Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein Sonderprogramm des Bundes - Herr Schippel, Sie müssen darauf achten, sonst kommen Ihre Zwischenrufe nicht günstig - für die Grenzregion zu Polen und Tschechien ist überfällig. Die PDS-Fraktion hat sich deshalb entschlossen - wir wollen das in die Beratungen zum Nachtragshaushalt 2003 eingebettet wissen -, einen Antrag einzubringen, in dessen Folge der Landtag die
Landesregierung auffordern soll, sich bei der Bundesregierung für ein Sonderprogramm für die Entwicklung der deutsch-polnischen und der deutsch-tschechischen Grenzregion einzusetzen.
Bereits vor zwei Jahren hat die PDS-Fraktion, wie Sie sich sicherlich erinnern werden, einen etwa gleich lautenden Antrag gestellt. Dieser Antrag wurde damals von der großen Koalition mit ziemlich fadenscheinigen Argumenten abgelehnt. Die SPDFraktion hoffte damals noch auf das Aktionsprogramm der Europäischen Union. Der Koalitionspartner CDU beugte sich der Koalitionsräson und meinte, Rot-Grün werde natürlich schon zusammen mit der Bundes-CDU ein solches Programm auf den Weg bringen.
Inzwischen sind zwei wertvolle Jahre der Vorbereitung der Grenzregion auf die Osterweiterung vergangen, ein Programm des Bundes zur Stärkung des Zusammenwachsens der deutschpolnischen und der deutsch-tschechischen Grenzregion und zur Stärkung ihrer Wettbewerbsfähigkeit gibt es aber noch immer nicht.
Aus dem Aktionsprogramm der EU flossen nach Angaben des Europaministeriums vom Dezember bisher nur 3 Millionen Euro nach Brandenburg. Das Land selbst hat zwar zwei wohl formulierte Erweiterungsberichte, aber meiner Meinung nach kaum Geld, um die darin genannten Maßnahmen umzusetzen. Angesichts der extremen Haushaltslage des Landes Brandenburg, die gestern und heute auch hier im Landtag zur Diskussion stand, ist es meiner Meinung nach höchste Zeit, neben eigenen Konsolidierungsanstrengungen auch die Verantwortung des Bundes für die deutsch-polnische Grenzregion klar einzufordern.
Eine Finanzierung für ein solches Sonderprogramm gibt es. Nach Angaben der zuständigen EU-Kommissarin Schreyer wurden im Haushaltsjahr 2002 Mittel des EU-Haushalts in Höhe von rund 7 Milliarden Euro nicht verausgabt. Unter Einbeziehung dieser Mittel verschwanden seit Beginn der Förderperiode für die EU-Beiträge geplante Ausgaben des Bundeshaushalts in Höhe von rund 8 Milliarden Euro sang- und klanglos in Herrn Eichels Kassen. Der Hauptgrund dafür ist, dass EUFörderprogramme nicht in dem Maße abgerufen wurden, wie es der Bundestag geplant hatte. Daran hat, wie wir wissen, auch Brandenburg seinen Anteil.
Nach Auffassung der PDS-Fraktion sollten diese vor allem für benachteiligte Gebiete und Branchen bestimmten Mittel nunmehr tatsächlich gezielt für strukturschwache Gebiete in der Bundesrepublik, also auch für die Entwicklung der deutschpolnischen und der deutsch-tschechischen Grenzregion, eingesetzt werden.
Ich appelliere an die Koalitionsfraktionen: Formulieren Sie hier und heute endlich klar die Verantwortung des Bundes für die Grenzregion! Fordern Sie im Interesse unserer Grenzregion endlich das finanzielle Engagement des Bundes! Wenn Sie wollen, dann liefern wir Ihnen in der folgenden Debatte gern noch einmal eine Vorlage. Hüpfen Sie mit einem Entschließungsantrag auf unseren Antrag! Auch diese Möglichkeit kann ja überlegt werden.
Dass der Handlungsdruck in und für die Grenzregion groß ist, zeigen die bescheidenen Antworten auf die Große Anfrage der PDS-Fraktion zur Entwicklung der deutsch-polnischen Grenz
Die EU hingegen wird - durchaus zu Recht - weiterhin darauf verweisen, dass Brandenburg auch im Jahre 2002 nicht einmal die Mittel, die zur Verfügung standen, ausgeschöpft hat. - Ich danke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Verehrte Abgeordnete, wieder einmal beschäftigt uns die PDS-Fraktion im Landtag mit einem Antrag, der im Ergebnis die Landesregierung weiterhin in die Pflicht nehmen soll. Sie eröffnet mit dem vorliegenden Antrag einen Reigen von fünf Anträgen dieser Art allein am heutigen Nachmittag.
Mit dem vorliegenden Antrag soll die Landesregierung verpflichtet werden, sich im Zusammenwirken mit anderen betroffenen Bundesländern beim Bund dafür einzusetzen, dass nicht verausgabte und zurückfließende Beiträge zum EU-Haushalt mittels eines Sonderprogramms in die grenznahen Regionen investiert werden können.
Die PDS steht bekanntermaßen immer sehr für das Wünschenswerte. In der Tat ist das schon ein löblicher Vorschlag, handelt es sich nach Information der EU-Kommissarin Schreyer doch um 6 bis 7 Milliarden Euro. Ein wahrer Goldregen, könnte man meinen, der die noch lockeren Nahtstellen zu den Beitrittsgebieten zu einer festen Schweißnaht werden ließe. Doch wie sieht es mit der Realitätsnähe dieses PDS-Vorschlags aus?
Zur Beantwortung dieser Frage habe ich Informationen beim Bundesfinanzministerium eingeholt. Danach sieht die Sachlage so aus:
Erstens: Die Minderausgaben der Europäischen Union von 6 bis 7 Milliarden Euro sind bisher nur eine vorläufige Schätzung.
Zweitens: Nach EU-Haushaltsrecht werden Überschüsse eines Haushaltsjahres grundsätzlich als Einnahmen in den EU-Haushalt des Folgejahres eingestellt. Es fließen also keine freien Mittel zurück, sondern es werden dadurch lediglich die Haushaltsansätze für die Beiträge der Mitgliedsländer für das Folgejahr reduziert. Die Höhe der Minderausgaben wird den Mitgliedsstaaten in einem Berichtigungsschreiben mitgeteilt.
Drittens: Da der Bundeshaushalt, ähnlich wie unser Haushalt, zum Teil durch Nettokredite finanziert wird, führt der genannte Sachverhalt automatisch zu einer Minderung der Nettokreditaufnahme. Somit würde sich der Antrag der PDS-Fraktion in jedem Fall auf die Nettokreditaufnahme im Bundeshaushalt beziehen. Hierzu wäre eine politische Entscheidung des Bundestags gefragt, dies übrigens unabhängig von verausgabten Beitragsmitteln.
Viertens: Die EU ist unter bestimmten Umständen frei, nicht verausgabte Mittel für Sonderaufgaben einzusetzen. Dafür gibt es bekannte Beispiele in der Vergangenheit: das Sofortpro
gramm für ostdeutsche Länder 1991/92 von 2 Milliarden DM sowie die Mittel zur Bekämpfung der BSE-Krise im Jahre 2000 und der Flutkatastrophe im Jahre 2002, die uns allen noch gut in Erinnerung ist.
So gesehen könnten sich die Länder und der Bund bei der Europäischen Union für die Finanzierung eines Grenzlandprogramms einsetzen. Das aber, meine Damen und Herren, ist ja, wie wir wissen, bereits mehrfach und nicht ganz ohne Erfolg geschehen. Das haben wir auch im Europaausschuss wiederholt sehr ausführlich behandelt. Weitere Anträge hätten angesichts der allgemeinen Haushaltslage des Bundes nach unserer Einschätzung wenig Erfolg. Aus diesen Gründen wird die SPDFraktion diesen Antrag ablehnen. - Schönen Dank, meine Damen und Herren.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Stimmung an der Oder ist schlecht, denn trotz der positiven Erwartungen, dass die Chipfabrik in Frankfurt (Oder) doch noch zügig gebaut werden kann, gehört der Ostbrandenburger Raum zu den wirtschaftlich schwächsten in ganz Brandenburg. In Eberswalde und Cottbus liegt die offiziell zugegebene Arbeitslosenquote bei nahezu 25 %, in Frankfurt (Oder) bei immer noch über 20 %. Nimmt man die verdeckte Arbeitslosigkeit hinzu, so kommt man regional auf 40 % und mehr. Die Unternehmen in der Ostbrandenburger Region sind, wie die im Februar durchgeführte Konjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammern Brandenburgs bewies, in einem Stimmungstief. Im Kammerbezirk Frankfurt (Oder) wollen lediglich 6 % der Unternehmen mehr investieren als im Vorjahr und 70 % weniger oder gar nicht.
Nach Ansicht der Industrie- und Handelskammer Frankfurt (Oder) werden die Unternehmen auch in diesem Jahr weiterhin massiv Stellen streichen. Jede dritte Firma rechnet mit Entlassungen. Darunter haben vor allem Regionen wie die Uckermark mit einer offiziellen Arbeitslosenquote zwischen 28 und 30 % zu leiden.
Daher erklärten auch Sie, Herr Ministerpräsident Platzeck, kürzlich bei einer Veranstaltung zur EU-Osterweiterung, dass es angesichts der Massenarbeitslosigkeit bitter nötig sei, den Wirtschaftsraum an der Oder zu beleben sowie Kommunen und Unternehmen zu stärken. Die von den Experten bei der gleichen Veranstaltung gegebenen Handlungsempfehlungen umfassen unter anderem die Schaffung eines Oder-Verkehrskorridors und die Entwicklung eines zusätzlichen Hochwasserschutzes durch Schaffung von Überflutungsflächen. Darüber hinaus sollen die grenzüberschreitende Verbrechensbekämpfung und auch der Katastrophenschutz deutlich verbessert werden.
So gesehen, meine Damen und Herren von der PDS-Fraktion, könnte man Ihrem vorliegenden Antrag, die von der EU voraussichtlich an die Bundesrepublik Deutschland zurückerstatteten 1,75 Milliarden Euro für die Grenzregionen zu verwenden, durchaus zuzustimmen geneigt sein.
Es sind jedoch in diesem Zusammenhang zwei weitere Aspekte zu beachten. Erstens ist nicht einzusehen, dass die Bundesrepublik Deutschland der mit weitem Abstand größte Nettozahler der EU ist. Es wäre Aufgabe der Bundesregierung - ähnlich wie es die britische Regierung bereits vor vielen Jahren tat und Bundeskanzler Schröder es einstmals versprach -, hier eine Änderung zugunsten Deutschlands durchzusetzen.
Zum anderen befürchten wir als DVU-Fraktion, dass bei Annahme Ihres Antrages die zurückfließenden Gelder nicht den strukturschwachen Regionen an der deutsch-polnischen Grenze auf deutscher Seite zufließen, sondern stattdessen zur Belebung der polnischen oder tschechischen Wirtschaft verwendet werden und dass die Unternehmer und Arbeitnehmer in Ostbrandenburg wiederum im Regen stehen bleiben. Wenn Sie das hätten verhindern wollen, hätten Sie Ihren Antrag schon etwas konkreter als in der vorliegenden Fassung formulieren müssen. Nur aus diesem Grunde lehnen wir den vorliegenden Antrag leider ab. Ich bedanke mich.
Ich danke dem Abgeordneten Nonninger. - Das Wort geht an die Fraktion der CDU, an Herrn Abgeordneten von Arnim.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Kollegen von der PDS hatten in der Tat mit dem Antrag - ich kann nur bestätigen, was Herr Dr. Wiebke bereits sagte - eine löbliche Idee. Nur - in diesem Fall entschuldigen Sie bitte, dass ich mich ganz kurz fassen kann - haben wir, obwohl wir nicht das gleiche Telefon benutzt haben, Herr Dr. Wiebke, exakt die gleichen Recherchen vorgenommen. Ich bin zu keinem anderen Ergebnis gekommen.
Es ist in der Tat so, Frau Stobrawa, dass die Gelder, die Sie im Sinn haben, definitiv nicht in den Bundeshaushalt fließen, sondern - Herr Dr. Wiebke sagte es bereits - uns zugerechnet werden, sodass für uns deshalb überhaupt keine andere Möglichkeit besteht.
Eine weitere Bemerkung dazu: Wir müssen im Moment noch von Schätzungen ausgehen. Die Schätzungen beziehen sich auf etwa 7 Milliarden Euro, vielleicht nur 6 Milliarden oder auch etwas darunter. Was ganz wichtig ist, Frau Stobrawa: Die Abrechnung für den Gesamtzeitraum von 2000 bis 2006 wird im Jahre 2003 kommen. Was sich daraus entwickeln wird, müssen wir meines Erachtens abwarten. Deshalb lehnen wir von der CDU-Fraktion Ihren Antrag ebenfalls ab. - Danke schön.
Ich danke dem Abgeordneten von Arnim und gebe das Wort an die Landesregierung. Frau Ministerin Ziegler, bitte.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann mich den Reden der Koalitionäre anschließen und will es
ganz kurz machen. Ich möchte Frau Stobrawa einen Hinweis geben. Das Grenzlandförderprogramm hat ja eine Aufstockung erfahren, auch wenn sie aus unserer Sicht selbstverständlich zu niedrig ist. Wir sind aber auf dem richtigen Weg und können diesen nur weiterhin unterstützen, aber aus den faktischen Gründen, die genannt worden sind, geht es nicht, in den Bundeshaushalt in der Art und Weise einzugreifen, wie Sie sich das wünschen. - Vielen Dank.
Ich danke Ihnen, Frau Ministerin Ziegler, und gebe das Wort noch einmal an die Fraktion der PDS. Frau Stobrawa, bitte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ehrt mich, wenn Sie den Antrag löblich finden, sie lehnen ihn aber trotzdem ab.
Ich gehe einmal davon aus, Dr. Wiebke, dass wir zu dem, was den Bundeshaushalt betrifft, sicherlich keine sehr abweichende Meinung haben. Nur müssen wir dann auch ganz klipp und klar sagen, dass dieses Geld nur genommen wird, um die Nettokreditaufnahme zu senken, und dass es damit für die Grenzregion weg ist, weg ist für den eigentlichen Part, für den es einmal gedacht war, nämlich für die Lösung von Aufgaben innerhalb der europäischen Integration. Das ist für meine Begriffe das Wichtigste, was wir hier deutlich sagen müssen. Es befremdet mich deshalb, dass wir nicht den Mut aufbringen, das einzufordern, was dem Land Brandenburg mit einer 250 km langen Grenzregion zumindest moralisch zusteht.
Frau Stobrawa, nehmen Sie doch bitte zur Kenntnis, dass es eben nicht in den Bundeshaushalt geht, sondern lediglich zur nächsten Nachberechnung zugegeben wird. Es landet also nicht im Bundeshaushalt.
Herr von Arnim, das Geld war im Bundeshaushalt, als dieser in Kraft getreten ist. Ich stelle deshalb die Frage: Wohin hat es sich denn nun verflüchtigt? Es ist doch da gewesen. Ist das ein Null-Summen-Spiel, was wir machen? Oder wird in den Bundeshaushalt im Grunde genommen etwas eingestellt, was nicht vorhanden ist?
Auf diese Frage kann ich eigentlich nur die Antwort geben: Ich dachte bisher immer, dass in den Bundeshaushalt tatsächlich nur
Geld eingestellt wird, das vorhanden ist, und dass wir hier nicht über Spielgeld oder andere Sachen reden.