Eine ökonomisch gerechtfertigte Lösung wäre die objektkonkrete Feststellung der Werthaltigkeit der Altkredite entsprechend den gesellschaftlich veränderten, von den Unternehmen nicht beeinflussbaren Realisierungsbedingungen und eine darauf basierende, von PDS wie SPD wiederholt geforderte Wertberichtigung der Kredite gewesen. Hierfür fanden sich in der Kohl-Ära keine parlamentarischen Mehrheiten.
In dem Zusammenhang ist Folgendes höchst aufschlussreich: Das Bundesfinanzministerium begründete in einem dem Bundestagsunterausschuss Treuhandanstalt mit Datum vom 28.12.1992 vorgelegten Dokument die Notwendigkeit einer Entschuldung der einst volkseigenen Betriebe in Höhe von insgesamt etwa 77 Milliarden DM. Angesichts dieser ökonomischen Wahrheit stellt sich die Frage, warum der Landwirtschaft nur eine Minimalentschuldung von 1,4 Milliarden DM zugestanden und die sachlich gebotene Wertberichtigung der Altkredite verweigert wurde, also warum vergleichbare Zusammenhänge unterschiedlich verhandelt wurden. Im Übrigen hat die damalige Bundesregierung in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage der PDS im Bundestag, Drucksache 12/7315, belegt, dass die Wertberichtigung gekoppelt mit einer Entschuldung der wirtschaftlich nicht mehr nutzbaren kreditfinanzierten Objekte der Königsweg gewesen wäre.
Ich stelle deshalb fest, dass die getroffene Altschuldenregelung mit den Elementen Teilentschuldung, Rangrücktrittsvereinbarung und bilanzielle Entlastung zwar zu einer partiellen und momentanen Entlastung der betroffenen Agrarunternehmen geführt hat, unter dem Strich war es jedoch nicht die beste Lösung - weder für die Betroffenen noch für die Steuerzahler.
insgesamt angewachsen und praktisch bereits höher als vor der Teilentschuldung sind. Das ganze Dilemma wird deutlich, wenn man sich die Begründung des aktuellen Gesetzentwurfs ansieht. Danach ist klar, dass der größte Teil der Altschulden nicht eintreibbar sein wird - angesichts der von mir genannten Zahlen ein leider sehr spätes Eingeständnis verfehlter, von CDU/CSU und FDP zu verantwortender Bundespolitik.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Teufel liegt bekanntlich im Detail. Die im Gesetzentwurf gewählte Formulierung belässt, wie das Haus Birthler zu Recht feststellte, entschieden zu großen Ermessensspielraum für die Beurteilung der Angemessenheit eines angebotenen Ablösebetrages. Die vorgesehene Verordnungsermächtigung verstärkt zudem die Bedenken, dass die Ausgestaltung dieses Ermessensspielraumes von dem Bestreben dominiert wird, möglichst hohe Einnahmen für den Erblastentilgungsfonds zulasten der Wirtschaftskraft der Unternehmen zu erzielen. Ich meine, dass deshalb die Aufnahme von Eckpunkten in das Gesetz für die Verordnungsermächtigung unabdingbar ist.
Der Hauptgrund für die Ablehnung des derzeitigen Gesetzentwurfs ist, dass damit eine unverhältnismäßige Verschärfung der Rückzahlungsbedingungen fixiert werden soll. Die Erhöhung der Abführung des Jahresüberschusses von 20 auf 65 % unter Ausschluss verschiedener handels- und steuerrechtlicher Bewertungswahlrechte bedeutet einen erheblichen Eingriff in die bestehende Rangrücktrittsvereinbarung. Es ist mit einer bis zu fünffachen Erhöhung der jährlichen Abführungsverpflichtung zu rechnen. Ein Teil der Betriebe mit Altschulden müsste den gesamten Jahresüberschuss abführen.
Einige Zahlen aus meinem Heimatkreis sollen das verdeutlichen: Im Landkreis Teltow-Fläming haben 20 landwirtschaftliche Unternehmen Altschulden. Insgesamt sind Altschulden in einer Größenordnung von 55,381 Millionen Euro zu verzeichnen. Bei einer durchschnittlichen Altschuldenbelastung von 2,7 Millionen Euro liegt die Spanne zwischen dem höchst- und dem niedrigstverschuldeten Betrieb zwischen 13,05 Millionen Euro und 0,552 Millionen Euro. Wenn es also nicht gelingt, den einmaligen Ablösebetrag betriebsindividuell entsprechend der wirtschaftlichen Leistungskraft des Agrarunternehmens festzulegen, stellt nur die Liquidation eine alternative Regelung dar so der Standpunkt der besonders betroffenen Betriebe.
Zum Schluss möchte ich Sie auf den Punkt 5 unseres Antrages hinweisen, der ein Problem reflektiert, das nicht in der Stellungnahme und auch nicht im Gesetzentwurf verankert ist. Deswegen appelliere ich an Sie, unserem Antrag zuzustimmen und nicht nur Ihren Entschließungsantrag auf den Weg zu bringen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Landtag hat sich in den mittlerweile 13 Jahren
seines Bestehens wohl mit keinem anderen Thema im Bereich der Landwirtschaft so oft und so heftig beschäftigt wie mit dem der Altschulden der LPG-Nachfolgebetriebe.
Die SPD-Fraktion hat hierzu immer eindeutig Position bezogen und es bleibt bei unserer Meinung, dass - erstens - die Altschulden der LPG-Nachfolgebetriebe nicht in einem normalen Kreditgeschäft zwischen gleichberechtigten Partnern zustande gekommen sind und auch nicht so behandelt werden dürfen. Diese Kredite waren für die Genossenschaften zu DDR-Zeiten ein Element der staatlichen Wirtschaftsleitung. Jeder, der die Situation von vor 1989 einigermaßen kennt, weiß, dass die Betriebe weder in ihren Investitionsentscheidungen noch in den Entscheidungen über Kredite frei waren. Es gab so genannte Kontingente. Selbst bei großen Guthaben der Betriebe mussten Investitionen über die Bank für Land- und Nahrungsgüterwirtschaft kreditiert werden.
Zweitens: Altschulden gab es nur in zwei, wenn auch wichtigen Bereichen des Wirtschaftslebens der DDR und es gibt sie dort heute noch, nämlich in der Wohnungswirtschaft, bei der wir bekanntlich auch einige Probleme haben und Hartmut Meyer immer noch kämpft, und in dem Bereich der Landwirtschaft, über den wir heute hier sprechen.
Drittens wurde gerade in dem Bereich der Landwirtschaft bei der Privatisierung der Bank für Land- und Nahrungsgüterwirtschaft und der Übernahme durch westdeutsche Banken gemäß einem „Spiegel“-Zitat das Geschäft des Jahrhunderts gemacht, indem nämlich ein Kreditvolumen von ca. 7,6 Milliarden DM für lediglich einige hundert Millionen DM den Besitzer wechselte, und dies alles bei einer gleichzeitigen Ausfallbürgschaft des Bundes.
Viertens betreffen die Altschulden nur den Teil der Betriebe, die sich aus einer LPG umgewandelt haben. Ausgegründete Teile dieser ehemaligen Genossenschaften sind davon grundsätzlich nicht berührt. Da diese Nachfolgebetriebe aber gleichzeitig die einzigen Betriebe sind, die die Vermögensauseinandersetzung mit den Ex-Genossenschaftsbauern zu führen haben, geht diese Altschuldenproblematik zulasten der ehemaligen LPG-Mitglieder und damit zulasten eines großen Teils der Bevölkerung im ländlichen Raum in Brandenburg und sie betrifft das Vermögen eines großen Teils der ehemaligen Genossenschaftsmitglieder.
Das heißt zusammengefasst: Für uns ist es nach wie vor so, dass eine Belastung der LPG-Nachfolgebetriebe mit diesen Krediten grundsätzlich falsch ist. An dieser Meinung zu den Altschulden hat sich in den letzten Jahren nichts geändert. Wir haben seit langem eine endgültige Lösung dieses Problems gefordert und wir begrüßen grundsätzlich die Bemühungen der Bundesregierung, diese Problematik endlich aus der Welt zu schaffen.
Der vorliegende Gesetzentwurf wird der Situation der Brandenburger Landwirtschaft und auch des ländlichen Raums allerdings insgesamt nicht gerecht. Der Bund schlägt eine Ablösungsregelung für betroffene Betriebe vor, will aber zugleich die Rückzahlungsbedingungen deutlich verschärfen, was im Extremfall dazu führen kann, dass die Investitionstätigkeit in einem Großteil der Betriebe völlig zum Erliegen kommt, weil der gesamte Jahresüberschuss abgeführt werden muss. Wirtschaftlich starke Unternehmen können mit dem Entwurf even
tuell leben, der größte Teil unserer Betriebe aber nicht. Es muss eine Lösung gefunden werden, die allen landwirtschaftlichen Unternehmen gerecht wird und allen diesen Unternehmen im Lande die Existenzgrundlage erhält. Wir unterstützen deshalb die Initiative von Minister Birthler, unter dessen Federführung die Agrarminister der Ostländer eine abgestimmte Stellungnahme zur Zukunftssicherung unserer landwirtschaftlichen Unternehmen erarbeitet haben. Ich bitte Sie deshalb, dem Entschließungsantrag zuzustimmen. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Bei dem vorliegenden Antrag drängt sich die Frage auf, ob er ehrlich gemeint ist oder ob die PDS nur ihr schlechtes Gewissen plagt, weil sie Tausende mitteldeutsche Bauern mit der kommunistischen Zwangswirtschaft ins Unglück gestürzt hat.
In dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 8. April 1997 zu den LPG-Altschulden wurde die Bundesregierung verpflichtet, eine Prüfung der Entlastungswirkungen vorzunehmen, die den Unternehmen mit Altschulden gewährt wurden. Dem Gesetzgeber wird mit diesem Urteil gleichzeitig eine Pflicht zur Nachbesserung der Altschuldenregelung auferlegt, falls die gewählten Maßnahmen keine ausreichenden Entlastungswirkungen entfalten, um eine unzumutbare Entlastung der wirtschaftlichen Handlungsfreiheit der Betroffenen zu vermeiden.
Mit der Überprüfung beauftragte die Bundesregierung damals die Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft in Braunschweig und die Humboldt-Universität zu Berlin. Die Studie wurde Ende Februar 2001 fertig gestellt und veröffentlicht. Im Mai 2001 wurde die Studie in einem wissenschaftlichen Kolloquium an der Humboldt-Universität in Berlin unter Teilnahme der beteiligten Gruppen öffentlich vorgestellt und diskutiert.
In einem Folgegutachten im Auftrag des Bundesministeriums der Finanzen wurden Fragen einer zukunftsgerichteten Änderung der gegenwärtigen Altschuldenregelung untersucht.
Eine Vielzahl der Rechtsnachfolger der LPGs waren nach der Wende mit Krediten aus der Zeit vor dem 1. Juli 1990 belastet. Durch den Übergang zur Marktwirtschaft haben sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen radikal verändert. Als Folge dieser Veränderungen erfuhren die mit Altkrediten finanzierten Aktiva größenordnungsmäßig eine Abwertung auf rund 20 % ihres früheren Normalwertes. Wie wir alle wissen, wurden die Kredite dagegen im Zuge der Währungsumstellung nur auf 50 % abgewertet. Folglich existierte eine Lücke im Produktivvermögen, was die Erwirtschaftung des Kapitaldienstes behinderte. Dieser Sachverhalt wird auch als eingeschränkte Werthaltigkeit der Altkredite bezeichnet.
Da eine Rückzahlung der Altkredite zu regulären Kapitalmarktbedingungen in vielen Fällen die Existenz der Unterneh
men gefährdet hätte, wurden von der Bundesregierung Regelungen in Kraft gesetzt, die ein massenhaftes Auftreten von Liquidationen oder Gesamtvollstreckungen verhinderten. Diese bestanden im Wesentlichen aus einer Teilentschuldung durch die Treuhandanstalt, einer bevorzugten Behandlung bei der Vermögensauseinandersetzung nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz sowie einer bilanziellen Entlastung. Letztere beinhaltete einen Rangrücktritt der Gläubigerbanken sowie eine zins- und steuerbegünstigte Bedienung der Altschulden in Abhängigkeit von der wirtschaftlichen Entwicklung des jeweiligen Unternehmens; auch Besserungsscheinregelung genannt.
Im Namen der DVU-Fraktion möchte ich darauf hinweisen, dass im Gegenzug der Aufrechterhaltung der prinzipiellen Rückzahlungsverpflichtung die folgenden Altschuldenerleichterungen gewährt wurden: Teilentschuldung nicht werthaltiger Altkreditanteile - 30,4 % der Gesamtsumme -, Schutz des durch Teilentschuldung und bilanzielle Entlastung gewonnenen Eigenkapitals vor Abfindungsansprüchen, Rangrücktritt/Besserungsscheinregelung mit den Rückzahlungserleichterungen, die uns allen noch bekannt sind.
Nach dem Kolloquium zu den LPG-Altschulden an der Humboldt-Universität in Berlin war die Aussage des damaligen Generalsekretärs des Deutschen Bauernbundes, Jürgen Dettmer, die folgende:
„Wir unterstützen die Schlussfolgerung der Verfasser der Studie zu den Altschulden der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft Braunschweig und der HumboldtUniversität zu Berlin, keine pauschale Erleichterung für LPG-Altschulden durchzuführen.
Die Ergebnisse der Studie belegen eindeutig, dass die von den Altschulden betroffenen LPG-Nachfolgebetriebe von der jetzigen Regelung unverhältnismäßig beeinträchtigt sind.
Die Verfasser der Studie kommen zwar zu dem Ergebnis, dass 90 % der Altschuldenbetriebe nicht in der Lage sein werden, in 10 Jahren die Schulden zu tilgen. Auf der anderen Seite sind aber erhebliche Investitionswerte...“
„Es müssen Vorschläge der Bundesregierung auf den Tisch, die die Überkompensation abbauen und zum Anreiz der Altschuldentilgung führen.“
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch wir begrüßen ausdrücklich, dass man endlich auf Bundesebene eine Lösung dieses aktuellen und schwerwiegenden Problems unserer Landwirtschaftsbetriebe anstrebt.
Ob eine Resolution dieses Hauses dabei hilfreich ist, möchte ich bezweifeln; denn der Einfluss der Landesregierung ist aus meiner Sicht bedeutend wirksamer als eine Resolution aus diesem Haus. Wenn ich davon ausgehe, dass die Bundestagsebene genauso mit Länderresolutionen umgeht wie wir mit Kreisresolutionen, dann weiß ich, was damit passiert.
Eines muss ich auch sagen, Frau Wehlan: So ernst dieses Problem ist, ist aber eigentlich Ihre Aktivität nicht notwendig, weil sie einfach überflüssig ist, denn auf Bundesebene sind all diese Dinge, die in ihrer Vielfältigkeit noch viel größer sind als die heute genannten, bekannt.
Die Länder haben zugearbeitet, die Verbände wurden angehört. Wir wurden in unserer Bundestagsfraktion auch angehört - einschließlich der Verbände. Es ist alles bekannt. Staatssekretär Thalheim, der Sprecher diesbezüglich, hat sich Podiumsdiskussionen gestellt.
Es fällt hier nichts unter den Tisch. Wenn Sie unterstellen, dass das Bundesfinanzministerium damit leichtfertig umgeht, dann weise ich das zurück. Ich gehe davon aus, dass man sich sehr wohl darüber Gedanken machen wird, dass für die Betriebe eine verantwortbare Lösung gefunden wird, damit deren Lebensfähigkeit erhalten bleibt.
Die getroffene Rangrücktrittsvereinbarung der Betriebe war die Grundlage dafür, dass sehr viele Betriebe überhaupt noch lebensfähig sind. Diese Regelung wurde im Einvernehmen getroffen. Das dürfen wir dabei nicht vergessen. Wenn es jetzt Schwierigkeiten gibt und die Rückzahlung problembehaftet ist, dann sind dafür andere Ursachen verantwortlich, als das, was man damals angenommen hat.
Als viel schwieriger sehe ich ein erhebliches Rechtsproblem, das es zu klären gilt, und zwar die Verfassungsmäßigkeit, da die Rangrücktrittsvereinbarung privatrechtlicher Natur ist. Es ist überhaupt noch nicht geklärt, inwieweit der Bundesgesetzgeber eingreifen kann. Es ist noch viel interessanter, wie das gelöst wird. Aber gehen Sie davon aus, dass mit großer Verantwortung versucht wird, dieses Problem zu klären.