Protocol of the Session on July 12, 2001

Wenn man hier und heute daran denkt, dass das Telekom-Kabelnetz aus kartellrechtlichen Gründen in neun eigenständige Kabelnetze, sprich: Unternehmen, geteilt wurde, damit überhaupt erst marktwirtschaftliche Effekte möglich werden, besteht bei dieser nun entstehenden Konzentration um Liberty Media natürlich die Gefahr, dass wir am Ende den Teufel mit dem Beelzebub austreiben. Genau das wollen wir nicht.

Ich denke, aus den angeführten Gründen ist deutlich geworden, dass der Antrag der Koalitionsfraktionen wichtig und unterstützenswert ist. Er beinhaltet Regularien zugunsten mittelständischer deutscher Unternehmen. Ich gehe auch davon aus, dass Bedingungen geschaffen werden, die diese Entwicklung zu unseren Gunsten kanalisieren, und dass es dafür auch noch nicht zu spät ist. - Ich bedanke mich für Ihr Zuhören.

(Beifall bei CDU und SPD)

Ich erteile dem Abgeordneten Schuldt das Wort. Er spricht für die DVU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sind für weitestgehende Rundfunkfreiheit, aber auch für weitestgehenden Wettbewerb. Wie einer Pressemitteilung vom 23. Februar 2001 zu entnehmen war, will die Deutsche Telekom, wie heute schon angesprochen, die Mehrheit an den sechs in ihrem Besitz verbleibenden regionalen Kabelnetzen verkaufen. Kaufinteressent ist die schon angesprochene Investitionsgemeinschaft Liberty Media. Laut Presseberichten und Schätzungen aus Bankenkreisen dürfte die Deutsche Telekom 9 bis 11 Milliarden DM aus dem Verkauf erzielen. Wie dem „Wallstreet Journal” zu entnehmen ist, plant Liberty Media Telefondienstleistungen, interaktives Fernsehen und Breitbandinternetzugänge. Allerdings sind für diese Angebote noch einige Investitionen in das Kabelnetz notwendig.

Mit dem vorliegenden Antrag sollen offenbar Wettbewerbsverzerrungen in Schranken gehalten werden. Das begrüßen wir. Um es gleich vorweg zu sagen: Die DVU-Fraktion sieht durch den Verkauf erhebliche Risiken, nicht nur in Bezug auf den Wettbewerb, sondern auch bezüglich der Rundfunkfreiheit. Von Chancen kann keine Rede sein, denn man blickt einzig und allein auf die Gewinnabsicht. Das interessierte US-Unternehmen ist Netzbetreiber und gleichzeitig Programmveranstalter.

Wie der Literatur und der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu entnehmen ist, hat der Gesetzgeber zu verhindern, dass die Vergabe von Überkapazitäten den zweiseitigen Interessen der Netzeigentümer und damit dem freien Spiel der Kräfte anheim gestellt wird. Der Gesetzgeber muss das Grundrecht der Rund

funkfreiheit auch gegen eine Gefährdung durch die Kabelnetzbetreiber schützen. Für die Deutsche Volksunion als einer politischen Kraft, die streng am Grundgesetz orientiert ist, kann es nicht gleichgültig sein, an wen verkauft wird und was die neuen Eigentümer mit diesem Netz machen. Kabelnetze sind eine unserer wichtigsten Infrastrukturen.

Ich muss im Rahmen dieser Debatte auch an die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes erinnern: Rundfunkprogramme sollen frei von staatlicher Lenkung, aber ebenso von privater Indienstnahme veranstaltet werden. Der Gesetzgeber muss dafür sorgen, dass der Rundfunk seine Funktion unbeeinflusst von jeglicher Indienstnahme für außerpublizistische Zwecke erfüllen kann. Der Gesetzgeber hat von Verfassungs wegen zu gewährleisten, dass der Rundfunk und das Fernsehen nicht einer gesellschaftlichen Kraft ausgeliefert werden, damit sie ihrem auf umfassende Information gerichteten Versorgungsauftrag nachkommen können. Das Grundrecht der Rundfunkfreiheit richtet seine freiheitsstiftende Schutzwirkung also gegen sämtliche Maßnahmen, welche die Funktion des Rundfunks als Informationsträger beeinträchtigen.

Entsprechende Gefährdungen für den auf umfassende Information gerichteten Versorgungsauftrag des Rundfunks und damit für das Grundrecht der Rundfunkfreiheit können auch von Kabelnetzbetreibern herrühren. Denken wir dabei an die regionalen Sender oder zum Beispiel auch an eventuelle Neugründer. Ich rufe Ihnen die ständige Rechtsprechung in Erinnerung, weil sie auch auf Kabelnetzbetreiber anzuwenden ist.

Wir werden den vorliegenden Antrag ablehnen, da uns die Rahmenbedingungen noch nicht weit genug ausgestattet sind. Grundsätzlich sind wir für eine Privatisierung. Wir sind aber der Auffassung, dass nicht an das US-Unternehmen Liberty Media verkauft werden sollte, da es gleichzeitig Anbieter wie auch Betreiber ist. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Wir sind damit bei der Landesregierung. Das Wort geht an den Chef der Staatskanzlei.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich kann es kurz machen. Die Landesregierung unterstützt die Intention des Antrages. Ich habe darauf hinzuweisen, dass die Situation, mit der wir es zu tun haben, Ausdruck der Liberalisierungsbemühungen der letzten Jahre - man kann fast sagen, Jahrzehnte - ist, dass wir mit der Telekom ein Unternehmen haben, das auch durch europäische Zwänge veranlasst wurde, Teile seines Unternehmens zu verkaufen, um dem Wettbewerbsgedanken zu entsprechen, dass wir es - wiederum aufgrund der internationalen, auch in Europa stattfindenden Konzentrationsprozesse - mit Gefahren, die aus Monopolstellungen international tätiger Unternehmen herrühren, zu tun haben. Da würde ich auch die Intention von Herrn Prof. Bisky unterstützen.

Die Frage, wie man dies im Nachhinein wiederum zurückdrängt und wie man diese Kanäle für eine möglichst breite Vielfalt von Information, von Kultur und Medien offen hält, wird auch im weiteren Gesetzgebungsprozess, denke ich, alle Ebenen der Parlamente, ob auf europäischer Ebene, ob auf Bundesebene, beschäftigen. Das trifft auch auf die Frage nach der Rolle der Länder in Bezug auf die Rundfunkhoheit zu. Aber das ist ein ziemlich schwieriger Prozess und die Landesregierung hat darauf nicht sehr viel Einfluss - sowohl was den Verkauf der Netze betrifft, als auch was die direkte Einwirkung auf die Gesetzgebung betrifft, was die Durchleitungsverpflichtungen betrifft.

Die Programme der Öffentlich-Rechtlichen werden auch weiterhin durchgeleitet werden müssen. Das ist festgelegt. Insofern ist ein Grundraster vorhanden, das gut ist. Aber die Möglichkeit der Vorsortierung, der Gewinnoptimierung, die in Bezug auf die Angebote eine Rolle gespielt hat, all diese Gefahren existieren und müssen auch weiterhin im Blick der Politik bleiben. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Wir sind damit am Ende der Rednerliste und ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Antrag der Koalitionsfraktionen - Drucksache 3/2995 - folgt, möge die Hand aufheben. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag mehrheitlich angenommen und ich schließe den Tagesordnungspunkt 11.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 12 auf:

Budgetfinanzierung der Zukunftsagentur Brandenburg (ZAB)

Antrag der Fraktion der SPD der Fraktion der CDU

Drucksache 3/2996

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der CDU-Fraktion. Herr Dr. Ehler, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Oktober letzten Jahres legte uns die Landesregierung auf Antrag der Koalitionsfraktionen einen Bericht zur Neustrukturierung der Wirtschaftsförderung vor. Ziel war die Schaffung einer Förder- und Serviceagentur, die als Dienstleister des Landes für Unternehmen und Investoren fungieren soll. Die bis zum Anfang dieses Jahres vorhandene Struktur der Wirtschaftsförderung entsprach nicht mehr den Anforderungen, die international agierende Investoren an Dienstleistungs- und Beratungsangebote des Landes stellen.

Meine Damen und Herren! Wir befinden uns heute im Wettbewerb mit nationalen und internationalen Standorten. Wir haben heute bereits über den Solidarpakt II und die immer noch vorhandenen Standortnachteile im internationalen Wettbewerb diskutiert. Es ist aber eine große Illusion zu glauben, dass alles auch in Zukunft durch Fördermittel ausgeglichen werden kann. Brandenburg muss kämpfen lernen. Die Strategie heißt aber langfristig nicht „Subvention”, sondern sie heißt „Dienstleistung, Flexibilität und Schnelligkeit”.

In der absurden Überregulierung unseres Staates liegt die Nischenchance für ein kleines, hungriges und flexibles Bundesland wie Brandenburg. Wirtschaftsförderung unterscheidet sich in den einzelnen Ländern - auch in den Ländern Europas - durch die Höhe der bereitgestellten Mittel und durch das, was gefördert wird. Es ist uns aber auch bewusst, dass die Förderung für die Ansiedlung in vielen Fällen ausschlaggebend ist. Wir haben aber auch immer öfter mit Unternehmen und Investoren zu verhandeln, die im Vergleich der Regionen Europas angesichts ihrer Vorhaben auf geradezu gleiche Voraussetzungen und Förderkonditionen stoßen.

An dieser Stelle wird es auch im Wettbewerb entscheidend sein, welche Dienstleistungen die einzelnen Länder anbieten können. Wer sich einmal in die Fänge manch sektiererisch angehauchter Genehmigungsbehörden des Landes Brandenburg begeben hat, der wird wenigstens einen nervenstarken, flexiblen und fachkompetenten Begleiter brauchen.

Mit der neu geschaffenen Zukunftsagentur Brandenburg hat der Wirtschaftsminister eine Wirtschaftsförderung im Land Brandenburg implementiert, die unternehmerfreundlich ist, die unsere Angebote aus einer Hand anbietet und die im internationalen Wettbewerb erhebliche Vorteile bringen wird. Damit die Arbeit dieser Wirtschaftsförderung optimal gestaltet werden kann, müssen wir ihr die notwendige Flexibilität verleihen. Die Struktur von Wirtschaftsförderung in Brandenburg, also der ZAB, muss diese Strategie abbilden.

Die Koalitionsfraktionen sind der Auffassung, dass die Budgetfinanzierung der Zukunftsagentur notwendig ist. Wir müssen uns von der Vorstellung verabschieden, dass wir der Wirtschaftsförderung eine Aufgabe übertragen und dann erwarten, dass sie diese marktgemäß erfüllen kann, wenn ihr gleichzeitig die engen Regularien des staatlichen Haushaltsrechts auferlegt sind. Wirtschaftsförderung muss flexibel sein und angesichts der angespannten Haushaltssituation müssen die geringen Mittel möglichst effizient eingesetzt werden.

Die Zukunftsagentur war also nur der erste Schritt. Erst wenn die ZAB nicht mehr mit der kameralistischen Jährlichkeit von Haushalten und mit drei Tarifsystemen arbeiten muss, gehen wir den entscheidenden Schritt in Richtung einer modernen und leistungsstarken Wirtschaftsförderung. Was in den Bundesverwaltungen, den Landesverwaltungen und den Kommunen am Ende des Jahres zu beobachten ist und „Dezemberfieber” genannt wird, trägt nicht dazu bei, dass mit öffentlichen Mitteln sparsam umgegangen wird.

(Beifall des Abgeordneten von Arnim [CDU])

Der Systemfehler, dass Ausgabereste wieder eingesammelt werden und für das kommende Jahr der Ansatz um diesen Betrag oft gekürzt wird, ist ein negativer Anreiz, um sinnvoll mit vorhandenen Mitteln umzugehen. Mit der Budgetfinanzierung und der eingeräumten Möglichkeit, Reste zu übertragen und die vollständige Deckungsfähigkeit zwischen Titelgruppen herzustellen, werden hingegen Anreize für einen sparsamen Umgang mit Mitteln gesetzt. Ich denke, schon aus diesem Grund sollte die Implementierung der Budgetfinanzierung in der Zukunftsagentur sozusagen modellhaft vorgenommen werden.

(Beifall bei der CDU und des Abgeordneten Fritsch [SPD])

Angesichts der knappen Haushaltsmittel wäre es wünschenswert, dass die Budgetfinanzierung auch in anderen Institutionen - ich denke da zum Beispiel an die Hochschulen des Landes -, aber auch in anderen Teilen der Verwaltung schnellstmöglich überdacht wird.

Meine Damen und Herren! Ein anderer Aspekt, der mir wichtig erscheint und der für die Einführung der Budgetfinanzierung und für die Aufhebung des Besserstellungsverbotes für Personal spräche, ist, dass die Wirtschaftsförderung nur mit dem entsprechenden Fachpersonal ihre Funktion als Dienstleister für Unternehmen und Investoren in dem gewünschten Maße wahrnehmen kann. Wenn die ZAB ein wertvoller Ansprechpartner für ausländische Investoren sein soll, müssen wir ihr die Möglichkeit einräumen, Personal mit den entsprechenden Qualifizierungen, mit den entsprechenden Kenntnissen einzukaufen.

Wir können nicht von Investoren verlangen, dass sie erst die deutsche Sprache lernen, bevor sie Beratungsmöglichkeiten erhalten. Und dass wir heutzutage Personal finden, das chinesisch, japanisch oder andere Investorensprachen spricht, betriebswirtschaftlich fit ist und gleichzeitig für ein Gehalt nach BAT arbeitet, ist eher unwahrscheinlich. In einer flexiblen Einrichtung wie der ZAB müssen die Mitarbeiter auch leistungsbezogen bezahlt werden. Die ZAB muss bei der Personalrekrutierung wettbewerbsfähig sein. Dafür wollen wir die Voraussetzungen schaffen.

Meine Damen und Herren! Wir erwarten von der Landesregierung, dass sie uns ein Konzept zur Budgetfinanzierung der Zukunftsagentur vorlegt und dass diese Aspekte berücksichtigt werden. Ich weiß, dass gerade die Aufhebung des Besserstellungsverbots mit Änderungen der Haushaltsordnung verbunden ist. Wir glauben aber, dass dieser Schritt wichtig ist.

Dabei machen wir es der ZAB nicht leicht. Es geht nicht darum, den Finanzrahmen, das Budget, auszuweiten, sondern es geht darum, innerhalb eines definierten Rahmens der Geschäftsleitung zur Erfüllung ihrer Aufgaben die entsprechende Flexibilität zuzubilligen. Das heißt auch, dass Parlament und Regierung in Zukunft klare Leistungsnachweise einfordern und dass das immer ein Kriterium für die Aufstellung des Budgets ist.

Meine Damen und Herren! Wir erwarten von der Landesregierung, dass sie uns das Konzept möglichst zeitnah vorlegt. Die Budgetierung ab dem Jahre 2001 wäre angesichts der Bedeu

tung der Wirtschaftsförderung für die Beschäftigung im Land Brandenburg außerordentlich wünschenswert. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und bitte um breite Zustimmung.

(Beifall bei SPD und CDU)

Das Wort geht an die PDS-Fraktion. Herr Abgeordneter Christoffers, bitte sehr.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die ZAB ist im Prinzip eine Gesellschaft, die künftig nicht nur Beratungsleistungen durchführen wird. Sie ist eine Mischung mit einem Aufgabenprofil, das sich aus Beratungsleistungen, Akquiseleistungen und Marketingleistungen zusammensetzt. Ich glaube, dieses neu entstehende Aufgabenprofil - auch im Zusammenhang mit der EU-Osterweiterung - wird einige neue Anforderungen stellen. Insofern gehe ich davon aus, dass eine höhere Flexibilität der ZAB wünschenswert ist und auch umgesetzt werden sollte.

Ich bin allerdings gespannt - das gebe ich gern zu -, wie die im Antrag genannten Konditionen erfüllt werden sollen. Ich bin gespannt darauf, wie ein Konzept aussieht, das größtmögliche Flexibilität sicherstellt und dabei das Haushaltsrecht des Parlamentes berücksichtigt.

Ich bin dafür, dass wir diesen Antrag heute annehmen und endgültig darüber entscheiden, wenn das Konzept vorliegt. Wir können dann nachvollziehen, inwieweit das neu entstehende Aufgabenprofil tatsächlich umsetzbar ist. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der PDS und vereinzelt bei der SPD)

Das Wort geht an die SPD-Fraktion. Herr Abgeordneter Bischoff, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten anwesenden Damen und Herren! Ich stimme meinen Vorrednern uneingeschränkt zu. Die beste Rede ist die kurze Rede. Mit der Vorlage eines Konzeptes zur Budgetfinanzierung der ZAB unterstützen wir das Ziel der Landesregierung, den Haushaltsvollzug zu modernisieren und neue Wege zu beschreiten, um das so gefürchtete „Dezemberfieber” ein Stück weit herunterzudrücken. - Vielen Dank für Ihre Zustimmung. Danke.

(Beifall bei SPD und CDU sowie vereinzelt bei der PDS)