Protocol of the Session on March 31, 2004

Lassen Sie mich zu Beginn gleich ganz klar sagen: Den Menschen in der Region reicht es und sie haben völlig Recht. Im Streit um den Luft-Boden-Schießplatz in der Kyritz-Ruppiner Heide, das so genannte Bombodrom, kann es von der Landespolitik nur eine Antwort geben: Wir sagen Nein zum Bombodrom. Die Zukunft der Heide liegt in ihrer friedlichen Nutzung.

Wir reden hier über eine Region, die jahrzehntelang mit dem Militär gelebt hat, richtiger gesagt: leben musste; denn die Menschen wurden nie gefragt. Von Anfang an hat die Region die militärische Nutzung des Areals als Fluch empfunden. Das fängt bei den willkürlichen Enteignungen an, durch die der Übungsplatz nach dem Zweiten Weltkrieg in einer Nacht-undNebel-Aktion zusammengeschustert wurde. In der jahrzehntelangen Nutzung bis Anfang der 90er Jahre wurde keinerlei Rücksicht auf die Bewohner der Region genommen. Sie hatten alle Belastungen zu ertragen, die mit einer solchen Nutzung zusammenhängen: Lärm, Umweltverschmutzung, Gefährdung durch den militärischen Betrieb usw. Damit sollte nach der Wende endlich Schluss sein - ein Funken Hoffnung für die geschundene Region.

(Ach ja! und vereinzelt Beifall bei der PDS)

Genug sollte genug sein. Aber die Hoffnungen wurden bitter enttäuscht.

(Zuruf von der PDS: Von wem?)

Der Absage an die Fortführung der Nutzung ehemaliger sowjetischer Übungsplätze folgte die abrupte Kehrtwende. Damals hieß der Bundeskanzler Helmut Kohl.

(Heiterkeit)

Doch jetzt ist es an der Zeit, dieses Kapitel endgültig abzuschließen. Es gibt nur ein Ja oder Nein und wir sagen Nein.

Seit dem Abzug der Roten Armee herrscht Ruhe in der Heide. Das ist vor allem auch jenen engagierten Bürgerinnen und Bürgern zu verdanken, die sich in Bürgerinitiativen wie der FREIenHEIDe und zuletzt Pro Heide organisiert haben. Mein herzlicher Dank gilt an dieser Stelle allen Aktivisten, die sich

im Rahmen dieser Initiativen von Anfang an für eine friedliche Nutzung der Heide stark gemacht haben.

(Jawohl! und Beifall bei der PDS)

Ihnen allen sage ich: Sie haben Recht gehabt und sie werden Recht bekommen. - Sie von der PDS-Fraktion werden nachher noch etwas hören. Es wird Ihnen nicht so gut schmecken, wie Sie es jetzt gerade ertragen.

(Zurufe von der PDS)

Wir Sozialdemokraten wollen, dass sich alle demokratischen Fraktionen in diesem Landtag in ihrem berechtigten Kampf um eine friedliche Perspektive für die Region an ihre Seite stellen und klar und eindeutig Flagge zeigen. Dazu hat heute jeder Abgeordnete Gelegenheit. Die Koalitionsfraktionen haben namentliche Abstimmung beantragt.

(Zuruf von der PDS: Donnerwetter! Bravo!)

Ich bin fest davon überzeugt, dass der lange Kampf gegen das Bombodrom am Ende nicht nur ein Beispiel dafür geben wird, dass Bürgerinitiativen notwendig sind, sondern dass sie auch Erfolg haben können. Das wünsche ich der Region von ganzem Herzen. Wir wollen alles dafür tun, dass dieses Ziel erreicht wird. Dafür stehen wir ein. Daran lassen wir uns messen. Nein zum Bombodrom - ohne doppelten Boden und ohne jedes Hintertürchen.

(Unruhe bei der PDS)

Von Anfang an stand die Brandenburger SPD dabei an der Seite der Gegner des Bombodroms.

(Unruhe bei der PDS)

- Sie können das alles in Landtagsanträgen sowie in Protokollen über Landtagsdebatten und Parteitagsbeschlüsse nachlesen.

(Große Unruhe bei der PDS)

Ich sage das hier so deutlich, weil der eine oder andere versucht, einen anderen Eindruck zu erwecken, und zwar dahin gehend, als sei das Engagement der Brandenburger SPD für die friedliche Nutzung der Kyritz-Ruppiner Heide in der letzten Zeit völlig neu und stelle eine Kehrtwende dar.

(Heiterkeit bei der PDS)

Das ist schlicht die Unwahrheit. Davon kann überhaupt keine Rede sein. Unsere Position war immer klar. Andere haben ihre Haltung geändert. Das sind die Tatsachen.

Damit wir uns nicht falsch verstehen: Der Widerstand gegen das Bombodrom kann nicht stark genug sein. Ich freue mich über jeden Mitstreiter. Sie alle setzen sich für eine gute Sache ein, auch die Spätbekehrten von der Brandenburger CDU, die ihre alten Positionen erst vor kurzem mit fliegenden Fahnen aufgegeben haben.

(Heiterkeit bei der PDS)

Wenn es der Region nützt und zur Klarstellung der Position

Brandenburgs beiträgt, was der Fall ist, dann ist gegen einen solchen Stellungswechsel überhaupt nichts einzuwenden. Es ist keine Schande, unhaltbare Stellungen aufzugeben.

(Zurufe von der PDS)

Es hat aber lange gedauert, bis die Einsicht gereift ist. Darauf wird man wohl noch hinweisen dürfen. Spät kommen sie, doch sie kommen - darauf kommt es schließlich an.

In diesem Sinne möchte ich den richtigen und längst überfälligen Kurswechsel der märkischen CDU ohne Vorbehalte anerkennen. Sie hat sich richtig entschieden, wobei sie dies im Interesse Brandenburgs schon längst hätte tun müssen. Manche unerquickliche Situation hier im Landtag wäre uns dann erspart geblieben.

(Heiterkeit und Beifall bei der PDS)

Ich sage das auch aus persönlicher Betroffenheit heraus. Sie wissen, dass ich im letzten Jahr einem PDS-Antrag gegen das Bombodrom meine Zustimmung verweigert habe.

(Zuruf von der PDS: Ach so!)

Ich gestehe freimütig, dass ich diese Entscheidung ganz bestimmt nicht zu den persönlichen Highlights meiner parlamentarischen Tätigkeit zähle, ganz bestimmt nicht! Ich habe damals aus einem einzigen Grund gegen meine Überzeugung stimmen müssen, und zwar deshalb, weil es damals nicht möglich war, sich in der Koalition auf eine klare Absage an das Bombodrom zu einigen. Eine solche Einigung scheiterte damals einzig und allein an der CDU und nicht etwa an der mangelnden Klarheit der Position der SPD.

(Lachen bei der PDS)

Ich habe mir mit meinem damaligen Stimmverhalten weiß Gott viel Ärger eingehandelt. Deshalb nehme ich mir auch das Recht heraus, zu sagen, wie es damals wirklich war. Auch diesen Ärger hätten wir uns und hätte ich mir ganz persönlich ersparen können, wenn die CDU schon früher anders gehandelt hätte.

(Zurufe von der CDU)

Die PDS-Fraktion in diesem Landtag gehört nicht zu den Spätbekehrten der letzten Stunde. Sie hat zum Bombodrom immer eine klare Position vertreten, die unserer Auffassung als SPD entsprach. Das will ich hier ausdrücklich anerkennen. Da Sie nicht davon lassen können, meiner Partei in Sachen Bombodrom unzutreffenderweise Inkonsequenz und Wankelmütigkeit zu unterstellen, möchte ich hierzu aber noch eine Nebenbemerkung machen: Ihr begrüßenswertes Engagement gegen das Bombodrom hätte an Legitimität und Glaubwürdigkeit noch zusätzlich gewinnen können, wenn es in den 40 Jahren der exzessiven Nutzung des Übungsplatzes durch die Rote Armee auch nur ein einziges kritisches Wort vonseiten Ihrer Vorgängerpartei dazu gegeben hätte.

(Beifall bei SPD und CDU - Zurufe von der PDS)

Das hat es aber nie gegeben. Nie hat ein SED-Generalsekretär

in Moskau interveniert mit dem Ziel, die unerträglichen Belastungen der Bürger zu lindern.

(Zurufe von der PDS)

Niemals hat sich ein SED-Wirtschaftssekretär, der heute Bürgermeister von Neuruppin ist, bei den damaligen Freunden darüber beschwert, dass die Menschen bei dem unerträglichen Lärm auch nachts keine Ruhe finden.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich schätze und anerkenne das Engagement der PDS-Politiker im Lande und vor Ort - daran will ich überhaupt keinen Zweifel aufkommen lassen -, aber dieser kurze Hinweis auf die Vergangenheit sei mir gestattet.

Der Landtag wird heute ein deutliches Signal aussenden: Nein zum Bombodrom, ja zu einer friedlichen Zukunft in der Region Ostprignitz-Ruppin. Selbstverständlich werden wir dem Antrag der Koalitionsfraktionen, in dem das in klaren Worten gefordert wird, zustimmen. Ich fände es sinnvoll, wenn dieses deutliche Signal nicht dadurch verwischt würde, dass wir uns über Punkt und Komma in den zwei verschiedenen Anträgen, in denen jedoch das völlig gleiche Ziel verfolgt wird, streiten müssten. Wenn ich die Kollegen der PDS-Fraktion richtig verstanden habe, dann wollen sie mit ihrem eigenen Antrag auf Nummer sicher gehen, weil sie dem Frieden in der Koalition offenbar nicht trauen.

(Genau! bei der PDS)

Das nehme ich der Opposition nicht übel, aber diese Zweifel sind unbegründet. Lassen Sie uns heute parteiübergreifend Gemeinsamkeit demonstrieren. Ich fände es sinnvoll, wenn Sie über die Notwendigkeit Ihres Antrags noch einmal nachdächten, bevor der Antrag der Koalition, der übrigens trotz seiner Kürze der eindeutigere ist, hier zur Abstimmung steht.

Die klare Haltung des Landtags ist jedoch nicht alles. Wir werden in dieser Frage auch in einen Konflikt mit der Bundesregierung treten müssen. Das wissen wir. Wir scheuen diese Auseinandersetzung aber nicht.

Der Weg zu einer friedlichen Perspektive kann letztlich nur mit politischen Mitteln freigemacht werden. Dazu wollen wir alle geeigneten politischen Hebel in Bewegung setzen.