Kinder und Jugendliche, die zu wenig Zuwendung erfahren, die das Gefühl haben, dass Eltern keine Zeit für sie haben, suchen Familienersatz, aber nicht immer den richtigen. Auch die engagierteste Erzieherin, der beste Pädagoge und der Sozialarbeiter können die intakte Familie als soziale und emotionale Basis einer gesunden Entwicklung von jungen Menschen nicht ersetzen.
Deswegen gilt zusammenfassend die Erkenntnis: Jugendliche in Brandenburg erkennen die Familie als einen Ort von Verlässlichkeit, Treue und Partnerschaft als den Kern der bürgerlichen Gesellschaft. Unsere Fraktion hat sich deshalb auch auf ihrer zweiten Familienkonferenz mit diesen Themen beschäftigt und Vorschläge unterbreitet, die auch in diesem Rahmen eine Rolle spielen müssen.
Meine Damen und Herren, abschließend: Die CDU-Fraktion wird Jugendpolitik auch weiterhin als themenübergreifendes Politikfeld betrachten und deshalb bei machbaren Finanzierungsgrundlagen in den kommenden Tagen mit dem Koalitionspartner einen Lösungsweg anstreben. Das liegt in unserer Verantwortung, ist unsere Aufgabe und unser Anliegen. - Ich danke Ihnen.
Ich danke dem Abgeordneten Senftleben und gebe das Wort an die Fraktion der DVU, der Abgeordneten Fechner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vielleicht finden wir gemeinsam noch Möglichkeiten, die Kürzungen beim 610-Stellen-Programm wegzunehmen. - Das waren die hoffnungsvollen Worte des Ministers am 24. September hier im Plenum. Seine Hoffnung scheint sich erfüllt zu haben, denn auch die beiden Regierungsparteien haben sich mittlerweile für den Erhalt dieses Programms ausgesprochen, sehr zur Freude von Herrn Minister Reiche, dem es während der Plenarsitzung im September sichtlich schwer fiel, die geplanten Kürzungen zu verteidigen. Nachdem er damals das Programm über alle Maßen lobte, kam er zur Begründung, warum die Kürzungen in diesem Bereich vertretbar sein könnten, denn das Land nehme mit dem Programm eigentlich - so die Worte des Ministers eine originäre kommunale Aufgabe wahr, eine Aufgabe, für deren Finanzierung die Kommunen zuständig wären, womit er nicht Unrecht hat. Doch dass den Gemeinden immer weniger Geld zur Verfügung gestellt wird und dass viele Gemeinden hoch verschuldet sind, scheint sich noch nicht überall herumgesprochen zu haben.
Damals sah der Minister kaum Spielräume hinsichtlich der weiteren Reduzierung bei den gesetzlich vorgegebenen Förderbereichen des Landesjugendplanes. Nach seiner damaligen Aussage zwinge die dramatische Haushaltsentwicklung dazu, auch in diesem Bereich finanzielle Kürzungen vorzunehmen. Da sich aber an dieser dramatischen Haushaltsentwicklung bis heute nichts geändert hat, wäre es doch ganz interessant zu wissen, welche Finanzierungsmöglichkeiten man nun in Betracht zieht. Denn wie die dauerhafte Fortsetzung des Programms finanziert werden soll, sagen uns die Genossen der SPD nicht. Bisher haben wir nur die Absichtserklärung, das Programm fortzusetzen, gehört, dies allerdings erst, als es von etlichen Seiten Proteste gab. Sämtliche Landesjugendhilfeausschüsse der Kreise und kreisfreien Städte, die LIGA der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege und etliche Einrichtungen und Vereine mehr schickten Protestschreiben an den Landtag. Nachdem nun die SPD hohe Verluste bei den Kommunalwahlen einfahren musste und im nächsten Jahr die Landtagswahl vor der Tür steht, hat sie beschlossen, ihre potenziellen Wähler nicht weiter zu vergraulen.
Auch die CDU signalisierte vor kurzem, dass die Kürzungen ausgesetzt werden könnten. Allerdings kommt für die CDU eine höhere Verschuldung des Landes nicht infrage. So war es jedenfalls der Presse vor wenigen Tagen noch zu entnehmen.
Man darf also gespannt sein, wie es langfristig mit diesem Programm weitergeht. Geplant war bzw. ist noch, über 1 Million Euro einzusparen. Das bedeutet rein rechnerisch, dass perspektivisch 100 Stellen im Jugendbereich ersatzlos gestrichen werden. In einem Land, in dem ca. eine viertel Million Menschen offiziell als arbeitslos registriert sind, scheinen für den einen oder anderen die 100 Stellen nicht sonderlich ins Gewicht zu fallen. Aber für die Jugendarbeit hier im Land würde der Wegfall dieser Stellen bedeuten, dass etliche Veranstaltungen und Projekte im Jugendbereich ersatzlos gestrichen werden. In einer Zeit, in der viele Kinder und Jugendliche tagsüber sich selbst überlassen sind, in einer Zeit, in der immer mehr Kinder und Jugendliche in den Konsum von Alkohol und Drogen abgleiten, in einer Zeit, in der viele Eltern mit der Erziehung ihrer Kinder überfordert zu sein scheinen, und auch in einer Zeit, in der es leider zu viele Kinder gibt, die einer regelrechten sozialen und moralischen Verwahrlosung ausgesetzt sind, in einer solchen Zeit, meine Damen und Herren, wäre es ein denkbar falsches Signal, im Jugendbereich Kürzungen vorzunehmen.
Umso mehr freut es uns als Fraktion der Deutschen Volksunion, dass dies mittlerweile auch die SPD-Fraktion erkannt hat und sich für die Sicherung des 610-Stellen-Programms einsetzt. Noch erfreulicher wäre es natürlich gewesen, werte Genossen der SPD, wenn Sie uns auch mitgeteilt hätten, wie Sie dieses Programm langfristig zu finanzieren gedenken. Denn in Zeiten knapper Kassen reichen wortreiche Absichtserklärungen nicht mehr aus. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Fechner, und gebe das Wort noch einmal an die Fraktion der SPD. Frau Abgeordnete Siebke, bitte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auf die Ausführungen meiner Vorrednerin werde ich nicht eingehen, denn wir sind da ja eigentlich nichts anderes gewöhnt. Aber das, was uns Frau Faderl heute geboten hat, ist einfach dreist, würde ich sagen.
Ich gehe nicht davon aus, dass Sie nicht des Lesens mächtig sind, also setze ich voraus, dass Sie wissen, dass die SPD-Fraktion bereits vor 14 Tagen auf ihrer Klausurtagung beschlossen hat, das 610-Stellen-Programm wie bisher bis zum Jahre 2005 weiterzuführen
Die SPD-Fraktion hat einen Vorschlag unterbreitet, wie aus dem Haushalt - nicht durch Neuverschuldung, das sage ich hier noch einmal ganz deutlich, sondern durch Umschichtung aus anderen Bereichen des Haushalts - das Programm fortgesetzt werden kann.
Es war Absicht, das hier noch einmal vorzuführen und so darzustellen, obwohl Sie genau wussten, dass das nicht die Realität der heutigen Stunde ist.
Ich wende mich auch an meinen Vorredner Herrn Senftleben von der CDU und sage ganz deutlich, dass die SPD-Fraktion in Bezug auf die Fortführung des 610-Stellen-Programms keinen Diskussionsbedarf mehr sieht.
Für uns ist es unabdingbar, das Programm fortzuführen, und da Sie ja gesagt haben, dass die Fortführung notwendig ist, gehe ich davon aus, dass das auch in Ihrer Fraktion mehrheitsfähig sein muss.
Zum Antrag selbst. Wir haben ein Verfahren, das besagt, wann Haushaltsanträge eingebracht werden. Für den Bildungsausschuss ist der Antragsschluss der 10.11. Also werden Sie sich bis dahin bitte gedulden müssen, dass Sie die Deckungsquelle dann auch lesen können.
Ich möchte nun über drei Aspekte eines bestimmten Teils der Jugendsozialarbeit sprechen, und zwar zur Schulsozialarbeit.
Die Schulsozialarbeit hat sich - erstens - im Land Brandenburg durchgesetzt. Schulsozialarbeit ist ein Bindeglied zwischen Schülern, Lehrern, Eltern und Jugendhilfe geworden. Sie ist ein spezifischer Ansatz in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen - ein anderer Ansatz als das Verhältnis zwischen Lehrern und Schülern. Anfängliche Widerstände, besonders in der Lehrerschaft, sind ausgeräumt. Zwischenzeitlich gibt es zwischen Schulsozialarbeitern und Lehrern eine intensive Zusammenarbeit; sie lässt sich aus den Schulen, wo Schulsozialarbeit stattfindet, nicht mehr wegdenken.
Schulsozialarbeiter - da gebe ich Herrn Senftleben Recht können keine Familie ersetzen, aber sie bieten Kindern in den Fällen eine Chance, wo Familien nun einmal nicht funktionieren. Das können wir nicht wegreden; es gibt solche Familien.
Es wäre unfair, solche Kinder einfach allein zu lassen bzw. ihrem Schicksal zu überlassen. Wir haben die Verantwortung, uns um diese Kinder zu kümmern.
Schulsozialarbeiter tragen zur Verbesserung des Schulklimas bei, sie haben Problemlösungen für Kinder, die eben keine Unterstützung in den Familien oder bei anderen bekommen. Sie bieten diese Problemlösungen an, und zwar zunehmend professioneller, und tragen zur Vermeidung von Schulmüdigkeit und Schulverweigerung bei. Das ist ja auch immer Thema der CDU.
Wir haben zurzeit 125 Schulsozialarbeiter, die in Brandenburger Schulen - meistens in weiterführenden Schulen - tätig sind. Gott sei Dank sehen auch die Kreise in der Schulsozialarbeit zunehmend einen Schwerpunkt.
Zweitens: Ganztagsschulen, die im Land Brandenburg ausgebaut werden sollen, sind ohne Schulsozialarbeiter nicht denkbar. Wenn sie funktionieren sollen, brauchen wir zwingend Schulsozialarbeit an diesen Schulen. Diese Schulen haben einen ganzheitlichen Ansatz für Bildung und Erziehung. Sie werden immer mehr zum Lebensraum von Kindern und Jugendlichen, und dort ist neben Kooperation, über die schon gesprochen worden ist, Schulsozialarbeit nicht wegzudenken.
Der dritte Aspekt: Meiner Meinung nach ist Schulsozialarbeit generell Teil der Organisation von Schule. Schule ist - im Gegensatz zu Jugend- und Jugendsozialarbeit, die ja wirklich auf die Kreisebene gehören - originäre Aufgabe des Landes. Darum plädiere ich dafür, dass, wenn über das Jahr 2005 hinaus nachgedacht werden soll, wie sich das Land in der Sozialarbeit und Jugendsozialarbeit engagiert, der Schwerpunkt auf Schulsozialarbeit gesetzt wird. Deshalb muss es das Ziel sein, dass für alle Schulen, zumindest alle weiterführenden Schulen, über das Jahr 2005 hinaus schrittweise Schulsozialarbeiter an den Schulen eine Selbstverständlichkeit werden.
Ich fasse zusammen: Die SPD-Fraktion steht dafür, dass das 610-Stellen-Programm bis zum Jahre 2005 in der bisherigen Form weitergeführt wird. Wir stehen dafür, dass darüber hinaus in den nächsten Jahren darüber nachgedacht werden sollte, wie Jugend- und Jugendsozialarbeit in Brandenburg weiter organi
siert und finanziert wird. Dabei sollten wir - vom Land aus gesehen - den Schwerpunkt auf Schulsozialarbeit legen. - Danke.
Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Siebke. - Das Wort geht an die Landesregierung, Herrn Minister Reiche.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten! Trotz knapper Kassen, nein: wegen knapper Kassen machen wir Jugendpolitik; denn die Zukunft von Brandenburg wächst mit den Heranwachsenden. Sie sind unsere Zukunft und die Zukunft von Brandenburg wächst zwischen den Ohren unserer Jugendlichen - oder sie wächst überhaupt nicht. Umso bessere Jugendpolitik, desto mehr Zukunft haben wir. Und umso weniger und umso schlechter die Jugendarbeit ist, desto geringer, desto schlechter sind unsere Zukunftsaussichten.
Denn diese junge Generation in einer Region Berlin-Brandenburg, vielleicht ja sogar in einem Land im Herzen der Europäischen Union, muss die von uns aufgenommenen Hypotheken auf die Zukunft - zum einen die Sicherung der Renten und der sozialen Sicherungssysteme, aber auch die aufgenommenen Schulden - wieder einlösen. In den Jahren 2025 bis 2028 gehen die größten je in Deutschland geborenen Jahrgänge in Rente und das muss dann finanziert werden. Zum anderen sagt der Verfassungsrechtler Kirchhoff:
Insofern müssen gerade die Jugendlichen, damit sie die von uns auf die Zukunft aufgenommenen Lasten und Hypotheken zurückzahlen können, besonders gut ausgebildet werden.