Protocol of the Session on April 10, 2003

Ein zweiter Punkt in diesem Zusammenhang: Natürlich weiß ich, dass die finanzielle Situation der Kommunen außerordentlich angespannt ist. Dennoch habe ich für den 28. April dieses Jahres die kommunalen Spitzenverbände eingeladen, darüber zu diskutieren, wie wir den bundesgesetzlich normierten Bildungsauftrag umsetzen können. Das bereitet keine zusätzlichen Kosten. Es wurde doch immer ein Bildungsauftrag für Kindertagesstätten normiert. Wir haben aber diesen Bildungsauftrag in den letzten Jahren nicht oder nur ungenügend umgesetzt, weil viele Eltern 1991 und 1992 gesagt haben, wir wollen, dass unsere Kinder in den Kindergärten nicht mehr indoktriniert, sondern liebevoll betreut werden.

Das war der Hintergrund, weshalb der Bildungsauftrag für Kindertagesstätten - nicht formal, aber sozusagen informell - quasi beinahe abgeschafft worden ist. Mir geht es jetzt darum, dass wir diesen bestehenden Bildungsauftrag in den nächsten Jahren mit Unterstützung des Landes auch in den Kindertagesstätten besser umsetzen, dass Kindergärtnerinnen und Kindergärtner kontinuierlich unterstützt werden, dies umzusetzen.

Nun zu Ihrer zweiten Frage nach den Reihenuntersuchungen. Sie bestätigt, was ich sage: Heutzutage werden solche Reihenuntersuchungen zum Sprechverhalten regelmäßig durchgeführt. Dadurch nehmen wir die Sprachauffälligkeiten viel mehr als früher wahr.

(Zurufe von der PDS)

- Ja. Ich will bloß nicht glauben, dass wirklich alles von Jahr zu Jahr schlechter wird. Vielmehr stellen wir heute - was ich ja gut finde - mit einem sehr viel genaueren Instrumentarium Fehlverhalten bzw. Sprachdefizite fest und wollen und können, weil wir sie feststellen, auch intervenieren.

Ich will nicht glauben, Herr Minister, dass die Antworten auf Zwischenfragen immer länger werden.

Ich komme damit gerne zum Schluss und hoffe, dass Sie, wie in der Vergangenheit so auch in Zukunft, die vielen Maßnahmen, die wir hinsichtlich der Kindertagesstätten im Land auf den Weg bringen, um diese in der Wahrnehmung ihres gesetzlichen Auftrages zu stärken, auch in Zukunft unterstützen werden.

(Beifall bei der CDU)

Ich danke Ihnen, Herr Minister Reiche.

Meine Damen und Herren, wir sind am Ende der Aussprache angelangt. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der PDS, der Ihnen in der Drucksache 3/5696 vorliegt. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? Damit ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt worden.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 8 und rufe Tagesordnungspunkt 9 auf:

Bundesratsinitiative für eine Änderung des Wohngeldgesetzes

Antrag der Fraktion der PDS

Drucksache 3/5722

Ich eröffne die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt mit dem Beitrag der einreichenden Fraktion. Herr Abgeordneter Warnick, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag ist das Ergebnis mehrerer Gespräche mit leitenden Mitarbeitern von Wohngeldstellen, mit betroffenen Bürgerinnen und Bürgern, mit Mietervereinen und mit Juristen, die mit dieser Materie befasst sind. Aktuell beschäftigen sich auch der Kreistag von Potsdam-Mittelmark und die Stadt Potsdam mit den Folgen des zum 1. Januar 2001 veränderten Wohngeldgesetzes.

Wo liegt nun das Problem? Die Bundesregierung hat mit der Veränderung der Wohngeldgesetzgebung Anfang 2001 auch durch entsprechende Pressemitteilungen bei potenziellen Wohngeldempfängerinnen und -empfängern eine Erwartungshaltung geschaffen, die so nicht begründet war. Die Folge war eine Flut von neuen Anträgen bei den Wohngeldämtern. Die Zahl stieg allein im Kreis Potsdam-Mittelmark von 7 351 im Jahr 2000 auf 10 125 im Jahr 2001 und weiter auf 10 939 im Jahr 2002. Durch die Einführung der sechs Mietstufen auch in Ostdeutschland bisher galt hier eine stark vereinfachte Regelung - und die Berücksichtigung weiterer Kriterien ist der Bearbeitungsaufwand unverhältnismäßig angestiegen.

Ich habe mir die jetzigen Datenmasken auf den Computern angesehen und mit den alten Datenmasken des Jahres 2000 verglichen. Das Ergebnis: In vielen Untermenüs hat sich die Anzahl der Einzelabfragen mehr als verdoppelt. Der dadurch immens erhöhte Aufwand zeigt sich sehr deutlich in der Zahl der unbearbeiteten Anträge zur jeweiligen Mitte des Jahres. So ist diese Zahl, ebenfalls bezogen auf den Kreis Potsdam-Mittelmark, von 666 offenen Anträgen im Juli 1999 auf 778 im Juli 2000 auf erschreckende 1 929 im Juli 2001 und auf 1 980 im Juli 2002, also von etwa 700 vor der Novelle auf fast 2 000 nach der Novelle, gestiegen.

Die aufgezeigte Tendenz in der Wohngeldbeantragung und -auszahlung in Brandenburg wird übrigens durch die termingerechte Beantwortung meiner diesbezüglichen Kleinen Anfrage und die darin enthaltenen Fakten voll unterstützt. Ich will kurz aus dem Inhalt der Antwort sinngemäß zitieren:

Mit der Einführung des neuen Wohngeldrechts zum 1. Januar 2001 sei es zu gravierenden Erhöhungen bei der Anzahl der Wohngeldanträge gekommen. Hierbei handele es sich im Vergleich von 2001 zu 2000 um eine Steigerungsrate von 31,45 %. Bei der Zahl der Mitarbeiter habe es einen Anstieg um 10 % gegeben. Das Verhältnis von Wohngeldantragszahlen zu Wohngeldbewilligungen habe sich in den letzten drei Jahren zwischen 80 % und 86 % bewegt. Hätten im Jahr 2000 noch 86 % der Anträge zu einer Bewilligung geführt, so sei die Zahl im Jahr 2001 auf 80 % gesunken. Der Übergang zum neuen Wohngeldrecht sei von den Wohngeldstellen als rechtlich sehr schwierig eingeschätzt worden. Gesetzliche Neuregelungen wie die ebenfalls im Zuge der Rechtsangleichung erfolgte Einführung von Mietenstufen in den neuen Ländern ab 2002 hätten oftmals zu Unverständnis und Unmut unter den Antragstellern geführt. - So viel zu der Antwort.

Ich gehe einmal davon aus, dass die wenigsten von uns schon einmal einen Wohngeldantrag ausgefüllt haben. Deshalb habe ich ein paar Exemplare zur Ansicht mitgebracht: acht Seiten ursprünglicher Antrag, zwei Seiten Antrag zur Ermittlung der

Belastungen aus Kapitaldienst und Bewirtschaftung, zwei Seiten Angaben über die Wohnfläche. Ich glaube, der eine oder andere von uns würde, nachdem er eine Stunde lang Formulare ausgefüllt und langwierig Daten gesucht hat, das Handtuch werfen oder lieber gleich auf das Wohngeld verzichten. Allein die Liste der fünfzehn optional beizufügenden Bescheide, Nachweise und Verträge würde vielen von uns den Schweiß auf die Stirn treiben. Diese Anträge sind ein weiteres Beispiel für ausufernden Bürokratismus und Überorganisation in Deutschland, zumal wir mit dem Wohngeldsondergesetz Ost Anfang der 90er Jahre ein sehr positives Beispiel dafür hatten, wie solche Zahlungen auch relativ unkompliziert gehandhabt werden können.

(Vereinzelt Beifall bei der PDS)

Aber so durfte es nicht bleiben, und mehrere Modifizierungen haben dazu geführt, dass sich mittlerweile die bundesdeutsche Regulierungswut auch bei uns so richtig durchgesetzt hat. Wohngeldanträge brauchen deshalb heute - ich habe vorhin schon vorgelesen - nicht selten fünf bis sechs Monate bis zu ihrer Bewilligung. Das ist kein Problem für Menschen, die über genügend Erspartes verfügen, um die Wartezeit mit der vollen Mietzahlung aus der eigenen Tasche zu überbrücken. Leider reicht das Gesparte bei der Mehrzahl der Wohngeldberechtigten, die naturgemäß einer Gruppe mit geringem Einkommen angehören, nicht sehr weit. So werden sie teilweise wegen ausbleibender Wohngeldzahlungen - in einem solchen Fall unverschuldet - zu Mietschuldnern. Dies kann der Gesetzgeber nicht gewollt haben, zumal damit auch die ohnehin in schwieriger Lage befindlichen ostdeutschen Wohnungsunternehmen zusätzliche Belastungen verkraften müssen.

Zum Teil kann die Lösung - auch nach Meinung der Fachleute in einer Vereinfachung der erneuten Antragstellung nach einem Jahr liegen. Denn alle Daten sind im Computer erfasst. Hat sich an der persönlichen Haushaltslage und am Mietverhältnis der Wohngeldempfängerin oder des Wohngeldempfängers nichts geändert, gibt es keinen vernünftigen Grund, die oben beschriebene Prozedur der Antragstellung immer aufs Neue zu wiederholen.

Darauf zielt unser Antrag ab. Für weitere Ideen und Anregungen zur Verringerung der Bearbeitungszeit von Wohngeldanträgen sind wir natürlich offen. Die Lösung des Problems berührt keine parteipolitischen Grundsätze oder ideologischen Widersprüche. Es handelt sich hier um ein rein fachliches Thema, das deshalb auch emotionslos über Parteigrenzen hinweg gelöst werden sollte. Ähnlich lautende Anträge hat die PDS übrigens auch in den anderen ostdeutschen Parlamenten initiiert.

Ich hoffe, dass wir nach meinen kurzen Erläuterungen Gelegenheit haben werden, diese Thematik im zuständigen Ausschuss ausführlich zu diskutieren. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der PDS)

Noch ganz kurz zu Frau Fechner und ihrer krausen Weltanschauung. Diese Anträge haben wir natürlich, wie alle anderen auch, in den Jahren 1988 und 1989 schon in Planwirtschaft ausarbeiten lassen. - Nur, damit Ihr krauses Weltbild nicht durcheinander gerät.

(Beifall bei der PDS - Zurufe von der DVU)

Ich danke dem Abgeordneten Warnick und gebe das Wort an die Fraktion der SPD, an den Abgeordneten Ziel.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Warnick und liebe Kolleginnen und Kollegen der PDSFraktion, das Anliegen kann ich ganz gut verstehen. Das Ziel, das Sie mit diesem Antrag verfolgen, ist, wie das Ziel manch anderer Anträge auch, löblich. Ich muss aber ebenso sagen: Das Ziel, das Sie mit diesem Antrag verfolgen, ist, wie das Ziel vieler anderer Ihrer Anträge, ebenfalls nicht realisierbar. Ich will Ihnen auch gleich sagen, warum.

Wenn ich Ihren Antrag richtig verstehe, dann sind darin zwei Anliegen enthalten. Zum einen wollen Sie die Verwaltung entlasten, indem die vorzulegenden Nachweise für einen Wohngeldantrag reduziert werden. Zum anderen soll der Antragsteller finanziell entlastet und finanzielle Unsicherheit vermieden werden. Dieses Anliegen kann ich unterstützen. Trotzdem werden wir Ihren Antrag nicht annehmen können, und zwar aus drei inhaltlichen und zwei formalen Gründen, die ich Ihnen kurz benennen möchte.

Erstens: Die hohe Anzahl von Wohngeldanträgen, unter der die Ämter leiden, beruht zum Teil zurzeit immer noch auf Sonderfaktoren. Die neue Regelung existiert noch nicht einmal 24 Monate. Für eine gesetzliche Regelung ist das eine kurze Zeit. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die von Ihnen benannten Probleme überwunden sein werden.

Eine einfache Erklärung ist so auch nicht realisierbar. Wir wissen, mit welchem und mit wessen Geld wir umgehen. Es ist nun einmal so, dass sich relativ oft etwas verändert, was für Wohngeldzahlungen von Bedeutung ist. Ich möchte jetzt nicht alles aufzählen. Aber natürlich müssen die Höhe des Einkommens, die Zusammensetzung und die Höhe der Miete oder die Anzahl der Haushaltsmitglieder erfasst werden - das werden Sie auch nicht bestreiten -; denn diese Dinge sind dafür wichtig, ob und in welcher Höhe das Wohngeld gezahlt wird.

Eine einfache Erklärung hinsichtlich des Inhalts - es hat sich gegenüber dem Vorjahr nichts geändert - ist dann aber nur bei Bruchteilen von Anträgen machbar. Ich bin stets dafür, sozial Schwachen zu helfen, und halte es nicht für richtig, wenn Menschen gerade in dieser Situation vier bis fünf Wochen warten müssen. Aber neben der verkürzten Bearbeitungsdauer, Herr Kollege Warnick, muss dann auch die Möglichkeit der Vorschusszahlung gegeben sein. Diese ist gegeben; ich habe das noch einmal geprüft.

Ähnlich wie bei der Sozialhilfe kann natürlich auch Vorschuss gezahlt werden, der dann später verrechnet werden muss.

Ich möchte zu zwei formalen Gründen kommen. Diese Regelung existiert, wie gesagt, noch nicht einmal zwei Jahre. Das ist für ein Gesetz eine sehr kurze Zeit. Man muss dann wirklich noch ein wenig abwarten und der gesetzlichen Regelung Gelegenheit geben, sich zu bewähren.

Zweitens: Gerade was die sozialen Leistungen angeht, ist vieles

im Gange. Sozialleistungen sollen gebündelt werden. Auch diese Maßnahme sollten wir abwarten. Im derzeitigen Stadium halte ich eine Bundesratsinitiative zu einem so speziellen Punkt nicht für richtig. Wir werden Ihren Antrag nicht annehmen. - Danke.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich danke Herrn Abgeordneten Ziel und gebe das Wort an die Fraktion der DVU, Herrn Abgeordneten Schuldt.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die PDS-Fraktion zeigt mit ihrem Antrag, dass sie wieder einmal von einem völlig anderen Gesellschaftsmodell als dem der Verfassung ausgeht, Herr Kollege Warnick.

Mit gutem Grund hat der Bundesgesetzgeber die Anforderung zur regelmäßigen und vollständigen Antragstellung für Wohngeld mit der Gefahr des Leistungsmissbrauchs begründet. Wie soll die zuständige Wohngeldstelle bei Vorlage einer jährlichen Standarderklärung, dass sich an den Antragsgründen nichts geändert habe, zu einer sachlichen Beurteilung finden und einen Leistungsbescheid erlassen?

Und, was noch unverständlicher ist: Wie soll der Antragsteller die rechtlichen Voraussetzungen des Leistungstatbestandes selbst beurteilen können, dass die Veränderung der von der PDS genannten „kleinen Details“ nicht leistungsrelevant ist?

Unabhängig von den verfahrensrechtlichen Bedenken lässt sich aus vorliegendem Antrag ein erschreckendes Bild vom Gesellschaftsmodell der PDS erkennen.

(Lachen bei der PDS)

Diese geht offensichtlich davon aus, dass dauerhafter Wohngeldbezug gesellschaftlicher Normalfall sein soll. Genau dort liegt Ihr Irrtum, meine Damen und Herren von links außen! Die deutsche Rechtsordnung geht davon aus, dass der Sozialstaat das Existenzminimum als vorübergehende Selbsthilfe gewährleistet und der Einzelne primär allein und selbstverantwortlich für die Aufrechterhaltung seiner Lebensgrundlagen zu sorgen hat.

Deshalb ist es aus Sicht meiner Fraktion aufgrund der verfassungsrechtlichen Verantwortung der öffentlichen Träger zum sparsamen und sorgfältigen Umgang mit Steuergeldern auch unumgänglich, dass jeder Leistungsempfänger seine Bedürftigkeit regelmäßig nachweist.

Deshalb ist es eine unverschämte Verzerrung der Tatsache zu behaupten, die gesetzlich vorgeschriebene Antragstellung konterkariere den ursprünglichen Ansatz des Gesetzes. Ich frage, meine Damen und Herren: Wie lange sollen wir uns noch von der Fraktion der PDS solche Rechtsverzerrungen anhören müssen?

(Zuruf von der PDS: Das ist ja bald überstanden!)