Protocol of the Session on April 5, 2001

Eine dynamische Entwicklung des Flughafens Schönefeld, die wir alle wollen, braucht eine angemessene Koordinierung. Durch viele Gespräche, unter anderem mit den Flughafenanrainergemeinden, hat sich herauskristallisiert, dass eine Entwicklungsgesellschaft, die von der öffentlichen Hand und von Privaten getragen wird, die höchste Akzeptanz bei den verschiedenen Beteiligten erreichen würde. Die Notwendigkeit einer Entwicklungsgesellschaft wurde auch durch ein externes Gutachten zum Flughafenumfeld vom Dezember 2000 bestätigt.

Viele Fachleute und Kommunalvertreter haben ebenfalls die Gründung einer Entwicklungsgesellschaft befürwortet, nicht zuletzt aufgrund der Erfahrung in anderen großen Flughafenstandorten, wo die Umfeldgesellschaft eine ganz entscheidende Rolle für die wirtschaftliche Entwicklung spielt. Aufgrund dessen haben wir die Gründung einer Flughafenumfeld-Entwicklungsgesellschaft mit Nachdruck vorangetrieben.

Am 26. Februar 2001 hat die Investitionsbank des Landes Brandenburg zunächst zu 100 % die Flughafenumfeld-Entwicklungsgesellschaft Berlin-Brandenburg gegründet. Wir werden jetzt Stück für Stück die weiteren Schritte vollziehen, sodass die ILB in den kommenden Wochen und Monaten Gesellschaftsanteile an Dritte, zum Beispiel an die Gemeinden im Umland, das Land Berlin und Private, überträgt. Die Verhandlungen hierzu laufen bereits.

Ziel der Gesellschaft ist es, Maßnahmen der Standort- und Strukturentwicklung des Flughafens in Zusammenarbeit mit den Ländern Berlin und Brandenburg, den Landkreisen, den Kommunen und privaten Entwicklern zu initiieren. Hierzu gehören auch Wettbewerb, Erwerb, die Entwicklung, Verwaltung und Verwertung von Grundstücken im Flughafenumfeld. Erste Vorgespräche mit internationalen Partnern zeigen, dass auch im Ausland grundsätzliches Interesse an diesem Thema besteht. Hieran knüpfen wir an und verhandeln im Moment mit weltweit erfahrenen Partnern, um sie ebenfalls für dieses Projekt und als Partner in der Gesellschaft zu gewinnen.

Die Arbeit der Entwicklungsgesellschaft zielt darauf, die Wirtschaftsstruktur der Region nachhaltig zu verbessern und eine aktive Flughafenumfeldentwicklung anzuregen. Die Entwicklungsgesellschaft muss auch einen dauerhaften eigenen wirtschaftlichen Erfolg anstreben und dazu beitragen, dass andere Akteure in der Region ebenfalls erfolgreich wirken können. Hierzu zähle ich zum Beispiel den zukünftigen Flughafenbetreiber, die zukünftigen Investoren im Umfeld und die bereits ansässigen regionalen Wirtschaftsunternehmen sowie die Umfeldgemeinden.

Insgesamt steht bei der Flughafenumfeld-Entwicklungsgesellschaft das Ziel im Vordergrund, die weitere Entwicklung der Wirtschaftsregion Schönefeld sinnvoll zu koordinieren. Wir wollen sicherstellen, dass das Umfeld so effizient wie möglich entwickelt wird; das ist im Interesse der ganzen Hauptstadtregion und auch im Interesse einer gezielten Entwicklung der Region. Wir können das nicht nur privaten Initiativen überlassen, sondern müssen die Planungs- und Entwicklungsinteressen der Kommunen und der Kreise mit den Interessen wirtschaftlicher Unternehmen verbinden.

Abschließend möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass nach Erfahrungen in allen Flughafenumfeldentwicklungen die Schaffung von Arbeitsplätzen, die wirtschaftlich positive Entwicklung eher im Umfeld als im Flughafen erzielt wird. Der Trend geht eindeutig dahin, dass auf dem Flughafen selbst mit dem Flugbetrieb etwa 40 %, im Umfeld etwa 60 % der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung stattfinden. Deshalb muss es in besonderer Weise im Interesse des Landes Brandenburg sein denn das Umfeld ist Brandenburg -, dafür zu sorgen, dass in diesem Bereich eine positive wirtschaftliche Entwicklung stattfinden kann. Im Übrigen ist auch selbstverständlich, dass diese Entwicklung nur zusammen mit den Gemeinden und den Kreisen und nicht gegen sie stattfinden kann. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Vereinzelt Beifall bei CDU und SPD)

Herr Fürniß, es gibt noch eine Frage. Bitte sehr, Herr Schulze.

Herr Minister, die Gemeinden, die von den verschiedensten Auswirkungen des Flughafens betroffen sind, an den wirtschaftlichen Erfolgen zu beteiligen ist eine lobenswerte Angelegenheit. Ich möchte Sie fragen, wie zum Beispiel eine Gemeinde wie Eichwalde, in der 2,6 Quadratkilometer komplett bebaut sind und es überhaupt keine Freiflächen gibt, auf denen irgendeine sinnvolle Nutzung entwickelt werden kann, von solch einer

Flughafengesellschaft profitieren kann. Dort gibt es nur kaputte Straßen und bebaute Grundstücke, aber keine Gewerbeflächen. Wie könnte nach Ihrer Vorstellung eine solche Gemeinde von einer Flughafenentwicklungsgesellschaft profitieren? Oder würden Sie alternativ vorschlagen, die Gemeinden, die davon betroffen sind, zusammenzuschließen, damit im Rahmen eines Zusammenschlusses alle davon profitieren?

Ich wäre schlecht beraten, wenn ich mich über Gemeindezusammenschlüsse im Rahmen der Flughafendiskussion äußern würde. Im Übrigen ist eine positive Entwicklung auch dadurch möglich, dass interessante Arbeitsplätze geschaffen werden das trifft für viele Leute zu. Außerdem möchte ich gerne, dass auch die Kreise als Mitglieder der Flughafenumfeld-Entwicklungsgesellschaft mitwirken, damit sie innerhalb ihrer Verantwortung, die sie als Kreis haben, einen vernünftigen Ausgleich herstellen können.

Nachdem uns gestern der Nordwesten besucht hat, ist es heute der Nordosten. Die zweite Besucherwelle aus Angermünde ist da. Ich begrüße herzlich die Schüler des Einstein-Gymnasiums aus Angermünde.

(Allgemeiner Beifall)

Das Wort geht an die PDS-Fraktion, an Frau Tack. Bitte sehr.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie alles, was mit dem Großflughafen BBI zu tun hat, so wird auch die Flughafenumfeld-Entwicklungsgesellschaft und all das, was damit im Zusammenhang steht, allein vom Prinzip Hoffnung getragen. Die Rede des Wirtschaftsministers hat das gerade unterstrichen.

Der Bericht der Landesregierung, der uns vorliegt und zur Diskussion steht, erfüllt dabei allerdings nicht einmal die Hoffnungen, die die Vertreter der Koalitionsfraktionen, als sie den Antrag stellten, damit verbunden hatten. Ich erinnere an die Reden der Herren Karney, CDU, und Müller, SPD. Sie werden ähnliche Fragen haben wie ich, die ich gleich noch formulieren werde.

Zunächst sind wir darüber verwundert, dass es eine Menge Widersprüche zu den im Januar im Verwaltungsrat der ILB offensichtlich diskutierten und in der Presse vermittelten Vorlagen gibt. Dort war die ILB nicht als 100%ige, sondern als 80%ige Gesellschafterin vorgesehen. Unsere Frage ist: Warum ist nun die BBF nicht beteiligt? Wie soll es zum Interessenausgleich kommen, wenn wieder nur, wie es den Anschein hat, nebeneinander her gearbeitet wird?

Wenn die Gründung der Flughafenumfeld-Entwicklungsgesellschaft mit einem durchschaubaren Finanzierungskonzept verbunden wäre, hätten viele Fragen schon beantwortet werden können. Ich möchte in diesem Zusammenhang noch einmal daran erinnern: Wenige Tage nach den prinzipiellen Entscheidungen im Hinblick auf die notwendige Rettung der Landesentwicklungsgesellschaft, für die wir uns alle ausgesprochen haben, wird erneut eine Gesellschaft mit Kapital, für das das

Land haftet, in die Gänge gebracht, ohne dass der Landtag etwas über das Finanzierungskonzept der Gesellschaft erfährt.

Der mehrfache Verweis im Bericht darauf, dass mit der Geschäftstätigkeit erst begonnen werden kann, wenn alle Gesellschafter feststehen, reicht für uns nicht aus. Schon jetzt entstehen Kosten für die Gesellschaft durch ihre Gründung. Ganz offensichtlich ist die Finanzierung von vornherein nicht gesichert. Eine Überschuldung kann schon in diesem Jahr eintreten, wenn der Geschäftsbetrieb aufgenommen wird und seine Ausgaben das Stammkapital vernichten oder überschreiten. Es wären gravierende Parallelitäten anhand der Gesellschaften mit Landesbeteiligung nachzuvollziehen.

Oder wie soll bei einem Stammkapital von nur 100 000 DM die vor Wochen noch genannte eine Million DM für die Geschäftstätigkeit aufgebracht werden? Sind für das Stammkapital Garantieerklärungen oder andere Sicherheiten vom Land übernommen worden? Will das Land Brandenburg als Kapitalgeber, als Bürge oder mit einer Garantieerklärung einspringen? Dies wäre, gemessen an der unausgereiften Konzeption der Gesellschaft, nicht gerechtfertigt und, wie wir meinen, auch wieder eine unzulässige Risikobehaftung für die Zukunft.

(Beifall bei der PDS)

Das wirtschaftliche Konzept der Gesellschaft ist nicht nachvollziehbar. Das sagt der Bericht ganz deutlich aus.

Die Landesregierung räumt - das wiederhole ich noch einmal die ungesicherte Finanzierung des Geschäftsbetriebes ein. Der Geschäftsführer kann nicht bezahlt werden. Unter diesen Voraussetzungen hätte die Gesellschaft überhaupt nicht gegründet werden dürfen. Von vornherein fehlen Mitgesellschafter. Ein konkreter Wirtschaftsplan für dieses Jahr und auch für das Jahr 2002 scheint bisher nicht vorzuliegen.

Im Umfeld der Gründung der Gesellschaft war von einem Gutachten über den Nutzen der Gesellschaft zu lesen. Der Wirtschaftsminister hat dieses Gutachten der Presse vorgestellt. Ich bitte in diesem Zusammenhang darum, dass das Gutachten auch dem Landtag zur Verfügung gestellt wird, damit wir uns sachkundig machen können. Ich hoffe, dass wenigstens in diesem Gutachten vermittelt wird, welche positive wirtschaftliche Entwicklung im Flughafenumfeld zu erreichen ist.

Im Weiteren enthält der Bericht der Landesregierung im Zusammenhang mit dem Punkt 6 - Interessenausgleich zwischen Anwohnern und Flughafengesellschaft - sehr dünne Antworten. Daraus entstehen, meine Damen und Herren, wiederum neue Fragen: Wie erfolgt die Einbeziehung der Umlandgemeinden? Wie findet der Interessenausgleich wirklich statt? Bislang sind nicht einmal jene Gemeinden Gesellschafter, die sich im Amt Schönefeld bereit erklärt haben, dies sein zu wollen. Die Tatsache, dass die Kommunen erst die Bereitschaft zur Einzahlung in einen zweckgebundenen Fonds signalisieren müssen, wird auf die betreffenden Kommunen wahrscheinlich nicht unbedingt befördernd wirken.

Ich stelle noch einmal die Frage in Unterstützung dessen, was der Kollege Schulze gerade gefragt hat: Wie werden in den Interessenausgleich all jene Kommunen einbezogen, die Probleme sehen vor allen Dingen in der wirtschaftlichen Nachteils

entwicklung für diese Gemeinden und auch in den Gemeinden, von denen aus jetziger Sicht erwartet wird, dass Verschlechterungen der Lebensbedingungen eintreten?

Meine Damen und Herren! Herr Wirtschaftsminister, wir gehen davon aus, dass die Regierung einen erneuten Bericht vorlegt, nämlich dann, wenn alle Fragen beantwortet werden können, wenn es einen Wirtschaftsplan gibt, wenn die Finanzierung der Gesellschaft klar ist. Ich bitte Sie, in der erneuten Vorlage des Berichtes dieser Gesellschaft...

Frau Abgeordnete, bitte kommen Sie zum Schluss!

... - das ist mein letzter Satz - auch die Frage 7 zu beantworten, die im gegenwärtig vorliegenden Bericht nicht beantwortet worden ist. - Schönen Dank.

Sind Sie bereit, noch eine Frage zu beantworten?

Frau Tack, Ihren Aussagen entnehme ich, dass Sie und Ihre Fraktion gegen den Flughafen Schönefeld sind. Stimmen Sie mir zu, wenn ich Ihren Äußerungen entnehme, dass Sie einen neuen Flughafen in Stendal bauen wollen?

Herr Kollege, ich kann entnehmen, dass Sie meinen Ausführungen nicht zugehört haben.

(Beifall bei der PDS)

Nun spricht der Abgeordnete Dellmann für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Fürniß, Sie sprachen davon, dass wir alle wollen, dass er sich gut entwickelt. Den Worten von Frau Tack muss ich leider entnehmen, dass vieles sich noch nicht ganz erfüllt hat. Trotzdem bin ich relativ optimistisch; denn ich habe lange nicht so wenig Beifall zu einem Beitrag von Frau Tack wie eben aus den Reihen der PDS gehört. Vielleicht schaffen wir es noch, Herr Fürniß, dass wir irgendwann zu einem richtigen „Wir” kommen.

(Vietze [PDS]: Dann haben Sie nicht richtig hingehört!)

Die Lautstärke von Beifall kann man sehr wohl vernehmen.

(Zuruf von der PDS)

Es geht um die zielorientierte Entwicklung des BBI und das Flughafenumfeld. Allen ist doch sehr deutlich, dass es dafür kein allgemein gültiges Muster geben kann. Die Erfahrungen, die andere Städte, andere Flughäfen in Europa, in den USA gemacht haben, zeigen ein relativ breites Bild, wie man so etwas organisieren kann. Eines ist ganz deutlich: Es geht nicht ausschließlich über eine Landes- oder eine Regionalplanung, sondern wir brauchen andere Mittel für eine Steuerung.

Die wirtschaftlichen Entwicklungsimpulse, die von einem solchen Flughafen ausgehen werden, müssen auf eine breite Basis gestellt werden und vor allen Dingen vielen zum Nutzen gereichen. Es ist die Frage zu stellen: Wie schaffen wir wirklich einen Vor- und Nachteilsausgleich? Es gibt die unterschiedlichen Ebenen zwischen den Gemeinden. Herr Schulze stellte die Frage nach den etwas mehr Betroffenen und den Gemeinden, die davon etwas mehr profitieren. Das ist die eine Ebene. Die andere Ebene bezieht sich aber auch auf den Flughafenbetreiber, also BBI, und die Nachbargemeinden.

Frau Tack, ich glaube, Sie wissen gar nicht, wie man so etwas überhaupt auf den Weg bringen kann. Es wäre eine spannende Aussage von Ihnen gewesen, wenn zum heutigen Tage die Landesregierung ein detailliertes perfektioniertes System vorgelegt hätte. Dann hätten Sie gesagt: Die Landesregierung kann den Kommunen vor Ort doch nicht vorschreiben, wie es gemacht werden soll.

So etwas bekommen Sie nur organisiert, wenn Sie auch ein hohes Maß an Selbstorganisation der Beteiligten zulassen. Das Land ist dabei nur ein Partner. Selbstorganisation, partnerschaftliche Betrachtung, ich glaube, das ist eines der wichtigsten Dinge, die hier zu beachten sind. Es geht nicht nur um Bauleitplanung, um Ansiedlungspolitik, um Flächenmanagement, sondern es geht vor allen Dingen auch um eine Arbeitsteilung zwischen den einzelnen Gemeinden.

Lassen Sie mich auf das Thema potenzielle Gesellschaft eingehen. Ich habe mit großem Interesse die Studie gelesen, die im Auftrag des Wirtschaftsministeriums erarbeitet wurde. Wir werden mehrere Partner brauchen. Aber, Herr Fürniß, darüber sollte noch ein Stück diskutiert werden: Fast alle Organisationen waren ausgesprochen stark kommunal verfasst und hatten eine sehr starke kommunale Verankerung, weil das ja auch diejenigen sind, die das größte Interesse und die größten Probleme haben.

Wir sollten schon genau überlegen, wen wir neben den Gemeinden, den Landkreisen und Berlin mit ins Boot holen und für welche Aufgaben wir wirklich internationale Partner brauchen. Ich hätte die Bitte, dass wir sehr genau darauf achten, dass hier wirklich schwerpunktmäßig die Region vertreten ist.

Frau Tack, selbstverständlich muss die Frage nach der finanziellen Ausstattung in den einzelnen Phasen gestellt werden. Allein die Konstruktion, die wir jetzt haben, dass wir erst einmal die ILB den Anschub geben lassen, zeigt doch ganz deutlich: Selbstverständlich muss das Land Brandenburg direkt oder indirekt erst einmal mit in die Bütt gehen. Anders geht so etwas nicht. Wir müssen eines machen: Wir als Parlament - ich würde vorschlagen, sowohl der Ausschuss für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr als auch der Wirtschaftsausschuss - müssen dieses Thema intensiv begleiten. Selbstverständlich sollten wir

uns dann auch die Finanzen anschauen. Ich habe keine Sorge, dass wir in irgendwelche größeren Finanzlücken hineingeraten.

Das Thema Flughafenentwicklung ist eine wichtige und lohnende Aufgabe. Wir müssen gemeinsam den Weg definieren. Der erste Schritt dazu ist getan. Frau Tack, die aktuelle Verweigerungshaltung von einigen aus der Region, auch einigen Gemeinden, ist für mich kein Grund für Pessimismus. Ich gehe davon aus, spätestens zum Zeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses werden auch die Gemeinden, die bisher nicht gesagt haben, sie machen mit, mitmachen. Wir sollten die Chancen des Flughafens nicht zerreden, wie Sie es tun, sondern wir sollten sie nutzen. - Danke.