Diskussionen entschlossen haben, unter Auflösung des Amtes eine amtsfreie Gemeinde zu bilden, eigentlich erklären, dass das, was sie gemacht haben, an sich gar nicht nötig gewesen wäre?
Damit bringen Sie die Glaubwürdigkeit der Politik unter Risiko. Sie wollen damit erklären, dass es gar nicht so ernst gemeint war. Nein, wir meinen es sehr ernst. Ich habe den Eindruck, Sie kneifen jetzt, weil Sie merken, dass es schwierig wird. Sie haben noch die Chance, mit in die Verantwortung einzutreten.
Ich möchte mit allem Nachdruck festhalten, Herr Kollege Bisky, dass die Gemeindegebietsreform für mich zu keinem Zeitpunkt eine bloße Zahlenspielerei gewesen ist, sondern immer Sachgesichtspunkten gefolgt ist, die wir im Einzelnen in den Leitlinien dargelegt haben. Diese Sachgesichtspunkte haben auch dazu geführt, dass wir bei den Klagen von zwei Gemeinden gegen wesentliche Elemente der anstehenden Gebietsreform am 29. August 2002 sozusagen gewonnen haben. Das, was Herr Sarrach gesagt hat, ist so nicht in dem Urteil begründet. Es ist anerkannt, dass drei bis sechs Gemeinden innerhalb eines Amtes und die 500er-Regelung für amtsangehörige Gemeinden durchaus sachgerecht sind.
Aber man muss dies im Einzelnen begründen. Wir werden keine Gemeinde zwingen, sich mit einer anderen zusammenzuschließen, wenn sie 498 Einwohner hat. Das werden wir in einer Anhörung im Ausschuss in aller Klarheit im Einzelnen erörtern können.
Es wäre auch falsch, wenn wir in den vor uns liegenden schwierigen Gesetzgebungsfällen aus falsch verstandener Bürgernähe oder Kommunalfreundlichkeit von der Neuordnung der kommunalen Strukturen absehen würden. Es ist doch nicht zu bestreiten, dass die kreisfreien Städte auch auf gebietliche Stärkung angewiesen sind und Kragenämter von den Leistungen der nahe gelegenen Stadt profitieren, ohne sich angemessen an den Kosten zu beteiligen.
Es ist des Weiteren doch nicht zu bestreiten, dass wir es in vielen der zu einer gesetzlichen Neugliederung anstehenden Fälle zum Teil mit Totalverweigerern der Gemeindegebietsreform zu tun haben. Ein Beispiel dafür ist genannt worden. Sechs Gemeinden wollen diesen Weg gehen und eine Gemeinde sagt Nein. Wollen Sie dem nachgeben und den sechs anderen Gemeinden sagen „Ihr seid zwar vernünftig, ihr wollt das machen; aber weil die eine Gemeinde nicht will, machen wir das nicht.“? Überlegen Sie doch bitte, was das bedeuten würde, was Sie hier im Einzelnen vorschlagen. Von daher gesehen meine ich, Glaubwürdigkeit der Politik bedeutet auch, dass man das, was man für richtig und sinnvoll hält, auch durchsetzt und versucht, die Bürger davon zu überzeugen.
Zum Thema Kommunalreform bin ich seit Februar 2000 im Lande unterwegs gewesen und war auf einer Vielzahl von Veranstaltungen. Einige Abgeordnete haben ebenfalls an den Veranstaltungen mit den Bürgermeistern teilgenommen. Dort haben wir gesagt: Wir bleiben so lange zusammen, bis jede Frage beantwortet ist. In Frankfurt (Oder) hat das über vier Stunden gedauert. Wir haben die Fragen beantwortet oder gesagt: Diese Frage können wir nicht beantworten.
Aus diesen Diskussionen heraus ist dann der Gedanke der Reform weiterentwickelt worden. Was wir als Leitlinie vorgelegt haben, entspricht doch dem, was als Ergebnis der Diskussion dort festgestellt wurde. Der Abschluss der kommunalen Gebietsreform mit voraussichtlich 84 Einzelregelungen entspricht meines Erachtens auch dem Grundsatz der kommunalen Gleichbehandlung.
Darum möchte ich Sie von der PDS bitten: Lassen Sie uns doch versuchen, eine Reform, die für unser Land so wichtig ist, gemeinsam anzugehen. Gerade die Bürgermeister vor Ort sind meistens parteipolitisch ungebunden und möchten etwas für ihren Ort tun. Daher sollten auch wir versuchen, dies aus den parteipolitischen Auseinandersetzungen herauszunehmen. Darum glaube ich auch, dass wir in der Pflicht sind, diese Reform so zu Ende zu bringen, dass sie zeitgerecht vor der Kommunalwahl 2003 abgeschlossen ist. Die Kommunen haben es verdient, dass bei ihnen wieder Ruhe einkehrt und dass sie sich der kommunalen Arbeit zuwenden können.
Meine Damen und Herren, ich wollte nie Einheitsgemeinden. Wir machen auch keine Einheitsgemeinden. Vielleicht haben Sie es nur noch nicht verstanden, Herr Sarrach. Ich möchte Sie von der PDS bitten, Ihren Antrag zurückzuziehen oder sich wirklich einmal etwas zu überlegen. Stehen Sie doch einmal zu dem, was wichtig ist für die Entwicklung unseres Landes, auch dann, wenn es nicht unbedingt den Stimmungen entspricht. Brandenburg braucht doch kraftvolle Entscheidungen, wenn wir unser Land weiterentwickeln wollen. An Ihnen liegt es, ob Sie an diesen kraftvollen Entscheidungen teilhaben oder nicht. Ich lade Sie dazu ein.
Ich danke Herrn Minister Schönbohm. - Wir sind am Ende der Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt und kommen zur Abstimmung. Die Fraktion der PDS hat namentliche Abstimmung zum Antrag in Drucksache 3/4781 beantragt.
Ich eröffne die namentliche Abstimmung, bitte die Schriftführer um das Verlesen der Namen und die Abgeordneten um ein deutliches Votum.
Gibt es Abgeordnete im Plenarsaal, die keine Gelegenheit hatten, ihre Stimme abzugeben? - Ich sehe, das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Abstimmung und bitte um Auszählung.
Ich gebe Ihnen das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zum Antrag in Drucksache 3/4781 der Fraktion der PDS bekannt:
Für diesen Antrag stimmten 21 Abgeordnete, dagegen 42, zwei Abgeordnete enthielten sich der Stimme. Damit ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt worden.
Ich eröffne die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt und erteile der einreichenden Fraktion das Wort. Herr Domres, bitte schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Fraktion erwartet heute ein deutliches Votum des Brandenburger Landtages für eine zivile Nutzung der Kyritz-Ruppiner Heide. Ich möchte für die PDS-Fraktion vier Gründe nennen, die uns zur Einbringung unseres Antrages veranlasst haben.
Erstens: Es geht um die wirtschaftliche Entwicklung der Region. Die Kyritz-Ruppiner Heide und die Müritz-Region haben sich für eine touristische Entwicklung entschieden. Durch eine militärische Nutzung würden getätigte Investitionen entwertet, Arbeitsplätze würden verloren gehen und kleine und mittelständische Betriebe würden in den Ruin getrieben.
Zweitens: Die Menschen haben in der Vergangenheit genug Belastungen durch Kampfflugzeuge ertragen müssen. Auch Bundeswehr- und NATO-Kampfflugzeuge machen Lärm, können abstürzen und Ziele verfehlen.
Drittens: Die PDS möchte, dass in der Wittstocker Heide nicht geübt wird, was bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr blutige Wirklichkeit wird.
Viertens: Es geht um die Frage der Demokratie und Glaubwürdigkeit. Auf der 22. Protestveranstaltung am 06.08.1994 in Gatow erklärte der damalige SPD-Vorsitzende und Kanzlerkandidat Rudolf Scharping vor 500 Demonstranten, dass im Falle eines Wahlsieges bei der Bundestagswahl dieser Truppenübungsplatz verschwinden werde. Umweltminister Matthias Platzeck nahm an Aktionen der Bürgerinitiative teil und sprach davon, dass es eines langen Atems bedarf, bis die Heide endlich wieder zivil genutzt werden könne.
Herr Ministerpräsident, die Bürgerinnen und Bürger haben einen langen Atem bewiesen, und zwar zehn Jahre lang. Nun liegt es an Ihnen, es nicht Rudolf Scharping gleichzutun. Ein klares Wort von Ihnen als Ministerpräsident ist nötig. Ich erwarte, dass Sie in der heutigen Debatte die Kraft dazu finden. Leider ist er aus verständlichen Gründen nicht anwesend.
Nicht wenige Menschen im Umfeld der Kyritz-Ruppiner Heide verbinden mit dem Wechsel des Ministerpräsidenten einen politischen Aufbruch und eine Neupositionierung der Landesregierung. Diese unterstützte das Anliegen einer zivilen Nutzung bisher unzureichend. Wenn ich den Innenminister richtig verstanden habe, setzt er sich gar für eine Nutzung als Bombenabwurfplatz ein.
Die Bürgerinnen und Bürger wollen wissen, woran sie bei der Landesregierung sind. Ich möchte noch einmal daran erinnern, dass der Landtag am 03.09.1992 mit einer großen Mehrheit eine Entschließung verabschiedet hat, in der die Landesregierung aufgefordert wird, von der Bundesregierung zu fordern, auf eine weitere militärische Nutzung des früheren sowjetischen Truppenübungsplatzes Wittstock als Bombenabwurf- und Raketenschießplatz zu verzichten. Diese Beschlusslage kann der Landtag heute, fast auf den Tag genau zehn Jahre später, mit einer Zustimmung zum vorliegenden Antrag untermauern.
Wir haben uns - das wird Ihnen, meine Damen und Herren von der Koalition, aufgefallen sein - sehr stark an den Antragstext des Landtages Mecklenburg-Vorpommern angelehnt. Dort wurde der Beschluss gemeinsam mit den Stimmen von SPD und PDS sowie, Herr Schönbohm, mit den Stimmen der CDU gefasst.
Letztmalig wurde in diesem Haus am 1. März 2001 zum Thema Bombenabwurfplatz diskutiert. Kollege Müller forderte damals, dass man bei solch sensiblen Themen eine verantwortbare Entscheidung treffen müsse. Da hat er Recht. Ich gehe davon aus, dass der Mecklenburger Landtag eine solche getroffen hat. Also nur Mut bei der Abstimmung nachher!
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, seit zehn Jahren kämpft die Bürgerinitiative FREIeHEIDe für die zivile Nutzung der KyritzRuppiner Heide. Seit zehn Jahren werden die Argumente pro und kontra einer militärischen Nutzung ausgetauscht.
Die Geschichte der FREIenHEIDe ist auch die Geschichte von Gerichtsverfahren. Schließlich hat das Bundesverwaltungsgericht der Bundeswehr Auflagen ins Stammbuch geschrieben. Unter anderem wird die Anhörung der betroffenen Gemeinden gefordert. Alle Gemeinden haben ihre ablehnende Haltung gegenüber einer militärischen Nutzung zum Ausdruck gebracht. Wir fordern an dieser Stelle die Berücksichtigung dieser Stellungnahmen.
Glaubt man den Juristen auf beiden Seiten, stehen aber weitere acht bis zehn Jahre Rechtsstreit ins Haus. Das bedeutet Stillstand und wichtige Investitionen für die Region wird es kaum geben.
An dieser Stelle möchte ich erwähnen, dass allein im Ruppiner Bereich für den Zeitraum von 1995 bis 2002 öffentliche Investitionen in Höhe von 115 Millionen Euro getätigt wurden, um den Tourismus zu stärken.
Politik Initiativen und Positionierungen noch vor dem 22. September. Heute könnte eine Entscheidung getroffen werden. Ein zustimmendes Votum des Landtages würde eine Respektierung des Bürgerwillens zum Ausdruck bringen. Das wäre doch ein Beitrag zum 10. Jahrestag der Bürgerinitiative FREIeHEIDe, meine Damen und Herren.
Im Bundestag wurden Entscheidungen zu dieser Problematik verschleppt. Leider wurde der Gruppenantrag, der sich für die zivile Nutzung der Heide ausspricht, in dieser Legislaturperiode nicht mehr abgestimmt. Aufgrund dieses Antrages gab es aber verschiedene Aktivitäten. Am 26.06.2002 fand im Ausschuss für Angelegenheiten der neuen Länder des Bundestages eine Anhörung zur wirtschaftlichen Entwicklung der Kyritz-Ruppiner Heide statt. Neun der zehn geladenen Anzuhörenden äußerten starke Bedenken gegen die Inbetriebnahme des Luft-/BodenSchießplatzes. Der Platz würde ein unkalkulierbares Risiko und eine unabsehbare Gefahr für die Lebensqualität, für Natur und Umwelt sowie für die wirtschaftliche Entwicklung darstellen. Der Vorsitzende des Ausschusses für Angelegenheiten der neuen Länder, der CDU-Bundestagsabgeordnete Werner Kuhn, forderte, dass das Truppenübungsplatzkonzept der Bundeswehr, welches aus den frühen 90er Jahren stammt, nach zehn Jahren überarbeitet werden sollte. Er meinte, da habe sich einiges geändert. Ich sage dazu: Wo er Recht hat, hat er Recht.
Innenminister Schönbohm hat sich in seiner Rede im vergangenen Jahr darauf bezogen, dass das 1992 beschlossene Übungsplatzkonzept Bestandteil des vorgelegten Stationierungskonzeptes im Rahmen der Bundeswehrreform sei. Nun gehe ich nicht davon aus, dass diese Bundeswehrreform nach dem 22.09. - egal, wie die Wahl ausgeht - Bestand haben wird. Also ist unser Antrag aktuell und umschreibt eine klare Handlungsaufforderung an die Landesregierung in Richtung Bund. Das ist umso notwendiger, als doch alle Initiativen auf dem Gebiet der Konversion wenig erfolgreich waren. Ob es das Konversionsprogramm oder das Rüstungsaltlastenfinanzierungsgesetz war große Fortschritte wurden nicht erreicht. Die rot-grüne Regierung hat sich einer Problemlösung verweigert. Gerade die Bundeswehrstrukturreform hätte intelligent mit einem Bundeskonversionsprogramm gekoppelt werden müssen. Das könnte helfen, die negativen Folgen von Standortschließungen wirtschaftlich abzufangen. Welchen Sinn macht es, andere Standorte zu schließen und in einer Region, die sich laut Landrat Christian Gilde, SPD, vom Profil und vom Image her für eine touristische Entwicklung entschieden hat, einen solchen Platz zu betreiben?
Die PDS-Fraktion fordert an dieser Stelle den neuen Verteidigungsminister zu einem Kurswechsel auf. Er sollte sich von einem Luft-/Boden-Schießplatz in der Kyritz-Ruppiner Heide verabschieden und den Weg für eine ungehinderte Entwicklung der Region freimachen. Von der Landesregierung und speziell vom Ministerpräsidenten erwarten wir, dass er diese Forderung unterstützt und sich klar für eine zivile Nutzung ausspricht.