Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich könnte eigentlich wörtlich meine Rede zur 1. Le
sung zum Hochschulgesetz wiederholen; denn erstens haben Sie nichts geändert und zweitens wurden unsere Auffassungen seitens der Angehörten entweder vollständig oder zum überwiegenden Teil bestätigt. Dabei meine ich gar nicht so sehr die Regelungen, die wir aus dem Bundesrecht zu übernehmen haben; die kann ich gut oder schlecht finden, die müssen wir übernehmen. Ich meine auch nicht die Regelungen, von denen es auch eine ganze Menge gibt, zu denen wir der gleichen Auffassung sind, die also vollkommen unstrittig sind. Ich rede von den Regelungen, die Sie - entschuldigen Sie das Wort - aus ideologischen Gründen einführen wollten. Mit Fug und Recht kann ich bei meiner Einschätzung aus der 1. Lesung und von der Aktuellen Stunde von vorhin bleiben: Sie haben sich von der humboldtschen Idee einer Hochschule als einer Gemeinschaft von Lehrenden und Lernenden verabschiedet.
Selbstverständlich werde ich nicht meine Rede wiederholen, sondern ich konzentriere mich auf die Begründung der Anträge, die wir Ihnen jetzt noch einmal vorgelegt haben.
Der erste Antrag bezieht sich auf die Frage: Wem sind die Gesamtlehrberichte der Hochschule zu überreichen, wie bisher dem Landeshochschulrat oder, wie jetzt vorgeschlagen, der Landesregierung, also dem Ministerium? In der erwähnten Anhörung plädierten ausnahmslos alle Seiten für die Beibehaltung der bisherigen Regelung, also dafür, es nicht dem Ministerium zu übergeben.
Der zweite Antrag beabsichtigt, die bereits mit der vorhergehenden Novellierung wieder eingeführten Semesterrückmeldegebühren zurückzunehmen. Diese Gebühren sind unsozial und ungerecht; denn sie belasten weniger Verdienende weit mehr als die, die sich das besser leisten können. Außerdem finde ich, Sie haben kein moralisches Recht; da wiederhole ich mich durchaus. Wenn Sie nämlich die Hausaufgaben machen würden, wenn Sie den Hochschulen ausreichend Geld zur Verfügung stellen würden, wie es alle anderen Bundesländer tun, dann hätten wir überhaupt keine Veranlassung, über Semesterrückmeldegebühren zu reden.
Da Sie neuerdings so gern nach Berlin zeigen, will ich diejenigen, die nicht so sehr in der Materie stecken, darauf hinweisen, dass die Studienkonten, über die gerade in Berlin diskutiert wird, nur sehr wenig mit Semesterrückmeldegebühren zu tun haben. Über Studienkonten kann und muss man diskutieren. Da habe ich eine eigene Auffassung. Aber Studienkonten zielen ganz eindeutig auf Langzeitstudierende, während Ihre Semesterrückmeldegebühren alle Studierenden vom ersten Tag an belasten.
Mit dem dritten Antrag wollen wir das politische Mandat der Studierendenschaft ausdehnen. Wir schlagen dieselbe Regelung vor, die es in Berlin gibt. Schauen Sie auf diese Stadt, dann können Sie sehen, dass mit dem politischen Mandat der Studierenden nicht gleich die Welt untergeht!
Mit dem vierten Antrag werden die Unterschiede zwischen der Landesregierung und der Koalition auf der einen Seite und uns auf der anderen Seite besonders deutlich. Wir sind uns gerade noch einig, dass wir für die Hochschulen neue Leitungsstrukturen gut brauchen könnten und dass dazu eine Experimentierklausel ein Weg sein könnte. Aber während wir die ganze
Hochschule oder wenigstens die gewählten Gremien in die Entscheidung einbeziehen wollen, wollen Sie - ich habe es in der Aktuellen Stunde schon gesagt - das zu einer Sache von zwei Leuten machen. Wenn Sie, Frau Ministerin, sagen, Eliteuniversitäten erzwingen die Einzelleitung, so sage ich Ihnen, ich will keine Elite ohne Demokratie.
Darüber hinaus bezweifle ich entschieden, dass das geht, was Sie vorhin gesagt haben, Elite und die Breite gleichzeitig zu fördern. Sie können der einen nur geben, was Sie entweder der anderen vorenthalten oder sogar wegnehmen. Außerdem: Welche Elite meinen Sie eigentlich? Die, die einfach mystisch starr ist und die man dann sozusagen in der Förderung hochhebt, oder eine Elite, die durch Förderung entsteht? Das ist durchaus ein Unterschied.
Im Übrigen halte ich es für eine Verschleierungsaktion, wenn Elite mit Leistung gleichgesetzt wird, was man schon rein semantisch sehen kann.
Elite ist ein Verhältnisbegriff. Man ist es im Vergleich zu anderen. Leistung ist ein absoluter Begriff. Man erbringt die Leistung oder man erbringt sie nicht. Früher wussten Sozialdemokraten das, heute sind sie eine moderne Partei.
Lassen Sie mich abschließend noch eine Bemerkung zur Frage der Verbeamtung machen. Vor allen Dingen Sie, meine Damen und Herren von der SPD, wollten das endlich anders machen. Nachdem Sie 13 Jahre lang wie wild drauflos verbeamtet haben, anders, als wir das vorgeschlagen hatten, fällt Ihnen jetzt plötzlich ein, dass das vielleicht nicht der richtige Weg ist. Sie proben den Aufstand gegen die CDU, Sie starten als Tiger, verzögern mutig die Verabschiedung des Gesetzes und landen anschließend als Bettvorleger.
Was wäre denn eigentlich passiert, wenn das Gesetz verabschiedet worden wäre? Ihnen nichts, den Hochschulen nichts, allenfalls der CDU etwas. Sie hatten alle Trümpfe in der Hand und trauten sich nicht, sie auszuspielen.
Die PDS lehnt diese Novelle ab und empfiehlt Ihnen, sie ebenfalls abzulehnen. Diese Novelle wird in den von mir kritisierten Teilen weder den Hochschulen noch den Ansprüchen der Wissensgesellschaft gerecht.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der vergangenen Legislaturperiode hat die SPD ein Hochschulgesetz beschlos
sen, das sich bis heute sehr gut bewährt hat. Die Autonomie der Hochschulen wurde gestärkt und unsere Hochschulen erhielten den Rahmen, innerhalb dessen sie Strukturen, Studiengänge und Forschungsaktivitäten entwickeln und reformieren konnten.
Bundesgesetzliche Vorgaben haben nun eine Novellierung des Brandenburgischen Hochschulgesetzes erforderlich gemacht. Schon während der 1. Lesung im August vergangenen Jahres wurde für die Sozialdemokraten klar: Der ganz große Wurf ist mit diesem Gesetz noch nicht gelungen; denn immerhin besteht noch Regelungsbedarf bei der Umsetzung bundesrechtlicher Rahmenvorgaben im Hochschulbereich. Ich nenne nur das Professorenbesoldungsreformgesetz - ein schrecklicher Name -, das die Einführung von Leistungsbezügen und der Gehaltskategorie W wie Wissenschaft für Professoren vorsieht, und das Sechste Gesetz zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes, das ebenfalls noch in brandenburgisches Landesrecht gegossen werden muss. Immerhin, so habe ich vernommen, hat das Professorenbesoldungsreformgesetz gestern die Kabinettshürde genommen. Ich hoffe, dass die Zeit noch reichen wird, es bis zur Sommerpause zu verabschieden.
Vor über zwei Jahren ist das Fünfte Gesetz zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes in Kraft getreten, mit dem die Struktur des hauptamtlichen Personals an den Hochschulen grundlegend umgestaltet wurde. Die wohl wichtigste Neuerung ist die Einführung der Juniorprofessur als Regelqualifikation für eine Professur an einer Universität. Abgeschnitten wird damit ein alter Zopf deutscher Ordinarienherrlichkeit, die Habilitation. International ist Habilitation ohnehin unerheblich.
Die Juniorprofessur wird jetzt auch im Brandenburgischen Hochschulgesetz geregelt, gleichfalls die Lockerung des Hausberufungsverbots, die Abschaffung der Personalkategorien Assistenten, Oberingenieure und Hochschuldozenten sowie die Neugestaltung der dienstrechtlichen Stellung der wissenschaftlichen und künstlerischen Mitarbeiter.
Darüber hinaus wird mit dem vorliegenden Gesetz im § 7 die Lehrevaluation neu geregelt, aber gleichzeitig die Bedeutung des Landeshochschulrates relativiert. Dazu haben wir schon in der 1. Lesung unsere Haltung dargelegt.
Durch den neuen § 81 a wird die staatliche Anerkennung von Betriebsakademien bestimmt, deren Dringlichkeit uns ebenfalls bis heute nicht einsichtig ist.
Ein Schritt in die richtige Richtung ist der neue Absatz 5 im § 25, durch den die Hochschulen die Möglichkeit erhalten, über Eignungsfeststellungsprüfungen Studienbewerber auszuwählen. Ich bin gespannt, in welchem Umfang die Hochschulen von dieser Möglichkeit Gebrauch machen werden. Um die Studienabbrecherquote zu senken und schulische Defizite auszugleichen, bedarf es allerdings zusätzlicher Förderungsangebote und der intensiven Betreuung der Studierenden.
Meine Damen und Herren, bevor ich Ihnen die Annahme des Gesetzes empfehle, möchte ich noch auf einen Punkt eingehen, der zum offenen Streit in der Koalition geführt hat - Herr Trunschke hat das hier schon genüsslich dargelegt -, nämlich die Verbeamtung oder Nichtverbeamtung von Professoren. Das war ja die Frage. Sowohl im Hochschulrahmengesetz als auch im vorliegenden Gesetzentwurf stehen beide Möglichkeiten zur Auswahl, leider nur auf dem Papier. In der Praxis werden Professoren verbeamtet.
Wir alle wissen, dass Beamte den Arbeitgeber während ihrer aktiven Zeit finanziell günstiger kommen. Künftige Landeshaushalte werden jedoch durch anfallende Beamtenpensionen nachhaltig belastet. Beamte zahlen weder in die Rentenkasse noch Beiträge zur Arbeitslosenversicherung. Da sie in der Regel privat krankenversichert sind, müssen sie auch keine Beiträge an die gesetzlichen Krankenkassen entrichten. Ich glaube, ich brauche an dieser Stelle nicht weiter über die Finanznöte der Sozialkassen oder über die von allen Seiten geforderte Senkung der Lohnnebenkosten zu reden.
Müssen Professoren Beamte sein? Die SPD-Fraktion hat sich dazu klar und eindeutig positioniert und sagt Nein - und nicht nur die SPD-Fraktion, sondern der Landtag zur Gänze, wenn Sie sich daran erinnern mögen. Ich erinnere Sie daran, dass wir vor nicht einmal drei Monaten in diesem Raum ohne Gegenstimmen einen Beschluss zum Haushaltsgesetz gefasst haben, nach dem im Land Brandenburg Verbeamtungen nur vorgenommen werden sollen, wenn das Bundesrecht dies ausdrücklich vorsieht.
Weder das Grundgesetz Artikel 5 Abs. 3 noch das Hochschulrahmengesetz in den §§ 46 und 48 machen hierzu zwingende Vorgaben. Im Streit in der Koalition hat, wie wir alle wissen, der Koalitionsvertrag entschieden. Natürlich ist das Argument vom Standortnachteil nicht von der Hand zu weisen und das Problem soll auch nicht im brandenburgischen Alleingang gelöst werden. Aber wir sollten nicht so tun, als ob mit dem Wegfall des Beamtenstatus eine Professorenflucht aus Brandenburg das Land in geistige Armut stürzen würde.
Ich glaube, für einen engagierten Wissenschaftler sind die Forschungsmöglichkeiten, die ihm eine Hochschule bietet, allemal wichtiger als der Beamtenstatus. Professoren, die den Beamtenstatus höher werten als ihre Aufgabe, sind mit Sicherheit keine Bereicherung für Brandenburg.
Auch der Wissenschaftsrat fordert einen einheitlichen Personalstatus für alle Mitarbeiter von Wissenschaftseinrichtungen und stellt klar, dass es keine zwingenden Gründe für die Verbeamtung gibt. Das letzte Wort hierzu ist noch nicht gesprochen. Wir werden hier seitens der SPD-Fraktion einen weiteren Vorstoß wagen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für uns als DVUFraktion haben Bildung, Wissenschaft und Forschung oberste Priorität. Die Hochschulen des Landes Brandenburg spielen eine entscheidende Rolle für die Zukunftsfähigkeit des Landes. Die Brandenburger Hochschulen müssen national und international wettbewerbsfähig sein. Sie müssen in die Lage versetzt werden, die besten Köpfe für Forschung und Lehre zu gewinnen und auf Dauer an sich zu binden. Dem wissenschaftlichen Nachwuchs müssen attraktive berufliche Perspektiven geboten werden. Er soll früher als bisher eigenverantwortlich forschen und lehren können. Akademiker genießen in der Bevölkerung hohes Ansehen. Sie gestalten und prägen unser Land und unsere Gesellschaft maßgeblich mit. Je besser ihre Ausbildung ist, desto verantwortungsvoller können sie handeln und entscheiden.
Die Hochschulen müssen aufgrund eines schärfer werdenden Konkurrenzkampfes um Arbeitsplätze, bedingt durch die europäische Integration, mit einer Internationalisierung ihrer Lehrund Forschungsvorhaben reagieren, zum Beispiel durch ein abgestimmten Angebot an international anerkannten Abschlüssen, europäisch integrierten Studiengängen und fachspezifischer Fremdsprachenausbildung. Sie müssen dabei durch staatliches Handeln wie auch durch Privatinitiativen unterstützt werden. Nur ein auf die Globalisierung vorbereitetes Bildungswesen kann den deutschen Wohlstand auch weiterhin sichern. Er kann nur auf der Qualität der Ausbildung und dem daraus resultierenden technologischen Vorsprung beruhen.
Die DVU-Fraktion bekennt sich zu Wissenseliten in unserer Gesellschaft. Die Wissenschaft muss in einem gesellschaftlich verantwortbaren Rahmen stehen und darf dabei den Bezug zur Lebenswirklichkeit nicht verlieren. Politische Gängelung sowie ein permanenter Rechtfertigungsdruck der Wissenschaft werden von uns abgelehnt.
Mit dem 2002 in Kraft getretenen Fünften Gesetz zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes soll also die Struktur des hauptamtlichen Personals grundlegend umgestaltet werden. Die Umsetzung in Landesrecht erfolgt nun in der Änderung des Brandenburgischen Hochschulgesetzes. Der neu gefasste § 33 Abs. 1 Satz 1 führt das hauptberufliche Personal auf. Dazu gehören künftig auch die Juniorprofessorinnen und Juniorprofessoren.
Wenn die Regierung ernsthaft darum bemüht sein will, die Leistungsfähigkeit der Hochschulen zu erhöhen und nicht nur einzelne spektakulär erscheinende Fachrichtungen zu privilegieren, muss sie die Existenz- und Arbeitsbedingungen des wissenschaftlichen Nachwuchses entscheidend verbessern. Der mit Aufgaben überbürdete Juniorprofessor wird da keine Entlastung bringen. Als zusätzliche Personalkategorie ist die Juniorprofessur sinnvoll, als flächendeckender Ersatz bewährter Assistenzkultur aber ist sie inakzeptabel. Unsere DVUFraktion befüchtet eine Überforderung durch Lehr- und Prüfungsverpflichtungen, was negative Auswirkungen auf die eigene wissenschaftliche Weiterqualifikation hat. In vielen Fächern hat sich die Habilitation als unverzichtbares Verfahren der Qualitätsfeststellung für den Beruf des Hochschullehrers erwiesen.
Wir als DVU-Fraktion begrüßen es, dass die vorgesehene Abschaffung der Verbeamtung von Hochschulprofessoren als
Brandenburger Alleingang doch noch abgewendet werden konnte. Damit werden erhebliche Wettbewerbsnachteile der Brandenburger Hochschulen verhindert.
Wir unterstützen die Forderung der brandenburgischen Studentenvereinigung nach Änderung von § 30 Abs. 1 a. Auch fordern wir die Streichung der Gebühr für die Immatrikulation und für die Rückmeldung in Höhe von 51 Euro. Diese Gebühr sollte auf die tatsächlichen Kosten begrenzt werden.
Des Weiteren kann unsere DVU-Fraktion der jetzigen Fassung des § 25 Abs. 5 nicht zustimmen. Eine Ausdehnung von Eignungs- und Feststellungsprüfungen auf alle Studiengänge lehnen wir ab. Stattdessen sollte der Ausbau der Beratung für Studienanfänger angestrebt werden. Das Abitur als Hochschulzugangsberechtigung sollte nicht diskreditiert werden.