Protocol of the Session on November 13, 2002

Lauter Fälschungen und Halbwahrheiten verbreitet die Landesregierung bereits in ihrem so genannten Verfassungsschutzbericht. Herr Minister Schönbohm, angesichts des jüngsten V-MannSkandals stelle ich die Frage: Wer schützt die Verfassung vor dem Verfassungsschutz? Der Oberstaatsanwalt am Landgericht Berlin hat in dem Strafprozess gegen Toni Stadler klipp und klar erklärt, dass die Herstellung und der Vertrieb einer besonders Ekel erregenden Hass-CD, die sogar Mordaufrufe enthält, ohne die Mitwirkung des brandenburgischen Verfassungsschutzes gar nicht möglich gewesen wäre.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Abgeordneter?

Bitte, Frau Schulz.

Herr Schuldt, könnten Sie sich eventuell vorstellen, dass es sogar ein Beitrag zur Konsolidierung der Haushaltsfinanzen sein könnte, wenn man so vernünftig ist und aus zwei Einzelberichten einen macht?

Das kann ich mir gut vorstellen.

Aber weiter: Mirko Hesse, inzwischen als V-Mann des Bundesamtes für Verfassungsschutz enttarnt, war sogar für die Herstellung der Gewalt-CD in der Slowakei und in Thailand zuständig, so die Erkenntnisse der Staatsanwaltschaft. Man darf gespannt sein, Herr Minister Schönbohm, ob Sie die Erkenntnisse der Berliner Staatsanwaltschaft auch im nächsten Verfassungsschutzbericht veröffentlichen.

Die Großkoalitionäre fordern, dass auch über die Stärkung der Demokratie und der Zivilgesellschaft seitens der Landesregierung berichtet wird. Richtiger wäre es, über die Schwächung der Demokratie durch immer neue Eingriffe in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung zu berichten. Auch Zwangseingemeindungen, die gegen den erklärten Volkswillen durchgesetzt werden, tragen nicht zur Stärkung der Demokratie bei.

Die Tatsache, dass immer mehr Wirtschaftsregeln durch Brüssel bestimmt werden, macht deutlich, dass wir uns auf der Schiene der Planwirtschaft befinden. Brüsseler Kommissare ersetzen den freien Volkswillen.

Schließlich sprechen Sie die innere Sicherheit als Voraussetzung für Freiheit und Frieden an. Über die innere Sicherheit wird bereits in der Polizeilichen Kriminalstatistik berichtet. In ihr ist besonders auffällig, dass der Anteil der tatverdächtigen Ausländer an allen ermittelten Tatverdächtigen bei 21,2 % liegt, also etwa zehnmal so hoch wie der ausländische Anteil an der Wohnbevölkerung.

Zum Thema Frieden möchte ich Folgendes sagen: Der äußere Frieden ist auch eine wesentliche Voraussetzung für den inneren Frieden. Solange wir täglich mit neuen Kriegsdrohungen aus den USA und anderen Staaten behelligt werden und die Bundesregierung keine Anstrengungen unternimmt, deutsche Soldaten aus den Krisengebieten zurückzubeordern, ist nicht nur der Frieden, sondern sind auch Leben und Gesundheit unserer Soldaten und unserer Bevölkerung gefährdet.

Brandenburg war in seiner Geschichte ein Land der Toleranz. Das befürwortet die DVU-Fraktion auch für die Zukunft. Praktizierte Toleranz ist viel mehr wert als irgendwelche Berichte.

Die DVU-Fraktion lehnt aus den genannten Gründen den Antrag ab. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Ich danke Ihnen, Herr Abgeordneter Schuldt. - Ich gebe jetzt das Wort an die Fraktion der SPD, an den Abgeordneten Schippel, der unter anderem auch den Antrag begründen will, über den wir schon eine ganze Weile diskutieren. Bitte schön, Herr Schippel.

Entschuldigung, Herr Präsident. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bisher waren zwei Berichte zur Thematik „Brandenburg - weltoffen und sicher” gefordert worden, die sich zum großen Teil - das wurde selbst von der PDS bemerkt - überschnitten. Das ist ja auch kein Wunder. Ich kann doch bei solch sensiblen Themen keine Schnittstellen einbauen und genau trennen. Das würde der Arbeit der Leute nicht gerecht, die diese Berichte erstellen. Das war zum einen der Bericht „Zur Stärkung des inneren Friedens und der inneren Sicherheit”, der auf einem Beschluss aus der 2. Legislaturperiode beruhte, und zum anderen der Bericht zum Handlungskonzept „Tolerantes Brandenburg”, der auf einem Beschluss aus der 3. Legislaturperiode beruhte.

Die politische Bedeutung eines Themas ist jedoch nicht von der Vielzahl der Berichte, sondern von der Qualität des Berichtes und vor allen Dingen von der Qualität der Arbeit abhängig, über die berichtet wird.

(Beifall der Abgeordneten Frau Schulz [CDU])

Insofern ist eine Bereinigung der Berichtsvielfalt angezeigt und es

ist sinnvoll, beide Berichte zusammenzufassen. Dabei wird der Intention der beiden Aufträge Rechnung getragen. Der Bericht „Zur inneren Sicherheit und zum inneren Frieden” war von vornherein darauf angelegt, nicht nur über polizeiliche und justizielle Strategien zu berichten, sondern die gesellschaftliche Dimension von innerer Sicherheit und friedlichem Umgang der Menschen miteinander in den Blick zu nehmen. Ebenso war das Handlungskonzept „Tolerantes Brandenburg” darauf ausgerichtet, die gesellschaftliche Entwicklung hin zu einem Umgang miteinander, der von Toleranz und nicht von Fremdenfeindlichkeit geprägt ist, zu unterstützen und gleichzeitig auf fremdenfeindliche und rechtsextremistische Straftaten mit klaren Sanktionen zu reagieren.

Mit der neuen Überschrift „Brandenburg - weltoffen und sicher” werden diese beiden in den bisherigen Berichten thematisierten Dimensionen angesprochen und zusammengefasst. Weltoffen heißt, dass für Fremdenfeindlichkeit und rassistische Tendenzen kein Platz ist und dass man sich zur Stärkung der demokratischen Entwicklung im Land bekennt. Dazu gehört auch, dass Konflikte, die es immer geben wird, sachlich und ohne Gewalt ausgetragen werden. Sicherheit heißt zum einen, dass Sicherheitsfragen präventiv angegangen werden, und zum anderen, dass eine klare Reaktion auf Delikte erfolgt.

Das hohe Gut der Sicherheit für die Bevölkerung bedarf aber nicht nur klarer Reaktionen auf Verstöße gegen das Strafgesetzbuch. Es ist zugleich erforderlich, die Resozialisierung derjenigen zu fördern und zu unterstützen, die sich die Straftaten haben zuschulden kommen lassen. Diese Perspektive fördert nachhaltig die Sicherheit in Brandenburg. Es ist zu hoffen, dass die Berichte so gestaltet werden, dass sie als Grundlage für eine substanzielle Situation zu diesem wichtigen Thema genutzt werden können. - Danke.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich danke Ihnen, Herr Abgeordneter Schippel. - Ich muss feststellen, dass, solange das Fernsehen überträgt, im Plenarsaal etwas mehr Disziplin herrscht. Die Geräuschkulisse ist sehr hoch und derjenige, der vorträgt, spricht schließlich nicht zu einem unwichtigen Thema.

Ich gebe jetzt das Wort der Landesregierung. Herr Minister Schönbohm, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte vorweg erstens bemerken: Frau Kaiser-Nicht, mir geht es gut. Ich habe keinen Stress, aber eine gute Beschäftigungslage. Sie brauchen sich also keine Sorgen um mich zu machen. Zum Zweiten bin ich ganz überrascht von dem, was Sie gesagt haben, weil Sie als Mitglied des Innenausschusses alle Informationen hatten, die Ihnen zeigen können, dass das, was Sie sagten, falsch ist.

Wir haben im Rahmen der Polizeilichen Kriminalstatistik wesentliche Verbesserungen erreicht und die rechtsextremistischen Straftaten nehmen weiterhin deutlich ab. Das möchte ich einmal positiv anmerken. Ich schlage vor, dass Sie den Filter, der Ihnen immer die positiven Informationen herausfiltert, einmal wegnehmen. Nehmen Sie endlich die Wirklichkeit wahr! Schauen Sie nicht immer nur auf das Papier, sondern sehen Sie endlich einmal die Informationen, die insgesamt zur Verfügung stehen!

Meine Damen und Herren, Ihnen liegt ein Antrag der Fraktion der CDU/CSU vor...

(Heiterkeit und Zurufe)

Herr Präsident, ich bitte darum, das aus dem Protokoll streichen zu lassen.

Ich habe mich auch schon gewundert, wie Sie die Parteienlandschaft hier erweitern.

Also: Die SPD ist immer noch da, wo sie ist, und die CDU kommt dort hin, wohin wir wollen. - Solche Versprecher machen uns so menschlich; seien wir doch ehrlich.

Ihnen liegt ein Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD vor, einen gemeinsamen Bericht „Brandenburg - weltoffen und sicher” zu erstellen. Diesen Antrag unterstütze ich nachdrücklich, da verschiedene Argumente für diesen Bericht sprechen. Bisher gab es, wie Sie wissen, zwei separate Berichte an den Landtag, einmal die halbjährlichen Berichte zum Handlungskonzept „Tolerantes Brandenburg” und des Weiteren jährliche Berichte „Zur Stärkung des inneren Friedens und der inneren Sicherheit”. Es ergibt sich die Frage, ob im Zusammenhang mit dem parlamentarischen Umgang mit diesen Berichten solch eine Differenzierung und zeitliche Aufteilung der Sache wirklich angemessen ist.

Herr Abgeordneter Schönbohm,

(Heiterkeit)

Herr Minister Schönbohm, gestatten Sie eine Zwischenfrage? Ihre CSU hat mich völlig irritiert.

Eine Frage der Kollegin Kaiser-Nicht gestatte ich selbstverständlich.

Bitte schön, Frau Kaiser-Nicht.

Ich hoffe, Herr Präsident, das war kein vorauseilender Gehorsam.

(Heiterkeit)

Herr Minister, ich habe die Frage, warum Sie mir, wenn Sie das unterstützen, im Juni noch antworteten, dass der aus dem vorigen Jahr überfällige Bericht bereits in der ersten Sitzung nach der Sommerpause vorliegen würde. Wie kommt der Sinneswandel zustande? Wo sind die Vorarbeiten hin? Dann stellen Sie uns doch wenigstens noch diesen Bericht zur Verfügung.

Wenn Sie die Fragmente, einen unabgestimmten Bericht möchten? - Kurz gesagt: Dieser Bericht, um den es jetzt geht und über den heute abgestimmt werden soll, ist eine Verbesserung - ich gehe gleich darauf ein -, eine Zusammenfassung der Erkenntnisse. Wenn heute von der Zivilgesellschaft gesprochen wurde, ist dies ein Beweis dafür, dass das zusammengehört. Aus dem Grunde wollen wir das auch zusammenführen und deshalb ist das auch eine positive Entwicklung.

(Vereinzelt Beifall bei CDU und SPD)

Den Brief, Frau Kaiser-Nicht, den ich Ihnen im Juli geschrieben habe, trage ich jetzt nicht am Herzen. Ich müsste nachsehen, dann könnte ich klar antworten. - Ja, ich habe schon mehrere Briefe geschrieben. - Ich bin gerne bereit, darauf einzugehen. Das können wir vielleicht anschließend machen. Aber ich kann das jetzt im Einzelnen nicht genau beantworten.

Die weitere Frage ist, wie häufig ein solcher Bericht erstattet werden sollte. Ich halte eine Berichterstattung über zwei Jahre für sachgerecht.

Ich muss noch einmal zur PDS sagen: Brauchen Sie eigentlich das Papier, um die Wirklichkeit in Brandenburg zu erkennen? Ich glaube, das brauchen Sie nicht. Wenn Sie sagen, Sie brauchen das alles, um es zu begreifen, dann kann ich nur sagen: Die Wirklichkeit in Brandenburg sollte für Mitglieder des Landtages begreifbar und erfahrbar sein.

Was wir Ihnen mit diesem Bericht geben, ist die Zusammenstellung aller Faktoren - wenn das alle zwei Jahre geschieht, ist es eine Fortschreibung dessen, was Sie wissen - , gerade auch dessen, was Sie aus dem Ausschuss heraus wissen, wo wir über viele Dinge sprechen. Dieser Bericht gibt eine Zusammenführung aller Aktivitäten im Lande Brandenburg wieder, wie ich meine, eine umfassende Darstellung des gesellschaftlichen Handelns.

Es wird - das ist das Entscheidende - über die Auseinandersetzung mit Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus ebenso berichtet werden wie über die Stärkung von Demokratie und Zivilgesellschaft. Daran haben wir ein gemeinsames Interesse.

Ebenso soll über die Bekämpfung der Delinquenz und die innere Sicherheit als unverzichtbare Voraussetzung für die Freiheit und den Frieden nach innen und insofern als Grundlage für das freiheitliche und friedliche Zusammenleben der Menschen in unserem Land Brandenburg Rechenschaft abgelegt werden. Das alles gehört zusammen. Ich finde es auch vollkommen richtig. Deshalb habe ich nicht verstanden, weshalb Sie dagegen sind, dass dies zusammengefasst wird. Wir haben doch einen ganzheitlichen Ansatz in der Frage, wie wir mit den Phänomenen, um die es hier geht, umgehen. Hier können wir nur in einem ganzheitlichen Ansatz sozusagen gemeinsam dagegen vorgehen bzw. Verbesserungen vornehmen.

Es soll auch über die Aktivitäten des Landespräventionsrates zur „Sicherheitsoffensive Brandenburg” berichtet werden. Das Handlungskonzept stellt überwiegend gesellschaftliche Projekte und Maßnahmen dar. Der Bericht zum inneren Frieden bezieht sich auf staatliche Maßnahmen und die erzielten Ergebnisse der Landesregierung. Dazu kommt, dass sich in der Vergangenheit Themen, über die berichtet wurde, in weiten Teilen überschnitten

haben. Das hat in den Berichten notwendigerweise zu Doppelungen und Wiederholungen geführt.