Protocol of the Session on September 19, 2001

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich darf Sie zur heutigen 41. Sitzung des Landtages Brandenburg in seiner 3. Wahlperiode herzlich begrüßen.

Die Ereignisse in der vergangenen Woche veranlassen uns, den Opfern des verheerenden Terroranschlags unsere Referenz zu erweisen. Ich bitte Sie, sich mit mir zu einer Minute des Gedenkens von den Plätzen zu erheben.

(Die Anwesenden erheben sich von den Plätzen.)

Ich danke Ihnen.

„Wir werden auf die Herausforderung nicht mit Ohnmacht und nicht mit Schwäche reagieren, sondern mit Stärke und Entschlossenheit. Und mit Besonnenheit. Hass darf uns nicht zum Hass verführen. Hass blendet. Nichts ist ja so schwer zu bauen und nichts ist ja so leicht zu zerstören wie der Friede.”

Mit diesen Worten hat der Bundespräsident für alle Deutschen, für die Brandenburger und selbstverständlich auch für die Abgeordneten des Landtages Brandenburg gesprochen.

Wie junge Menschen aus Brandenburg, aus Luckenwalde, ihre Empfindungen ausdrücken, sehen Sie auf dem Treppenabsatz einen Flur unter dem Plenarsaal. Ich bitte Sie, dies zur Kenntnis zu nehmen und darauf einzugehen, wenn Sie Ihrer politischen Verantwortung gerecht werden.

Bevor wir in die heutige Tagesordnung eintreten, möchte ich ein paar Bemerkungen zum vorliegenden Entwurf dieser Tagesordnung machen. Zuerst zum Tagesordnungspunkt 4, der zusätzlich eingefügt werden soll. Es ist im Hinblick darauf, dass eine 3. Lesung des Zweiten Gesetzes zur Änderung veterinärund lebensmittelrechtlicher Bestimmungen vorgesehen ist, vorgeschlagen, diese 2. Lesung auf den Tagesordnungspunkt 4 des Mittwoch zu legen. Dies soll ohne Debatte erfolgen; denn am folgenden Tag wird die 3. Lesung dann mit Debatte stattfinden - so der Vorschlag der Parlamentarischen Geschäftsführer auf Hinweis der PDS-Fraktion zur 3. Lesung.

Zum Tagesordnungspunkt 11: Die CDU-Fraktion und die Parlamentarischen Geschäftsführer schlagen vor, die Beratung des Antrages „Einrichtung einer Kommission für ausländerrechtliche Härtefälle, Drucksache 3/3274”, zum Tagesordnungspunkt 8 zu machen, also früher als beabsichtigt zu behandeln. Gibt es von Ihrer Seite zu diesen beiden Vorschlägen Bemerkungen und darüber hinaus zur Tagesordnung im Allgemeinen Anmerkungen, Ergänzungs- oder Änderungswünsche? - Wenn dies nicht der Fall ist, bitte ich um Ihr zustimmendes Handzeichen, dass wir die Tagesordnung in der geänderten Form abarbeiten. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Dann verfahren wir so.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf:

Fragestunde

Drucksache 3/3252 Drucksache 3/3300

Das Wort geht an den Abgeordneten Petke, der Gelegenheit hat, seine Mündliche Anfrage, die er als dringlich eingereicht hat, zu formulieren.

Nach den schrecklichen Terroranschlägen gegen die Vereinigten Staaten von Amerika am 11. September kann nicht ausgeschlossen werden, dass auch wir in Brandenburg von den Auswirkungen betroffen sind. Ich frage deswegen die Landesregierung: Welche Maßnahmen hat sie ergriffen, um die Brandenburgerinnen und Brandenburger in diesen besonderen Situationen zu schützen?

Herr Minister Schönbohm, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Petke, ich glaube, bei der Gedenkminute sind jedem von uns verschiedene Gedanken der Anteilnahme, der Trauer, der Vorbeugung, notwendiger Reaktionen durch den Kopf gegangen.

Nach dem Anschlag am Dienstag vergangener Woche haben wir erst einmal festzustellen versucht, um welche Lage es sich handelt, um welche Herausforderungen. Sie werden vermutlich in den vergangenen Tagen festgestellt haben, dass mehr Polizei präsent ist, und wir haben gefährdete Objekte oder Personen, welche gefährdet erscheinen, besonders geschützt. Diese organisatorischen Maßnahmen betrafen Vorbereitungen für bestimmte Ermittlungen, eventuell operative Aktionen und die enge Zusammenarbeit mit den Polizeien und den Ämtern für Verfassungsschutz in Bund und Ländern, aber vor allem im Land Berlin.

Ich darf hier ganz eindeutig feststellen, dass Polizei und Verfassungsschutz in den Tagen seit dem 11. September bis an die Grenze der Belastbarkeit eingesetzt worden sind, und ich möchte mich an dieser Stelle besonders bei den Polizistinnen und Polizisten und den Mitarbeitern des Verfassungsschutzes dafür bedanken, dass sie diese Aufgabenstellung praktisch über Nacht voll übernommen haben. Dies gilt auch für den Polizeihauptpersonalrat und die Berufsverbände, die alle diese Maßnahmen unterstützt haben.

Ich möchte die Anfrage auch nutzen, um einige wenige Gedanken darüber anzustellen, was das eigentlich bedeutet. Dass sich die Welt seit dem Anschlag verändert hat, haben wir festgestellt, ohne genau zu wissen, in welcher Weise. Gerade weil diese Tat eine ruchlose Provokation an der Zivilgesellschaft dieser Erde ist, müssen die Reaktionen umso gewissenhafter und weitsichtiger abgewogen werden, um nicht Unrecht mit Unrecht zu beantworten.

Meine Damen und Herren! Angst ist der Tod der Freiheit. Wir müssen dafür sorgen, dass unsere Bürger keine Angst haben, wir müssen dafür sorgen, dass die Zivilgesellschaft so weit wie möglich von Angst befreit wird.

Ich begrüße, dass die Bundesregierung ihre Bereitschaft bekundet, den Vereinigten Staaten militärisch, politisch und mora

lisch den Rücken zu stärken. Aber die Handlungsfähigkeit der Bundesregierung nach außen verlangt auch eine Handlungsfähigkeit des Landes und des Bundes nach innen. Ich meine, die Bürger haben einen Anspruch darauf, die ungeschminkte Wahrheit und die Einschätzung der Landesregierung für künftige Entwicklungen zu erfahren. In der kurzen Zeit möchte ich versuchen, hierzu einen Beitrag zu leisten.

Als Berliner Senator für Inneres und jetzt seit fast zwei Jahren als Innenminister des Landes Brandenburg, also fünf Jahre in der inneren Sicherheit tätig, habe ich mich der Aufgabe verschrieben, die Sicherheit unserer Bürger in den Mittelpunkt meines politischen Handelns zu stellen. Was am 11. September in New York passiert ist, hat uns alle überrascht, obwohl Fachleute immer gesagt haben: Ein solcher Anschlag ist nicht auszuschließen.

Die Sicherheit ist fragil. Sie verlangt die Anstrengungen aller staatlichen Behörden und die Mitwirkung unserer Bürger. Dies ist eine Aufgabe, der wir uns gemeinsam stellen müssen. Aus diesem Grund haben wir Mittel des Landes für die brandenburgische Polizeireform, die zu einer Verstärkung der Polizei vor Ort führen soll, eingestellt. Ebenso haben wir den Verfassungsschutz verstärkt, um auf diese Art und Weise unsere Erkenntnisse über extremistische und terroristische Gruppen zu verbessern. Wir wollen mehr Polizei für unsere Bürger. Ich bin den Kollegen im Landtag dankbar dafür, dass sie diesen Kurs unterstützen. Besonders dankbar bin ich auch der Parlamentarischen Kontrollkommission, die in ihrer Sitzung am 12. September die Neuordnung des Verfassungsschutzes zustimmend zur Kenntnis genommen hat. Wir werden im Rahmen dieser Neuordnung alles das tun, was notwendig ist, um uns auf die neuen Herausforderungen einzustellen. Einzelheiten können im Augenblick noch nicht beschrieben werden.

Es wird keine Schnellforderungen geben, sondern Forderungen, die an der Sache orientiert und an der Aufgabe festgemacht sein werden. Die nach dem 11. September eingetretene Sicherheitslage wird zusätzliche Anstrengungen, konkret auf die Gefahrensituation bezogene Maßnahmen verlangen, die wir im Einzelnen noch erarbeiten werden.

Meine Damen und Herren, in fünf Minuten kann ich die Frage nicht so umfassend beantworten, wie ich es gern täte. Ich wollte hier nur einige Grundzüge erläutern. Lassen Sie mich zusammenfassend sagen: Unsere Bestrebungen als Landesregierung und die Bestrebungen aller, die Verantwortung für unsere Bürger tragen, sind davon geprägt, dass der Schutz der Bürger Vorrang vor allem anderen, vor Gruppen- und sonstigen Interessen hat. Wir müssen verhindern, dass die Angst die Freiheit einengt. Die Grundlage unseres Gemeinwesens ist die Freiheit. Dafür müssen wir uns einsetzen und dafür werde ich mich einsetzen. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Herr Minister, es gibt noch Klärungsbedarf. Herr Petke, bitte.

Herr Minister, auf der Ebene des Bundes, aber auch auf der

Ebene zahlreicher Länder der Bundesrepublik Deutschland werden Änderungen diskutiert, um insbesondere der Polizei, aber auch den Landesämtern für Verfassungsschutz und dem Bundesamt für Verfassungsschutz Mittel in die Hand zu geben, uns in Deutschland auf diese Bedrohung besser vorzubereiten. Hat die Landesregierung ebenfalls Überlegungen in diese Richtung angestellt?

Wir haben unsere Überlegungen sehr eng mit dem Bundesinnenminister abgestimmt. Wir hatten gestern die vierte Schaltkonferenz des Bundesinnenministers und der Länderinnenminister, in deren Rahmen einzelne Maßnahmen abgestimmt wurden. Dabei haben wir das Ergebnis einer Arbeitsgruppe zur Kenntnis genommen, die sich mit verschiedenen Fragen befasst. Das erste dieser Ergebnisse ist die Überprüfung der ausländerrechtlichen Vorschriften. Das zweite Ergebnis ist die Verbesserung der Zusammenarbeit der Ausländerbehörden mit der Polizei.

All die Maßnahmen, die Otto Schily öffentlich vorgestellt hat, sind Ergebnisse dieser Arbeitsgruppe, die wir unterstützen. Dazu zählt auch die Prüfung der Änderungen des Vereinsgesetzes, um das so genannte Religionsprivileg abzuschaffen. Wir wollen die Zusammenarbeit zwischen Polizei und Verfassungsschutz vertiefen. In diesem Zusammenhang stellen sich datenschutzrechtliche Fragen, die heute im Bundeskabinett erörtert und danach dem Gesetzgeber zugeleitet werden, damit eine Gefahrenabwehr durch frühzeitigen Datenaustausch zwischen Verfassungsschutz und Polizei, im Wesentlichen dem Staatsschutz bei der Polizei, verbessert werden kann.

Es geht ebenso um die Frage, inwieweit die Gefahrenabwehr durch verbesserte Telefonüberwachung optimiert werden kann. Diese Frage müssen wir uns auch stellen.

Es geht um die Vermögensabschöpfung durch verbesserte Nutzung der Instrumente zur Finanzermittlung. Wir glauben, dass sich dort sowohl auf Bundesebene als auch auf Landesebene ein Ansatzpunkt ergibt. Hierzu brauchen wir verstärkt Spezialisten.

Wir werden weiter im Verfassungsschutz auch aufgrund der Neugliederung verstärkt politisch motivierte Ausländerkriminalität bekämpfen und auf diese Art und Weise sicherstellen, dass wir hierüber mehr wissen.

Es geht ferner um die verbesserte Ausstattung der Polizei in den Bereichen, die im Augenblick zwischen dem Bund und den Ländern erörtert werden; denn wichtig ist, dass die Länder auf diesem Gebiet gleichziehen, weil wir sonst nicht die notwendige Effektivität erreichen. Wir stehen hierüber in einem engen Dialog mit Berlin.

Herzlichen Dank. - Das Wort geht an die Abgeordnete Frau Siebke, die Gelegenheit hat, die Frage 837 (Vollständiger Bau der Oder-Lausitz-Trasse) zu formulieren.

Nicht zuletzt durch den Einsatz des brandenburgischen Bauminis

ters Hartmut Meyer ist es im Jahr 2000 gelungen, 412 Millionen DM vom Bund für den Bau einer leistungsfähigen Straßenverbindung in der Oder-Lausitz-Region zusätzlich zu sichern. Durch planungsseitigen Rückstand konnte die Ortsumgehung Eisenhüttenstadt/Neuzelle an der B 112 nicht in das Programm aufgenommen werden. Die verkehrspolitischen Effekte sind jedoch nur bei einer vollständigen Umsetzung der Maßnahme zu realisieren.

Ich frage deshalb die Landesregierung: Wie ist der Planungsstand bezüglich der Ortsumgehung Eisenhüttenstadt/Neuzelle an der B 112?

Herr Minister Meyer, Sie haben das Wort.

Nicht so gut, wie ich mir wünschte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Siebke, die Oder-Lausitz-Straße ist ein wichtiger Straßenzug im Bundesverkehrsstraßennetz mit höchster Priorität. Nach Abschluss dieser Maßnahme wird sich für die Uckermark, das Oderbruch, die Industriestandorte Frankfurt (Oder), Eisenhüttenstadt und Cottbus sowie die Lausitz die verkehrspolitische Situation deutlich verbessert haben.

Ergänzt und realisiert wird diese Maßnahme durch den Bau von Ortsumgehungen. Die Ortsumgehung Eisenhüttenstadt/Neuzelle als Teil der Oder-Lausitz-Straße ist dementsprechend im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen enthalten. Sie ist leider nicht Bestandteil der gegenwärtig umzusetzenden Programme wie des Investitionsprogramms, des Zukunftsinvestitionsprogramms und des Programms für Südostbrandenburg, jedoch für ein Nachfolgeprogramm, das Investitionsprogramm II, angemeldet.

Frau Siebke, Sie haben natürlich völlig Recht: Eine 100%ige Nutzung der verkehrspolitischen Effekte vor allem im Fernverkehr tritt erst bei der vollständigen Umsetzung der OderLausitz-Straße ein. Deshalb dränge ich auf eine zügige Vorbereitung. Die Ortsumgehung Eisenhüttenstadt/Neuzelle erfordert wegen des ökologisch schwierigen Geländes sehr umfangreiche Planungsarbeiten. In diesem Zusammenhang ist auch die Bauwürdigkeit für die konkrete Trasse einschließlich aller Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nachzuweisen. Das heißt, es muss der Nachweis erbracht werden, dass die Trasse trotz der durch die naturräumlich bedingten und umweltbezogenen Kostenerhöhungen noch in einem angemessenen Nutzen-KostenVerhältnis steht. Aber auch die Bürger von Schönfließ hatten Bedenken gegen die ursprünglich vorgesehene Trassenführung. Nach meinen Informationen gibt es jetzt eine Einigung über den Korridor.

Die jetzt laufenden planerischen Arbeiten erfordern zahlreiche Untersuchungen und Abstimmungen unter anderem mit dem Bund. Ich rechne aber fest damit, dass der Planungsprozess in Kürze, das heißt noch in diesem Jahr, so weit abgeschlossen werden kann, dass die endgültige Linie bestimmt wird. Damit ist dann eine solide Grundlage für den nächsten Schritt, das Planfeststellungsverfahren, gegeben. Dieses Verfahren möchte

ich im nächsten, spätestens aber im Jahr 2003 einleiten lassen. So sind wir dann in der Lage, die Oder-Lausitz-Straße zwischen der im Bau befindlichen Ortsumgehung Frankfurt (Oder), den Maßnahmen an der B 112 südlich von Frankfurt und der noch in diesem Jahr in Bau gehenden Ortsumgehung Guben zeitnah zu komplettieren. - Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Ich danke auch. - Wir kommen damit zur Frage 838 (Auditori- um Maximum an der Fachhochschule Brandenburg an der Ha- vel). Zur Formulierung dieser Frage geht das Wort an den Abgeordneten Dr. Niekisch.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Fachhochschule in Brandenburg an der Havel fehlt seit Jahren ein Auditorium Maximum, um den Lehrbetrieb mit größeren Veranstaltungen, Kongressen und Symposien wissenschaftlich, aber auch für die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft zu komplettieren. Als Gebäude dafür soll das alte Kasernen-Casino auf dem FH-Campus ausgebaut werden, das sich hervorragend dafür eignet und auch schon lange dafür bereitsteht.

Ich frage daher die Landesregierung: Wie weit ist der Stand der Umsetzung dieses Vorhabens?