Protocol of the Session on March 6, 2003

Wer die Gewinnmitnahmen bei Neuemissionen zurzeit des Aktienbooms noch vor Augen hat und weiterhin in Betracht zieht, dass die Anlagestrategie der meisten Kleinanleger nichts anderes als ein nachhaltiges Wetten mit Gewinnerzielungsabsicht darstellt, kann vor dem Hintergrund der möglichen Versilberung derartiger Kurssteigerungen zunächst nicht die tatsächliche Steigerung der Leistungsfähigkeit und damit auch nicht die Pflicht zur Besteuerung von Gewinnen aus privaten Veräußerungsgeschäften mit dem individuellen Steuersatz in Abrede stellen.

Welch gigantische Steuermehreinnahmen bei vollumfänglicher Prüfung aller Broker, Kreditinstitute und aller anderen mit Wertpapiergeschäften befassten Marktteilnehmer vor dem Hintergrund des Aktienbooms bzw. der Turbulenzen auf dem so genannten Neuen Markt insbesondere zu Beginn dieses Jahrtausends zutage gefördert würden, kann nur vage abgeschätzt

werden. Es würde sich jedenfalls bundesweit um Milliardensummen handeln. Da mit der Erholung der Aktienmärkte zu rechnen ist, würde spätestens ab 2004 bei Verwirklichung unseres hier vorliegenden Antrages mit deutlichen Steuermehreinnahmen bei gleichzeitigem Vertrauensschutz für Altanleger zu rechnen sein. Damit könnte man auch im Gegenzug eine wirkliche Steuerentlastung durch Absenken der Einkommensteuerprogression wieder vermehrte Steuerbegünstigungen für kleine und mittelständische Firmen und Ähnliches durchführen.

Frau Abgeordnete Hesselbarth, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Denn es ist hoffentlich nicht nur aus der Sicht unserer Fraktion besser, Spekulanten höher zu besteuern als kleine und mittelständische Betriebe.

Ich bitte Sie daher nochmals um Zustimmung zu unserem Antrag und bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Hesselbarth. - Herr Abgeordneter Vietze, Sie haben einen Antrag zur Geschäftsordnung?

Herr Präsident, ich würde Sie bitten, zur Kenntnis zu nehmen, dass ich zwar Verständnis dafür habe, vielleicht auch die anderen Kollegen, dass die DVU-Abgeordnete Frau Hesselbarth den Wunsch hat, hier zu reden. Aber ich glaube, nach den Ausführungen des Abgeordneten Homeyer wurde deutlich, dass der Deutsche Bundestag ein Gesetz verabschiedet hat, das sich mit dem Anliegen, das Gegenstand des Antrages ist, beschäftigt und sich der Bundesrat nunmehr seit dem 21. Februar mit diesem Inhalt auseinander zu setzen hat. Es ist also objektiv ganz aberwitzig, den Bundesrat diesbezüglich noch einmal aufzufordern und dafür eine Initiative des Landes Brandenburg als Auslöser haben zu wollen.

Damit wird uns wichtige Zeit gestohlen. Ich meine, dass das einfach unnötig ist.

(Beifall bei der PDS)

Herr Abgeordneter Vietze, wir haben die Fraktion der DVU hier im Landtag, und ich habe nicht die Absicht, einen Antrag, den eine Fraktion einreicht, in irgendeiner Form inhaltlich zu bewerten und vielleicht die Redezeit eines Abgeordneten einzuschränken. Sie kennen die Geschäftsordnung genauso gut wie ich und wissen, dass das im Grunde eine unsinnige Kommentierung war.

(Beifall bei der DVU)

Ich schließe die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt.

Wir kommen zur Abstimmung. Die Fraktion der DVU beantragt, die Drucksache 3/5545 an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen zu überweisen. Wer diesem Überweisungsantrag folgt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Damit ist der Überweisungsantrag mehrheitlich abgelehnt worden.

Ich rufe zur direkten Abstimmung den Antrag der Fraktion der DVU, Drucksache 3/5545, auf. Wer diesem Antrag seine Zustimmung gibt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt worden.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 12 und rufe Tagesordnungspunkt 13 auf:

Bundesratsinitiative zur Änderung des Tierseuchengesetzes (TierSG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. April 2001 (BGBl. I S. 506), zuletzt geändert durch Artikel 4 Gesetz zur Änderung des Fleischhygienegesetzes, des Geflügelfleischhygienegesetzes und des Tierseuchengesetzes vom 07.03.2002 (BGBl. I S. 1046)

Antrag der Fraktion der DVU

Drucksache 3/5546

Ich eröffne die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt mit dem Beitrag der einreichenden Fraktion. Herr Abgeordneter Claus, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch Tiere sind Gottes Geschöpfe, mit denen man nicht machen kann, was man will. Mit der BSE-Vorsorgeverordnung vom 16. Juli 2001 wurde eine bundeseinheitliche Regelung geschaffen, wie mit Rindern in Beständen zu verfahren ist, in denen BSE amtlich festgestellt wurde. Sie sieht, angesichts der BSE-Krise damals durchaus sinnvoll, Ausnahmen vom bis zum Zeitpunkt ihres InKraft-Tretens allgemein geltenden Tötungsgebot vor, damit weniger Tiere getötet werden müssen, ohne beim vorbeugenden Gesundheitsschutz Abstriche zu machen.

Tiere, die nach Beginn des Tiermehlverfütterungsverbots geboren wurden, müssen nach den aktuellen Regelungen nicht mehr getötet werden. Sinn und Zweck der Verordnung war es damit letztlich, die Zahl der im BSE-Fall zu tötenden Tiere mit der Zeit kontinuierlich abnehmen zu lassen. Die Fakten seit dem InKraft-Treten der BSE-Vorsorgeverordnung sprechen allerdings dagegen, dass dieser Normzweck erreicht wurde.

Betrachten wir die BSE-Fälle in Brandenburg, so ergibt sich für den Zeitraum von Januar 2001 bis Dezember 2002 eine Anzahl von sieben Fällen. Schon auf den ersten Fall vom 26. Januar 2001 hin wurde die gesamte Herde getötet und beseitigt, obwohl die BSE-Tests bis auf jeweils ein Individuum bei sämtlichen Tieren der betroffenen Herde negativ ausfielen. Dies resultierte daraus, dass die Verordnung, gestützt auf das Tierseuchengesetz, im Fall des Auftretens von BSE in einem Bestand folgendes Verfahren vorsieht:

Erstens Tötung aller Rinder des Bestandes, sofern das befallene Rind nicht mehr als 20 Monate in dem Bestand gehalten worden ist, zusätzlich Tötung der Geburtskohorte, das heißt der Rinder, die jeweils zwölf Monate vor und nach der Geburt des befallenen Rindes in dem Bestand geboren worden sind.

Außerdem kann die Tötung von Rindern angeordnet werden, die in den ersten zwölf Lebensmonaten zu irgendeinem Zeitpunkt mit dem befallenen Rind zusammen gehalten worden sind und bei denen nicht ausgeschlossen werden kann, dass sie mit demselben Futter wie das befallene Rind gefüttert worden sind.

Zweitens: Wenn eine Mutterkuh an BSE erkrankt ist, sind zusätzlich die Kälber zu töten, die diese Kuh innerhalb von 24 Monaten vor Feststellung von BSE geboren hat. Ausnahmen vom Tötungsgebot sind lediglich vorgesehen für Rinder, die nach In-Kraft-Treten des Fütterungsverbotsgesetzes geboren worden sind, für Rinder, die weniger als zwölf Monate vor der amtlichen Feststellung von BSE in dem Bestand gehalten worden sind, wie für Rinder, die in gesonderten Betriebseinheiten gehalten worden sind und bei denen ausgeschlossen werden kann, dass sie das gleiche Futter erhalten haben wie das befallene Rind.

Wenn ein erkranktes Tier weniger als 20 Monate in einem Bestand gestanden hat, müssen die übrigen Tiere dieses Bestandes nicht getötet werden, wohl aber die Geburtenkohorte dieser Tiere.

Wenn man berücksichtigt, dass seit Januar 2001 in unserem Bundesland lediglich insgesamt zwölf BSE-Fälle aufgetreten sind, demgegenüber aber Hunderte von Tieren, die nicht BSEinfiziert waren, getötet wurden, ist es an der Zeit, darüber nachzudenken, ob die Regelungen, die zu jener Zeit als Reaktion auf eine BSE-Krise in Kraft gesetzt wurden, heute noch aufrechtzuerhalten sind. Angesichts der Haushaltslage auf der einen Seite und der sowohl für das Land und für die Kommunen als auch für die Beseitigungspflichtigen jährlichen Tierkörperbeseitigungskosten ist es bei der nun geänderten Situation erforderlich, wieder Vernunft walten zu lassen und die Massentötungen auch in Anbetracht der verfassungsrechtlichen Bedeutung der Tiere als Mitgeschöpfe auf das notwendige und unerlässliche Maß zu reduzieren. Deshalb bitte ich Sie, unserem Antrag zuzustimmen. - Ich bedanke mich erst einmal für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Ich danke Ihnen, Herr Abgeordneter Claus, und gebe das Wort dem Abgeordneten Klein, der für die Koalitionsfraktionen von SPD und CDU spricht.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Antrag der DVU-Fraktion ist entbehrlich, weil damit eine offene Tür eingerannt werden soll. Das Ministerium für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung hat als fachlich zuständiges Ressort bereits vor etwa zwei Monaten eine Initiative ergriffen mit dem Ziel, eine Änderung des Tierseuchengesetzes zu bewirken. Im Rahmen der nächsten Agrarministerkonferenz, die vom 19. bis 21. März, also in Kürze, in Schwerin stattfindet,

wird Herr Minister Birthler Frau Künast bitten, eine entsprechende Bundesratsinitiative zu unterstützen mit dem Ziel, geltendes EU-Recht zu ändern.

Das Ziel besteht in dem Übergang von der Tötung einer Geburts- und Fütterungskohorte zur Einzeltiertötung, ohne jedoch Abstriche beim Verbraucherschutz zuzulassen. Eine solche Änderung ist allerdings nicht in einem nationalen Alleingang zu erreichen, weil es sich hierbei um EU-Recht handelt. Daher wird Frau Ministerin Künast in Brüssel bei den Mitgliedstaaten um eine Mehrheit für diese Änderung werben.

Ich komme auf die erwähnte Entbehrlichkeit des vorliegenden Antrags zurück. Entbehrlich heißt, dass der Antrag abzulehnen ist. - Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich danke Ihnen, Herr Abgeordneter Klein, und gebe das Wort an die Fraktion der PDS. Bitte, Frau Abgeordnete Wehlan.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist gerade zwei Jahre her, dass bei einer Kuh im bayerischen Rottenbuch der erste BSE-Fall eines in Deutschland geborenen Rindes festgestellt wurde. Seitdem gab es weitere 243 Fälle. Die deutsche Landwirtschaft erlebte die bislang am schwersten wiegende Vertrauenskrise in der jüngeren Geschichte.

Auch wir mussten erkennen, dass wir nicht auf einer Insel der Glückseligen leben. Am 26. Januar 2001 brach für die Rinderzüchter in Brandenburg eine Welt zusammen. Bei einem in Nordhorn in Niedersachsen geschlachteten Rind aus dem Landkreis Havelland wurde BSE festgestellt. Damals wurde die gesamte Herde getötet und zur gefahrlosen Entsorgung an eine Tierkörperbeseitigungsanlage übergeben. Sämtlichen Tieren entnahmen die Veterinäre Proben für BSE-Tests, die alle negativ ausfielen.

EU, Bundes- und Landesregierung haben inzwischen umfangreiche Maßnahmen eingeleitet, mit denen einerseits auf die bekannten Risikofaktoren für BSE reagiert und andererseits natürlich geholfen werden sollte, das verlorene Vertrauen bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern wiederzugewinnen. Die Stichworte BSE-Test und hochmoderne BSE-Labors in Frankfurt (Oder) und in Potsdam sollten an dieser Stelle genügen.

Als Vorsitzland der Agrarministerkonferenz nutzte Brandenburg natürlich die Chance des Gastgebers, um auf zwei Konferenzen in Berlin und in Potsdam Eckpunkte für die BSE-Bekämpfung auf den Weg zu bringen.

Erfahrungen auch über die in Deutschland festgestellten BSEFälle liegen vor. Daraus lassen sich erste Veränderungen in der Bekämpfungsstrategie ableiten. Insbesondere die Tötung ganzer Bestände erscheint als fragwürdig. Die millionenfachen Tests in der EU haben keinen Hinweis darauf gegeben, dass der ganze Bestand, aus dem das erkrankte Rind stammt, von BSE betroffen sein könnte. Deshalb ermächtigt die im Vorjahr geänderte BSE-Vorsorgeverordnung die zuständigen Behörden der Län

der, statt der Tötung des Gesamtbestandes nur noch die Tötung der Geburts- oder Fütterungskohorte zu veranlassen, dies natürlich nur insoweit, wie Belange der Vorsorge für die menschliche oder auch tierische Gesundheit dem nicht entgegenstehen.

Übrigens hatte die Bundesregierung die EU-Kommission bereits zu prüfen gebeten, ob die zuständigen Behörden ermächtigt werden könnten, in bestimmten Fällen von der Tötung der Fütterungskohorte abzusehen und nur noch die Geburtskohorte zu töten. Dies hält der wissenschaftliche Lenkungsausschuss bekanntlich jedoch für verfrüht. Nun kann man ja anderer Meinung sein. Verständlich ist diese Meinung meines Erachtens allemal deshalb, weil zum einen die Zahl der BSE-Fälle nicht entscheidend reduziert werden konnte - im Jahre 2002 gab es in der EU noch immer 2 081 Fälle gegenüber 2 182 Fällen im Jahre 2001 und auch in Deutschland ist der Rückgang von 125 auf 106 Fälle nicht als großer Durchbruch anzusehen - und weil zum anderen die Ursachen und die Folgen von BSE für den Menschen nach wie vor unzureichend aufgeklärt sind.

Es macht also keinen Sinn, die Bundesregierung über den Bundesrat aufzufordern, tätig zu werden; denn die Bundesregierung ist nachweislich bereits tätig. Eine entsprechende Aufforderung bedeutete also Eulen nach Athen tragen. Es bedarf keiner Bundesratsinitiative auf Veranlassung der DVU-Fraktion, die im Übrigen ohnehin nur für deutsche Rindviecher gedacht wäre.

(Beifall bei der PDS)

Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Wehlan.

Ich frage die Landesregierung, ob sie Redebedarf hat. - Das ist nicht der Fall. Dann gebe ich das Wort noch einmal an die Fraktion der DVU. Bitte, Herr Abgeordneter Claus.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Wehlan, hoffentlich ist auch Ihnen bekannt, dass BSE nicht nur in Deutschland auftritt. Nur so viel dazu.

Herr Minister Birthler, es ist ja schön, dass Sie von Brandenburg aus eine Initiative starten und Ministerin Künast bitten wollen, einen Bericht darüber vorzulegen, wie es mit der Möglichkeit der Tötung einzelner Tiere aussieht. Ich hoffe, dass Sie uns in der nächsten Ausschusssitzung darüber informieren werden, wie Frau Künast das aufgenommen hat. Sie hätten uns aber auch schon im Vorfeld sagen können, dass die Landesregierung so etwas plant. Dann hätten wir den vorliegenden Antrag nicht gestellt. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.