um deutlich zu machen, dass das keine Erfindung der CDU ist und auch nicht Ihrer Beteiligung an der Regierung bedurft hätte, um diesen Weg der brandenburgischen Bildungspolitik einzuschlagen.
Nun zu der Bemerkung von dort drüben. Umsteuerungen in einem Bildungswesen - das wissen alle Bildungspolitiker - sind schwierig. Wirkungen zeigen sich erst mittel- und langfristig. Aber richtig ist auch, dass die meisten dieser Dinge, die ich genannt habe, entweder bereits umgesetzt sind oder sich auf dem Weg dorthin befinden.
Nun zurück zu den Ganztagsangeboten: Ich meine, dass mehr und qualifiziertere Ganztagsangebote diesen Prozess der Er
neuerung, der Umsteuerung durchaus unterstützen können und dass sie sehr hilfreich sind. Wesentliche Gründe sprechen dafür.
Erstens: Ganztagsschulen mit einem entsprechenden pädagogischen Profil machen eine gezielte Förderung ihrer Schüler möglich. Es geht also auch um die Erhöhung der Chancengleichheit von Schülern. Lernen - das wissen wir alle - braucht Ruhe und vor allem Zeit. Anstatt Diskussionen darüber loszubrechen, ob man die Sommerferien verkürzen sollte, sollten wir die Schulzeit, die uns zur Verfügung steht, effektiv bzw. optimal nutzen.
Schüler und Lehrer können in einem Ganztagsangebot engere Bindungen eingehen, die für das kognitive Lernen ebenso wichtig sind wie für das emotionale und soziale Lernen.
Ein zweiter Grund: Die Ganztagskonzepte gehen davon aus, machen es sogar zur Bedingung, dass Menschen aus anderen Bereichen in den Bildungs- und Erziehungsprozess einbezogen werden. Die Öffnung von Schule hin zu Angeboten der Jugendhilfe, zur Einbeziehung von Vereinen, kulturellen Einrichtungen und der Wirtschaft wird Schule wirklichkeitsnäher und offener werden lassen.
Vor dem Hintergrund unserer demographischen Entwicklung werden Schüler zunehmend - ob wir das wollen oder nicht - an Schulen an zentralen Orten unterrichtet werden. Warum sollen nicht Vereine und andere Träger ihre Angebote dort unterbreiten, wo Schüler zusammenkommen, nämlich an den Schulen, die Ganztagsangebote haben? - Doch nicht etwa, weil es immer anders war. Ich meine, wenn sich Bedingungen nachhaltig ändern, dann müssen auch neue Wege beschritten werden.
Drittens trägt die Möglichkeit der Ganztagsbetreuung von Kindern an Schulen zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf bei. Das ist eine alte, aber genauso aktuelle sozialdemokratische Forderung der Familienpolitik. Deshalb sind wir dafür, dass an so vielen Orten wie möglich in Brandenburg Ganztagsangebote entstehen. - Danke.
Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Siebke, und gebe das Wort an die Fraktion der PDS. Frau Abgeordnete Große, bitte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Manches in diesem Landtag geht schon sonderbare Wege. Am 18.12.2002 beantragte die PDS-Fraktion eine Konzeption zur Weiterentwicklung der brandenburgischen Ganztagsschulangebote. Bis zum März dieses Jahres sollte sie vorliegen. Wir wollten sichergehen, dass die Landesregierung die durch das Investitionsprogramm „Zukunft Bildung und Betreuung“ zur Verfügung stehenden 130 Millionen Euro konzeptionell fundiert untersetzt, und wollten diesen Prozess parlamentarisch begleiten, da mit diesem Programm auch dem Land nicht unerhebliche finanzielle Forderungen auferlegt wurden.
Unser Antrag wurde von beiden Koalitionspartnern mit der Begründung abgelehnt, dass unsere Forderungen reines Verwaltungshandeln beträfen.
Frau Kollegin Siebke war sich damals sicher, dass eine solche Konzeption im April/Mai vorliegen würde. Nun wurde das längst überfällige Eckpunktepapier am 12.08. auf den Weg gebracht, natürlich ohne die von Frau Siebke und Herrn Minister Reiche zugesagte Diskussion im Ausschuss. Nun also erfährt das Konzept heute die parlamentarische Weihe der Lobpreisung. Bedauerlicherweise - oder vielleicht auch gewollt
gerät die heutige Debatte nun auch in Wahlkampfzeiten, woraus resultiert, was Sie eben erlebt haben, aber der Lösung von Bildungsproblemen noch nie gut getan hat.
Was immer auch die SPD bewogen haben mag, dieses Thema heute zu besetzen - immerhin gibt es hier deutlich auseinander driftende Positionen der Koalitionspartner, wie der Presse der letzten Wochen zu entnehmen war und wie wir eben auch erfahren haben, denn erst heute hat Frau Blechinger in der „MAZ“ gesagt, alles Gute in der Bildungspolitik diese Landes komme von der CDU -:
Im Übrigen mussten wir mehrfach leidvoll erfahren, zu welchen Folgen konträre Positionen der Koalitionspartner führen. Ich erinnere hierbei an die Debatte zur Sekundarschule, wo sich die Koalitionspartner gegenseitig blockierten, womit wesentliche Möglichkeiten zum Erhalt von Standorten, zur Verbesserung der Chancengleichheit und auch zur Erhöhung der Qualität des Unterrichts verspielt wurden.
Nun zu den Gründen, wegen derer sich die PDS einer Lobpreisung der Regierung verweigern muss, obwohl wir uns selbstverständlich klar zur Weiterentwicklung und Ausweitung von Ganztagsschulangeboten bekennen.
Dabei darf die Ganztagsschule eben nicht nur die verlängerte Halbtagsschule sein, in der im ungünstigsten Fall schlechter Unterricht in den Nachmittag gezogen oder durch lockere Freizeitangebote kompensiert wird. Wenn Schule Lern- und Lebensort sein soll, bedarf es grundlegender Veränderungen. Während im Grundschulbereich mit der verlässlichen Halbtagsgrundschule durch den rhythmisierten Tagesablauf besser auf lernpsychologische Besonderheiten eingegangen werden kann - und das ist eben viel besser als mehrmaliges Sitzenlassen; dies, Frau Blechinger, noch einmal an Ihre Adresse; auch wenn wir die Schüler noch so oft in den Klassen 3 und 4 sitzen lassen, machen wir sie damit nicht zu besseren Lesern und besseren Mathematikern -,
bietet die Ganztagsschule die Möglichkeit, besser auf Lernprozesse der Kinder einzugehen. Natürlich ist die längere Betreuungszeit der Kinder hier für Eltern besonders wichtig.
In der Ganztagsschule gibt es in der Sekundarstufe I vor allem die Chance zur Individualisierung von Lernprozessen und auch zum Ausgleich von Disparitäten, die sich aus sozial unterschiedlichen Herkünften ergeben. Lehrer sind hier einfach näher und länger „am Schüler dran“, erleben ihn auch in außerunterrichtlichen Situationen, können sich mit Partnern außerhalb der Schule beraten. Dies alles ist in der gebundenen und teilweise gebundenen Form am ehesten möglich. Wir favorisieren sie auch deswegen. Aber dies muss eben auch von allen Beteiligten gewollt sein.
Hürden wie Arbeitszeitgewohnheiten von Lehrerinnen und Lehrern, Schulunlust und ausgeprägte Freizeitinteressen von Schülern, insbesondere der 9. und 10. Klassen, sowie Vorbehalte vonseiten der Eltern müssen überwunden werden. Schulprogramme einschließlich der pädagogischen Konzeptionen müssen wachsen, gemeinsam mit allen Beteiligten erdacht, probiert, auch wieder verworfen werden, in einem langsamen, vorsichtigen Prozess, wie er zum Beispiel an der Potsdamer Voltaire-Gesamtschule erfolgreich geführt wird. Dies kann unmöglich bis zum 15.12. erfolgen - das Eckpunktepapier weist diesen Termin als Stichtag aus -, es sei denn, man akzeptiert formale Kriterien bei der Konzeption. Die Zeitschiene ist also unser erster Kritikpunkt.
Zum Zweiten muss ich meinen Vorwurf aufrechterhalten, dass die bisher erfolgten Evaluationen unzureichend sind. Immerhin sind wir das Bundesland mit den meisten Ganztagstagsschulen in Deutschland. Welch ein Potenzial an Erfahrungen unterschiedlichster Art! Sicherlich gibt es nicht nur positive Erfahrungen und der Beweis, dass Ganztagsschulen zu besseren Leistungen und höheren Kompetenzen führen, muss erst noch angetreten werden. Das wird jedoch nur auf der Basis einer gründlichen Evaluation und der gezielten Fortbildung der Lehrerinnen und Lehrer stattfinden können.
Es stellt sich also schon die Frage nach dem richtigen Verhältnis von Qualität und Quantität. Die Verdoppelung von Angeboten allein ist es wohl nicht.
Im Übrigen drückt sich die Landesregierung trotz aller Ausweitungen vor der entscheidenden, im Schulgesetz noch zu regelnden Frage, nämlich inwiefern sie beabsichtigt, einen Rechtsanspruch auf Ganztagsunterricht zu gewährleisten. Das wäre der Mut, den wir uns wünschten.
Unsere grundsätzliche Kritik bezieht sich aber auf die Finanzierung der Ganztagsschulen. Sicher, die Bundesregierung stellt mit 4 Milliarden Euro des Investitionsprogramms viel Geld zur Verfügung; das wollen wir auch nicht kleinreden. Nur ist dies nicht mehr als eine zeitlich begrenzte Anschubfinanzierung. Den eigentlichen finanziellen Herausforderungen stehen die Länder und Kommunen gegenüber. Personell nämlich muss alles vom Land abgesichert werden.
Bedarf an Lehrern nicht schlüssig nach. Gar nicht erkennbar ist die Finanzierung der notwendigen zusätzlichen Schulsozialarbeiter- und Schulpsychologenstellen. Im Gegenteil, hier wird es offensichtlich noch Kürzungen im Landesjugendplan geben, welche vor allem Einschnitte bei den Schulsozialarbeitern nach sich ziehen werden.
Hinsichtlich der personellen Absicherung geht die Landesregierung aus unserer Sicht den falschen Weg. Die Ausweitung des Angebots wird ganz offensichtlich auf Kosten der personellen Ausstattung erreicht. Schon die bisherige Stellenausstattung lag mit etwa 20 % Mehrausstattung weit unter der in der Verwaltungsvorschrift für Ganztagsschulen vorgeschriebenen Ausstattung von bis zu 30 %. Bundesweit geht man von einem Mehrbedarf von etwa 30 bis 40 % Lehrerstellen aus. Nun wurden die 20 % auch noch im vorliegenden Eckpunktepapier festgeschrieben. Wir werden ab 2008 zwar die meisten Ganztagsschulen haben, sie werden jedoch chronisch unterfinanziert sein. Das wird auf Kosten der Qualität und zulasten der Akteure gehen. Die PDS fordert ausfinanzierte Ganztagsschulen.
Die Ausweitung des Angebots darf auch nicht auf Kosten der Schulen gehen, die keine Chance erhalten, Ganztagsschule zu werden. Auch diese Schulen müssen erheblich besser ausgestattet werden.
An dieser Stelle möchte ich einen häufig gehörten Fehler bei der Begründung der Ausweitung der Ganztagsschulangebote korrigieren. Zwar gibt es in den meisten PISA-Siegerländern flächendeckende Ganztagsschulangebote, Finnland aber gehört nicht dazu. Dort erreicht man die bessere Qualität von 8 bis 14 bzw. 15 Uhr ohne Freizeitangebote, aber eben mit einer erheblich besseren personellen Ausstattung. Die Schüler dürfen ihre Schule dort ohne Aufsicht und ohne Lehrer am Nachmittag nutzen. Dort ist die Schule aber eben auch noch im Dorf. Die Ganztagsschule ist also nur ein möglicher Weg. Wir sollten uns hier nicht verbeißen und nicht die anderen Möglichkeiten vergessen.
Für die Kommunen als Schulträger wird der investive Geldsegen zunächst verlockend sein. Wir hoffen auch, dass sich viele Schulträger entschließen, Ganztagsschulen zu errichten. Man sollte aber auch hier ehrlich bleiben. Neben der Kofinanzierung der Investitionen werden vor allem Folgekosten für den Freizeitbereich, die Schulsozialarbeit sowie für die Kreise auch ein Mehraufwand und damit Mehrkosten bei der Schülerbeförderung entstehen, da die Schüler ja zu unterschiedlichen Zeiten am Nachmittag befördert werden müssen.
Als sehr problematisch bewerten wir auch die im vorliegenden Eckpunktepapier aufgemachte Forderung, wonach Ganztagsschulen an zentralen Orten angeboten werden sollen. Es liegt eine Liste der 26 Orte vor, die bei der Genehmigung vorrangig berücksichtigt werden sollen. Diese Liste enthält keine Orte im ländlichen Raum. Damit gerät die in der Presse aufgestellte Behauptung des Ministers, dass Ganztagsschulen im ländlichen Raum ein stabilisierendes Element für die Jugendarbeit sein könnten, zur Farce. Gefährdete Standorte bekommen im ländlichen Raum nicht einmal dann eine Chance, wenn sie bisher ausgezeichnete Ganztagsschulen waren. Ich erinnere wieder an die Gesamtschule Glöwen oder an die Realschule Berge, deren Antrag abgelehnt wurde.
Bezüglich der Errichtung von verlässlichen Halbtagsgrundschulen, die wir sehr begrüßen, wird es noch gehörigen Abstimmungsbedarf hinsichtlich der personalrechtlichen Probleme - es werden ja Erzieherkapazitäten frei - mit den Kommunen geben. Außerdem führt das nach bisherigen Vorstellungen zu für Eltern nicht hinnehmbaren Ungleichbehandlungen. Die verlässliche Halbtagsschule ist kostenfrei - zum Glück! -, der Hort aber nicht. Da Eltern bei Grundschulen kaum ein Wahlrecht haben, dürfte dies zu Problemen führen.
Fazit: Die Landesregierung hat dieses Mal wahrlich keinen Schnellschuss gestartet. Die lange Dauer hat aber auch keine überzeugende Qualität gebracht. Im Unterschied zum Koalitionspartner CDU frohlocken wir deswegen nicht; wir wollen mehr und bessere Ganztagsschulen.
Die Landesregierung hat noch einige Hausaufgaben zu erledigen, wenn das ehrgeizige Projekt gelingen soll. Spätestens bei der Haushaltsdebatte werden wir Sie daran erinnern. Hier kann die SPD beweisen, dass sie der Bildungspolitik dieses Landes ihren Stempel aufdrückt. - Danke.
Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Große. - Das Wort geht an die Fraktion der CDU. Frau Abgeordnete Hartfelder, bitte sehr.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Große, die CDU frohlockt nicht; wir werden unsere Ansichten dazu jetzt darstellen. Sicherlich habe ich noch Zeit, auf das eine oder andere einzugehen.