genug gelitten. Damit muss endgültig Schluss sein.

Eine militärische Nutzung der Kyritz-Ruppiner Heide würgt die touristischen Potenziale ab. Völlig zu Recht heißt es immer, dass sich die Regionen auf ihre eigenen Stärken besinnen sollen. Das wird in der zur Diskussion stehenden Region unmöglich, wenn der Übungsplatz wieder in Betrieb gehen sollte. Es gibt keine Verträglichkeit zwischen Tourismus und Militär. Unter dem Lärm der Tiefflieger kann Tourismus nicht gedeihen. Das Bombodrom fördert keine Entwicklung, sondern es behindert sie und macht die vorhandenen Ansätze kaputt.

Die Region hat sich bereits entschieden. Das Votum der Bürgerinnen und Bürger ist überdeutlich. Große Teile der ortsansässigen Wirtschaft haben sich den Protesten gegen das Bombodrom angeschlossen. Das Bombodrom hat keine Akzeptanz. So ist die Lage vor Ort. Darauf werden wir in Berlin eindringlich hinweisen. Es darf keine Entscheidung gegen den erklärten Bürgerwillen geben.

Der vorliegende Antrag formuliert eine Absage an die militärische Nutzung der Kyritz-Ruppiner Heide, und zwar ohne jedes Aber und ohne jede Hintertür. Für etwas anderes steht die Brandenburger SPD auch nicht zur Verfügung.

Aus meiner Kenntnis der Situation heraus muss ich auch dem Innenminister widersprechen, der in der „FAZ“ zitiert wurde dahin gehend, dass eine militärische Nutzung den Menschen in der Region nur noch zu erklären wäre, wenn es eine Garnison gäbe. Davon kann aber keine Rede sein. Die Wahrheit ist: Die Stimmung in der Region ist vollständig gekippt. Eine militärische Nutzung der Kyritz-Ruppiner Heide ist dort überhaupt nicht zu erklären, und zwar weder mit noch ohne Garnison. Die Einrichtung der Garnision ist auch völlig unabhängig von der Wiederinbetriebnahme des Übungsplatzes zu betrachten. Das hat auch Peter Struck klar dargestellt.

Deshalb lautet die einzig sinnvolle und politisch vertretbare Botschaft, die heute aus Potsdam ausgesendet werden kann: Nein zum Bombodrom ohne Wenn und Aber. Keine Nutzung der Kyritz-Ruppiner Heide als Bombenabwurfplatz. Für eine zivile touristische Entwicklung der Region.

Diesem Ziel dient unser Antrag. Ich bitte Sie um Zustimmung und danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich erteile der PDS-Fraktion das Wort. Für sie spricht der Abgeordnete Domres.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst zwei Sätze zu Ihren Ausführungen, Herr Klein.

Erstens: Die Mitsprache von SED-Wirtschaftsfunktionären bei Fragen des Übungsplatzes war gleich null.

(Zurufe von der SPD)

Zweitens hätte ich mir diese Rede einige Jahre früher gewünscht.

(Klein [SPD]: Herr Domres, schauen Sie in den Protokol- len nach! 29 Abgeordnete haben den Antrag gestellt, mit meinem Namen!)

- Auch die Abstimmungen sind protokolliert.

Um aber gar keine Unklarheiten aufkommen zu lassen, sage ich schon jetzt: Wir werden Ihrem Antrag zustimmen.

(Vereinzelt Beifall bei der PDS)

Sie dürfen die PDS-Stimmen durchaus als Anerkennung für den Kurswechsel betrachten, den die Koalition offenbar vollzogen hat. Damit gibt es im Brandenburger Landtag eine übergroße Mehrheit, die zum einen die Wiederinbetriebnahme des Luft-Boden-Schießplatzes in der Kyritz-Ruppiner Heide ablehnt und zum anderen die Notwendigkeit anerkennt, in dieser Region den Tourismus zu fördern.

Den Antrag meiner Fraktion finde ich zielführender und konsequenter. Eigentlich könnten Sie einmal über Ihren Schatten springen und einem PDS-Antrag zustimmen.

(Schippel und andere [SPD]: Nein!)

Die PDS-Fraktion stimmt also Ihrem Antrag zu, weil damit zumindest im Grundsatz dem tausendfachen Willen der Menschen in der Region entsprochen wird.

(Beifall bei der PDS)

Die Bürgerinnen und Bürger in der Region wollen, dass auch ihr Landesparlament, der Landtag Brandenburg, die Inbetriebnahme des Luft-Boden-Schießplatzes ablehnt, wie es der Landtag von Mecklenburg-Vorpommern tut. Sie haben kein Verständnis für kleingeistigen Parteienstreit.

Ich fand die Schlagzeilen der letzten Woche schon Klasse. „Wirtschaftsminister setzt auf Touristen statt auf Tiefflieger“, war zum Beispiel zu lesen. „Na, endlich“, sagen viele Menschen in der Region dazu, „das hat ja auch lange genug gedauert.“ Eine weitere Schlagzeile lautete: „Schönbohm tritt Rückzug an - CDU-Chef glaubt nicht mehr ans Bombodrom.“ Dabei ist der Innenminister in dieser Frage eher ein Getriebener als ein Treibender; denn dem Ex-General verweigern immer mehr CDU-Mitglieder die Gefolgschaft.

(Lachen bei CDU und SPD)

Die Entwicklung der letzten Woche ist schon spannend. Erst am vergangenen Samstag demonstrierten in Neuruppin 10 000 Menschen gegen den Übungsplatz. Dass der Ministerpräsident auf dieser Demonstration erklärt hat, er stehe als Ministerpräsident für eine zivile Nutzung dieser Region, war längst überfällig. Vielleicht hört es jetzt endlich auch in anderen Bereichen in Brandenburg auf, dass der Schwanz ständig mit dem Hund wackelt.

(Beifall bei der PDS)

Ich möchte festhalten: Im Vorfeld der Landtagswahl deutet sich ein Kurswechsel der Brandenburger SPD- und CDUFührung an. Nunmehr wird endlich auch im Brandenburger Landtag die militärische Nutzung der Kyritz-Ruppiner Heide abgelehnt. Wir begrüßen das ausdrücklich. Eine Ablehnung des Luft-Boden-Schießplatzes durch den Brandenburger Landtag könnte das endgültige Aus für die Bundeswehrpläne befördern. Der jetzige Meinungsumschwung in der Koalition ist wesentlich dem Engagement der Bürgerinitiativen FREIeHEIDe, Freier Himmel und Pro Heide geschuldet. Ich danke im Namen der PDS-Fraktion allen Mitstreiterinnen und Mitstreitern für den langen Atem, den sie aufgebracht haben.

(Beifall bei der PDS)

Die Bürgerinitiativen fordern von der Landespolitik zu Recht eine klare Positionierung vor der Landtagswahl am 19. September.

Wählerwille bewirkt offenbar Wunder. Nachdem es die Koalition von SPD und CDU in den letzten Jahren rundweg abgelehnt hat, sich im Landtag gegen die Inbetriebnahme des LuftBoden-Schießplatzes in der Kyritz-Ruppiner Heide auszusprechen, liegt nun ein völlig entgegengesetzter Antrag vor. Es ist nicht meine Absicht und auch nicht mein Anliegen, die Motive des Sinneswandels bei SPD und CDU intensiver zu hinterfragen. Die Wählerinnen und Wähler in Brandenburg werden dies völlig selbstständig zu werten wissen. Bei einigen Kollegen ist der Sinneswandel so kurz vor der Wahl überraschend. Respekt möchte ich aber auch den Kolleginnen und Kollegen zollen, die sich nicht einer obskuren Koalitionsdisziplin gebeugt haben.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich möchte in diesem Zusammenhang aber doch noch einmal darauf aufmerksam machen, dass für die PDS immer ein ausschlaggebendes Motiv war zu verhindern, dass in Brandenburg geübt wird, was in anderen Teilen der Welt blutige Realität werden kann. Dies ist neben der Achtung des Bürgerwillens, den Problemen der wirtschaftlichen Entwicklung in der Region und der Notwendigkeit des Naturschutzes eines unserer Hauptmotive. Dabei wird es bleiben, auch nach dem 19. September.

(Beifall bei der PDS)

Das Nein zum Bombodrom heute hier im Landtag ist von bundesweiter Bedeutung. Es ist ein Signal der Hoffnung für die Region, für Brandenburg und für die außerparlamentarische Bewegung in Deutschland und in Europa. Massives Engagement und der Druck von Bewegungen können Politik verändern. Das macht Mut.

Nun zum PDS-Antrag. Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen, wie wenig verlässlich Ihre Position zum Bombodrom ist. Die Landes-SPD hat eine Kehrtwende von der Kehrtwende vollzogen. Der CDU-Generalsekretär teilt über die Medien mit, statt die Never-ending-Story fortzuschreiben, sollte lieber ein Schlussstrich gezogen werden. Ich hoffe und wünsche nur allzu sehr, dass die jetzige Position nicht nur der Landtagswahl geschuldet ist. Ich finde, dass Ihr Antrag halbherzig formuliert ist und ihm etwas Konsequenz fehlt. Deshalb der PDS-Antrag.

Die Skepsis, die hier und dort herrscht, teile ich. Ich finde, Sie sollten sich keine Hintertür offen lassen, durch die Sie dann nach der Landtagswahl wieder Ihre Position verlassen können. Ich werbe an dieser Stelle ausdrücklich für unseren Antrag.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, die Bürgerinnen und Bürger erwarten von uns, dass sich der Landtag - erstens - endlich klar und eindeutig für die zivile Nutzung der Kyritz-Ruppiner Heide ausspricht und den Planungen des Bundesverteidigungsministeriums eine deutliche Absage erteilt. Die anhängigen juristischen Verfahren können das Problem aus meiner Sicht nicht lösen. Glaubt man den Juristen auf beiden Seiten, stehen weitere acht bis zehn Jahre ins Haus. Das bedeutet Stillstand und Behinderung wichtiger Investitionen für die Region auf Jahre hinaus. Ich sage ganz deutlich: Politische Probleme brauchen eine politische Lösung und müssen politisch geklärt werden.

Zweitens: Der Landtag muss die Landesregierung beauftragen, sich im Interesse des Landes und der betroffenen Kommunen gegenüber der rot-grünen Bundesregierung mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln nachdrücklich gegen die Inbetriebnahme des Bombodroms einzusetzen. Fast alle Gemeinden haben ihre ablehnende Haltung gegenüber einer militärischen Nutzung deutlich zum Ausdruck gebracht. Ich fordere die Berücksichtigung dieser Stellungnahmen.

Drittens: Der Landtag muss die Landesregierung auffordern, die Zusammenarbeit mit der rot-roten Regierung in Mecklenburg-Vorpommern zu suchen, um die Inbetriebnahme des LuftBoden-Schießplatzes gemeinsam zu verhindern.

Viertens muss der Landtag die Landesregierung beauftragen, in Zusammenarbeit mit dem Land Mecklenburg-Vorpommern, mit den Landkreisen und den betroffenen Kommunen ein regionales Entwicklungskonzept zu erarbeiten; denn es geht um die wirtschaftliche Entwicklung dieser Region. Sie hat schon zu viel Zeit verloren. Daran tragen Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, Mitverantwortung. Sie sind also sozusagen in der Pflicht, etwas Schuld abzutragen. Nicht nur die PDS-Fraktion erwartet von der Koalition und natürlich von der Landesregierung abrechenbare Aktivitäten und deutliche Worte in Richtung Berlin.

Vielleicht gelingt uns heute ja etwas, was uns in den letzten fünf Jahren nicht gelungen ist, nämlich mehr als eine Verständigung auf den kleinsten gemeinsamen Nenner. - Danke sehr.

(Beifall bei der PDS)

Das Wort erhält die CDU-Fraktion. Für sie spricht der Abgeordnete Dombrowski.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Koalitionsfraktionen legen Ihnen heute einen Antrag vor, in dem in Bewertung der Entwicklung des Truppenübungsplatzes und des jetzigen unbefriedigenden Standes empfohlen wird, von einer militärischen Nutzung des Truppenübungsplatzes abzusehen. „Warum jetzt dieser Antrag und warum wird ein solcher Antrag auch von der CDU-Fraktion getragen?“ wird der eine oder andere vielleicht fragen.

(Zurufe von der PDS: Ja!)

Der Kollege Klein hat es schon getan. Kollege Klein, seien Sie versichert, die Konvertierten sind meist die Härtesten.

(Beifall bei der PDS)

Vorab eine Anmerkung zur Situation in meinem Wahlkreis Neustadt (Dosse)/Rathenow. - Meine Damen und Herren von der PDS, Sie können ruhig eine Zwischenfrage stellen, das geht nicht von meiner Redezeit ab. - Bei der Öffnung meines Wahlkreisbüros Neustadt (Dosse) am 11. März bin ich von der Presse bedrängt worden, mich zum Truppenübungsplatz, auch Bombodrom genannt, zu äußern. Ich habe erklärt, dass ich mich beim Wirtschaftsminister und beim Innenminister des Landes über aktuelle Entwicklungen sachkundig machen wer

de, um mich dann in der übernächsten Woche, also in dieser Woche, abschließend und verbindlich zu äußern. Das will ich heute tun. Ich freue mich, dass ich das auch für meine Fraktion tun darf.

Deshalb, meine Damen und Herren: Die CDU-Fraktion im Landtag Brandenburg erklärt sich uneingeschränkt solidarisch mit den Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr bei der Erfüllung ihres verfassungsgemäßen Auftrages.