Protocol of the Session on April 5, 2001

„Ebenso naiv wäre es, in solchen Fällen auf die Polizei zu vertrauen, wobei Feigheit noch das ehrenwerteste Motiv wäre. Selbst der Brandenburger Regierung geht die Kumpanei der Polizei mit Nazischlägern zuweilen zu weit, weil es dem Ansehen der Region schade. Das ist umso bemerkenswerter, da diese Regierung von Beobachtern als keinesfalls übermäßig anti-rechtsradikal eingestuft wird und beispielsweise der Innenminister vorschlägt, mit Rechtsradikalen Fußball zu spielen.

Nur am Rande sei vermerkt, dass sich natürlich auch die Justiz in das Gesamtbild einfügt. Für die Tötung von Ausländern gibt es, wenn nicht sowieso Freispruch mangels Beweisen, gewöhnlich Verwarnung oder Bewährungsstrafen.”

(Zuruf von der CDU: Das ist ja unglaublich!)

Dann heißt es:

„Wem also Ski fahren auf ungesicherten Pisten Österreichs, der Flug mit defekten Concordes oder ein Tramperurlaub in Tschetschenien zu langweilig erscheinen, der sollte sich heiter und unbeschwert nach Brandenburg begeben.”

(Zuruf von der SPD: Pfui!)

Das steht in dem Brief. Aus diesem Brief zitieren Sie und Sie haben nicht bemerkt, dass er nicht in Ordnung ist?

Darum, Herr Bisky, möchte ich fragen: Haben Sie diesen Brief als Argumentationspapier in Ihre Fraktion gegeben? Verspüren Sie möglicherweise eine klammheimliche Freude?

(Zurufe von der PDS - Gegenruf von der SPD: Wenn die Wahrheit gesagt wird, regen Sie sich auf?)

Ich möchte gerne wissen, wie Sie darauf reagiert haben. Es geht darum, ob Sie gegenüber der Yale-Universität, von der das Papier stammt, Schaden von Brandenburg abgewandt haben. Haben Sie die Fakten klargestellt? Was haben Sie geantwortet? Wenn Sie darauf keine befriedigende Antwort geben können, werden wir eine Diskussion darüber führen, wie Sie eigentlich die Wirklichkeit sehen. Ich will in aller Klarheit sagen: Die Brandenburger Wirklichkeit sieht anders aus, als sie durch Ihre rote Brille manchmal erkennbar ist.

Das wollte ich nur darstellen.

(Beifall bei CDU, SPD und DVU)

Meine Damen und Herren, ich komme jetzt wieder auf den § 31 unserer Geschäftsordnung zurück. In Absatz 3 heißt es dort:

„Ergreift ein Mitglied der Landesregierung außerhalb der Tagesordnung das Wort, wird die Beratung über seine Erklärung eröffnet. In diesem Fall kann jede Fraktion für einen ihrer Redner die gleiche Redezeit wie die Landesregierung verlangen. Anträge zur Sache dürfen hierbei nicht gestellt werden.”

Der Vertreter der Landesregierung hat 3:33 Minuten gesprochen. Ich frage die Fraktionen, ob sie Redezeiten in der gleichen Größenordnung in Anspruch nehmen wollen. Herr Prof. Bisky?

(Prof. Dr. Bisky [PDS]: Ja.)

Bitte schön, Sie bekommen als Erster das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erstens handelt es sich nicht um einen Brief, sondern um eine E-Mail - die über Internet zugänglich ist -, die an die PDS geschickt wurde.

(Unruhe bei der CDU)

- Bitte schön, ganz ruhig!

Zweitens: Wir sind uns in diesem Lande, in dieser Fraktion einig, dass wir ein Problem mit Rechtsradikalismus haben, und ich hoffe, dass die demokratischen Parteien das weiterhin so sehen. Wie stark das Problem ist, wird unterschiedlich beurteilt.

(Zuruf von der CDU: Aber so doch nicht!)

Diese E-Mail habe ich erhalten, habe sie überflogen und sie dann dorthin getan, wohin ich Mengen derartigen Materials täglich tue, nämlich in den Papierkorb.

Drittens handelt es sich, wie gesagt, um das Internet, und auf diesem Wege hat es Herr Domres zur Kenntnis genommen. - Er hat sich heute dafür entschuldigt. Dafür sage ich ihm meinen Respekt. Es ist nicht üblich, dass sich ein Abgeordneter, der einen Fehler macht, sofort entschuldigt.

(Beifall bei der PDS)

Viertens sage ich auch - und das ganz ruhig -: Es kommt derartiges Material mehr. Herr Minister, mit Ihnen habe ich darüber nicht gesprochen, wohl aber mit Herrn Ziel als damaligem Innenminister und mit Herrn Bräutigam als Justizminister. Es hat von der anderen Flanke her eine Unmenge von Drohungen gegen meine Person gegeben. Mir wurde, wahrscheinlich mit Ihrer Kenntnis, Polizei geschickt. Das war in Oranienburg, wo über die Sicherheit und über die Morddrohungen, die gegen mich gerichtet wurden, Auskunft gegeben worden ist. Damals habe ich der Polizei und dem Justizminister gesagt - und habe mit Herrn Ziel darüber auch eine Vereinbarung getroffen -, dass ich deswegen kein Fass aufmache, sondern dass ich alle auch an mich persönlich gerichteten Drohungen in den Papierkorb werfe. Das habe ich getan, das werde ich weiterhin tun, und ich bitte Sie: Lassen Sie uns jetzt nicht über ein - ein! - merkwürdiges Schreiben, das so überzieht, dass ich das gar nicht ernst nehmen kann, debattieren! Sonst könnte ich Sie, die Justiz und andere jeden Tag damit konfrontieren.

Es bleibt dabei: Ich habe es erhalten, habe es in den Papierkorb geworfen, und ich werde auch künftighin die Flut rechtsextremistischer Mails, die gegen das Land und gegen die Menschen in diesem Lande täglich eingeht, nicht weiterleiten. Wir werden sie in den Papierkorb werfen und weiterhin beständig gegen Rechtsextremismus und für eine sachliche Beurteilung dieses Landes auftreten. - Ich bedanke mich.

(Beifall bei der PDS und vereinzelt bei der SPD)

Ich danke dem Abgeordneten Prof. Dr. Bisky. - Ich frage die Fraktion der SPD, ob sie das Rederecht in Anspruch nehmen will. - Bitte schön, Herr Abgeordneter Klein.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Bisky, ich finde es durchaus ehrenwert und vernünftig, dass Sie jetzt hier reagieren und zu dem, was heute Morgen an Ungeheuerlichem passiert ist, Ihre Meinung sagen. Trotzdem muss ich Ihnen Folgendes entgegnen: Es darf nicht sein, dass ein Mitglied Ihrer Fraktion aus diesem Brief, von dem wir jetzt gerade noch einiges gehört haben, nur das herausnimmt, was ja schon schlimm genug ist, und beispielsweise so etwas wie den Vergleich mit den Golanhöhen kolportiert. Auch wenn Sie sagen, dass es rechtsradikale Übergriffe gibt, so sind das ja doch nicht 84 000, wie es in dem Brief heißt.

(Vietze [PDS]: Das hat doch hier im Parlament niemand gesagt!)

- Herr Domres hat diesen Brief vor sich gehabt und hat offensichtlich daraus zitiert. Er kann solche Dinge aber doch nicht einfach übernehmen und vor der breiten Öffentlichkeit, vor dem Fernsehen und vor den Bürgern ausbreiten. Uns schauen ja doch einige zu, Herr Bisky. Deshalb können wir diese Sache nicht auf sich beruhen lassen. Wir finden es außerordentlich wichtig, dass dies noch einmal aufgegriffen worden ist, weil damit ein Niveau der Debatte erkennbar wird, das heute Morgen noch nicht erkennbar war.

(Unruhe bei der PDS)

Es hilft überhaupt nicht, Herr Bisky, wenn Sie - lassen Sie mich das so formulieren - an dieser Stelle, bei der Sie selbst im Glashaus sitzen, mit dem Finger auf den anderen zeigen. - Vielen Dank.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich danke dem Abgeordneten Klein. - Ich frage die Fraktion der CDU, ob sie das Wort wünscht. - Bitte schön, Herr Abgeordneter Homeyer.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Prof. Bisky erhält am 24. November 2000 um 14.10 Uhr eine E-Mail

(Prof. Dr. Bisky [PDS]: Ja, eine E-Mail!)

von einem Herrn Marcel Erbes. Er liest die Anlage dazu und wirft das anschließend in den Papierkorb. Herr Minister Schönbohm hat berichtet, was diese Anlage an maßlosen Verunglimpfungen des Landes Brandenburg beinhaltet.

Ich frage mich, Herr Prof. Bisky, warum Sie eine solche Anlage, einen solchen Brief nicht unmittelbar und sofort an den Justizminister des Landes zwecks Prüfung übergeben haben, um zu klären, was der Hintergrund der Sache sein könnte.

(Prof. Dr. Bisky [PDS]: Das war zu DDR-Zeiten üblich!)

Das ist das eine. Das hätten Sie durchaus tun können.

Zum anderen möchte ich an das erinnern, was Herr Domres gesagt hat. Herr Domres hat heute Morgen hier in aller Öffentlichkeit gesagt, dass die Sicherheit des Landes Brandenburg gerade so vor der Sicherheit der Golanhöhen liege, das heißt, dass es für Menschen, die Urlaub machen wollten, ungefähr gleich unsicher sei, ob sie sich als Ziel des Urlaubs die Golanhöhen oder Brandenburg aussuchten, beziehungsweise Brandenburg sei etwas sicherer als Sierra Leone, wenn ich das richtig verstanden habe. Ein solcher Unsinn wurde heute Morgen öffentlich verbreitet.

Deshalb, so meine ich, ist es nicht damit getan, wenn Herr Domres sagt, er habe heute Morgen etwas ausgeführt, was nicht den Tatsachen entspreche beziehungsweise was er nicht geprüft habe. Ich erwarte, dass ein Abgeordneter dann, wenn er etwas so Schwerwiegendes hier sagen will, dies vorher prüft und erst danach ans Pult tritt und redet.

Von einem Fraktionsvorsitzenden, Herr Bisky, der so lange im Geschäft ist wie Sie, erwarte ich, dass er so etwas nicht einfach in den Papierkorb wirft, sondern prüfen lässt, um Schaden von Brandenburg abzuwenden. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei CDU und SPD)

Ich danke dem Abgeordneten Homeyer. - Ich frage die Fraktion der DVU, ob sie ihr Rederecht in Anspruch nehmen möchte. Frau Hesselbarth, bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich stelle mit großer Verwunderung fest, wie gut Sie sich hier miteinander abgesprochen haben, wie gut vorbereitet Sie in diese kurze Debatte gegangen sind.

Herr Dr. Bisky, Sie sprechen von Morddrohungen gegen Ihre Person. Davon kann ich auch ein Lied singen, wobei im Falle meiner Person diese Morddrohungen von der anderen Seite, nämlich von der linken, kommen.

Ansonsten, was das Internet und die E-Mails angeht, ist Folgendes zu sagen: Sie haben sich zwar entschuldigt, aber Sie gehören auch zu denjenigen, die Stoiber mit Hitler vergleichen. Man kann nicht Bäume fällen und sich hinterher dafür entschuldigen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.