Gibt es einen Abgeordneten im Plenarsaal, der seine Stimme nicht abgeben konnte? - Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Abstimmung und bitte um Auszählung der Stimmen und Sie um ein wenig Geduld.
Meine Damen und Herren! Ich gebe das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zum Punkt 2 der Drucksache 3/2574 bekannt. Für den Punkt 2 stimmten 19 Abgeordnete, gegen diesen Punkt 35 Abgeordnete und 8 Abgeordnete enthielten sich der Stimme. Damit ist der Punkt 2 mehrheitlich abgelehnt, das heißt, der Antrag laut Drucksache 3/2574 ist insgesamt mehrheitlich abgelehnt.
Ich rufe den Entschließungsantrag der Fraktionen der SPD und der CDU laut Drucksache 3/2619 auf. Wer diesem Entschlie
ßungsantrag seine Zustimmung gibt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? Damit ist der Entschließungsantrag mehrheitlich angenommen worden.
Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion der PDS. Herr Abgeordneter Sarrach, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit unserem Antrag - Bildung einer Gemeindefinanzkommission zur Vorbereitung eines kommunalen Finanzausgleichsgesetzes - dürfte ich nach den gestrigen Bekenntnissen des Innenministers heute leichtes Spiel haben und offene Türen einrennen. Gestern sagten Sie in der Fragestunde, dass Sie hoffnungsfroh seien, dass sich beispielsweise der Städte- und Gemeindebund zum Wohle des Landes in die Reformprozesse einbringen werde und die Zusammenarbeit am konkreten Beispiel weiter fortgeführt werden sollte.
Sie haben natürlich damit Recht, dass zu einer guten Zusammenarbeit immer zwei gehören. Es gehört aber genauso zu einer guten Zusammenarbeit, dass sich beide Seiten mit ihren Anliegen ernst genommen fühlen. Darum geht es heute.
Gegenstand unseres Antrages sind auch keine Festlegungen auf bestimmte Inhalte eines kommunalen Finanzausgleichsgesetzes. Anliegen ist vielmehr, in Vorbereitung eines solchen Finanzausgleichsgesetzes sowohl fachliche als auch Gruppeninteressen zu bündeln und einen breiten und fraktionsübergreifenden Konsens zu erzielen.
Daher fordern wir die Landesregierung auf, eine Gemeindefinanzkommission aus Vertretern des Ausschusses für Inneres, dem Ministerium des Innern, den kommunalen Spitzenverbänden sowie der Arbeitsgemeinschaft der Oberbürgermeister der kreisfreien Städte zu bilden. Die Beteiligung sollte gleichberechtigt ausgestaltet sein. Diesbezüglich gibt es bereits positive Erfahrungen und ein Beispiel aus Baden-Württemberg.
Heute kann auch der Landtag Brandenburg ein solches Zeichen setzen und den kommunalen Spitzenverbänden ein qualifiziertes Mitwirkungsrecht bei diesem für die kommunale Selbstverwaltung so wichtigen Gesetzgebungsvorhaben einräumen - und das zu einem Zeitpunkt, wo eine Diskussion im Idealfall noch frei von Koalitionszwängen und politischen Konstellationen und dafür unter sachgemäßer Berücksichtigung der kommunalen Interessen geführt werden kann.
Meine Zuversicht, mit unserem Antrag ein gemeinsames Anliegen aufgegriffen zu haben, schöpft sich aus den bisherigen
Äußerungen des Herrn Innenministers. In der schriftlichen Beantwortung der Mündlichen Anfrage 341 von Kollegin Osten im Juli 2000 heißt es:
„Für das Gesetz zur Regelung des kommunalen Finanzausgleichs zwischen Land und Kommunen des Jahres 2001 sind die entscheidenden Weichen bereits gestellt.”
„Eine umfassende Umsetzung der Empfehlungen des DIW bedarf einer breiten Diskussion, damit die Entscheidungen auch längerfristig in einem auf Dauer angelegten kommunalen Finanzausgleichsgesetz tragfähig bleiben. Zur Erfüllung dieses Anspruchs ist im Vorfeld der Umsetzung der Empfehlungen des DIW ein möglichst breiter Konsens mit den kommunalen Vertretungen und mit den politischen Gremien herbeizuführen.”
Herr Minister Schönbohm äußerte sich in der Debatte über den Antrag der PDS zu einem zügig vorzulegenden Gemeindefinanzierungsgesetz 2001 in der 19. Sitzung des Landtages ähnlich. Allerdings sollten dann auch Taten folgen. Ich bin nun schon lange genug Mitglied des Innenausschusses, um nachvollziehen zu können, dass ein kommunaler Spitzenverband wie der Städte- und Gemeindebund bei folgenden Erfahrungen ungehalten nur von vermeintlicher Mitwirkung spricht.
Erstes Beispiel: Beratung des Gemeindefinanzierungsgesetzes 2001. Trotz begründeter Stellungnahmen nach Erhalt des Entwurfes fand die ganz überwiegende Anzahl der Anregungen keinen Eingang in das Gemeindefinanzierungsgesetz.
Zweitens: Die grundsätzliche Kritik am Bericht des Nachweises einer symmetrischen Verteilung der finanziellen Mittel zwischen Land und Kommunen, der aufgrund der Neulietzegöricke-Entscheidung des Landesverfassungsgerichtes zu geben war, wurde nicht berücksichtigt. An der Erstellung des Be-richtes wurde der Städte- und Gemeindebund nicht beteiligt. Das Ergebnis nach dieser Nichtbeteiligung war eindeutig: aus methodischen Gründen unschlüssige Argumente in einem für die Begründung einer Finanzverteilung nicht verwertbaren Bericht.
Drittens: Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung bekam 1999 den Auftrag vom Innenministerium, ein Gutachten zu den Kommunalfinanzen und zum Finanzausgleichssystem zwischen Land und Kommunen zu erstellen. Nach lediglicher Zuleitung des Gutachtens soll es trotz ausdrücklichen Wunsches des Städte- und Gemeindebundes noch keine Erörterung und Zielentwicklung für den künftigen Finanzausgleich gegeben haben.
Viertens: Schließlich wird auch die Forderung nach einer Gemeindefinanzkommission - in Baden-Württemberg Finanzverteilungskommission genannt - dem Innenministerium seit Monaten vorgetragen, ohne dass es zu Fortschritten in der Sache gekommen ist.
Aber diese Kritik kann allsbald der Vergangenheit angehören, wenn es nun wirklich zu einer vertrauensvollen und gleichberechtigten Zusammenarbeit der politischen Verantwortungsträger - dem Landtag, der Landesregierung und den kommunalen Spitzenverbänden - kommt.
Konsensfähiger Vorschläge für die Grundzüge eines Finanzausgleichsgesetzes bedarf es dabei für eine Vielzahl von Fragestellungen. Ich will nur Stichworte nennen: weitgehender Zweckbindungsverzicht im Finanzausgleichsgesetz zugunsten allgemeiner Finanzzuweisungen, Regelung von Landesinteressen hinsichtlich besonderer Erwartungen an kommunale Aufgabenerfüllungen außerhalb des Finanzausgleichs, Einrechnung bisheriger zweckgebundener Zuweisungen in die Verbundquote, Aufgabenkritik der Landesverwaltung und Fortsetzung der Funktionalreform unter strikter Einhaltung des Konnexitätsprinzips; die Höhe der Verbundquote, die Fortsetzung oder die Aufgabe des Gleichmäßigkeitsgrundsatzes, die sachgerechte Unterscheidung der Finanzbedarfe nach äußerem Entwicklungs- und engerem Verflechtungsraum und auch innerhalb des jeweiligen Raumes; die Stärkung der großen kreisangehörigen und kreisfreien Städte mit ihren besonderen Problemlagen; die Berücksichtigung hoher sozialer Lasten; die Veränderung der Hauptansatzstaffel mit Einführung von Nebenansätzen; ein Flächenansatz auch für Städte und Gemeinden und nicht nur bei Landkreisen oder Investitionsmittel unmittelbar in eigenverantwortlicher Mittelbewirtschaftung auch durch kreisangehörige Gemeinden und durch Ämter.
Deshalb lassen Sie uns nach Beratung im Innenausschuss eine solche Kommission bilden oder - um mit den Worten des Herrn Innenministers am 20. September 2000 im Landtag zum weiteren Vorgehen für ein Finanzausgleichsgesetz zu sprechen sagen:
„Es ist doch nicht zu übersehen, dass eine ausreichende Diskussion zur richtigen Weichenstellung, die für die Zukunft notwendig ist, noch nicht stattgefunden hat. Daher wird dies eine umfangreiche Diskussion werden und wie ich meine - auch werden müssen.”
Ich danke Ihnen, Herr Abgeordneter Sarrach. - Das Wort geht an die Fraktion der SPD, an den Abgeordneten Schippel.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist selten, dass die Opposition mit der Koalition übereinstimmt. Aber an der Stelle muss ich Ihnen, Herr Sarrach, Recht geben: Wir brauchen eine Veränderung im kommunalen Finanzausgleich.
Über das Ziel brauchen wir uns auch nicht zu streiten. Das Ziel ist wie bisher, die kommunale Ebene bedarfsgerecht und in Anbetracht der finanziellen Lage des Landes mit finanziellen Mitteln auszugestalten.
Strittig ist eventuell der Weg. Da haben Sie etwas von den kommunalen Spitzenverbänden gesagt. Die kommunalen Spitzenverbände müssen in Brandenburg - es ist ja noch nicht so lange her, dass wir das beschlossen haben, da haben wir auch bei
Baden-Württemberg abgeschaut - zwangsläufig bei solchen Entscheidungen gehört werden. Was wir nicht machen können und was Sie so bitter beklagt haben, ist, jede Anregung der kommunalen Spitzenverbände in einem Gesetz unterzubringen. Dazu gibt es nämlich auch differierte Standpunkte zwischen den Spitzenverbänden und es ist auch eine Frage des Geldes. Logischerweise würde ich, wenn ich Vertreter des Spitzenverbandes wäre, auch meinen Job tun und nach immer mehr Geld fragen. Das gehört einfach zum Geschäft.
Wir haben die Verantwortung, abzuwägen, was möglich und was nicht möglich ist. Daran sollten wir uns halten und das sollten wir diskutieren. Insofern, Herr Sarrach, werden wir Ihren Antrag nicht ablehnen. Wir sind dafür, ihn an den Innenausschuss zu überweisen und dort das Gesetz vorzubereiten, was eine lange Vorbereitungszeit braucht, wenn wir es denn über ein paar Jahre behalten wollen.
Im Moment haben wir noch ein paar Veränderungen. Wir haben die Gemeindereform, die beachtet werden muss. Wir müssen die Verwaltungsmodernisierung beachten. Das haben Sie schon ausgeführt. Bei Verwaltungsmodernisierung kann es nicht nur um Stelleneinsparungen gehen, es kann eventuell eine Aufgabenverlagerung auf die kommunale Ebene bedeuten und damit Verlagerung von Geld. All das gilt es zu bedenken.
Ich danke dem Abgeordneten Schippel. - Das Wort geht an die Fraktion der DVU, an die Abgeordnete Frau Hesselbarth.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe gerade beschlossen, dass ich meinen Redebeitrag nicht halten werde. Wir werden dieser Ausschussüberweisung ebenfalls zustimmen.
Ich danke Ihnen, Frau Hesselbarth. - Die Fraktion der CDU hat mir auch Redeverzicht signalisiert. Ich kann das Wort an die Landesregierung geben. Herr Minister Schönbohm, bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Da ich die Eile sehe, nur einige wenige Bemerkungen. Ich glaube, wir haben in der Zeit, die vor uns liegt, genügend Gelegenheit, über dieses Finanzausgleichsgesetz zu sprechen. Ich glaube, hier im Hause besteht eine große Übereinstimmung, dass dieses eines der wichtigsten Gesetzesvorhaben ist.
Zum Zweiten denke ich, dass es im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens genügend Möglichkeiten der Anhörung gibt, um gemeinsam mit den Spitzenverbänden zu erörtern, welche
die bessere Lösung ist. Herr Abgeordneter Sarrach, da gibt es, wie Sie wissen, zwischen den Spitzenverbänden auch sehr unterschiedliche Auffassungen. Von daher gesehen denke ich, dass der Innenausschuss der geeignete Ort ist, die Fragen im Einzelnen zu erörtern. Danach kann man über das weitere Vorgehen entscheiden. Ich biete zu dieser Sache ausdrücklich die Zusammenarbeit an. Aber wir müssen unsere Schularbeiten erst noch erledigen.
Ich möchte auch den Spitzenverbänden sagen: Auch wenn wir unterschiedlicher Meinung sind, zur Zusammenarbeit gehört dieses Vertrauen. Darum, glaube ich, ist der Vorschlag sachgerecht, diesen Antrag in den Innenausschuss zu überweisen. Herzlichen Dank.
Herr Minister, bleiben Sie freundlicherweise noch da. Während Ihres letzten Satzes wurde eine Frage angemeldet. Herr Abgeordneter Sarrach, bitte schön!