Protocol of the Session on December 19, 2002

Mit den Zielvorgaben der Bundesregierung zum Klimaschutz sind die Regelungen des Gesetzentwurfes ebenfalls nicht vereinbar. Die Anhebung der Umsatzsteuer für Vorprodukte, die einer energetischen Nutzung zugeführt werden können, hat eine Verteuerung der Energieträger beim Endverbraucher zur Folge. Diese steht im Widerspruch zu den erforderlichen Maßnahmen zur Senkung der CO2-Emission durch Ausbau der Nutzung erneuerbarer Energiequellen, insbesondere zur Erklärung der Bundesregierung zum Klimaschutzprogramm und zum Koalitionsvertrag. Gleichzeitig wird damit die notwendige Neuorientierung in der Landwirtschaft auf die Möglichkeiten der Energieproduktion für Wertschöpfung und Arbeitsplatzsicherung erschwert.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die gegenwärtige Finanzpolitik der Bundesregierung ist durch Missmanagement gekennzeichnet. Die Halbwertzeit von Ankündigungen ist erstaunlich gering. Das lässt soziale Spannungen sowie Unmut und Proteste wachsen. Deshalb fordere ich Sie auf, verehrte Kolleginnen und

Kollegen: Packen Sie den Sack der guten Taten aktiv mit! Viel Zeit bleibt nicht mehr. - Danke.

(Beifall bei der PDS)

Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Wehlan. - Bevor ich das Wort weitergebe, möchte ich Gäste im Landtag begrüßen, und zwar aus dem Amt Schenkendöbern. Der Besuch ist an sich schon lobenswert, aber sie haben auch Gäste mitgebracht, und zwar aus ihrer Partnergemeinde Trzebiechow in Polen. Herzlich willkommen!

(Allgemeiner Beifall)

Das Wort geht an die Fraktion der SPD, Herrn Abgeordneten Dr. Woidke.

Verehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Lage in der Brandenburger Landwirtschaft ist ernst. Sie ist sogar sehr ernst. Es ist richtig, dass die am 20. November vom Bundeskabinett beschlossenen und das Gesetzgebungsverfahren zum Steuervergünstigungsabbaugesetz...

Brauchen Sie Hilfe, Herr Abgeordneter?

(Heiterkeit bei der SPD)

... betreffenden Änderungen für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft sowie des Gartenbaus zusätzliche Härten mit sich bringen. Es ist aber nicht richtig, dass die Landesregierung Brandenburgs erst die Aufforderung des Landtages braucht, um die Situation zu erkennen und entsprechend zu handeln.

In folgenden Fällen hat Brandenburg bereits Anträge zur Änderung des vorliegenden Reformvorschlages in den Bundesrat eingebracht und ist als Einbringer selbst tätig gewesen:

Erstens sollte die Umsatzsteuer für wesentliche Vorleistungen landwirtschaftlicher Betriebe geändert werden. Der Grundsatz, dass die vom Landwirt oder Gärtner auf Vorprodukte und Futtermittel gezahlte Umsatzsteuer der Umsatzsteuer entspricht, die er beim Verkauf seiner Produkte einnimmt, muss beibehalten werden. Dem dient eine Initiative des Landes Brandenburg.

Zweitens geht es um die Umsatzbesteuerung gartenbaulicher Erzeugnisse. Diese Umsatzbesteuerung bzw. Anpassung würde Preiserhöhungen im Bereich des Gartenbaus mit sich bringen und damit auch für die Gärtner des Landes Brandenburg einen Umsatzrückgang bzw. eine Nettopreisminderung zur Folge haben. Die Kunden, aber auch die Kommunen werden wahrscheinlich nur die gleiche Summe wie bisher ausgeben. Das zumindest besagt eine Schätzung des Berufsstandes. Die Folge wäre ein Produktionsrückgang und Personalabbau im Gartenbaubereich des Landes Brandenburg. Wettbewerbsnachteile gegenüber der Konkurrenz aus Holland, aber auch aus anderen Ländern des EU-Binnenmarktes wären eine weitere Folge.

Frankreich machte eine ähnliche Initiative rückgängig, weil mehrere tausend Arbeitsplätze verlustig gegangen waren.

Drittens hat das Land Brandenburg eine Bundesratsinitiative eingebracht, um die erhöhte Umsatzbesteuerung auf Brennholz zu verhindern. Im Hinblick auf die Diskussion zur CO2-Minderung wird Energieholz als erneuerbare Energieträger in Brandenburg auch in Zukunft einen entscheidenden Beitrag leisten müssen. Dem stünde eine solche Steuererhöhung logischerweise entgegen.

(Vereinzelt Beifall bei der PDS)

Diese drei Beispiele zeigen, dass der von Ihnen, der PDS, erweckte Eindruck, die Landesregierung mache ihre Hausaufgaben nicht, nicht richtig ist. Die Landesregierung hat in diesen Fällen ihre Hausaufgaben, wozu auch Absprachen mit anderen Bundesländern notwendig waren, sehr gut gemacht.

Im Interesse der brandenburgischen Land- und Forstwirtschaft sowie des Gartenbaus und damit auch im Interesse des gesamten Landes hat die Landesregierung sehr gut gearbeitet. Ich bitte Sie um Zustimmung zum Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen. - Danke schön.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich danke dem Abgeordneten Dr. Woidke und gebe das Wort an die Fraktion der DVU, an den Abgeordneten Claus.

Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Die Brandenburger Landwirtschaft darf nicht dem Rotstift des Herrn Eichel geopfert werden. Doch genau dies geschieht, wenn die Bundesregierung wie geplant landwirtschaftliche Vorprodukte und Vorleistungen wie Saatgut, Düngemittel usw. mit dem vollen Umsatzsteuersatz in Höhe von 16 % besteuern lässt und wenn darüber hinaus der Pauschalsteuersatz in Höhe von 9 % entfällt.

Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 beträgt der Umsatzsteuersatz für alle landwirtschaftlichen Umsätze mit Ausnahme von Forsterzeugnissen, Sägewerkserzeugnissen und Flüssigkeiten 9 % der Bemessungsgrundlage. Der abziehbare Vorsteuersatz ist entsprechend hoch.

Würde diese Regelung abgeschafft, müssten in Zukunft landwirtschaftliche Leistungen aller Art mit dem vollen Umsatzsteuersatz in Höhe von 16 % besteuert werden - mithin fast eine Verdopplung der Umsatzsteuer und damit eine drastische Erhöhung der Preise landwirtschaftlicher Produkte.

Ein weiteres Ergebnis wäre natürlich, dass die Umsätze bei solchen Produkten angesichts der wirtschaftlichen und sozialen Situation weiter Bevölkerungskreise entsprechend zurückgingen. Dabei gefährdet der gegenwärtige Preisverfall für landwirtschaftliche Produkte nach Ansicht des Brandenburger Bauernverbandes ohnehin den bereits eingeleiteten Umbau zu einer nachhaltigen, umweltschonenden Landwirtschaft; womit die Ökolandwirtschaft gemeint ist.

Der ökonomische Druck auf die Bauern sei inzwischen so groß,

so der Bauernverband weiter, dass die von der Politik und den Bauern gewollte nachhaltige Landwirtschaft für die Betriebe kaum noch darstellbar sei. Das erklärte der Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes, Helmut Born, jüngst am Rande einer Klausurtagung des Landesbauernverbandes Brandenburg.

Am stärksten sei der Ökolandbau betroffen. Die höheren Produktionskosten ließen sich derzeit nicht über höhere Preise an den Verbraucher weitergeben. Dazu komme, so Born weiter, die Krise der sozialen Sicherungssysteme. So ginge künftig mehr als ein Drittel des Durchschnittsgewinns landwirtschaftlicher Betriebe für die Sozialversicherung drauf.

Daneben haben viele Landwirte in Brandenburg noch mit den Folgen des Hochwassers, vor allem mit finanziellen Einbußen das wissen wir alle -, zu kämpfen.

Wie man angesichts einer solchen Lage landwirtschaftliche Umsätze der Vollumsatzbesteuerung von 16 % unterwerfen kann, bleibt wohl das Geheimnis des Herrn Eichel.

Wir als DVU-Fraktion lehnen jedenfalls die Pläne der Bundesregierung zum Abbau von Steuervergünstigungen und Ausnahmeregelungen für Landwirte ab.

Werte Kollegen der PDS-Fraktion, wir haben in der letzten Ausschusssitzung den Minister aufgefordert, uns ein Papier vorzulegen und die voraussichtlichen Auswirkungen darzustellen. Dieser Aufforderung ist der Minister kurzfristig nachgekommen. Des Weiteren führte er aus, dass er sich mit den Ministern der übrigen Länder einig sei. Er werde versuchen, den Abbau dieser Steuervergünstigungen zu verhindern. Er hat uns zugesichert, uns kurzfristig über neue Erkenntnisse, sofern es solche gibt, in Kenntnis zu setzen. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Ich danke Ihnen, Herr Abgeordneter Claus. - Das Wort geht an die Fraktion der CDU, Herrn Abgeordneten Helm.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Wehlan, Ihre Fraktion hat einen Antrag eingebracht, der sich eigentlich erledigt hat. Es ist schade, dass Sie das nicht gewusst haben; Sie wissen doch sonst alles.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Es ist bereits gesagt worden, dass die Landesregierung in der richtigen Richtung aktiv geworden ist. Ihr Antrag verfolgt durchaus eine richtige Intention, kommt aber zu spät.

Morgen tritt der Bundesrat zusammen. Das Land Brandenburg ist im Agrarausschuss des Bundesrates in der richtigen Richtung aktiv geworden. Die Anträge sind dort mehrheitlich durchgegangen. Es wäre noch besser, wenn sich die Landesregierung dazu entschlösse, dieses Gesetz grundsätzlich abzulehnen.

Es geht nicht um Peanuts; das muss ich klar und deutlich sagen. Allein die Aufhebung der Pauschalbesteuerung bedeutet für die

Betriebe in der Bundesrepublik insgesamt eine Mehrbelastung von 280 Millionen Euro, auf den einzelnen Betrieb entfallen 750 Euro. Das ist nur ein Arbeitsbeschaffungsprogramm für Steuerberater, die Buchführung und die Finanzämter; denn es werden zigtausend neue Bearbeitungsfälle auf sie zukommen. Ich hoffe, dass man personell darauf vorbereitet ist.

Wir werden Ihren Antrag ablehnen und haben einen weitergehenden Entschließungsantrag eingebracht. Die morgen stattfindende Bundesratssitzung ist nicht nur, was diesen Punkt angeht, den Sie mit Ihrem Antrag aufgegriffen haben, von größter Bedeutung für die Landwirte in Brandenburg. Wir erachten es deshalb als außerordentlich wichtig, dass die Vertreter des Landes Brandenburg bei allen Beratungsgegenständen in dieser - nicht nur in dieser - Sitzung die Probleme der Brandenburger Landwirte beachten und ihr Stimmverhalten danach ausrichten. So steht auch das Gesetz über die Modulation auf der Tagesordnung - ein weiterer Beratungsgegenstand, der aus der Sicht der Landwirtschaftsbetriebe äußerst brisant ist, geht es doch um die Umschichtung von Finanzmitteln weg von den Landwirtschaftsbetrieben hin zu einer allgemeinen Förderung von vor allem grünen Projekten und Umweltprogrammen.

Die Regelung stellt einen nationalen Alleingang dar und ist mit einem unerhörten Mehraufwand an Bürokratie für die Antragsteller und die Verwaltung verbunden. Bisher weiß niemand, wie damit umgegangen werden soll. Es ist noch völlig unklar, was mit dem Geld tatsächlich finanziert werden kann. Das Geld soll zwar ab dem 1. Januar 2003 von den Bauern eingesammelt, aber erst im Jahre 2004 ausgegeben werden. Den Landwirten in Brandenburg gehen somit im Jahre 2003 Einnahmen in Höhe von 6 Millionen Euro verloren, und das in einer Situation, in der die Einkommen in der Landwirtschaft - je nach Betriebsstruktur - um 10 % bis 27 % und die Nettoinvestitionen um 66 % zurückgehen.

Die Landwirte in Deutschland und damit auch in Brandenburg, die bestens ausgebildet sind, können zwar Witterungsunbilden weitgehend ausgleichen, aber nicht die sich verschlechternden politischen Rahmenbedingungen. Ich unterstreiche deshalb die Forderung an die Landesregierung, diesen Vorlagen im Bundesrat nicht zuzustimmen. Deshalb haben wir einen weiterführenden Entschließungsantrag eingebracht. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Ich danke Herrn Abgeordneten Helm. - Das Wort geht an die Landesregierung, Frau Finanzministerin Ziegler.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie Sie bereits wissen, hat die Bundesregierung am 20. November 2002 den Entwurf eines Gesetzes zum Abbau von Steuervergünstigungen und Ausnahmeregelungen beschlossen. Ziel dieses Gesetzes, dessen Titel Herr Dr. Woidke mehr oder weniger genannt hat, ist die nachhaltige Haushaltskonsolidierung. Die Maßnahmen setzen bewusst bei den Gemeinschaftssteuern an, um nicht nur den Bundeshaushalt, sondern auch die angeschlagenen Haushal

te der Länder und Kommunen zu entlasten. Es ist dringend geboten, alle Steuervergünstigungen und Ausnahmeregelungen auf den Prüfstand zu stellen, nicht nur aus fiskalischen Gründen, sondern auch aus Gründen der Gleichmäßigkeit der Besteuerung, ohne die Steuergerechtigkeit und damit eine Akzeptanz bei allen Bürgern kaum erreicht werden können.

Nun zu Ihrem konkreten Anliegen.

Zum einen geht es Ihnen um die Beibehaltung des Durchschnittssatzes von 9 % bei der Umsatzbesteuerung der Landwirte. Es handelt sich hierbei um eine Pauschalregelung, durch die Landwirte von der Umsatzsteuer grundsätzlich freigestellt werden. Sie sind darüber hinaus berechtigt, ihren Kunden die Umsatzsteuer in Höhe von 9 % in Rechnung zu stellen, ohne diesen Betrag an das Finanzamt abführen zu müssen. Diese vorteilhafte Besteuerung der Landwirte sollte nach den ursprünglichen Überlegungen in der Koalitionsvereinbarung der Bundesregierung gänzlich entfallen. Nunmehr ist lediglich die Absenkung des Steuersatzes von 9 % auf 7 % vorgesehen. Das ist aus fiskalischen Gründen nachvollziehbar, aber Brandenburg hat sich, wie bereits ausgeführt, im Agrarausschuss des Bundesrates intensiv für die Beibehaltung der 9%-Regelung eingesetzt.

Die von der Bundesregierung vorgesehene Erhöhung der Steuersätze für landwirtschaftliche Vorprodukte und Vorleistungen halte ich für problematisch. Die Umsatzsteuer soll eigentlich vom Verbraucher getragen werden. Dies kann aber nur erreicht werden, wenn eine erhöhte Mehrwertsteuerbelastung auf die Preise übertragen werden kann; sonst verbleibt die Belastung bei den landwirtschaftlichen Betrieben, was nicht systemkonform und nicht gewollt wäre. Ich habe Zweifel, dass es in der gegenwärtigen Situation gelingen kann, Steuererhöhungen auf die Preise abzuwälzen. In Einzelfällen könnte es durchaus zu einer übermäßigen Belastung von Landwirten kommen.

Auch aus diesem Grunde haben die zuständigen Ausschüsse des Bundesrates die Bundesregierung gebeten, den Gesetzentwurf an diesen Stellen zu überprüfen. Ich halte dieses Vorgehen für sachgerecht und werde das Gesetzgebungsverfahren in dieser Hinsicht unterstützen. - Vielen Dank.