Auch deshalb hat das energische Vorgehen gegen Gewalt Priorität in der Politik der Landesregierung und ist immanenter Bestandteil der Koalitionsvereinbarung. Die Bekämpfung häuslicher Gewalt gegen Frauen und Kinder gehört dazu.
Seit Jahren befindet sich der Entwurf eines Gesetzes der Bundesregierung im parlamentarischen Verfahren, das, kurz gefasst, Gewaltschutzgesetz heißt.
Es soll unter anderem den zivilgerichtlichen Schutz bei Gewalttaten und Nachstellungen verbessern und die Überlassung der Ehewohnung bei Trennung erleichtern. Ich habe mit Frau Ministerin Bergmann sehr zeitig darüber gesprochen; es ist klar: Wer gewalttätig wird gegen Frauen und Kinder, muss raus. Es kann nicht sein, das Frauen und Kinder die Wohnung verlassen müssen und der gewalttätige Mann darin bleibt.
Brandenburg hat am Entstehen des Bundesgesetzes von Anfang an entscheidend mitgewirkt und Mitte Februar im Bundesrat für seine Annahme plädiert. Darüber hinaus haben wir Änderungsanträge initiiert, die die Rechte der Frauen weiter stärken werden. Das alles wird auch von Teilen der Opposition unterstützt. Deshalb rechne ich damit, dass das Gesetz spätestens bereits im nächsten Jahr in Kraft tritt.
Meine Damen und Herren, im Jahre 1999 wurden im Lande Brandenburg fast 1 700 Frauen und Mädchen Opfer von Gewaltkriminalität. Von den 221 Opfern von Vergewaltigung und sexueller Nötigung waren 211 weiblich; das waren 95 %. Das sind die tatsächlich erfassten Fälle. Zu vermuten ist eine viel größere Dunkelziffer.
Leider liegen auch über die Grauzone häuslicher Gewalt bundesweit keine Erkenntnisse vor. Ebenfalls ist nicht bekannt, wie viele Frauen ihre Peiniger nicht anzeigen. Wir kennen noch zu wenig das tatsächliche Ausmaß dieser Gewalt, gehen aber davon aus, dass es höher ist als das der Gewalt durch Fremdtäter. Das bestätigt uns auch immer wieder die Arbeit in den Frauenhäusern.
Von 1997 bis 1999 suchten insgesamt 2 400 Frauen Zuflucht in den vom Land geförderten 23 Frauenhäusern und -wohnungen. Seit 1991 haben Land, Landkreise und Kommunen die Frauenhäuser mit mehr als 28 Millionen DM gefördert. Allein 1999 waren es 2 Millionen DM. Das werden wir trotz schwieriger Haushaltslage auch weiterhin tun.
Meine Damen und Herren, Gewalttäter müssen ganz entschieden gestoppt werden. Es ist doch ein Unding, dass die Opfer von Gewalt, die Frauen und Kinder, fliehen und ihr Zuhause verlieren, während die Täter weitgehend unbehelligt in der Wohnung bleiben.
Meine Damen und Herren, am Wochenende wird sich eine europäische Konferenz in Stockholm ebenfalls mit genau diesem Thema beschäftigen; denn häusliche Gewalt ist auch ein europäisches Problem. Ich erhoffe mir für unseren Aktionsplan Anregungen von solchen Ländern, die da schon ein Stückchen weiter sind, und werde an dieser Konferenz selbst teilnehmen. Vielen Dank fürs Zuhören.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor fast einem Jahr hat Minister Ziel ein Landesaktionsprogramm zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen angekündigt, jetzt sind angeblich Eckpunkte in der Ressortabstimmung. Wie geheimnisvoll - und sehr spät! Bundesaktionsprogramm und Gewaltschutzgesetz des Bundes - Sie sprachen es an - liegen längst vor und nehmen die Länder in die Verantwortung.
Wenn wir uns heute hier über die Brisanz völlig einig sind, dann bin ich über die Qualität Ihrer Antworten auf unsere Große Anfrage doch sehr verwundert. Herr Minister, ich weiß um die Kompetenz und das Engagement Ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wir trafen uns in zahlreichen Diskussionen und Fachkonferenzen. Sie kennen sicherlich nicht weniger als wir politische Erfahrungen aus Schweden oder Österreich und auch den gesetzgeberischen Vorlauf aus Mecklenburg-Vorpommern.
Keine Erkenntnisse aber meinen Sie zu haben zur Verbreitung von Gewalt gegen Kinder im Lande, zur sexuellen Belästigung von Frauen am Arbeitsplatz, über durch Frauenhausmitarbeiterinnen erfolgte ambulante Beratungen, über Effekte von Maßnahmen der Gewaltprävention unter anderem in Schulen und Projekten, über den Handel mit Mädchen und Frauen zum Zwecke der Pornographie oder der Prostitution. Sie wissen angeblich auch nichts zu Tätergruppen, die via Internet solche Art Pornographie beziehen und zu aus Brandenburg stammenden so genannten Sextouristen. Auch die jetzt vorliegenden Schlussfolgerungen aus Wissen und Nichtwissen sind leider nur ein Anfang.
Meine Damen und Herren der Landesregierung, Sie hätten es längst in der Hand gehabt, mehr zu wissen. Fragen Sie die Nichtregierungsorganisationen „terre des hommes” oder „Kind im Zentrum” in Berlin! Fragen Sie in Projekten wie STIBB in Kleinmachnow oder „belladonna” in Frankfurt! Fragen Sie beim bundesweiten Koordinierungskreis gegen Frauenhandel und Gewalt! Einen Problemaufriss bietet selbst - das haben meine Kolleginnen und Kollegen heute auch schon erwähnt - das Lagebild Menschenhandel vom Bundeskriminalamt aus dem Jahre 1999.
Ich verweise auf die Anhörung vor dem Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport am 20. Mai 1999 zur Bekämpfung der sexuellen Gewalt gegen Kinder und Jugendliche. Ist regierungsseitig seither wirklich nichts passiert? Auch zum Beispiel eine Opferfeldstudie wäre ein erster möglicher Schritt, hier Genaueres zu erfahren. Im Sinne einer phänomenbezogenen Ergänzung, die mir der Herr Innenminister - er ist jetzt leider nicht hier - in
seiner schriftlichen Antwort auf meine Mündliche Anfrage empfohlen hat, könnte man mit einer Opferfeldstudie auch tatsächlich erst einmal weiterkommen.
Fragen Sie in Bayern nach! Dort hat im letzten Jahr das Projekt „Bekämpfung des Sextourismus mit Kindesmissbrauch durch deutsche Täter in den grenznahen Gebieten zur Tschechischen Republik” mit Plakat- und Postkartenaktionen an allen Grenzübergängen und mit breiter Öffentlichkeitsarbeit unter Beteiligung der politischen Elite des Freistaates stattgefunden. Und Sie sehen keinen Handlungsbedarf für Brandenburg? Ich kann es kaum glauben.
Offensichtlich waren Gewaltdelikte gegen Frauen und Kinder damit nicht gemeint; denn hier bleiben die offiziellen Zahlen gleich hoch.
Der kritiklose und formale Bezug der Landesregierung auf die Polizeiliche Kriminalstatistik in der vorliegenden Antwort spricht für sich. Polizisten und Kriminalisten sagen selbst Folgendes:
Das Dunkelfeld in den Deliktgruppen „Gewaltanwendung” und „Sexualstraftaten in der Familie” ist im Verhältnis zu anderen besonders hoch. Der Kriminologe Prof. Kury aus Freiburg argumentiert, dass kaum mehr als 10 % aller Straftaten Eingang in die Polizeiliche Kriminalstatistik finden.
Der Begriff Familienstreitigkeiten verschleiert das tatsächliche Gewaltgeschehen. Die Polizeiliche Kriminalstatistik bietet für Gewalt im häuslichen Bereich bisher keine korrekte Zuordnungsmöglichkeit. Das muss geändert werden. Die Wohnung darf nicht als rechtsfreier Raum betrachtet werden. Auch bei Körperverletzung in der Privatsphäre gilt der Strafanspruch des Staates und muss durchgesetzt werden. Hier besteht Diskussions- und Gesetzgebungsbedarf. Der Platzverweis taugt nicht für die Wohnung und die Ingewahrsamnahme kann bislang nur in engen Grenzen und für kurze Dauer verhängt werden.
Polizistinnen und Polizisten fordern weiterhin eine einheitliche Definition von „häuslicher Gewalt” - ein Vorschlag liegt auf dem Tisch - und die Aufnahme dieser Problematik in die Ausbildungs- und Prüfungsinhalte der Polizei.
Eine Vernetzung von Polizei und nichtstaatlichen Hilfsangeboten ist erforderlich. Der Beirat gegen Gewalt und Menschenhandel in der Prostitution in Brandenburg ist längst mit der Vorarbeit für ein Kooperationskonzept befasst. Dabei haben der Generalstaatsanwalt und MASGF-Mitarbeiterinnen mitgearbeitet.
Resümee: Der Landesaktionsplan muss her. Er kann und muss all das oben Genannte enthalten, und zwar neben zum Beispiel der Einrichtung eines Interventionsprojekts nach dem Vorbild von CORA in Rostock, neben verbesserten Möglichkeiten zum Schutz von Opfern und dem Ausbau eines Zeugenschutzprogramms, neben inhaltlichen Akzentsetzungen in Kindergärten und Schulen, wo insbesondere zum Thema Internet bei den
Wir brauchen Möglichkeiten zur Sicherung der vorhandenen Projekte und Fachberatungsstellen, und zwar nicht über arbeitsmarktpolitische Maßnahmen. Kommen Sie endlich aus der Ressortabstimmung heraus!
Gewaltverbrechen gegen Frauen und Kinder werden leider niemals ganz zu verhindern sein, doch genau deshalb gilt es, alle Möglichkeiten zur Vorbeugung zu nutzen, Öffentlichkeit und Klarheit über Umfang und Bedingungsgefüge herzustellen und alle unsere gesetzgeberischen und politischen Möglichkeiten auszuschöpfen.
Herr Fritsch hat gestern hier für die Arbeit des Parlaments ein besseres Miteinander angemahnt. Wenn wir wissen, dass die beste Prävention bei Gewalt gegen Frauen in der Familie eine langfristig gedachte Politik ist, die auf die materielle Unabhängigkeit der Frauen zielt, die Familien- und Geschlechterverhältnisse nicht als Machtverhältnisse akzeptiert und die Kinder als eigenständige Persönlichkeiten achtet, dann lassen Sie uns in diesem Sinne miteinander handeln, um etwas zu verändern. Vielen Dank.
Wir sind am Ende der Rednerliste und ich beende die Aussprache. Damit ist die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage 15, Drucksache 3/2543, zur Kenntnis genommen. Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, es ehrt mich, dass Sie mich auch mit wenigen anwesenden Abgeordneten in der Lage sehen, die 2. Lesung durchzuführen, aber Beschlussunfähigkeit ist eine schlechte Basis für die Diskussion eines Gesetzentwurfes in 2. Lesung. Ich bin gern bereit die Verantwortung in Bezug auf meine Fürsorgepflicht gegenüber den Abgeordneten zu übernehmen, wann immer es notwendig ist. Aber dann muss es auch Solidarität mit mir geben, wenn es darum geht, den Leistungen Gegenleistungen gegenüberzustellen. Ich bitte Sie also, in Zukunft zu Beginn der Nachmittagssitzung anwesend zu sein.
Es wurde vereinbart, auf eine Debatte zu verzichten. Wir kommen zur Abstimmung. Es gibt eine Beschlussempfehlung des Ausschusses für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung und einen Änderungsantrag mit einem fristgerechten Antrag auf eine 3. Lesung. Ich lasse jetzt über das Gesetz und seine Überweisung in den Ausschuss abstimmen. Damit ist der Änderungsantrag automatisch mitüberwiesen, sodass er im Ausschuss bearbeitet wird. Wer dieser Empfehlung zustimmt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist so beschlossen.
Flughafenumfeld-Entwicklungsgesellschaft Schönefeld (BBI) (gemäß Beschluss des Landtages vom 16.11.2000 - DS 3/1965-B)
Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der Landesregierung. Herr Minister Fürniß, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am 16. November 2000 wurde der Beschluss des Landtages Brandenburg zur Flughafenumfeld-Entwicklungsgesellschaft gefasst. Im Rahmen des Beschlusses wurde festgelegt, den Landtag im Frühjahr 2001 über den aktuellen Stand zur Flughafenumfeld-Entwicklungsgesellschaft zu informieren. Ich komme dieser Festlegung gerne nach.