Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der PDS-Fraktion. Frau Dr. Enkelmann, ich darf Sie erneut bitten, an das Rednerpult zu kommen. Bitte sehr.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir kommen erneut zu einem Antrag, zu dem nicht wir Nein sagen, sondern offenkundig Sie einmal wieder Nein sagen - weil wir vorhin bereits bei den verteilten Rollen in diesem Parlament waren. Ich wünschte mir sehr, dass Sie wenigstens zu diesem Antrag einmal Ja sagen könnten.
Es geht um Regressforderungen. Wie Ihnen bekannt ist, wurde am 3. August 1999 durch Beschluss des Oberlandesgerichts Brandenburg die Vergabeentscheidung zur BBF/BBI-Privatisierung aufgehoben, und zwar wegen schwerwiegender Verfahrensverstöße. Hierdurch kam, wie bekannt, 1999 die Privatisierung nicht zustande. Den Gesellschaftern Bund, Berlin und Brandenburg entstand dadurch erheblicher finanzieller Schaden.
Um noch einmal deutlich zu machen, wo der finanzielle Schaden anzusiedeln ist - im Untersuchungsausschuss hat das mehrfach, Herr Kollege Muschalla, eine Rolle gespielt -: Der Schaden entstand vor allen Dingen aus den Kosten des gerichtlichen Nachprüfungsverfahrens, aus den Kosten für die Fortsetzung des Vergabeverfahrens, aus zusätzlichen Zinsbelastungen für die Kredite des Baufeldes Ost - diese sollten ja sozusagen aus dem Privatisierungserlös getilgt werden - und aus weiteren Kosten im Zusammenhang mit der Privatisierung der BBF und der Errichtung des BBI.
Weil die Privatisierung 1999 nicht zustande kam und die BBF die hieraus resultierenden zusätzlichen Aufwendungen selbst nicht aufbringen konnte, mussten die BBF-Gesellschafter diese Kosten unmittelbar und direkt übernehmen. Das bedeutete für den Haushalt des Landes Brandenburg folgende Belastungen. Im Jahre 1999 musste das Land Brandenburg 36,9 Millionen DM aufbringen, im Jahre 2000 33,2 Millionen DM und im Jahre 2001 55 Millionen DM. In der Gesamtsumme bedeutete das für das Land Brandenburg eine innerhalb von drei Jahren aufzubringende Summe in Höhe von 125,1 Millionen DM. Für die Jahre 2002 und 2003 sind Zuweisungen an die BBF in Höhe von insgesamt 100 Millionen Euro eingeplant.
Ich denke, allein diese Zahlen verdeutlichen, dass dem Land Brandenburg durch das gescheiterte Privatisierungsverfahren erheblicher Schaden entstanden ist.
Seither war nun zu klären - das ist eine der Aufgaben, der wir uns im Untersuchungsausschuss Flughafen gestellt haben -, inwieweit die durch das Oberlandesgericht festgestellten Fehler, zum Beispiel die unzureichende Dokumentation - das hat bei mehreren Anhörungen eine Rolle gespielt -, die fehlerhafte Formulierung zum Beispiel der technischen Mindestanforderungen, allein der beratenden Kreditbank, der CSFB, anzurechnen sind. Es war zu klären, ob und inwieweit gegebenenfalls grob fahrlässiges Handeln, eine Verletzung vertraglicher Pflichten vonseiten der CSFB festgestellt werden müssen, die einen Schadensersatzanspruch der Projektplanungsgesellschaft und der Gesellschafter der BBF gegenüber der Investmentbank begründen würden.
Es war weiterhin zu klären, ob und inwieweit die Vergabestelle der Projektplanungsgesellschaft ihrer Geschäftsführung und ihren Aufsichtsräten gegebenenfalls eine Mitschuld zurechnen muss, die Schadensersatzansprüche gegenüber der Bank von vornherein begrenzt.
Nun hat Minister Fürniß den Landtag im Januar, auf der 51. Sitzung, davon unterrichtet, dass sich die Investmentbank mit der PPS über oben genannte Fragen außergerichtlich geeinigt habe. Kernpunkt der Einigung sei eine Rückzahlung von Honoraren in Höhe von insgesamt 2,02 Millionen Euro unter Verzicht auf die Geltendmachung eines weiteren Erfolgshonorars in Höhe von 2,5 Millionen Euro. Weitergehende Ansprü
che, so Minister Fürniß in der Sitzung, könnten durch die Gesellschafter nicht mit Aussicht auf Erfolg geltend gemacht werden. Dies habe auch eine interne Prüfung des Landes bestätigt.
Allerdings ergibt sich aus dieser Feststellung einer außergerichtlichen Einigung durchaus klar und unmissverständlich, dass es eine deutlich erkennbare Mitschuld der Projektplanungsgesellschaft, ihrer Aufsichtsräte und darunter der Vertreter Brandenburgs an dem entstandenen Schaden gibt. Wenn man sich einigt, Kollege Muschalla, dann gesteht man zumindest ein, dass man den Schaden in gewisser Weise mit verursacht hat. Darüber werden wir im Untersuchungsausschuss weiter sprechen; ob das zutrifft, werden wir schon herausfinden.
Im Übrigen deckt sich das auch mit einer vom Landesrechnungshof im Jahr 2000 durchgeführten Schwachstellenanalyse, in der das gescheiterte Verfahren untersucht wurde. Darin heißt es, insbesondere die Leitungs- und Entscheidungsstrukturen zwischen den Aufsichtsräten und Gesellschafterversammlungen der BBF und der PPS seien im Vergabeverfahren bis 1999 nicht hinreichend transparent und klar gewesen. Auch sämtliche Kommunikationsstrukturen, so der Landesrechnungshof, würden für die Zeit bis 1999 als unklar beurteilt.
Eigentlich erforderliche, so weiter der Landesrechnungshof, ministerielle Arbeitsgruppen, die dem Gesellschafter Brandenburg hätten zuarbeiten müssen, seien nicht geschaffen worden. Ferner wurde das Fehlen einer mit Kompetenz ausgestatteten Verhandlungskommission aus Vertretern der Projektplanungsgesellschaft sowie der Gesellschafter der BBF für den Zeitraum bis 1999 kritisiert. Aus dieser Gemengelage aufseiten der PPS entstanden dann unter anderem jene Fehler im Vergabeverfahren, die das Oberlandesgericht moniert hat und die schließlich zur Aufhebung des Vergabeverfahrens geführt haben.
Abschließend bleibt also - erstens - festzustellen, dass die BBFGesellschafter und damit auch das Land Brandenburg wegen einer deutlichen Mitschuld am Scheitern des Vergabeverfahrens nur einen sehr geringen Teil des entstandenen Schadens gegenüber CSFB geltend machen konnten. Das ist unsere Schlussfolgerung aus dieser Einigung.
Zweitens: Der tatsächliche Schaden musste um die Quote des Mitverschuldens der PPS gekürzt werden. Diese Quote scheint uns sehr hoch zu sein. Das ergibt sich unter anderem aus der Tatsache, dass gegenüber der Investmentbank Schadensersatzansprüche nur in Höhe des gezahlten Honorars und eines noch offenen Erfolgshonorars durchgesetzt werden konnten, also keine höheren.
Drittens: Der Schaden liegt deutlich höher, als durch den Verzicht auf 4,5 Millionen Euro und auf das Erfolgshonorar wettgemacht wird. Nach uns vorliegenden Unterlagen liegt der Schaden bei mindestens 20 bis 30 Millionen Euro.
Viertens: Es ist zu prüfen, inwieweit die über die Größenordnung von 4,5 Millionen Euro hinausgehenden Schadensersatzforderungen nun gegen die Gesellschaftervertreter der BBF im Aufsichtsrat der Projektplanungsgesellschaft und gegen die Geschäftsführung der PPS und ihre Berater, hier insbesondere die Rechtsanwaltskanzlei WCP, zu richten sind, damit unter anderem das Land Brandenburg zumindest einen weiteren Teil des Schadens ersetzt bekommt.
Fünftens sind die Fragen, die sich für uns aus dieser Problemstellung ergeben, zu klären. Wir bitten darum, dass Sie unserem Antrag zustimmen, damit genau diese Fragen geklärt werden können. Denken Sie immer auch an die knappen Kassen des Landes Brandenburg. Hier ist etwas zu holen. Ich bedauere außerordentlich, dass die Finanzministerin nicht hier ist.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist eine Freude, dass zu diesem Thema einmal nicht Frau Tack, sondern jemand anders spricht. Sonst wäre es fast etwas langweilig geworden. Aber ich würde Ihnen doch empfehlen, mit offeneren Augen durch die Welt zu gehen; denn Sie übersehen unsere charmante Finanzministerin, die direkt vor Ihnen sitzt, und Sie übersehen auch sonst einiges andere.
Nach Ihren heutigen Ausführungen müssten wir uns langsam die Frage stellen, ob wir nicht einen Untersuchungsausschuss einsetzen sollten, um festzustellen, wer denn von Ihnen mitverantwortlich dafür ist, dass es in Brandenburg zu einer Misswirtschaft gekommen ist. Das wäre zweifelsohne auch ein Punkt.
Aber lassen Sie mich zu dem Antrag zurückkommen. Der Sachverhalt, um den es hier geht, ist hinreichend bekannt. Das OLG Brandenburg hat am 3. August 1999 diverse Rechtsverstöße der Projektplanungsgesellschaft - PPS - im Privatisierungs- und Vergabeverfahren festgestellt. Da sich die PPS zur Beratung in finanzieller Hinsicht der Investmentbank CSFB bediente, konnten zu Schadensersatz verpflichtende Beratungsfehler der CSFB nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden. Wir begrüßen daher, dass die BBF-Gesellschafter und insbesondere die Landesregierung Brandenburgs die nötigen Überprüfungen und Verhandlungen konsequent - ich betone „konsequent” - durchgeführt haben.
Kernpunkt der nunmehr erreichten Einigung ist nach Auskunft der Landesregierung eine Rückzahlung von Honoraren in Höhe von circa 2 Millionen Euro durch die CSFB unter gleichzeitigem Verzicht auf Geltendmachung eines Erfolgshonorars in Höhe von 2,5 Millionen Euro seitens der Bank.
Mit Blick auf die erheblichen im Raum stehenden Summen bei dem Milliardenprojekt BBI sowie den Umstand, dass es sich bei dem infrage stehenden Vergaberecht um komplexe juristische Materie handelt, die zudem in den letzten Jahren eine grundsätzliche inhaltliche Neuausrichtung erfahren hat, mutet es nicht
ungewöhnlich an, dass die Verhandlungen erhebliche Zeit in Anspruch nahmen. Das Ergebnis, soweit es uns bislang bekannt ist, erscheint jedoch vor dem Hintergrund des außergewöhnlich komplexen Sachverhalts sowie der bislang in dieser Angelegenheit ergangenen und so nicht unbedingt zu erwartenden Gerichtsentscheidungen vertretbar zu sein.
Kurz gesagt, vielleicht ist es zweckmäßig, zu diesem Thema nicht erneut ein Stück Brandenburger Rechtsgeschichte zu schreiben. Vor diesem Hintergrund erkennen wir das unbestreitbare Informationsinteresse des Parlaments an. Wir halten es gleichwohl für sachgerechter, die Berichterstattung über das sehr komplexe Verfahren nicht gegenüber dem Plenum, sondern dem zuständigen Haushalts- und Finanzausschuss des Landtages erfolgen zu lassen.
Dies beinhaltet der Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen, der daher die Zustimmung dieses Hauses finden sollte.
Der Antrag der PDS-Fraktion enthält jedoch erneut Unterstellungen, die nicht hinzunehmen sind. Insbesondere Ihre Kostenaufstellung ist offenkundig fehlerhaft. Sie unterschlagen unter anderem, dass das Land auch bei Wirksamkeit der HochtiefVerträge 1999 Zuweisungen an die Flughafengesellschaft hätte leisten müssen. Eben das haben Sie damals bei der Debatte um die Hochtief-Verträge sehr laut und sehr heftig kritisiert.
Daher können Sie heute nicht hingehen und dieselben Beträge als das Resultat der Aufhebung der Hochtief-Verträge darstellen.
Ich weiß nicht, meine Damen und Herren, warum wir uns all die Mühe im Untersuchungsausschuss machen, wenn Sie, Frau Enkelmann, jegliche Realität negieren. Die Unterstellung einer Mitschuld der PPS entbehrt ebenfalls jeder Substanz. Vor dem Hintergrund der Aufarbeitung des komplexen Sachverhalts inklusive Beweislastfragen und der auch Ihnen aus dem Untersuchungsausschuss bekannten Haftungsbeschränkungen aufseiten der Bank erscheint es aus unserer Sicht sehr wahrscheinlich, dass ein gerichtliches Verfahren deutlich länger gedauert und viel Personal sowie erhebliche Sach- und Geldmittel gebunden, in der Sache aber keinen größeren Erfolg erzielt hätte. Die Landesregierung wird den zuständigen Haushalts- und Finanzausschuss hierüber genauestens informieren.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Natürlich ist gegen eine Unterrichtung des Landtages nichts einzuwen
den. Dieses Bedürfnis ergibt sich schon daraus, dass dem Land Brandenburg wegen der gescheiterten Vergabe des Flughafenprojekts BBI in Schönefeld an das Hochtief-Konsortium im August 1999 vor dem Brandenburgischen Oberlandesgericht ganz erhebliche finanzielle Lasten entstanden sind und dass die CSFBBank an diesem Vergabeverfahren maßgeblich beteiligt war.
Tatsächlich setzt sich der entstandene Schaden „mehrschichtig” zusammen, und zwar aus den Kosten für die Fortführung des Vergabeverfahrens sowie aus den fortlaufenden Zinsbelastungen wegen der Kredite für das Baufeld Ost, jedenfalls für die Jahre 2000 und 2001.
Nach Ansicht unserer Fraktion muss als Schadensposition aber auch in Betracht gezogen werden, dass der aktuell zu erzielende Kaufpreis eventuell niedriger ist, als der mit Hochtief im Jahre 1999 vereinbarte Kaufpreis.
Der Gesamtschaden aus diesem im Jahre 1999 gescheiterten ersten Vergabeverfahren wird sich endgültig frühestens beziffern lassen, wenn auch das Ergebnis des zweiten, noch laufenden Vergabeverfahrens feststeht.
Angesichts dieser Umstände mutet es schon mehr als erstaunlich an, dass sich das Land Brandenburg als Gesellschafterin der BBF mit der CSFB-Bank auf einen Vergleich einlässt, der lediglich deren Honorare erfasst, nicht aber den durch das Scheitern des ersten Vergabeverfahrens verursachten Schaden. Die Gründe hierfür wollen natürlich auch wir als DVU-Fraktion wissen. Insoweit gehen wir mit der PDS-Fraktion konform.
Wir halten das Vorgehen der PDS-Fraktion jedoch lediglich für einen „Schnellschuss” mit dem Ziel, abermals gegen das gesamte Flughafenprojekt zum Schaden unseres Landes Brandenburg Stimmung zu machen. Er ist damit ebenfalls Ausdruck der schon gestern hier behandelten sturen Verweigerungspolitik der PDS-Fraktion. Dies wird aus den Punkten a) bis c) des Antrags der PDS-Fraktion mehr als deutlich.
Damit werden Sie die Hintergründe für den Abschluss des mit der CSFB-Bank geschlossenen Vergleichs wohl kaum vollständig erfahren können. Zunächst werden doch wohl die vertraglichen Beziehungen als Grundlage für etwaige Vertragsverletzungen der Bank exakt darzustellen sein. Sodann ist die Ursächlichkeit von Vertragswidrigkeiten vonseiten der CSFBBank für die eingetretenen Schäden zu erörtern.
Dann sind Fragen der Haftungszurechnung bei Verschulden von mit Prüfungsaufgaben seitens der CSFB-Bank betrauten Personen zu behandeln. Anschließend sind insoweit die Fragen des Beweisrisikos aufzuwerfen.
Erst dann, meine Damen und Herren von der PDS, wäre ein etwaiges Mitverschulden zu erörtern. Aber natürlich nicht - wie es die PDS-Fraktion formuliert - unter dem Gesichtspunkt einer Mitschuld der PPS und ihrer Gremien an Fehlern der CSFB, sondern unter dem Gesichtspunkt des Mitverschuldens eingetretener Schäden. Das heißt, Frau Dr. Enkelmann: Mitursächlichkeit eigenen Fehlverhaltens der PPS und ihrer Gremien, etwa wegen der so genannten Doppelmandate oder wegen der WIBProblematik, und Verletzung von Schadensminderungspflichten, etwa aufgrund der Zinsbelastungen wegen der Baufeld-OstProblematik.
Aus diesen Gründen lehnen wir den Antrag der PDS-Fraktion - jedenfalls in der vorliegenden unausgegorenen Fassung - ab. - Ich bedanke mich.