Uta-Brigitte Müller

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Last Statements

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Trunschke, ich habe überlegt, ob ich angesichts des allgemeinen Desinteresses Ihrer Fraktion zu diesem Antrag überhaupt reden sollte.
Wie Sie sehen, habe ich mich dafür entschieden, zu dem Antrag zu reden. Ich möchte dazu aber nur wenige Bemerkungen machen.
Der Zeitpunkt der Einbringung des Antrags ist aufschlussreich und gibt zu erkennen, dass die PDS-Fraktion an einem Ergebnis nicht wirklich interessiert ist.
Die Fortschreibung der Hochschulplanung ist mit dem Kabinettsbeschluss vom Juni 2001 verabredet worden. Der Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kultur hat sich in dieser Hinsicht zustimmend positioniert. Wenn der Ministerin hier Untätigkeit unterstellt wird, weil sich die Rahmenbedingungen verändert haben, dann ist das gewiss kein seriöser Ansatz. Wir
können also davon ausgehen, dass die Hochschulplanung zu Beginn der neuen Legislaturperiode fortgeschrieben wird, und zwar mit dem nötigen Augenmaß und der gebotenen Realitätsbezogenheit.
Wenn wirklich gravierende Erkenntnisse dafür vorlägen, dass die Entwicklung der Hochschulen, aus welchen subjektiven Gründen auch immer, blockiert wird, dann wäre eine Dringliche Anfrage mit Nennung von Ross und Reiter oder eine rechtzeitige Behandlung im Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kultur angemessener gewesen als dieses durchsichtige Manöver im Vorfeld des Wahlkampfes. Unsere Hochschulen haben es nicht verdient, für den Wahlkampf instrumentalisiert zu werden.
Die SPD-Fraktion lehnt den Antrag ab.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich war doch etwas erstaunt, als ich das von der CDU-Fraktion für die Aktuelle Stunde vorgeschlagene Thema auf der Tagesordnung fand, erstaunt deshalb, weil ich bisher davon ausging, dass es bereits ein tagespolitisches Dauerthema für uns ist und keine Vorlage für Sonntagsreden sein darf. Nicht umsonst haben wir uns im Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kultur auf Antrag der SPD-Mitglieder darauf verständigt, uns regelmäßig mit den Hochschulen und Forschungseinrichtungen zu beraten.
Dessen ungeachtet ist es natürlich immer nützlich, unsere ehr
geizigen Ziele öffentlich zu thematisieren. Eines unserer ehrgeizigsten Ziele ist: Hochschulen auf Innovationskurs. Schließlich geht es ja nicht um die bloße Wiederholung von Worthülsen, sondern, wie im zweiten Satz ausgewiesen, um die Frage: Wo stehen wir, und wie erreichen wir das hoch gesteckte Ziel? Diese Frage haben alle meine Vorredner schon aufgeworfen. Das ist wirklich die Kernfrage, der wir uns zu stellen haben.
Die Position der CDU-Fraktion, vorgetragen von Herrn Dr. Niekisch, habe ich vernommen. Sie ist sehr deutlich geworden. Er ist des Lobes voll für das in unserem Land Erreichte. Man kann auch stolz auf das Erreichte sein, trotz der schwierigen Situation. Im Übrigen sei für alles Unzulängliche die Bundesregierung verantwortlich. Der Wahlkampf lässt grüßen, das muss man sagen. Ansonsten danke ich Herrn Niekisch sehr für die vielen erbaulichen Zitate, die er in seine heutige Rede eingestreut hat.
Die Position der PDS-Fraktion, vorgetragen von Herrn Trunschke, und auch die Vorschläge, die er unterbreitet hat, wollen wir uns dann vornehmen, wenn die Wahlen im Herbst vorüber sind, und dann wollen wir sie auf ihre Umsetzbarkeit hin überprüfen.
Zurück zu der Frage: Wo stehen wir? - Es gibt eine aktuelle Liste der weltweit 500 besten Universitäten...
- Ich habe 15 Minuten Zeit. Wenn Sie sich beruhigt haben, rede ich weiter. - Es gibt eine aktuelle Liste der weltweit 500 besten Universitäten, veröffentlicht von der renommierten Shanghai Jiao Tong University. Die auf zwei Jahre angelegte Studie berücksichtigte die Anzahl der Nobelpreisträger und berühmten Forscher, die Zahl der in internationalen Fachzeitschriften veröffentlichten Artikel sowie die wissenschaftliche Leistung dieser Bildungseinrichtungen. Alle genannten Kriterien wurden gleich gewichtet. Jetzt dürfen Sie raten, ob sich eine brandenburgische Hochschule unter den Weltrekordlern befindet. Leider nicht.
Darüber hinaus hat dieselbe Universität nach den gleichen Kriterien ausschließlich europäische Hochschulen untersucht und eine Rangfolge von 1 bis 100 aufgestellt. - Wieder Fehlanzeige. Das ist bedauerlich; denn ich kann Ihnen versichern, dass Wissenschaftler, aber auch Studenten und potenzielle Studenten das Ranking der Shanghai Jiao Tong University aufmerksam analysieren und ihre künftigen Wirkungsstätten danach auswählen. Das ist umso bedauerlicher, weil gerade der asiatische - und speziell der chinesische - Wirtschaftsraum seit Jahren das größte Wachstum verzeichnet und bereits mittelfristig in seiner Bedeutung für die deutsche Wirtschaft der amerikanischen den Rang abgelaufen haben wird. Aber dürfen wir das etwa den Hochschulen anlasten? - Ich meine, nein. Dazu ist ja auch schon einiges gesagt worden.
Ein weiteres Hochschulranking, das das bertelsmannnahe Zentrum für Hochschulentwicklung - kurz: CHE - zusammen mit der Wochenzeitschrift „Stern“ im vergangenen Jahr erstellt hat, kommt zu folgendem Ergebnis:
Die wissenschaftliche Reputation der Brandenburger Hochschulen ist in den letzten Jahren gestiegen und auch im Urteil der Studierenden werden unsere Hochschulen überwiegend positiv bewertet. Dennoch steht unmissverständlich als klare Aussage, dass sich die ostdeutschen Hochschulen vor allem bei der Studentenbetreuung auf das katastrophale Westniveau hin bewegen. Wörtlich heißt es in der CHE-Studie zum Ländervergleich:
„Zusammenfassend kann man feststellen, dass sich die Studiensituation in den neuen Ländern an die der alten Länder anpasst. Die Studienzeiten verlängern sich und die Studierendenurteile verschlechtern sich.“
Das hat natürlich etwas mit Hochschulfinanzierung zu tun; denn mehr Professoren kosten eben mehr Geld. Eine gute materielle Ausstattung der Hochschulen mit neuer Informationstechnologie und modernen Laboren führt nicht automatisch zum guten und schnellen Studienerfolg. Kleine Seminargruppen und der intensive persönliche Kontakt zwischen Hochschullehrern und den Studierenden scheinen mir der Schlüssel zum Erfolg zu sein.
Ebenfalls nicht zufrieden sein können wir mit dem Grad der Internationalisierung unserer Hochschulen. Ausnahmen bilden die Viadrina mit den vielen polnischen Studierenden und die BTU Cottbus, an der erfreulich viele ausländische Studenten eingeschrieben sind. An manchen Fachhochschulen jedoch sinkt der Anteil der ausländischen Studierenden auf weniger als 2 %. Vielfach reduzieren sich die Auslandskontakte auf gelegentliche Symposien oder Studienfahrten.
Leider finde ich auch in keiner brandenburgischen Studienordnung das obligatorische Auslandssemester. Voraussetzungen dafür sind Seminare und Vorlesungen in anderen Sprachen oder internationale Studiengänge. Hier haben wir noch erheblichen Nachholbedarf. Zwar lassen sich Fremdsprachen und interkulturelle Kompetenz auf vielfältige Weise vermitteln, wirklich gefestigt werden diese Fähigkeiten jedoch nur durch Auslandsaufenthalte, bei denen die Studierenden in den Hochschulbetrieb des entsprechenden Landes integriert werden. Das bietet eine sichere Grundlage für künftige wirtschaftliche und kulturelle Beziehungen.
Aus den bisher aufgelisteten Mängeln müssen wir politische Konsequenzen ziehen und unsere Hochschulen auf dem Weg zur weiteren Internationalisierung zielgenau unterstützen.
Das deutsche Hochschuldiplom ist ein alter Zopf, der international längst abgeschnitten wurde. Es besteht somit für uns die zwingende Notwendigkeit, die Modularisierung der Studienfächer konsequent umzusetzen und die neuen Bachelor- und Masterabschlüsse, wie sie der Bologna-Prozess vorsieht, endlich für alle Studiengänge einzuführen.
Wie schwer sich manche Fachbereiche mit der Modernisierung ihrer Studienordnung tun, zeigt die Reform der Lehrerbildung, die wir unter einem späteren Tagesordnungspunkt noch zu behandeln haben. Obwohl das Hochschulrahmengesetz die Bachelor- und Masterstudiengänge bereits als Regelangebot vorsieht, bedarf es in Brandenburg im Gegensatz zu Berlin wieder einer Erprobungsklausel, um bei der Lehrerausbildung diese Abschlüsse einzuführen. Ich meine - dieser Hinweis muss erlaubt sein -, unser Wissenschaftsministerium hätte die Hochschulen in den vergangenen Jahren noch viel nachdrücklicher
beraten und verpflichten müssen, ihre Studiengänge im Sinne von Bologna zu reformieren. Schließlich haben sich die Kultusminister verpflichtet, bis 2010 vergleichbare Studienabschlüsse innerhalb Europas zu schaffen, wobei der problemlose Studienortwechsel nicht nur möglich, sondern erwünscht ist.
Wir erwarten vom Wissenschaftsministerium einen Bericht zum Stand der Umsetzung des Bologna-Prozesses an Brandenburger Hochschulen und einen Maßnahmenkatalog für den weiteren Reformprozess. Dabei gehen wir davon aus, dass die konkreten Festlegungen der europäischen Bildungsminister vom September 2003 einfließen - einen entsprechenden Antrag werden wir im Wissenschaftsausschuss einbringen -; denn bereits im Jahr 2005 werden von den nunmehr 40 Mitgliedstaaten detaillierte Berichte erwartet.
Um im internationalen Maßstab Schritt halten zu können, muss man an den Stellschrauben der leistungsorientierten Mittelvergabe und Zielvereinbarung tatkräftig nachjustieren. Das darf kein Lippenbekenntnis bleiben, sondern muss sich auch im Haushalt widerspiegeln. Insofern stimme ich meinen Vorrednern zu. Ich bin sicher, unsere Hochschulen werden schon aus gesundem Eigeninteresse mitziehen und sich dem europäischen Wettbewerb stellen. Ich bin da sehr zuversichtlich und möchte an dieser Stelle die großen Anstrengungen unserer Fachhochschulen und Universitäten hervorheben. Sie haben bisher mit knappen Mitteln viel erreicht. Das zeigt, dass sie sich ihrer großen Verantwortung bewusst sind.
Gestatten Sie mir noch einige Anmerkungen zu der Feststellung „Hochschulen auf Innovationskurs“. Ich freue mich, dass auch unser Koalitionspartner das Thema Innovation entdeckt hat, zwar noch in etwas allgemeiner Form, aber immerhin. Innovation heißt unter anderem Erneuerung, Verwirklichung neuer Gedanken in Form von neuen Verfahrenstechniken, von neuen Maschinen, neuen Produkten oder Organisationsformen. Innovation erfordert deshalb eine komplexe Betrachtung der Prozessabläufe, beginnend mit der Grundlagenforschung über die angewandte Forschung, die Industrieforschung bis hin zur Umsetzung in der Praxis und Erschließung neuer Märkte.
Man darf die Brandenburger Hochschulen daher nicht isoliert betrachten, sondern muss das Zusammenwirken von Wissenschaft und Wirtschaft analysieren. Wir müssen uns die Frage stellen, welchen Beitrag unsere Hochschulen leisten können, um mitzuhelfen, der ausgewiesenen Innovationsschwäche der Brandenburger Wirtschaft entgegenzuwirken.
In einer Studie der Bertelsmann-Stiftung, in der die Bundesländer im Standortwettbewerb verglichen werden, wird festgestellt, dass Brandenburg im Zeitraum von 1999 bis 2001 zum wachstumsschwächsten Bundesland abgefallen ist. Auch im Aktivitätsbereich belegt Brandenburg in dieser Periode den vorletzten Platz. Ein wesentlicher Grund für diesen Wachstumseinbruch wird in der Innovationsschwäche der Wirtschaft gesehen. Dieser Studie zufolge hat Brandenburg die niedrigsten Ausgaben für Forschung und Entwicklung pro Einwohner im Vergleich aller Bundesländer. Das korrespondiert mit dem extrem niedrigen Punktwert bei Patentanmeldungen. Auch bei den Hochschulausgaben belegt Brandenburg im Ländervergleich den letzten Platz.
Trotz alledem liefern unsere Hochschulen zum Teil exzellente Ergebnisse. Das bezieht sich auf die Einwerbung von Drittmit
teln, auf die im Wettbewerb mit anderen Hochschulen geförderten Sonderforschungsbereiche, die wissenschaftlichen Preise von Hochschullehrern und Nachwuchswissenschaftlern, um nur einige Beispiele zu nennen. Wir müssen jedoch fragen, wie die Ergebnisse in unserer Wirtschaft wirksam werden können. Mit dieser Frage hat sich auch der Landeshochschulrat befasst. In einer Studie aus dem vergangenen Jahr hat er Empfehlungen ausgesprochen, um die Leistungsfähigkeit unserer Hochschulen zu erhöhen und den Wissens- und Technologietransfer in die Wirtschaft zu verbessern. Ich möchte einige wenige herausgreifen:
Er empfiehlt zum Beispiel die Kooperation von Hochschulen, Forschungseinrichtungen, Wirtschaft und Land im Rahmen des Landesinnovationskonzeptes und verstärkte wechselseitige Abstimmung von Wissenschafts- und Wirtschaftspolitik; die Bildung von Clustern als Basis für eine Vernetzung vor allem mit den kleinen und mittelständischen Unternehmen, in denen die Hochschulen als Kompetenzzentren eine Schlüsselrolle übernehmen sollen; die koordinierte Zusammenarbeit von Brandenburger und Berliner Hochschulen und Forschungseinrichtungen und die Erhöhung der Finanzsumme im Modell der Mittelverteilung für Struktur- und Innovationsziele.
Seit Monaten beschäftigen wir uns im Wissenschaftsausschuss mit dem Thema „Praxiswirksamkeit von Forschung“ und laden zu jeder Sitzung Hochschulen und Forschungseinrichtungen ein.
Wir legen großen Wert darauf, dass sich das Wirtschaftsministerium in diesen Diskussionsprozess einbringt. Zwar finanziert das Wirtschaftsministerium die Technologietransferstellen an unseren Hochschulen, doch ein weitergehendes Engagement beim Aufbau von Netzwerken zwischen den Hochschulen und der Brandenburger Wirtschaft kann ich bisher noch nicht erkennen. Welche Hochschulen hat unser Wirtschaftsminister in den letzten Monaten besucht oder sich vor Ort über das Angebot an Forschungskapazitäten informiert? Wie ist es um die Zusammenarbeit von Wissenschaftsministerium und Wirtschaftsministerium bestellt? Diese Fragen muss man hier einmal so aufwerfen. Sie werden natürlich auch in den verschiedenen Ausschüssen diskutiert und beraten.
Am 6. Januar hat der SPD-Parteivorstand die Weimarer Leitlinien „Innovation“ als Teil der Agenda 2010 beschlossen und damit den Mut zu weitreichenden Reformen bewiesen. Unser Ministerpräsident hat die essenzielle Bedeutung von Bildung, Forschung und Innovation als Fundamente für die weitere Entwicklung Brandenburgs längst erkannt. In seiner Regierungserklärung vom Dezember des vergangenen Jahres machte er nochmals deutlich, worauf es ankommt:
„Bildung und Wissenschaft sind die Voraussetzungen für nachhaltigen Erfolg im globalen Wettbewerb und damit die Grundlage für Wohlstand und Beschäftigung in einer Region.“
Weiter sagte er:
„Innovationen entstehen... in einem arbeitsteiligen Prozess, an dem verschiedene Akteure beteiligt sind: Wissenschaftler, Unternehmen, Finanziers und flankierend... auch der Staat, der... Rahmenbedingungen setzen muss.“
Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen.
Zum Schluss möchte ich noch auf einen wichtigen Punkt im Innovationsprozess hinweisen. Wir brauchen ein modernes Einwanderungsrecht, das allen hoch Qualifizierten gestattet, mitsamt ihren Familien ins Land zu kommen und sich hier eine wissenschaftliche und/oder wirtschaftliche Existenz aufzubauen. Bisher scheitert ein vernünftiges Einwanderungsrecht immer noch an der verheerenden Blockadepolitik der CDU.
Wer wirklich Innovationen will, der darf keine Fremdenängste schüren, sondern muss auch in diesem Punkt Farbe bekennen. Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der vergangenen Legislaturperiode hat die SPD ein Hochschulgesetz beschlos
sen, das sich bis heute sehr gut bewährt hat. Die Autonomie der Hochschulen wurde gestärkt und unsere Hochschulen erhielten den Rahmen, innerhalb dessen sie Strukturen, Studiengänge und Forschungsaktivitäten entwickeln und reformieren konnten.
Bundesgesetzliche Vorgaben haben nun eine Novellierung des Brandenburgischen Hochschulgesetzes erforderlich gemacht. Schon während der 1. Lesung im August vergangenen Jahres wurde für die Sozialdemokraten klar: Der ganz große Wurf ist mit diesem Gesetz noch nicht gelungen; denn immerhin besteht noch Regelungsbedarf bei der Umsetzung bundesrechtlicher Rahmenvorgaben im Hochschulbereich. Ich nenne nur das Professorenbesoldungsreformgesetz - ein schrecklicher Name -, das die Einführung von Leistungsbezügen und der Gehaltskategorie W wie Wissenschaft für Professoren vorsieht, und das Sechste Gesetz zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes, das ebenfalls noch in brandenburgisches Landesrecht gegossen werden muss. Immerhin, so habe ich vernommen, hat das Professorenbesoldungsreformgesetz gestern die Kabinettshürde genommen. Ich hoffe, dass die Zeit noch reichen wird, es bis zur Sommerpause zu verabschieden.
Vor über zwei Jahren ist das Fünfte Gesetz zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes in Kraft getreten, mit dem die Struktur des hauptamtlichen Personals an den Hochschulen grundlegend umgestaltet wurde. Die wohl wichtigste Neuerung ist die Einführung der Juniorprofessur als Regelqualifikation für eine Professur an einer Universität. Abgeschnitten wird damit ein alter Zopf deutscher Ordinarienherrlichkeit, die Habilitation. International ist Habilitation ohnehin unerheblich.
Die Juniorprofessur wird jetzt auch im Brandenburgischen Hochschulgesetz geregelt, gleichfalls die Lockerung des Hausberufungsverbots, die Abschaffung der Personalkategorien Assistenten, Oberingenieure und Hochschuldozenten sowie die Neugestaltung der dienstrechtlichen Stellung der wissenschaftlichen und künstlerischen Mitarbeiter.
Darüber hinaus wird mit dem vorliegenden Gesetz im § 7 die Lehrevaluation neu geregelt, aber gleichzeitig die Bedeutung des Landeshochschulrates relativiert. Dazu haben wir schon in der 1. Lesung unsere Haltung dargelegt.
Durch den neuen § 81 a wird die staatliche Anerkennung von Betriebsakademien bestimmt, deren Dringlichkeit uns ebenfalls bis heute nicht einsichtig ist.
Ein Schritt in die richtige Richtung ist der neue Absatz 5 im § 25, durch den die Hochschulen die Möglichkeit erhalten, über Eignungsfeststellungsprüfungen Studienbewerber auszuwählen. Ich bin gespannt, in welchem Umfang die Hochschulen von dieser Möglichkeit Gebrauch machen werden. Um die Studienabbrecherquote zu senken und schulische Defizite auszugleichen, bedarf es allerdings zusätzlicher Förderungsangebote und der intensiven Betreuung der Studierenden.
Meine Damen und Herren, bevor ich Ihnen die Annahme des Gesetzes empfehle, möchte ich noch auf einen Punkt eingehen, der zum offenen Streit in der Koalition geführt hat - Herr Trunschke hat das hier schon genüsslich dargelegt -, nämlich die Verbeamtung oder Nichtverbeamtung von Professoren. Das war ja die Frage. Sowohl im Hochschulrahmengesetz als auch im vorliegenden Gesetzentwurf stehen beide Möglichkeiten zur Auswahl, leider nur auf dem Papier. In der Praxis werden Professoren verbeamtet.
Wir alle wissen, dass Beamte den Arbeitgeber während ihrer aktiven Zeit finanziell günstiger kommen. Künftige Landeshaushalte werden jedoch durch anfallende Beamtenpensionen nachhaltig belastet. Beamte zahlen weder in die Rentenkasse noch Beiträge zur Arbeitslosenversicherung. Da sie in der Regel privat krankenversichert sind, müssen sie auch keine Beiträge an die gesetzlichen Krankenkassen entrichten. Ich glaube, ich brauche an dieser Stelle nicht weiter über die Finanznöte der Sozialkassen oder über die von allen Seiten geforderte Senkung der Lohnnebenkosten zu reden.
Müssen Professoren Beamte sein? Die SPD-Fraktion hat sich dazu klar und eindeutig positioniert und sagt Nein - und nicht nur die SPD-Fraktion, sondern der Landtag zur Gänze, wenn Sie sich daran erinnern mögen. Ich erinnere Sie daran, dass wir vor nicht einmal drei Monaten in diesem Raum ohne Gegenstimmen einen Beschluss zum Haushaltsgesetz gefasst haben, nach dem im Land Brandenburg Verbeamtungen nur vorgenommen werden sollen, wenn das Bundesrecht dies ausdrücklich vorsieht.
Weder das Grundgesetz Artikel 5 Abs. 3 noch das Hochschulrahmengesetz in den §§ 46 und 48 machen hierzu zwingende Vorgaben. Im Streit in der Koalition hat, wie wir alle wissen, der Koalitionsvertrag entschieden. Natürlich ist das Argument vom Standortnachteil nicht von der Hand zu weisen und das Problem soll auch nicht im brandenburgischen Alleingang gelöst werden. Aber wir sollten nicht so tun, als ob mit dem Wegfall des Beamtenstatus eine Professorenflucht aus Brandenburg das Land in geistige Armut stürzen würde.
Ich glaube, für einen engagierten Wissenschaftler sind die Forschungsmöglichkeiten, die ihm eine Hochschule bietet, allemal wichtiger als der Beamtenstatus. Professoren, die den Beamtenstatus höher werten als ihre Aufgabe, sind mit Sicherheit keine Bereicherung für Brandenburg.
Auch der Wissenschaftsrat fordert einen einheitlichen Personalstatus für alle Mitarbeiter von Wissenschaftseinrichtungen und stellt klar, dass es keine zwingenden Gründe für die Verbeamtung gibt. Das letzte Wort hierzu ist noch nicht gesprochen. Wir werden hier seitens der SPD-Fraktion einen weiteren Vorstoß wagen.
Ich bitte Sie, dieses Gesetz anzunehmen. - Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag „Zur Stabilisierung und Weiterentwicklung der Hochschulen im Land Brandenburg“ vom Mai 2001 fordert die jährliche Berichterstattung. Das ist gut so, denn Bildung und Wissenschaft nehmen im Land Brandenburg einen herausragenden Stellenwert ein. Das ist auch daran zu erkennen, dass trotz der angespannten Haushaltslage weitere Einsparungen im Wissenschaftsbereich verhindert werden konnten.
Meine Damen und Herren, die jährliche Berichterstattung nützt aber nur wenig, wenn nicht alle Bereiche in ihrer Entwicklung
beleuchtet werden. Vier inhaltliche Punkte umfasst der Antrag und mit einiger Enttäuschung muss festgestellt werden, dass hier nur eine Auswahl getroffen wurde, statt umfassend die jährliche Entwicklung darzustellen und fortzuschreiben.
So vermisst die SPD-Fraktion die detaillierte Ausführung zu Punkt 3 des Antrags. Er zielt auf ein engeres Zusammenwirken von Wissenschaft und Wirtschaft und bittet die Landesregierung, die anwendungsbezogene Forschung an den Hochschulen als wichtigen Bestandteil der regionalen Wirtschaftsförderung anzuerkennen. Besonders wichtig dabei sind die Förderung und Pflege intensiver Kooperationsbeziehungen zwischen Hochschulen und Wirtschaftsunternehmen. Die Tatsache, dass nichts dazu berichtet wurde - auch Frau Ministerin hat in ihrem Redebeitrag das Problem nur mit einem Satz gestreift -, muss nun aber nicht bedeuten, dass nichts unternommen wurde. Insofern möchten wir der Landesregierung Gelegenheit geben, über ihre Erfahrungen in diesem Zusammenhang zu berichten. Ich kann hier ankündigen, dass wir die Landesregierung bitten werden, bis zur Oktober-Sitzung des Ausschusses für Wissenschaft, Forschung und Kultur die fehlenden Informationen nachzuliefern. Insbesondere ist die SPD-Fraktion an Antworten zu folgenden Fragen interessiert:
Welche Maßnahmen hat die Landesregierung in den vergangenen zwei Jahren eingeleitet, um die regionale Wirtschaft enger mit den Hochschulen zu verknüpfen? Gibt es entsprechende Änderungen bei Wirtschaftsförderprogrammen? Wie wurden neue Kooperationen zwischen Wirtschaft und Wissenschaft gefördert? Welche Probleme gibt es beim Zusammenwirken von Hochschulen und der Wirtschaft oder bei der Vergabe von Forschungs- und Entwicklungsaufgaben seitens der Wirtschaft an unsere Hochschulen?
In Punkt 2 des Antrags wurde die Abstimmung von Brandenburger Studienangeboten mit Berlin gefordert. In der Einleitung des Berichts erfahren wir auch, dass dies kontinuierlich geschieht. Schade, dass die Zusammenarbeit mit Berlin nicht genutzt wurde, um ein gemeinsames Lehrerbildungsgesetz für beide Länder auf den Weg zu bringen und dadurch die notwendige Kooperation mit Berlin zu vertiefen. Zur Reform der Lehrerbildung wurde in Brandenburg eine Expertengruppe eingesetzt, in der auch ein Vertreter der Berliner Senatsverwaltung mitgewirkt hat. Diese Expertengruppe sollte Empfehlungen für Gespräche mit Berlin über die Möglichkeit einer gemeinsamen Lehrerbildung in beiden Ländern erarbeiten.
Während Berlin kürzlich einen Gesetzentwurf zur Lehrerbildung vorgelegt hat, wird in Brandenburg geprüft und geprüft, derweil die Hochschulen an Förderangeboten für Studierende basteln, um auszugleichen, was an Brandenburger Schulen wegen vieler Umstände - vielleicht auch in der Lehrerbildung nicht klappt.
Erfreut konnten wir zur Kenntnis nehmen, dass inzwischen über 37 000 Studierende an unseren Hochschulen eingeschrieben sind. Die Nachfrage ist ungebrochen, nicht zuletzt wegen neuer, innovativer Studiengänge. Aber das wurde von meinen Vorrednern schon ausgeführt.
Unser Augenmerk richten wir weiterhin auf gute Studienbedingungen. Unser Ziel sind gut ausgebildete Hochschulabsolventen - möglichst in der Regelstudienzeit. Betreuungsrelationen, Ausstattung und Öffnungszeiten von Bibliotheken und Labo
ren, Fremdsprachenangebote und Leistungen der Studentenwerke sind ebenfalls wichtige Voraussetzungen für ein Studium in der Regelstudienzeit. Sie machen die Hochschulen attraktiver, nicht nur für Brandenburger, sondern auch für ausländische Studierende. Deshalb sollte auch niemand bei der Haushaltsaufstellung auf die Idee kommen, in diesen Bereichen Kürzungen vornehmen zu wollen. - Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach der ausführlichen Darstellung von Ministerin Wanka kann mein Redebeitrag sehr kurz sein. Ich möchte zu Beginn meines Beitrages nur die Gelegenheit ergreifen, Herrn Abgeordneten Trunschke zu bitten, auf den Boden der Sachlichkeit zurückzufinden. Ich denke schon, dass vieles erörterungs- und diskutierwürdig ist, dennoch sollten wir die Kirche im Dorf lassen und das, was wirklich wichtig ist, ansprechen.
Meine Damen und Herren, ich möchte noch einmal daran erinnern, dass wir uns schon sehr lange über das so genannte Berichtswesen im Land kritisch ausgetauscht haben. Der Bericht über die Erfahrungen mit dem im Jahre 1999 neu gefassten Brandenburgischen Hochschulgesetz ist ein positives Beispiel. Auf sechs Seiten wurde das Wichtigste zusammengefasst. An der knappen und prägnanten Darstellungsweise sollten sich künftige Berichterstatter wirklich orientieren.
Zum Inhalt: In der letzten Legislaturperiode hat die SPD ein Hochschulgesetz beschlossen, das sich, wie sich heute zeigt, insgesamt sehr gut bewährt hat. Die Autonomie der Hochschulen wurde durch dieses Gesetz gestärkt und unsere Hochschulen erhielten die Basis, von der aus sie die Studienstrukturen reformieren konnten.
Um den Anschluss an das europäische Niveau zu erreichen, reicht die Anzahl der heutigen Bachelor- und Masterstudiengänge natürlich bei weitem nicht aus. Ich erkenne jedoch die Anstrengungen der Hochschulen an, die wirklich neue und zum Teil fachbereichs- und hochschulübergreifende Studienangebote realisiert haben. Dieser Prozess muss fortgeführt und von der Politik begleitet werden.
Eine Institution, die im Gesetz verankert wurde, möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich hervorheben: den Landeshochschulrat. Unter dem Vorsitz von Frau Prof. Evelies Mayer hat der Landeshochschulrat in den vergangenen Jahren hervorragende Arbeit geleistet. Die jüngsten Empfehlungen des Landeshochschulrates zur weiteren Hochschulentwicklung in Brandenburg sind in einem kürzlich erschienenen Bericht nachzulesen. Diese Lektüre möchte ich allen Parlamentariern und Regierungsmitgliedern nahe legen. Vor allem aber möchte ich die Gelegenheit nutzen, um Frau Mayer, die vor kurzem aus diesem Ehrenamt ausgeschieden ist, meinen Dank für ihre engagierte Arbeit auszusprechen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, nun liegt der Gesetzentwurf zur Änderung des Brandenburgischen Hochschulgesetzes mit den geforderten Anpassungen an das bundesdeutsche Rahmengesetz vor. Ich freue mich, dass unser Wissenschaftsministerium und Frau Ministerin Wanka so schnell rea
giert haben. Die Änderungen betreffen im Wesentlichen die Struktur des hauptamtlichen Personals an den Hochschulen. Mit der Einführung der Juniorprofessur als Regelqualifikation für den wissenschaftlichen Nachwuchs wird der Karriereweg der Hochschullehrer verkürzt und eindeutig geregelt. Davon profitieren unsere Universitäten schon heute.
Ein Schritt in die richtige Richtung ist auch der neue Absatz 5 in § 25, durch den die Hochschulen die Möglichkeit erhalten, über Eignungsfeststellungsprüfungen die Studienbewerber auszuwählen. Allerdings äußerte sich der Präsident der TFH Wildau, Prof. Ungvári, skeptisch über die organisatorisch-technische Umsetzbarkeit eines hochschulinternen Ausleseverfahrens für Studienbewerber. Sicherlich stellt ein Ausleseverfahren eine Möglichkeit dar, die Studienabbrecherquote zu senken. Um eventuelle schulische Defizite auszugleichen, bedarf es jedoch zusätzlicher Förderangebote seitens der Hochschulen jedenfalls vorläufig noch.
Eine weitere Neuerung im Hochschulgesetz ist die Experimentierklausel in dem neuen § 5 a, die von den Hochschulen überwiegend begrüßt wird, wie der Stellungnahme der Brandenburgischen Landesrektorenkonferenz zu entnehmen war. Irritationen der Studierendenvertretungen bezüglich der Beschneidung ihrer Mitwirkungsrechte sollten in Gesprächen ausgeräumt werden. Wir plädieren außerdem dafür, ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme zum Gesetzentwurf zu geben.
Erörtert werden muss ebenfalls die Neufassung des § 7, der nach unserer Auffassung die Mitwirkung des Landeshochschulrates einschränkt.
Meine Damen und Herren, eine letzte Anmerkung. Dass die Bestimmungen zur staatlichen Anerkennung von privatrechtlich betriebenen Berufsakademien besonders dringend in das Brandenburger Hochschulgesetz eingefügt werden müssen, leuchtet nicht so recht ein. Einerseits kann ich den Bedarf an privaten Berufsakademien nicht erkennen, andererseits sehe ich auch nicht die finanzkräftigen Betreiber solcher Akademien in Brandenburg. Hinzu kommt, dass es meines Wissens in der Koalition noch gar keine grundsätzliche Verständigung darüber gibt, ob es in Brandenburg überhaupt Berufsakademien, auch privatrechtlich betriebene, geben soll. Übrigens haben auch nicht alle anderen Bundesländer solche Berufsakademien zu bieten.
Einen Hinweis noch und da schließe ich mich Herrn Trunschke an: Sollte nicht wenigstens im Hinblick auf die kritische Finanzausstattung unserer Hochschulen im Gesetz klar und unmissverständlich stehen: „Berufsakademien haben in Brandenburg keinen Anspruch auf staatliche Zuschüsse.“?
Ich möchte die Diskussion an dieser Stelle nicht weiter vertiefen und bitte Sie um die Überweisung des Gesetzentwurfs an den Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kultur.