Protocol of the Session on November 12, 2003

Seit dem 1. Januar dieses Jahres haben wir das neue Mittelverteilungsmodell für die Hochschulen. Zum ersten Mal erhalten die Hochschulen - oder eben nicht – ihre Haushaltsmittel unter anderem dafür, in welchem Maße sie Drittmittel einwerben. Das heißt, es gibt jetzt ein direktes Anreizsystem, das es bisher nicht gab. Ich bin gespannt, welche Wirkung es an den Hochschulen haben wird und in welchem Maße es motiviert, auf diesem Gebiet stärker tätig zu werden.

Wirtschafts- und Wissenschaftsministerium arbeiten naturgemäß im Bereich des Technologietransfers eng zusammen. Wir haben die Transferstellen an den Hochschulen, haben die Patentverwertungsagentur und die Technologie- und Gründerzentren. Die Erfolge kann man nennen; zum Beispiel hat das Land Brandenburg den zweiten Platz nach Sachsen inne, was die Drittmitteleinwerbung, das Finanzvolumen pro Professor, anbetrifft.

Natürlich ist es problematisch, wenn man sich anschaut, wie viele Drittmittel aus der Industrie kommen. Das ist aber nicht nur an die Brandenburger Industrie gebunden, sondern da muss man auch an die Einwerbung in den alten Bundesländern denken. Wir haben Hochschulen, zum Beispiel die TU Cottbus und die Fachhochschule Lausitz, die bei ihrer Drittmitteleinwerbung einen sehr hohen Anteil aus der regionalen Industrie beziehen. Ich habe auch überlegt, ob das beim Mittelverteilungsmodell besonders honoriert werden sollte. Das ist derzeit aber aufgrund der strukturellen Schwäche nicht zu machen. Das wäre ein echter Indikator.

Die Patentverwertungsoffensive, angeregt durch die Bundesregierung über neue gesetzliche Regelungen und eine Anschubfinanzierung, wurde vom Land Brandenburg aufgegriffen. Wirtschafts- und Wissenschaftsministerium haben gemeinsam hier im Land eine Patentverwertungsagentur installiert. Es gab ein Ranking aller Patentverwertungsagenturen der Bundesrepublik. Unsere Agentur hat den vierten Platz belegt - ein sehr gutes Resultat. Das bringt neue Gelder vom Bund und auch eine allerdings degressiv angelegte - Förderung vom Wissenschaftsund vom Wirtschaftsministerium, denn die Agenturen müssen im Laufe der Jahre selbst auf die Beine kommen. Es zeigen sich, wenn man die Zahlen der Patentanmeldungen betrachtet, in der kurzen Zeit bereits deutliche Erfolge. Ich denke, das ist in unser aller Interesse.

Nachdem die positive Entscheidung zu Golm gefallen ist Golm ist als Wissenschaftsstandort weltbekannt, kann man deutlich sagen -, sind wir in der Lage, dort Ausgründungen anzusiedeln und Golm exemplarisch zu einem Innovationsstandort zu entwickeln. Auch die Ausgründungsbilanz ist nicht schlecht. Dabei muss man aber realistisch sein. In der Regel dauert es, wenn jemand die Hochschule verlässt, vier bis fünf Jahre, bis er selbst gründet. Allerdings ist es sehr schwierig, dies statistisch nachzuvollziehen; denn es besteht nicht die Pflicht, das der Hochschule im Nachhinein zu melden. Aber die uns bekannte Zahl von Ausgründungen - über 430 hochwertige Arbeitsplätze in den letzten Jahren - ist eindrucksvoll.

Herr Trunschke, es gibt also - ich habe nur einige Punkte genannt - eine ganze Reihe von Faktoren, die zeigen, dass ein solcher von Ihnen gewünschter Bericht von der Landesregierung mühelos gefüllt werden könnte. Ich bin aber trotzdem für die Beschlussempfehlung, also dafür, keinen solchen Bericht zu erstellen, denn die Informationen, die Sie damit zu erhalten

wünschen, präsentieren wir schon in anderen Unterlagen. Zum Beispiel wurde das Technologiekonzept zum Innovationskonzept weiterentwickelt. Es gibt die regelmäßige Berichterstattung im Landtag zur Entwicklung der Hochschulen. Es gibt natürlich auch die Kleinen und Großen Anfragen. Das heißt, wir haben ein ganzes Spektrum von Berichterstattungen, manchmal sehr zeitnah und kurzfristig. Eine ausufernde Berichterstattung liegt jedoch weder im Interesse der Landesregierung noch im Interesse des Parlaments. Gerade im Bereich der Innovationstätigkeit ist es wichtig, sich eher zu reduzieren und prägnantere Berichte zu erstellen. - Vielen Dank.

(Beifall bei CDU und SPD)

Ich danke auch. - Wir sind am Ende der Rednerliste und ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung. Wer der Empfehlung des Ausschusses für Wissenschaft, Forschung und Kultur folgt, möge die Hand aufheben. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Empfehlung mehrheitlich gefolgt und der Antrag abgelehnt.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 8 und rufe Tagesordnungspunkt 9 auf:

Einbindung des Landes Brandenburg in Abstimmungsprozesse der Länder

Antrag der Fraktion der DVU

Drucksache 3/6729

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der antragstellenden Fraktion. Herr Abgeordneter Nonninger, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn du nicht mehr weiter weißt, dann gründe einen Arbeitskreis aber bitte transparent und nicht am Bürger vorbei! Politikverflechtungen in Deutschland betreffen vor allen Dingen den Bereich der Gemeinschaftsaufgaben des Bundes und der Länder. Die Länderregierungen arbeiten in einer Vielzahl von Koordinierungsrunden, Länderarbeitsgemeinschaften, Arbeitsgemeinschaftsausschüssen, Projektgruppen und ähnlichen Gremien, ohne dass der Bürger davon viel Substanzielles erfährt. Gerade im Bereich der Gemeinschaftsaufgaben des Bundes und der Länder sollen durch solche Gremien Erfahrungen gebündelt werden, die in einem Bundesstaat mit Gewaltenteilung, mit vielgestaltiger Selbstverwaltung, pluralistischer Interessendifferenzierung und politischer Meinungsvielfalt gemacht werden. Speziell in Deutschland spricht man vom so genannten kooperativen Föderalismus. Ein Negativwort dafür ist „Kompromissföderalismus“.

Wir als Interessenvertreter der Bürgerinnen und Bürger des Landes haben einzig und allein, wenn wir die Politikverflechtungen betrachten, die Landesinteressen, das heißt die Interessen unserer Brandenburger Bürgerinnen und Bürger, im Auge. Deshalb frage ich mich, warum die Landesregierung ein solches Geheimnis daraus macht und nicht einmal meine Kleinen Anfragen - Drucksachen 3/6219 und 3/6437 - zu diesem Thema klar und eindeutig beantwortet.

Betrachtet man das System der Politikverflechtungen insbesondere im Bereich der Mischfinanzierungen und der Gemeinschaftsaufgaben, so stößt das staunende Auge des Normalbürgers auf unterschiedliche Verflechtungsstrukturen in Form horizontaler und hierarchischer Abhängigkeiten, auf ein bilaterales und multilaterales Verbundsystem. Zum Beispiel bedarf der Normalbürger schon fast einer Steuerberaterausbildung, damit er eine Ahnung davon bekommt, wohin seine Steuerleistung fließt und welche Ebenen die jeweiligen Steuern unter Einfluss welcher anderen administrativen Ebenen verwalten.

Aber es geht nicht nur um Steuern, sondern auch um eine formelle Verflechtung. So sind Bundes- und Landesverwaltung am engsten im Bereich der so genannten Mischverwaltung verflochten. Das hat konkret die Auswirkung, dass die Bundesregierung durch Erlass von Verwaltungsvorschriften und über die Fachaufsicht direkt in die Landesverwaltung bis in die Personalhoheit der Länder eingreifen kann; denn auch das Personal wird in diesen Bereichen nach den Richtlinien der Bundesregierung ausgebildet.

Die Gefahr der Politikverflechtung ist in Deutschland mittlerweile ein zentrales gesellschaftliches Thema und findet nicht zuletzt ihren Niederschlag im Föderalismuskonvent. Der Öffentlichkeit ist damit die Gefahr nicht verborgen geblieben, dass die Länder durch den mehr oder weniger schleichenden Prozess der Kompetenzabgabe an den Bund langsam überflüssig werden, da sie immer weniger Zuständigkeiten für originäre Landesaufgaben haben und keine klaren Verantwortungsbereiche von Bund und Ländern sichtbar sind. Das wird durch ein stetiges Vordringen der Ministerialbürokratie sichtbar.

Genau dieser Entwicklung wollen wir als DVU-Fraktion und als Verfechter des im Grundgesetz verankerten Subsidiaritätsprinzips mit unserer politischen Arbeit entgegenwirken. Dies sollten alle anderen demokratischen Fraktionen dieses Hauses genauso vehement vertreten; denn es geht um Kompetenzen auch dieses Landtages, meine Damen und Herren. Deswegen - und nur deswegen - benötigen wir alle die mit diesem vorliegenden Antrag meiner Fraktion geforderten Informationen von der Landesregierung. Ich bitte Sie, unserem Antrag zuzustimmen.

(Beifall bei der DVU)

Ich danke dem Abgeordneten Nonninger und gebe für die Koalitionsfraktionen dem Abgeordneten Klein das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie haben vielleicht alle vor wenigen Tagen in der Zeitung etwas über die Aktivitäten von Abgeordneten in diesem Landtag gelesen: wer die meisten Anträge gestellt hat, wer dadurch natürlich auch am häufigsten geredet hat. Damit lag die DVU unbestritten an der Spitze aller Abgeordneten. Allerdings war der Journalist so freundlich, das Attribut „fleißig“ vor den Namen des Abgeordneten in Anführungsstriche zu setzen. Ich glaube, das war auch notwendig und es war auch deutlich, was er damit sagen wollte.

Bei mir verdichtet sich der Eindruck, dass die Kolleginnen

und Kollegen der DVU-Fraktion eine feste Jahresvorgabe besitzen, wie viel Anträge sie in den Landtag einzubringen haben. Anders kann ich mir das gegenwärtige Verfahren nicht erklären. Außerdem scheinen sie festgestellt zu haben, dass dieses Jahr etwas kürzer ist, weil die Legislaturperiode im September zu Ende geht. Sie wollen einfach die Norm erfüllen und haben deswegen eine Vielzahl von Anträgen eingebracht.

(Schuldt [DVU]: Wir haben noch Ideen, Sie nicht!)

Dass diese Sammlung von Fragen, die uns mit diesem Antrag vorliegt, nun beileibe keinen guten Antrag ergibt, haben Sie wohl selbst bemerkt und deshalb die Überweisung an den Hauptaussschuss beantragt, vermutlich in der Hoffnung, dass die Mitglieder der Koalitionsfraktionen, vielleicht auch die Kollegen der PDS, Ihnen bei der Erstellung eines qualitätsmäßig ordentlichen Antrages behilflich sind. Ich muss Sie enttäuschen, denn das werden wir nicht tun.

Im Übrigen stellt sich natürlich die Frage, warum Sie nicht gleich die Berichterstattung für den Hauptausschuss gefordert haben. Dabei, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist das Anliegen, sich um die Wahrung der Landesinteressen zu bemühen, durchaus lobenswert. Aber ich sage Ihnen eines, Damen und Herren der DVU-Fraktion, Sie haben im Plenum und in den Ausschüssen viele Möglichkeiten, sich in diesem Sinne einzubringen. Ihnen als gewählten Abgeordneten steht eine Vielzahl von Möglichkeiten offen, sich Informationen zu verschaffen, Initiativen zu befördern. Anträge wie diese hier einzubringen ist allerdings nicht in diesen Bereich einzuordnen, sondern gehört eigentlich in den Bereich der Volkshochschule. Vielleicht sollten Sie einmal einen Kurs der Volkshochschule zur Weiterbildung nutzen.

Einen unbestreitbaren Vorteil hat dieser Antrag allerdings, nämlich, dass Sie ihn nicht in eine Anfrage gekleidet haben. Eine Anfrage könnten wir nicht ablehnen, den Antrag lehnen wir selbstverständlich ab. - Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich danke dem Abgeordneten Klein und gebe der Fraktion der PDS das Wort, dem Abgeordneten Vietze.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag formuliert: Der Landtag möge beschließen... Die Landesregierung wird aufgefordert, dem Landtag bis zur Plenarsitzung im Januar 2004 einen Bericht vorzulegen usw. usf. - Da wir heute die letzte Sitzung im Januar 2004 haben, es nicht auf der Tagesordnung steht und auch nicht realisierbar ist, täten die Kollegen gut daran, diesen Antrag zurückzuziehen.

(Zuruf des Abgeordneten Nonninger [DVU])

Zweitens: Das, was unter den Punkten eins bis fünf erfragt wird, ist im Rahmen einer Kleinen Anfrage sicherlich durch die Landesregierung zu beantworten.

Ich habe den Wettbewerb um den kürzesten Diskussionsbeitrag aufgenommen. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der PDS)

Ich danke dem Abgeordneten Vietze. - Die Landesregierung wünscht hierzu nicht das Wort, sodass ich es noch einmal der Fraktion der DVU, dem Abgeordneten Nonninger, geben kann.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Vietze, unser Antrag war bereits für die Dezembersitzung vorgesehen. Er ist damals auf Januar verschoben worden. Deswegen stand dort noch Januar, das stimmt natürlich.

(Vietze [PDS]: Kennen Sie die Geschäftsordnung?)

- Da ist ein kleiner Fehler unterlaufen, da gebe ich Ihnen ausnahmsweise Recht, auch wenn Sie sonst nichts Gescheites quatschen.

(Unmut bei PDS, SPD und CDU)

Herr Abgeordneter Nonninger, das ist nicht der Ton, den wir im Landtag gegenüber Abgeordnetenkollegen pflegen.

Als heute über tote Abgeordnete, also verstorbene Kollegen, schlecht geredet wurde, hat sich auch niemand aufgeregt.

Das war eine Tatsachendarstellung.

Das war keine Tatsache.

(Unmutsäußerungen)

Es ist uns allen bekannt, dass es sich die Vorredner der anderen Fraktionen zur Aufgabe gemacht haben, grundsätzlich gegen alles zu sein, was von meiner Fraktion gefordert wird - und sei es noch so notwendig und sinnvoll. Ein trauriges Bild für ein Parlament, meine Damen und Herren! Wie notwendig es gerade für jeden Parlamentarier in diesem Hause ist, darüber Bescheid zu wissen, mit wem die Landesregierung welche Abstimmungen vornimmt, versteht sich jedoch aus der Kontrollfunktion des Landtages sowie aus der legislativen Kompetenz von selbst.

Meine Damen und Herren, wenn ich von Politikverflechtungen spreche, meine ich nicht notwendige informelle Treffen der Ministerpräsidenten und Ressortminister einzelner Bundesländer oder leitender Beamter. Ich meine auch nicht Treffen der Behördenchefs, also der Leiter der Staats- und Senatskanzleien, zum Zweck des Erfahrungsaustausches bezüglich des Gesetzesvollzugs. Ich spreche hier vielmehr von so genannten

Bund-Länder-Gremien, die mit dem Ziel der Koordination in allen gemeinsamen Zuständigkeitsbereichen eingesetzt werden. Es dürfte gerade an Ihnen, meine Damen und Herren von der SPD, als Noch-Angehörige einer Koalitionsregierung nicht vorübergegangen sein, dass die verflochtenen Gemeinschaftsaufgaben von Bund und Ländern eine Vielzahl von Institutionen hervorgebracht haben, durch welche die Politikverflechtung noch intensiviert wird.

Ich möchte einige Beispiele nennen: Die Konferenz der Kultusminister tagt im Abstand von ca. sechs Wochen, verfügt über ein Sekretariat und kann sowohl ständig als auch ad hoc Ausschüsse einrichten. Untereinheiten dieser Konferenz sind zum Beispiel der Schulausschuss, der Ausschuss für Kunst und Erwachsenenbildung sowie der Ausschuss für Auslandsschulwesen.

Des Weiteren gibt es in Deutschland eine ausgeprägte Planungsverflechtung in Form einer Koordination der staatlichen Planung von bund- und länderspezifischen Aufgabenbereichen, in denen die Länder die primäre Kompetenz haben.