Herr Minister Ziel, entspricht es der Tatsache, dass die Gutachter im Fall Schmökel weiterhin für den Maßregelvollzug im Land Brandenburg Gutachten erstellen dürfen? Sollte dies nicht der Fall sein, ist meine zweite Frage, seit wann diese Gutachter nicht mehr damit beauftragt sind, psychiatrische Gutachten zu erstellen.
Die Gutachten werden durch Teams erstellt. Die Arbeit der Gutachterinnen und Gutachter ist durch Nachbegutachtungen von Kapazitäten ergänzt worden, die Sie besser wohl kaum in Deutschland finden können; wir haben die besten gewählt. Diese Nachbegutachtungen haben Ergebnisse gezeigt, angesichts derer wir nicht sagen können, dass die Gutachterinnen und Gutachter des Landes nicht geeignet seien, solche Gutachten zu erstellen.
Herr Präsident, ich habe zwei Nachfragen an Herrn Minister Ziel. Die erste Nachfrage: In der „Märkischen Allgemeinen” vom heutigen Tage wird berichtet, dass „circa 30 % der Neuruppiner Maßregelvollzugspatienten falsch oder fehlerhaft” von ihren Ärzten und Therapeuten begutachtet wurden. Können Sie diesen Bericht bestätigen und eventuelle Reaktionen Ihres Ministeriums darlegen?
Die zweite Frage: Wenn Sie diesen Bericht bestätigen könnten, warum erfolgt die Information des zuständigen Ausschusses über die Presse und nicht, wie vorgesehen, Mitte März durch den Vorsitzenden der Kommission, Herrn Dr. Schnoor?
Zunächst einmal zur Presse, Herr Dr. Wagner: Es liegt nicht in meiner Hand, was die Presse schreibt, sondern sie handelt nach ihren eigenen Gesetzmäßigkeiten. Wenn sie bestimmte Dinge in Erfahrung bringt, dann schreibt sie sie. Ich habe jedenfalls Patientendaten nicht an die Presse gegeben.
Nun zu Ihrer Frage nach der Zahl der Begutachtungen und Fehlbegutachtungen - ich werde das nachher in der Aktuellen Stunde noch näher erläutern -: Von 56 Patienten wird bei 43 der Therapieverlauf ohne Beanstandungen beibehalten. Bei neun von ihnen kann sogar noch stärker gelockert werden. 13 von 56 sollen zunächst oder auf längere Sicht in ihren Bewegungsmöglichkeiten eingeschränkt werden. - Vielen Dank.
Das Wort geht an den Abgeordneten Sarrach, der die Frage 624 (Finanzielle Auswirkungen der Gemeindegebietsreform) formulieren kann.
Meine Frage bezieht sich auf die finanziellen Auswirkungen der Gemeindegebietsreform. Mit den Leitlinien zur Gemeindegebietsreform orientiert die Landesregierung auf die verstärkte Bildung von Großgemeinden. Ein wichtiger Stimulus sollen dabei die höheren Pro-Kopf-Zuweisungen des Landes sein, die große Gemeinden im Vergleich zu kleineren Gemeinden durch die unterschiedliche Hauptansatzstaffel des Gemeindefinanzierungsgesetzes erhalten. Sollte sich eine Vielzahl von Gemeinden für diesen Weg entscheiden, hätte das auf die, bezogen auf
die jeweilige Gemeindegröße, gleich bleibenden Pro-Kopf-Zuweisungen eine Erhöhung der Finanzmasse des Gemeindefinanzierungsgesetzes zur Folge.
Ich frage deshalb die Landesregierung: Stellt sich die Landesregierung in der mittelfristigen Finanzplanung im Zusammenhang mit der beabsichtigten Vergrößerung der Gemeinden auf eine Erhöhung der Finanzmasse des Gemeindefinanzierungsgesetzes oder eines Finanzausgleichsgesetzes ein?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Sarrach, das Land wird wie bisher auch für den Zeitraum der mittelfristigen Finanzplanung die Kommunen an seinen Einnahmen angemessen teilhaben lassen und mit Finanzausgleichsleistungen dafür sorgen, dass die Gemeinden und Gemeindeverbände ihre Aufgaben erfüllen können. Dabei werden sich naturgemäß nicht alle Wünsche von kommunaler Seite erfüllen lassen. Auch wir können nur das ausgeben, was wir haben; Sie kennen unter anderem die heutigen Pressekommentare zu unserer Lage.
In Kenntnis der jüngsten Steuerschätzung können Land und Kommunen in den Jahren 2003 und 2004 von moderaten Einnahmeentwicklungen ausgehen. Nach dem Jahre 2004 gibt es hinsichtlich der zu erwartenden Einnahmen, wie Sie wissen, noch einige Unbekannte wie die Neuregelung des Länderfinanzausgleichs und die Fortsetzung des Solidarpaktes. Land und Kommunen sind deshalb gut beraten, ihre eigenen Einnahmemöglichkeiten auszuschöpfen und die Verwaltungsabläufe zu optimieren. Über dieses Thema haben wir gerade gestern gesprochen.
Auf kommunaler Seite ist die angelaufene Gemeindegebietsreform eine Chance, durch die Schaffung leistungsstarker Verwaltungseinheiten die Effizienz des Verwaltungshandelns deutlich zu verbessern und das eigene Einnahmepotenzial zu steigern. Insofern vermag ich einen finanziellen Mehrbedarf infolge der Gemeindegebietsreform so wie von Ihnen dargestellt nicht zu erkennen. Eine solche Annahme würde die mit der Gemeindegebietsreform verbundenen Ziele sozusagen auf den Kopf stellen.
Es ist natürlich keine Frage, dass auch der kommunale Finanzausgleich nach Abschluss der Gemeindegebietsreform der veränderten Struktur Rechnung tragen muss. Wenn dann zum Beispiel die Hauptansatzstaffel in angepasster Form als Indikator für die Bedarfsmessung fortgilt, wird den größeren Gemeinden im Rahmen des kommunalen Finanzbedarfs ein höherer Bedarf als den kleineren Gemeinden zuerkannt. Ob sich der den größeren Gemeinden über die Hauptansatzstaffel zuerkannte Finanzbedarf allerdings in höheren Schlüsselzuweisungen niederschlägt, hängt letztlich von der Bedürftigkeit einer Gemeinde, sprich: von ihrer eigenen Finanzkraft, ab. Größere Gemeinden verfügen bisher nachweislich über ein deutlich höheres eigenes Finanzpotenzial, sodass sich der Bedarf an Landeszuweisungen entsprechend reduziert.
Ich bin gewiss, dass letztlich alle Gemeinden Nutznießer der Reform sein werden. Soweit in peripheren ländlichen Räumen
der Gemeindegröße Grenzen gesetzt sind, werden auch diese Gemeinden durch Mittelumverteilungen von der Reform profitieren. Diese Effekte könnten noch deutlicher zutage treten, wenn unsere Gemeinden die Reform noch stärker als Chance begriffen, den zuweilen anzutreffenden Egoismus zu überwinden.
Herr Sarrach, lassen Sie mich hinzufügen: Das Thema Gemeindefinanzen wird uns in den nächsten Monaten und, wie ich vermute, auch im nächsten Jahr bei der Erarbeitung des Finanzausgleichsgesetzes noch intensiv beschäftigen. Dabei geht es um die Bewertung. In der nächsten Woche werde ich zu diesem Thema ein Gespräch mit den vier Oberbürgermeistern haben. In Teilbereichen ist die Lage dramatisch; aber in Teilbereichen müssen auch dramatische Einschnitte erfolgen, um das Ausgabeverhalten den Einnahmemöglichkeiten anzupassen. Diese Diskussion müssen wir nicht nur auf der Ebene der Landesregierung, sondern auch auf der kommunalen Ebene führen. Ich hoffe, wir können uns hierüber gemeinsam verständigen.
Ich habe zwei Fragen. Erstens: Hat sich ein neuer Zeithorizont in der Erarbeitung eines Finanzausgleichsgesetzes für Brandenburg aufgetan? Sie sprachen es gerade an.
Zweitens: Welcher Mehrbedarf ist aber gegebenenfalls bei verstärkter Inanspruchnahme der einmaligen Kopfprämie nach dem Gemeindefinanzierungsgesetz infolge von Gemeindezusammenschlüssen zu erwarten? Offenbar bedingen Resignation und Leitliniengläubigkeit dies. Der Städte- und Gemeindebund schätzt den Betrag auf 150 Millionen DM, der den Kommunen ansonsten so nicht zur Verfügung gestellt werden würde.
Herr Abgeordneter Sarrach, ich bin über Ihre Formulierung nicht irritiert, da dies Ihre ständige Leier ist, von Resignation und Leitliniengläubigkeit zu sprechen. Sie haben gestern dargestellt, dass Ihnen die Leitlinien niemand abnehmen will. Ich muss erst einmal überlegen, was Sie wollen. Wollen Sie, dass die Gemeinden einsehen, dass dies der Weg der Vernunft, der Gemeinsamkeit ist, der uns hilft, uns mit eigener Kraft aus der Schwierigkeit herauszubringen? Oder ist dies der Weg, den Sie beschreiben? Wir wollen keine Resignation, wir wollen keine Leitliniengläubigkeit, sondern setzen uns für Einsichtsfähigkeit ein. Vielleicht können Sie dabei mitwirken, wenn es um die Einsichtsfähigkeit in komplizierte Zusammenhänge geht und nicht nur um Emotionalität, um sich gegen Veränderungen zu sträuben.
- Wir sind ja dabei. Sie unternehmen Aktivitäten dagegen; ich dafür. Wir werden sehen, zu welchem Ergebnis das führt.
Die Berechnungen des Städte- und Gemeindebundes gehen von Zahlen aus, die ich nicht nachvollziehen kann. Auf der einen Seite empfiehlt der Städte- und Gemeindebund den Gemeinden, sich nicht zusammenzuschließen. Auf der anderen Seite wird gesagt: Der Zusammenschluss führt zur Zahlung von 150 Millionen DM. Das kann man dann durch die Zahl der davon betroffenen Personen teilen. Von daher gesehen lasse ich mich auf solche Spekulationen nicht ein, weil das ein Puzzlespiel ist, das man im Einzelnen gar nicht auflösen kann.
Nun aber noch etwas zum Zeithorizont; das ist eine sehr wichtige Frage: Wir haben in diesem Jahr das Gemeindefinanzierungsgesetz verabschiedet und uns im Koalitionsvertrag darauf verständigt, so schnell wie möglich ein Finanzausgleichsgesetz vorzulegen. Vor dem Hintergrund der Gesamtaufgabenstellung, die derzeit von der entsprechenden Abteilung vorgenommen wird, ist es z. B. von der Auswertung aller Daten her im Augenblick außerordentlich schwierig, dieses Finanzausgleichsgesetz, das auch für die Entwicklung des Landes weitreichende Folgen haben könnte, jetzt im Detail vorzulegen.
Sowohl die Überlegungen innerhalb der Landesregierung als auch die innerhalb der Koalition sind noch nicht abgeschlossen. Die Argumente müssen abgewogen und es muss gemeinsam entschieden werden. Ich weiß, wir müssen die Aufgabe bewältigen; wir wollen dies tun, aber sie ist außerordentlich kompliziert. Darum kann ich Ihnen zum Zeitplan noch nichts Verbindliches sagen. Ich kann nur sagen - dies wird auch ein Teil meines Gespräches mit den Oberbürgermeistern sein -: Es stellt sich uns und vor allem Ihnen als Gesetzgeber, als Haushaltsgesetzgeber die Frage, in welcher Weise wir eine Umsteuerung vornehmen können oder müssen.
Herr Minister, es geht mir nicht um Konfrontation, sondern um Einsichten. Deshalb frage ich Sie: Haben Sie die Einsicht, dass die Bemerkung, wenn man größere Gemeinden hat, hat man mehr Geld, eigentlich nicht stimmen kann? Beispiele dafür sind im Lande vorhanden.
Kennen Sie das Leben auch an der Stelle, nämlich, dass es Motive für Kommunen gab, sich zu vereinigen, sich zusammenzuschließen, um dann gemeinsam mehr Geld zu haben - aufgrund dieser Hauptansatzstaffel, die dann jedoch verändert wurde, weshalb sie nach ihrer Vereinigung weniger Geld in der Kasse hatten? Auch solche Beispiele gab es. Deshalb die Frage, ob man das in der Hauptansatzstaffel in Zukunft wirklich berücksichtigt.
Zunächst weiß ich nicht, was der Gesetzgeber macht. Ich kann nur sagen: Beim ersten Gemeindefinanzierungsgesetz, das ich politisch zu verantworten hatte, was wir im Dezember 1999 in den Landtag eingebracht hatten, haben wir eine Veränderung der Hauptansatzstaffel zugunsten größerer Gemeinden vorgenommen. Sie können sich entsinnen. Wenn Sie sich die Zahlen noch einmal ansehen - Sie kennen die Zahlen im Detail vermut
lich besser als ich -, werden Sie eine Sache feststellen: dass wir den kleinen Gemeinden pro Kopf der Bevölkerung mehr Geld zugewiesen haben als den größeren, was erklärbar ist. Trotzdem haben diese Dörfer die Schwierigkeit, ihre Pflichtaufgaben angemessen zu erfüllen.
Von daher gesehen können Sie jetzt - dafür bitte ich um Verständnis - von mir keine Antwort erwarten nach dem Motto: In Zukunft wird dieses oder jenes besser werden.
Ich weiß folgende Dinge mit ziemlicher Sicherheit: Wir werden aus dem Länderfinanzausgleich, aus dem Solidarpakt, aus allen anderen Bereichen nicht mehr Geld erhalten. Jetzt hängt es davon ab, wie die Entwicklung im gemeindlichen Bereich mit seinem Steuereinkommen und die Entwicklung im Lande mit unserem Steuereinkommen ist. Darum sagen wir - darin sind wir uns wahrscheinlich einig: Wir wollen im Rahmen der Wirtschaftsentwicklung vor allen Dingen auf den ersten Arbeitsmarkt setzen, um Steuerkraft ins Land zu bekommen. Aus dieser Steuerkraft ergibt sich die Steuermesszahl und davon hängt es dann ab, mit welcher Zahl wir an die Schlüsselzuweisungen herangehen.
Ich bin mir über eine Sache im Klaren - das sage ich ganz freimütig -: Wir werden einen Spagat machen müssen, um einen Interessenausgleich zu finden. Dafür gibt es eine Lösung, von der vielleicht Organisationswissenschaftler und Volkswissenschaftler sagen: Das ist die richtige Lösung. Das bedeutet aber nicht, dass diese richtige Lösung die realistische Lösung ist. In dem Bereich bewegen wir uns.
Ich kann dazu jetzt keine abschließende Aussage machen. Das wäre eine Festlegung, die nicht realistisch ist. Ich würde mir wünschen, da wir ja alle Bereiche unseres weiten Landes vertreten, dass wir hierüber intensiv in den Ausschüssen, sei es im Innenausschuss oder in anderen Bereichen, reden. Das möchte ich hier wirklich ausdrücklich anbieten; denn dies ist für die Zukunftsentwicklung Brandenburgs und des ländlichen Raumes eine der wichtigsten Fragen, wenn nicht überhaupt die wichtigste Frage der Infrastrukturentwicklung.
Schönen Dank. - Wir sind damit bei der Frage 625 („Ausstei- gerprogramm”), gestellt von der Abgeordneten Frau Richstein.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Derzeit bereiten unter anderem Bundesinnenminister Schily sowie der niedersächsische Justizminister Programme vor, mit denen Rechtsradikalen der Ausstieg aus ihrer Szene erleichtert werden soll.
Abgeordnete Richstein, die Bekämpfung des Rechtsextremismus wie des gewalttätigen Extremismus überhaupt hat in der Landesregierung nach wie vor höchste Priorität. Dies gilt gleichermaßen für eine umfassende Prävention, wie sie derzeit im Landespräventionsrat konzipiert wird, und für eine effektive und wirksame Strafverfolgung.
Eine nachhaltige Bekämpfung dieser Kriminalitätsform verlangt aber nicht nur eine unnachgiebige Verfolgung rechtsextremistischer Straftäter. Der demokratische Rechtsstaat muss vielmehr mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln reagieren. Dazu können in geeigneten Fällen auch Aussteigerprogramme gehören.
Durch das Herauslösen aussteigewilliger Personen - manchmal geht es auch eher um umkehrwillige Personen - aus der rechtsextremistischen Szene kann nicht nur eine Schwächung und Verunsicherung dieser Szene erreicht und damit ein wichtiger Beitrag zur Bekämpfung des Rechtsextremismus geleistet werden, sondern es muss vor allem darum gehen, diese überwiegend jungen Leute durch ihr eigenes Zutun aus einer fatalen Spirale der Kriminalität zu befreien. Ich halte es deshalb für sehr wichtig, Personen, die sich aus der rechtsextremistischen Szene wieder lösen wollen, bei diesem Vorhaben zu unterstützen.
Die Bemühungen auf politischer Ebene sind vor diesem Hintergrund ebenso begrüßenswert wie auch private Initiativen, die Aussteigemodelle verfolgen.
Kollege Schönbohm hat vor wenigen Tagen in der Abteilung Verfassungsschutz seines Hauses die Projektgruppe „RAUS” eingesetzt, die den Auftrag hat, Chancen und Risiken von Aussteigerprogrammen für Angehörige der gewaltgeneigten rechtsextremistischen Szene auszuloten, das vom Bund erarbeitete Rohkonzept für ein bundesweites Aussteigerprogramm auf seine konkrete Umsetzbarkeit im Land Brandenburg zu überprüfen und ein landesweites Konzept bis hin zur Erarbeitung von Ansprachprofilen für Aussteigekandidaten aufzustellen.
In die Projektgruppe sollen auch Polizei, Jugend- und andere zuständige Behörden eingebunden sowie die Erfahrungen anderer, insbesondere ehrenamtlicher Träger von ausstiegsorientierter Präventionsarbeit, in die Konzeption eingebracht werden.
Wichtig ist aber auch, Aussteigewilligen durch Strafmilderung in geeigneten Fällen eine goldene Brücke aus ihrer persönlichen Verstrickung in das Unrecht zu bauen. Deshalb brauchen wir auch für diesen Bereich eine Kronzeugenregelung.