Protocol of the Session on April 5, 2001

(Beifall bei der DVU - Unruhe bei der PDS)

Meine Damen und Herren, damit haben Sie die Erklärung der Landesregierung zur Kenntnis genommen und die Fraktionen hatten Gelegenheit, darauf zu reagieren. Damit schließe ich diesen Vorgang ab.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 7 auf:

Unterrichtung des Landtages Brandenburg über Schadensersatzansprüche und Schadensersatzforderungen der Gesellschafter der BBF gegen die Credit Suisse First Boston AG

Antrag der Fraktion der PDS

Drucksache 3/2541

Ich eröffne die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt mit dem Beitrag der einreichenden Fraktion. Frau Abgeordnete Tack, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir kommen noch einmal auf den möglichen Großflughafen BBI in Schönefeld zurück. Die PDS-Fraktion bringt einen Antrag mit dem Ziel ein, dass wir gemeinsam reagieren.

Meine Damen und Herren, die Fakten liegen auf dem Tisch. Die mit Beschluss des Oberlandesgerichtes Brandenburg vom 3. August 1999 aus unserer Sicht gescheiterte Privatisierung der BBF an die Hochtief AG hat das Land Brandenburg mindestens 112,5 Millionen DM gekostet. Dieser Schaden wäre nicht entstanden, wenn das Vergabeverfahren zur Privatisierung der BBF und zur Errichtung des BBI fehlerfrei verlaufen wäre.

Frau Abgeordnete Tack, ich möchte Sie kurz unterbrechen.

Meine Damen und Herren von der SPD, wenn Sie eine Fraktionssitzung abhalten wollen, dann gehen Sie in Ihre Fraktionsräume und machen das bitte nicht hier im Saal!

Frau Abgeordnete Tack, Sie dürfen fortfahren.

Die Mitverantwortung der Gesellschafter der BBF und die persönliche Verantwortung der Landesvertreter in den verschiedenen Aufsichtsgremien der BBF und der PPS für diesen Schaden sind noch zu ermitteln. Sie wissen, dass wir gemeinsam in einem Untersuchungsausschuss daran arbeiten. In diesem Zusammenhang wird immer wieder darauf verwiesen, dass sich die Gesellschafter für das Vergabeverfahren zur Privatisierung der BBF und der Errichtung des BBI der Projektplanungsgesellschaft PPS bedient hätten, die wiederum eine Investmentbank, in diesem Fall die Credit Suisse First Boston AG - CSFB -, und eine Rechtsanwaltskanzlei zur Beratung herangezogen hätten. Die Gesamtsteuerung des Vergabeverfahrens unter Einbeziehung des Rechtsberaters lag angeblich allein bei der CSFB. Aus

diesem Grunde sind in Bezug auf diese Bank einige Fragen zu stellen.

Das Oberlandesgericht hat am 03.08.1999 vier Fehler bei der Durchführung des Vergabeverfahrens zur Privatisierung der BBF zur Errichtung des Großflughafens BBI von einer solchen Schwere festgestellt, dass eine Aufhebung der Vergabeentscheidung und die Zurückversetzung des Verfahrens erforderlich wurde. Seitdem steht die Frage im Raum, inwieweit diese Fehler auf einer Verletzung vertraglicher Pflichten vonseiten der CSFB und der mit ihr verbundenen Rechtsberater beruhen, welcher Schaden hierdurch entstanden ist und inwieweit dieser entstandene Schaden der CSFB und ihren Beratern zuzurechnen ist.

Ein weiterer Punkt kommt hinzu: das von vornherein unterlassene Aufzeigen der finanziellen und rechtlichen Risiken für ein Vergabeverfahren zur Errichtung des Großflughafens ohne rechtskräftigen Planfeststellungsbeschluss. Wir sind aktuell in einer gleichen Situation, aber ich erinnere an die Situation, die zum Scheitern der Privatisierung der Holding und zur Vorbereitung des Großflughafens geführt hat. Allein die Durchführung des Vergabeverfahrens ohne Planfeststellungsbeschluss hätte schon 1997 dazu führen müssen, dass das Vergabeverfahren überhaupt nicht erst begonnen wird. Es ist deshalb zu begrüßen, dass sich die Gesellschafter der BBF - dazu gehört das Land Brandenburg - im vergangenen Jahr entschlossen haben, ein Rechtsgutachten zur Prüfung von Regressansprüchen und -forderungen gegenüber der CSFB in Auftrag zu geben.

Berechtigte Schadensersatzansprüche sind mindestens aus folgenden Positionen zu ermitteln: Honorare der Berater in Höhe von vermutlich 15 Millionen DM, Gerichtskosten im Vergabenachprüfungsverfahren von ca. 10 Millionen DM, zusätzliche Verfahrenskosten ab dem 4. August 1999 in Höhe von schätzungsweise 10 Millionen DM und zusätzliche Zinsbelastungen aus den Jahren 1999 und 2000 aus den Baufeld-Ost-Krediten, die nach Ablösung der Kredite durch den Privatisierungserlös ab dem 2. Halbjahr 1999 eigentlich bei erfolgreicher Privatisierung nicht mehr erforderlich sein sollten, in Höhe von ca. 30 Millionen DM. Nach unserer Schätzung ergeben diese Positionen einen Gesamtbetrag in Höhe von bis zu 65 Millionen DM.

Die Frage, in welcher Höhe dieser Schaden tatsächlich gegenüber der CSFB gerichtlich geltend gemacht werden kann, wirft natürlich auch die Frage der Mitverschuldung der Auftraggeber auf. Dies ist für die Gesellschafter der BBF und für die PPS eine unbequeme Frage, denn ein Mitverschulden wird womöglich nicht ganz auszuschließen sein. Das gilt es im Rahmen des Untersuchungsausschusses noch zu beweisen.

In dem Zusammenhang fordern wir die Landesregierung mit unserem Antrag auf, den Landtag auf seiner Sitzung im Mai über das ihr als Gesellschafter der PPS vorliegende Rechtsgutachten zu Schadensersatzansprüchen gegen die CSFB zu unterrichten und daraus abgeleitete berechtigte Ansprüche gegen die genannte Bank noch in diesem Jahr auf einem gerichtlichen Wege geltend zu machen, damit wenigstens ein Teil des für das Land Brandenburg entstandenen Vermögensschadens wieder beseitigt werden kann. Ich denke, die Finanzministerin und uns alle würde es freuen, wenn es gelingen würde, hier wieder eine Einnahme im Haushalt zu erreichen.

Da wir wieder beim Thema Großflughafen sind, möchte ich

abschließend noch eine Bemerkung machen. Herr Karney lächelt mich so an - das ist ja nichts Schlechtes, ich lächle auch viele Leute an. Ich würde ihn bitten, in der Debatte zur möglichen Privatisierung und zur Errichtung des Großflughafens, was die Struktur- und Verkehrspolitik der PDS-Landtagsfraktion betrifft, endlich mit seinen demagogischen Unterstellungen aufzuhören. Sie sagen dies wider besseres Wissen und ich fordere Sie auf, sich an den Realitäten und an den alternativen Politikvorstellungen der PDS zu orientieren. Dann haben wir, wie ich denke, eine Chance, uns zu den Sachfragen auszutauschen.

Eine Bitte habe ich auch noch an den Wirtschaftsminister: Sie haben vorhin gesagt, die künftige Flughafenumfeld-Entwicklungsgesellschaft soll zu 51 % die öffentliche Hand tragen. Aber leider war all das, was Sie hier ausgeführt haben, im Bericht der Landesregierung nicht enthalten. Ich denke, es wäre ein fairer Umgang miteinander, das Gutachten zur Umfeldentwicklung des Flughafens an alle Fraktionen zu geben, damit auch wir an der Meinungsbildung beteiligt sind. Dann könnten wir uns auf einer sachbezogenen Ebene viel besser austauschen, als wenn immer diese demagogischen Unterstellungen vorgebracht werden. - Vielen Dank.

(Beifall bei der PDS)

Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Tack. Ich habe die ganze Zeit überlegt, ob ich Sie zur Sache ermahnen sollte, aber da Sie noch Redezeit hatten, habe ich es gestattet. - Für die Koalitionsfraktionen spricht der Abgeordnete Dellmann. Bitte sehr.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Sachverhalt ist hinreichend bekannt. Das Oberlandesgericht Brandenburg hat am 3. August 1999 Rechtsverstöße der Projektplanungsgesellschaft PPS im Privatisierungs- und Vergabeverfahren festgestellt. Da sich die PPS zur Beratung in finanzieller und rechtlicher Hinsicht unter anderem der CSFB bediente, können zu Schadensersatz verpflichtende Beratungsfehler der CSFB grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden.

Die PPS wird eine rechtliche Prüfung unternehmen und befindet sich in Verhandlungen mit der CSFB. Würde dem Antrag der PDS entsprochen, müsste sich die Landesregierung in öffentlicher und damit auch der potenziellen Gegenseite zugänglicher Art und Weise über die sachlichen Grundlagen und eventuelle prognostizierte Erfolgsaussichten eines Gerichtsverfahrens äußern. Die öffentliche Preisgabe inhaltlicher Positionen der PPS, der BBF oder der Gesellschafter würde erkennbar die Erfolgsaussichten der auch im Interesse des BBF-Gesellschafters Brandenburg geführten Verhandlungen schmälern oder gar torpedieren. Ferner ist zu berücksichtigen, dass sich auch das Kontrollrecht des Parlaments grundsätzlich nur auf abgeschlossene Vorgänge bezieht und nicht die Befugnis enthält, in laufende Verhandlungen und Entscheidungsvorbereitungen der Exekutive einzugreifen.

Sehr geehrte Frau Tack, eine Unterrichtung zum jetzigen Zeitpunkt diente also erkennbar nicht den Interessen des Landes Brandenburg. Sie würde diese vielmehr in eklatanter Weise schmälern. Da sich diese Einschätzung auch der PDS aufdrän

gen muss, ist ihr vorzuwerfen, dass sie mit diesem Antrag grob fahrlässig und sogar bewusst die Schädigung der Landesinteressen betreibt. Eine Offenlegung durch die Landesregierung kommt erst in Betracht, wenn die Angelegenheit abgeschlossen ist. Sie ist somit erst zu einem solchen Zeitpunkt zu fordern.

Meine Damen und Herren, die Unterrichtung des Landtages und der Öffentlichkeit wird durch die Veröffentlichung des Untersuchungsausschussberichtes erfolgen. Der auf Antrag der PDS eingesetzte Untersuchungsausschuss 3/1 hat die Aufgabe, den bisherigen Verlauf des Privatisierungs- und Vergabeverfahrens zum Flughafen BBI aufzuklären. Dies beinhaltet ausdrücklich die Fragen zur Rolle der CSFB im Privatisierungs- und Vergabeverfahren sowie nach Regressansprüchen und Mehrkosten durch die Entscheidung des Oberlandesgerichtes Brandenburg. Der Antrag der PDS kollidiert mit dem Untersuchungsauftrag. Mit der Erfüllung dieses Auftrags, welche die Koalitionsfraktionen in sachgerechter Weise betreiben, wird die notwendige Transparenz sichergestellt.

Gestatten Sie mir einige Anmerkungen zum Verhalten der PDS im Zusammenhang mit dem Untersuchungsausschuss: Dass überhaupt ein Erkenntnisinteresse der PDS hinsichtlich des vorgelegten Antrags vorliegt, muss angesichts ihres planlosen Verhaltens im Untersuchungsausschuss bezweifelt werden. Von bisher 45 eingebrachten Anträgen der PDS wurden von ihr 18 zur Präzisierung zurückgezogen. In der zweiten Sitzung des Untersuchungsausschusses wurde die komplette Themeneinteilung mit Zustimmung der Abgeordneten Tack und Enkelmann beschlossen.

(Zuruf von der PDS)

Seitdem sind Sie, liebe Frau Tack, damit beschäftigt, diese Einteilung zu torpedieren. Zwischenzeitlich liegt dem Untersuchungsausschuss ein Aktenberg mit zurzeit etwa 55 000 Blatt vor.

Die Abgeordnete Frau Dr. Enkelmann beklagt sich öffentlich darüber, dass 500 Aktenbände ausgewertet werden müssten und dies noch drei Jahre dauern sowie rund 500 000 DM pro Jahr kosten würde.

(Frau Dr. Enkelmann [PDS]: Darüber habe ich mich nicht beklagt!)

Sie selbst, Frau Dr. Enkelmann - auch an Ihrem Geburtstag muss ich das sagen -, haben mit Ihren planlosen Anforderungen den Grund allen Übels gelegt.

(Beifall bei SPD und CDU - Zuruf der Abgeordneten Frau Dr. Enkelmann [PDS])

Zuletzt haben Sie erneut 20 Bände Akten zum vor einem Jahr abgeschlossenen und eingestellten Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Berlin angefordert, deren ausführlich begründetes Einstellungsergebnis dem Untersuchungsausschuss und auch der Öffentlichkeit längst hinreichend bekannt ist.

Meine Damen und Herren! Wer beschert dem Land eigentlich die überflüssigen Kosten?

(Frau Dr. Enkelmann [PDS]: Wie kann man vom Untersu- chungsausschuss überhaupt Akteneinsicht fordern?)

Entgegen Ihren öffentlichen Behauptungen, Frau Dr. Enkelmann, ist bis heute kein PDS-Antrag vom Untersuchungsausschuss und von den Koalitionsfraktionen abgeschmettert worden. Ich darf darauf hinweisen, dass Sie, Frau Tack, und Sie, Frau Dr. Enkelmann, eines beachten sollten, nämlich den § 12 Abs. 3 des entsprechenden Gesetzes:

„Vor Abschluss der Beratung über einen Gegenstand der Verhandlung sollen sich die Mitglieder des Untersuchungsausschusses einer öffentlichen Beweiswürdigung enthalten.”

(Unruhe bei der PDS)

Gestatten Sie ein Zitat aus einer Meldung vom DDP am gestrigen Tage. Dort wird geschrieben - es gibt eine wissenschaftliche Untersuchung:

„Die Abschlussberichte solcher Untersuchungsausschüsse füllen leicht Hunderte von Seiten, die Korruption, Misswirtschaft und Fehlverhalten aufdecken sollen. Doch wirklich wichtig sind sie nicht.”

Der Kölner Politikwissenschaftler Jürgen Klöhn sagt:

„Der Weg ist das Ziel.”

Als Beweis zitiert er einen Hamburger Abgeordneten, der sagt:

„Der Bericht ist scheißegal. Wichtig ist, dass über zwei Jahre alle zwei Wochen negative Schlagzeilen in der Zeitung stehen.”

Das ist auch Ihr Ziel, Frau Tack. Die PDS verhindert eine effektive Arbeit des Untersuchungsausschusses, beschwert sich über die Dauer des Verfahrens und eine angebliche Verhinderungstaktik der Regierung und der Koalitionsfraktionen.

(Beifall bei der CDU)