Verfahren im Vorfeld der Anfragen sind am brandenburgischen Ausführungsgesetz zum Artikel-10-Gesetz orientiert.
Die Hürden für einschlägige Ersuchen sind sehr hoch. Ob die Vorgaben angesichts des damit verbundenen Verwaltungsaufwands praktikabel sind, muss sich in der Praxis erst erweisen.
Unabhängig vom Terrorismusbekämpfungsgesetz des Bundes wurde eine Regelung aufgenommen, die der Aufsicht des Landes unterstehende juristische Personen des öffentlichen Rechts, so auch die Kommunen, zur Übermittlung bekannt gewordener gewaltgeneigter extremistischer Bestrebungen verpflichtet. Hintergrund hierfür ist die Bürgernähe der Kommunen. Ich meine, es kann nicht hingenommen werden, dass öffentliche Stellen um gefährliche Bestrebungen wissen und dieses Wissen nicht an die Verfassungsschutzbehörde weiterleiten. Alle Stellen im Lande Brandenburg haben ihren Beitrag zur Sicherheit auch auf diese Weise zu leisten.
Artikel 2 des Entwurfs der Landesregierung enthält Änderungen zum Brandenburgischen Ausführungsgesetz zum Artikel-10Gesetz. Im Jahr 1999 trat das Artikel-10-Gesetz des Bundes in Kraft. Die Neufassung des Gesetzes geht auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom Juli 1999 zurück. Das Gericht hatte unter anderem festgestellt, dass das damalige Gesetz zu Artikel 10 Grundgesetz zu verändern war, weil die parlamentarische Kontrolle durch die G-10-Kommission nicht normenklar genug geregelt war. Das Artikel-10-Gesetz des Bundes kommt dieser Forderung nach, indem es eine Regelung trifft, nach der der G-10-Kommission des Bundes die Kontrolle über die Verarbeitung der aus Beschränkungsmaßnahmen nach Artikel-10-Gesetz stammenden Daten obliegt.
Des Weiteren ist in dem Bundesgesetz eine Regelung enthalten, nach der aus einschlägigen Maßnahmen stammende Dokumente nur dann an die Verfassungsschutzbehörden der Länder weitergegeben werden dürfen, wenn dort Vorschriften vorhanden sind, die eine dem Bund vergleichbare Kontrolle gewährleisten. Auch hier ist also der Landesgesetzgeber gefordert, das Ausführungsgesetz zum Artikel-10-Gesetz anzupassen.
Um an dem Informationsaustausch zwischen den Verfassungsschutzbehörden auch insoweit teilnehmen zu können, ist die Schaffung einer einschlägigen landesgesetzlichen Norm in Brandenburg notwendig.
Die gewachsenen Aufgaben der G-10-Kommission erfordern es schließlich, dass auch eine Regelung zum Abstimmungsverhalten dieses parlamentarisch legitimierten Gremiums getroffen wird. Der Gesetzentwurf enthält ebenfalls vor diesem Hintergrund eine Regelung, nach der der G-10-Kommission die zur Erfüllung ihrer Aufgaben notwendige Sach- und Personalausstattung zur Verfügung zu stellen ist.
Artikel 3 enthält auf Bitten des Ministers der Justiz eine redaktionelle Änderung des Gesetzes zur Neuordnung des Landesdisziplinarrechts und kann von der Terrorismusbekämpfung völlig losgelöst betrachtet werden.
Insgesamt bekommt mit dem Gesetzentwurf die parlamentarische Kontrolle über die Tätigkeit der brandenburgischen Verfassungsschutzbehörde ein größeres Gewicht. Es stärkt das Vertrauen der Bevölkerung in den Verfassungsschutz, der einen Beitrag zur inneren Sicherheit leistet, gleichzeitig aber auch durch von ihnen gewählte Volksvertreter kontrolliert wird.
Die Regelungen des Gesetzentwurfs stellen außerdem weitere Rechtsklarheit und Rechtssicherheit auch für die Arbeit des Verfassungsschutzes her. Die Diskussion über diese Frage können wir mit großer Gelassenheit angehen, weil das für Brandenburg wichtig ist. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Landesregierung will es sich mit dem vorliegenden Gesetzentwurf offenbar leicht machen, indem der Gesetzentwurf als alternativlose Umsetzung des Terrorismusbekämpfungsgesetzes auf Bundesebene angeboten wird. Aber ich meine, das Land muss nicht notwendigerweise den Aufgabenbereich des Verfassungsschutzes erweitern. Das Bundesrecht ist als Option für den Landesverfassungsschutz eröffnet worden, es muss aber nicht übernommen werden.
Insofern sollen wir hier über die weitere Profilierung der Sicherheitspolitik des Landes entscheiden, die von Minister Schönbohm von vornherein auf die Stärkung und auf die Erweiterung des Verfassungsschutzes angelegt war. Der Innenminister hat sich damit seit längerem gegenüber dem Koalitionspartner durchgesetzt. Ich erinnere an die deutliche personelle Verstärkung der Verfassungsschutzabteilung und an die erhebliche Mittelaufstockung, obwohl vor dem Hintergrund der schwierigen Haushaltssituation alle anderen kürzen mussten.
Für die PDS steht nach wie vor die Frage im Raum, warum unter einem sozialdemokratischen Innenminister die Sicherheit mit einem personell und haushaltsmäßig konstanten Verfassungsschutz gewährleistet war. Faktisch wird ja unterstellt, dass Herr Ziel während seiner Amtszeit seiner Verantwortung nicht nachgekommen sei.
- Der verstärkte Ausbau des Verfassungsschutzes wurde bereits vor den Ereignissen des 11. September 2001 betrieben, Herr Schönbohm. Die terroristischen Anschläge in den USA waren lediglich der Anlass für eine zusätzliche Erweiterung um elf Mitarbeiter.
Zwischenzeitlich ist die Diskussion um die Übertragung von Aufgaben bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität auf den Verfassungsschutz angeschoben worden. Der Innenminister hat nun offenbar auch keine Schwierigkeiten damit, das in der deutschen Geschichte begründete Tabu, nämlich das Trennungsgebot zwischen Polizei und Geheimdiensten, zu durchbrechen. Das verwundert uns inzwischen nicht mehr.
Meine Damen und Herren, die PDS hält diese Entwicklung für falsch. Wer meint, durch eine Aufrüstung des Verfassungsschutzes und einen Ausbau nachrichtendienstlicher Tätigkeit tatsächlich mehr Sicherheit für die Brandenburger zu schaffen, der irrt. Das gilt auch für den vorliegenden Gesetzentwurf, der dem brandenburgischen Verfassungsschutz neue Aufgaben und Befugnisse bei der vorbeugenden Terrorismusbekämpfung zuordnen will.
In § 3 Abs. 1 ist vorgesehen, das Aufgabenfeld des Verfassungsschutzes zu erweitern, indem der Verfassungsschutz nun auch ausdrücklich für Bestrebungen zuständig ist, welche gegen die Völkerverständigung und das friedliche Zusammenleben der Völker gerichtet sind. Dies entspricht dem Anliegen der Terrorismusbekämpfung noch am ehesten. Das Problem ist eben nur, dass es nicht die eine international anerkannte Terrorismusdefinition gibt und diese nun aufzunehmende Norm aufgrund ihrer mangelnden Begrenzung praktisch die Beobachtung von jeder Migrantengruppe erlaubt; denn nach der Logik dieses Gesetzes sind dann erst einmal alle verdächtig.
Durch einen neuen § 14 a soll die Übermittlung von Informationen durch nichtöffentliche Stellen an die Verfassungsschutzbehörde ermöglicht und geregelt werden. Das bezieht sich auf Auskünfte bei Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsunternehmen und Finanzunternehmen zu Konten, Kontoinhabern und Geldbewegungen. Es bezieht sich auf Postdienstleistungen, auf Transportleistungen bei Luftfahrtunternehmen und sonstige Umstände des Luftverkehrs sowie auf Telekommunikationsverbindungsdaten und Teledienstnutzungsdaten, also zum Beispiel Berechtigungskennung, Kartennummern usw.
Das ist ein erheblicher Eingriff in die Grundrechte der Bürger, bei dem nach unserer Ansicht der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt wird. Zielpersonen sind dabei nicht nur Angehörige terrorismusverdächtiger Gruppen, sondern alle durch den Verfassungsschutz zu beobachtenden und beobachtete Personen, also zum Beispiel auch der Spionage verdächtige Personen.
Diese weitreichenden Befugnisse sind nicht zuletzt deshalb überflüssig, weil die Strafverfolgungsbehörden bei einem konkreten Verdacht bereits nach den alten Bestimmungen berechtigt waren, Auskünfte bei privaten Stellen einzuholen.
Unsere Bedenken werden auch nicht dadurch ausgeräumt, dass die G-10-Kommission vor Vollzug der Maßnahmen unterrichtet werden soll. Es ist vorgesehen, dass bei Gefahr im Verzuge Anträge auch vor Unterrichtung der Kommission gestellt werden können. Um sicherzugehen, wird für die G-10-Kommission das Prinzip der Mehrheitsentscheidung festgeschrieben, das bisher nicht galt.
Ich sehe noch Diskussionsbedarf, und zwar auch zu den anderen noch vorgesehenen Regelungen. Darüber werden wir uns im Ausschuss verständigen.
Abschließend möchte ich auf eine bemerkenswerte Rede von Frau Prof. Limbach hinweisen, welche die ehemalige Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts am 10. Mai vor dem Anwaltstag gehalten hat. Unter dem Thema “Ist die kollektive Sicherheit Feind der individuellen Freiheit?” warnte Frau Limbach vor den unerwünschten Nebenfolgen übereifriger Politik auf dem Gebiet der so genannten inneren Sicherheit.
Es folgt wirklich mein letzter Satz. - Frau Limbach kommt zu der Schlussfolgerung, dass sich der Grenzverlauf zwischen dem Rechts- und dem Präventionsstaat nicht eindeutig markieren lässt, und sagt dann:
“Es gibt allemal Grauzonen und schleichende Übergänge zum Polizeistaat, die zu steter Wachsamkeit herausfordern; denn eine demokratische politische Kultur lebt von der Meinungsfreude und dem Engagement der Bürger. Das setzt Furchtlosigkeit voraus. Diese dürfte allmählich verloren gehen, wenn der Staat seine Bürger biometrisch vermisst, datenmäßig durchrastert und deren Lebensregungen elektronisch verfolgt.”
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der 11. September hat für viele Forderungen herhalten müssen, aber der jetzt zu beratende Gesetzentwurf ist tatsächlich die unmittelbare Folge der Geschehnisse in den Vereinigten Staaten. Der Bundesinnenminister hat mit seinen klugen Sicherheitspaketen zahlreiche Sicherheitsgesetze der neuen Bedrohungslage angepasst, unter anderem das Bundesverfassungsschutzgesetz, das Bundesgrenzschutzgesetz, das BND-Gesetz, das MAD-Gesetz und das BKAGesetz. Über die Änderung des Bundesverfassungsschutzgesetzes und die damit verfolgten Ziele hat der Innenminister hier bereits berichtet. Wir teilen diese Ziele.
Die Sicherheitsbehörden müssen mit den notwendigen Kompetenzen ausgestattet werden, um den Terrorismus bekämpfen zu können. Es muss der notwendige Datenaustausch zwischen den Behörden gewährleistet sein und in diesem speziellen Fall muss er verbessert werden. Es muss das Ziel erreicht werden, dass bereits im Inland befindliche Terroristen erkannt werden können.
Dieses Gesetz folgt einer Reihe anderer wichtiger Maßnahmen. Wir haben bereits im vergangenen Jahr die finanzielle Untermauerung eines Sicherheitspakets des Innenministers sichergestellt, und zwar nicht, um den 11. September für alle denkbaren Wünsche zu missbrauchen. Trotzdem kann sich Brandenburg im Vergleich mit den anderen Bundesländern sehen lassen. Wir liegen 10 Millionen DM über der Summe Thüringens - dort sind es 25,2 Millionen DM. Das ist zwar nur die Hälfte dessen, was der Innenminister gefordert hat, aber immerhin.
Im Verfassungsschutzbereich begnügt sich Baden-Württemberg mit 15 neuen Stellen, Mecklenburg-Vorpommern mit 8, nur die Bayerische Staatsregierung lässt es sich nicht nehmen, die bereits im Sommer beschlossene Schaffung von 50 zusätzlichen Stellen unter die Überschrift “Sicherheitspaket” zu stellen.
Wir haben unser Sicherheitspaket auf die Planstelle genau aufgeschlüsselt. Wenn dieser Aufschlüsselung die konkrete Zuweisung aus den beschlossenen Mitteln folgt, ist die Terrorismusbekämpfung in Brandenburg ausreichend finanziert und ohne Deckungslücke. Dies und nichts anderes, Herr Innenminister, meinen wir mit solider Haushaltsführung.
Mit dem am 1. Januar 2002 in Kraft getretenen Bundesgesetz zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus sind wir als Landesgesetzgeber aufgerufen, umfassende Veränderungen im Bereich der Landesgesetze zu gewährleisten. Daher begrüßen wir als SPD-Fraktion, dass die Landesregierung nunmehr diesen Gesetzentwurf zur Umsetzung des Terrorismusbekämpfungsgesetzes und zur Stärkung der parlamentarischen Kontrolle vorgelegt hat. Wir werden einer Überweisung an den Ausschuss zustimmen.
Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Der Rechtsstaat ist ein wichtiges Gut. Mit atemberaubender Geschwindigkeit haben die Gesetzgebungsorgane des Bundes nach dem 11. September 2001 ein Terrorismusbekämpfungsgesetz verabschiedet, das am 1. Januar 2002 in Kraft getreten ist. Mit dem Terrorismusbekämpfungsgesetz werden nach Ansicht führender Rechtsexperten Bürger- und Menschenrechte sowie der Rechtsstaat stark eingeschränkt.
Der ehemalige Bundestagsvizepräsident, Dr. Burghardt Hirsch, überschrieb in der “Süddeutschen Zeitung” vom 2. November
Der Schnellschuss der Bundesregierung und des Bundestages machte eine öffentliche Diskussion über die Grundrechtseinschränkungen praktisch unmöglich. Die Eingriffsmöglichkeiten der Geheimdienste gegenüber den Bürgern werden extrem ausgeweitet. Die Landesregierung will getreu den Vorgaben des Bundes dieses Ausführungsgesetz durchsetzen. Doch, meine Damen, meine Herren, blicken wir in die Geschichte:
Aufgrund der Terrorakte der RAF wurden in den 70er Jahren die §§ 129 und 129 a ins Strafgesetzbuch eingefügt. Otto Schily verteidigte damals führende RAF-Terroristen und wandte sich in dieser Eigenschaft vehement gegen diese Straftatbestände. Heute ist er der Bundesinnenminister, welcher die Gesetze in nie gekanntem Ausmaße verschärfen will.
Durch immer neue Sicherheitspakete, die auch unter Beteiligung Brandenburgs zustande kommen, werden geheimdienstliche und polizeiliche Strukturen geschaffen und mit moderner Technik ausgerüstet - nicht, um aktuell bei inneren Konflikten zu intervenieren, sondern um auf “Vorrat” Pläne und Ermächtigungen zu erarbeiten, die wegen ihrer schwammigen Formulierungen nach Gutdünken durchführbar sind.
Die DVU-Fraktion meldet sowohl gegen das verabschiedete Gesetz des Bundes als auch gegen den jetzt vorliegenden Gesetzentwurf Bedenken hinsichtlich der Erforderlichkeit, der Verhältnismäßigkeit und insbesondere der Geeignetheit an. An diesen Prüfungsmaßstäben sind nämlich die Gesetzesvorhaben gemäß der Verfassung zu messen.