Protocol of the Session on December 13, 2000

sondern sie müssen auf kürzestem Wege zu den Ergebnissen geführt werden.

Wir brauchen dafür auch ein überarbeitetes Internetangebot, in dem die vorhandenen Möglichkeiten dargestellt werden, also nicht nur Papier, sondern auch eine entsprechende Intemetstruktur.

Zum Thema Bildung in Schule und Hochschule gehört das Thema Lehrerbildung und Lehrerfortbildung. Es spielt eine große Rolle. Wir werden auch in Zukunft intensiv das Thema Business-Plan-Wettbewerb in Berlin-Brandenburg unterstützen, weil dies eine der Veranstaltungen ist, die Existenzgründer aufnehmen. in denen inzwischen jedes Jahr einige Hundert Existenzgründer mitmachen, um entsprechende Unterstützung zu bekommen.

Gemeinsam mit dem Arbeitsministerium werden wir ein abgestimmtes Konzept des Coachings von Existenzgründern haben, das die Zeit nach der Gründung betrifft. Das Erste ist also der Weg bis zur Gründung. Nach der Gründung darf man die Existenzgründer nicht allein lassen.

Ein Thema, das ich etwas intensiver beleuchten möchte, ist das

Thema Finanzbetreuung. Den meisten von Ihnen wird der Begriff _Basel II" nicht sehr viel sagen. Aber das. meine Damen und Herren, ist eine Vereinbarung. die in Zukunft für dieses Land erhebliche Bedeutung haben wird. Dabei ist im europäischen Bankenbereich vereinbart worden, dass Geschäftsbanken zukünftig die von ihnen ausgereichten Kredite in Abhängigkeit von der Bonität der Schuldner in unterschiedlicher Höhe mit Eigenkapital unterlegen müssen. Das heißt, wenn eine Bank einen Kredit ausreicht, muss sie diesen gleichzeitig mit Eigenkapital unterlegen. je nachdem, welche Bonität der Schuldner hat. Das heißt im Klartext: Es muss ein Rankingverfahren gemacht, eine Rang liste aufgestellt werden. Wer eine gute Bonität hat, wird künftig niedrigere Zinsen zahlen als zum Beispiel der. der noch gar keine Bonität hat.

Wie sollen aber Existenzgründer schon eine Bonität im Sinne einer großen Finanzrücklage haben? Das ist überhaupt nicht möglich. Was Existenzgründer an Erfahrungen machen, wenn sie Banken abklappern, ist nicht so. dass man in Begeisterung ausbrechen kann. Man hört von den Geschäftsbanken viel zu häufig den Satz: Es kommt für uns zu wenig dabei heraus; das machen wir nicht. - Das ist ein fatales Signal für Leute. die ein Unternehmen gründen wollen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Ich füge aber gleichzeitig hinzu: Es ist möglicherweise eine Chance für Sparkassen und Volksbanken, die in diesen Bereich hineingehen können, wenn sie nur begreifen, dass alle großen Unternehmen einmal Existenzgründer waren und klein angefangen haben.

Wir lesen in Prospekten viel davon, dass die Banken bereit seien, Existenzgründer zu unterstützen. wir hören von einer neuen "Kultur des Gründens" und Ähnlichem, aber die Realität ist häufig eine andere. Daher müssen wir uns in Brandenburg etwas einfallen lassen. Wir müssen uns zusätzlich zu den Instrumenten der Hausbanken Instrumente zur Begleitung der Existenzgründer in diesem Bereich einfallen lassen. Ich will es einmal verkürzt sagen: Wir denken darüber nach, ob wir nicht ein Stück Bonität durch eigene Programme schaffen können. damit in diesem Ranking die Existenzgründer nicht durch den Rost fallen, wie man so schön sagt.

(Vereinzelt Beifall bei der PDS; Zusammengenommen. meine Damen und Herren: AGIL, also die Aktion _Aufbruch: Gründen im Land". ist eine initiative der Landesregierung. Aber wenn es eine Initiative nur der Landesregierung bleibt, hat sie keinen Erfolg. Es muss eine initiative werden. die nicht nur von den Mitarbeitern der Lan- desregierung getragen wird, sondern die von den Banken. von den Kreissparkassen. von den Kreisen, von den Förderern aufgenommen wird. Nur dann werden wir Erfolg haben. - Vielen Dank. (Beifall hei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Das Wal erhält die PDS-Fraktion. Herr Dr. Trunschke, bitte

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Fraktion hatte dem Antrag, der diesem Konzept zugrunde liegt, zugestimmt. Entsprechend war auch unsere Erwartungshaltung. Nachdem ich aber das Konzept AGIL zur Kenntnis genommen habe. muss ich feststellen: Unsere Erwartung war höher als das, was uns vorliegt.

Herr Minister, ich möchte mich zunächst auf das Konzept beziehen; ich werde am Ende meiner Ausführungen noch etwas zu Ihrer Rede sagen.

Ich fürchte. wenn die reale Politik diesem und nur diesem Konzept folgt, werden wir in Brandenburg niemals einen tatsächlichen Aufbruch bei den Existenzgründungen erleben.

Ich will Ihnen auch sagen, was ich vermisse und was ich kritisiere. Erstens fehlt mir eine klare Analyse: Wie ist der Ist-Zustand? Mit welchem Mitteleinsatz wurden bisher welche Ergebnisse erreicht? Welche Regionen. welche Branchen waren die bisherigen Schwerpunkte und welche Ergebnisse wurden dort erreicht? In welchem Umfang haben der Technologiefonds und die Joint-Venture-Kapitalfinanzierung bisher tatsächlich zum Erfolg geführt? Wie stehen wir im Vergleich mit anderen neuen Bundesländern da. z. B. mit Regionen wie Jena. Ihnenan, Dresden oder Chemnitz. wie im Vergleich zu anderen Bundesländern und dabei insbesondere zu den Spitzen - Bayern und Baden-Württemberg? Wie sieht der Vergleich mit den internationalen Spitzen in diesem Bereich. also den USA. Finnland, Schottland. Irland - um nur einige zu nennen - aus?

Herr Minister, ich gehe davon aus, dass Sie eine solche Analyse in der Tasche haben, aber ich frage mich: Warum haben Sie diese nicht zur Begründung und zur Ableitung von Schlussfolgerungen für dieses Konzept an dieser Stelle mitgeliefert?

Zweitens verstehe ich nicht. wie Sie mit ganzen fünf Zeilen zu den Bundesprogrammen auskommen konnten. Wie wurde das Programm _Futur" oder das EAP-Existenzgründungsprogramm der KfW eingesetzt'? Welche Ergebnisse gibt es? Wie soll es weitergehen? Was ist mit dem Exist-Programm? Was ist mit _BINGO". der Berlin-Brandenburgischen Innevatians- und Gründungsinitiative? Alle diese Programme - und die sind wesentlich - tauchen in Ihrem Konzept nicht einmal als Wort auf. Angesichts der Finanzmisere in unserer Landeskasse erscheint mir das als falsch.

Drittens vermisse ich eine differenzierte Betrachtung der Gründungslandschaft. Nach dem Konzept scheint es so, als ob Würstchenbuden und Intemet-Start-Up in einem Topf landen. Diese Gründungen unterscheiden sich aber gewaltig hinsichtlich der Anforderungen an das Wissen, an das Kapital, hinsichtlich der Wertschöpfung und der Schaffung von Arbeitsplätzen. Überhaupt: Technologie und Wissenschaft tauchen bei Ihnen erst im letzten Drittel auf. Das kann nicht der Weg in die Wissensgesellschaft sein. Beim Lesen des Konzeptes könnte man den Eindruck gewinnen, Existenzgründungen aus der Arbeitslosigkeit wären der Hauptweg. Ich bin sicher, dass Sie das nicht so meinen, und das wäre ja auch falsch.

Sie sagen sehr viel zur Einzelförderung. Was mir fehlt, sind sehr! Aussagen zur Netzwerkförderung. In dem Zusammenbau, Herr

Minister, ist noch ein Versprechen von Ihnen offen: Bei der letzten Diskussion zu diesem Thema versprachen Sie meinem Kollegen C'hristoffers. dass Sie sich insbesondere um die InnoRegio-Projekte kümmern wollten, die abgelehnt worden waren. In dem Konzept habe ich eine Aussage dazu vergeblich gesucht.

Viertens muss ich feststellen, dass ich leider nicht auf alle Einzelfragen eingehen kann, zu denen noch etwas zu bemerken wäre. zum Beispiel darauf, dass ein Existenzgründer oft genug an fehlendem Eigenkapital scheitert - in Ihrer Rede haben Sie etwas dazu gesagt -, was in Ihrem Konzept als Grund des Scheiterns eigenartigerweise überhaupt nicht vorkommt.

Ein Detail will ich noch anmerken, bevor ich zu den beiden Hauptproblemen. die ich sehe, komme, und zwar zum Abschnitt „Schule und Existenzgründung". Sie können mir glauben: Ich stehe der DDR-Schule durchaus kritisch gegenüber. Aber ich frage mich: Wäre es nicht eine Überlegung wert. wieweit heute Erfahningen mit polytechnischem Unterricht, mit Einführung in die Produktion - nicht mehr in die sozialistische. aber in die Produktion - und mit Abitur mit Berufsausbildung nützlich wären?

Im Übrigen, glauben Sie wirklich, man müsse die Orientierung am Leitbild des abhängig Beschäftigten zugunsten der Eigenverantwortung für die Ausbildungs- und Beschäftigungsfähigkeit aufgeben?

Ich würde Ihnen sofort zustimmen, wenn Sie sagten: Wir müssen mehr in diese Richtung gehen. - Eine totale Veränderung. einen totalen Paradigmenwechsel in dieser Richtung halte ich für falsch. Können, sollen alle Unternehmer werden? Dann würden wir das Kind mit dem Bade ausschütten.

Fünftens frage ich mich, und da wird es mir wirklich ernst: Wo ist der rote Faden in diesem Konzept? Sie listen sehr viele Einzelmaßnahmen auf. Aber wie passen diese zusammen? Auch ein schwarzer Faden wäre mir recht. Auf welche Branchen und Hauptbereiche wollen Sie sich konzentrieren? Sehen Sie den Schwerpunkt im Handel, in den Dienstleistungen. bei den Freiberuflern oder in der gewerblichen Wirtschaft? Wie passt das alles mit dem Technologiekonzept zusammen? Wie arbeiten die vielen Akteure der Landesregierun g zusammen? Wer bündelt die vielen Maßnahmen und Institutionen? Welche Schwerpunkte setzen Sie hinsichtlich der Region? Auf all diese Fragen habe ich keine Antworten gefunden.

Sechstens schließlich hört der Spaß für mich auf. Den Abschnitt „Finanzierung" beginnen Sie mit:

_Sofern die Finanzierung sichergestellt werden kann...

Was ist denn das für ein Konzept? Ein Konzept ohne Geld ist kein Konzept. Wie viel ist der Landesregierung eine Gründungsinitiative wirklich wert? Diese Aussage vermisse ich in dem Konzept.

Bitte sehen Sie es mir auch nach, wenn ich einen Teil der Aussagen zu den Hochschulen als Hohn empfinde! Was glauben Sie denn, was für ein Signal für Existenzgründungen Sie setzen. wenn eine der ersten Maßnahmen der CDU nach dem Regierungseintritt war, ausgerechnet den Titel „Zuschüsse zur Be

fihigung von Hochschulabsolventen als Unternehmer" zu halbieren und die andere Hälfte den total unterfinanzierten Hochschulen überzuhelfen? Schafft man so ein _Prima Klima für Unteniehmertum"?

Herr Minister Fümiß, wie ist es mit der Finanzierung in großen Teilen Ihres AGIL-Konzeptes? Ich lese und höre oft von Ihnen: Wir wollen, sollten, wir überlegen. wir müssten.... oder: Wir denken darüber nach. - Ich würde gern häufiger lesen: Wir haben. wir werden... Im Moment sind Sie für mich der Herr der Ankündigungen, der Herr der Konjunktive. Das ist mir eindeutig zu weni g und ich gehe davon aus, Ihnen auch.

(Vereinzelt Beifall bei der PDS)

Das Konzept zur Existenzgründungsinitiative. das Sie vorgelegt haben. ist meines Erachtens schwach. Das sa ge ich durchaus ungern. weil ich Sie. Herr Minister Fümiß, schätzen gelernt habe und auch als Oppositionspolitiker öfter Ihren Ansätzen zustimmen kann. Aber gerade weil ich Sie schätze, erwarte ich von Ihnen mehr als das, was Sie vorgelegt haben, und fordere es ein.

Uni in Ihrem Bild zu bleiben: Ich kenne Sie als besseren Mikadospieler und mit Ihrer Rede haben Sie das auch durchaus angedeutet. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der PDS)

Das Wort geht an den Abgeordneten Heiko Müller. Er spracht für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe nicht ganz so viele Fragen wie Herr Dr. Trunschke, aber einige auch. Ich will damit deutlich machen: Ich bin nicht unein geschränkt begeistert von dem, was bis jetzt vorliegt.

Ich glaube, wir müssen weiter darüber diskutieren, wir müssen überlegen, wie das fortgeschrieben werden kann. Und wenn ich es richtig im Blick habe, gibt es auch schon eine Verständigung zwischen den Fraktionen, dies zu tun.

Wir müssen überlegen. wie man ein wesentliches Ziel, das auch in dem Auftrag gestanden hat, der an die Landesregierung ergangen ist. umsetzen kann. Ich will das auch an den Überschriften deutlich machen. Der Auftrag. der hier im Landtag bestätigt wurde. hieß:..Landesinitiative zur Verbesserung des gesellschaftlichen Klimas für Selbstständigkeit und Existenzgründung". Jetzt haben wir ein Konzept zur Gründungsoffensive.Aufbruch: Gründen im Land". Es beschreibt meines Erachtens nicht ausreichend, was wir machen müssen.

Unser Ziel war seinerzeit, als die SPD-Fraktion das in die Diskussion gebracht hat. dass ein wesentlicher Schwerpunkt das gesellschaftliche Klima für Selbstständigkeit ist. Wir haben sehr viele Werkzeuge, die im Konzept aufgeschrieben sind. Wir haben nach wie vor - das ist auch im Konzept zu lesen - Defizite. was die Verknüpfung angeht. Dort ist zwischenzeitlich einiges auf den Weg gebracht. Aber ich glaube. dass das alles nicht

Landtag 13randenbuT - 3. Wahlperiode - Plenarprotok■d. - I3. Dezember 2000 1627

dafür ausreicht, dass wir wirklich ein anderes gesellschaftliches Klima für Selbstständigkeit erreichen. Dafür muss eine Klammer über das Ganze gespannt werden, und die vermisse ich derzeit noch. Ich kann sie nicht in dem Maße erkennen, wie ich es wünschte.

Sie haben an einer Stelle geschrieben:

_Die Plattform ist Bestandteil der Standortkampagne des MW, an der sich die anderen Ressorts mit gründungsspezifischen Inhalten beteiligen können. Eine darüber hinausgehende Bachkampagne ist nicht geplant."

Ich bin mir nicht sicher, oh das ausreicht. uni diese nachhaltige Veränderung in der Gesellschaft - wir reden ja über ein gesellschaftliches Klima - umzusetzen.

Insofern müssen wir überlegen. ob da nicht mehr zu machen ist. abgesehen von den Werkzeugen, auch im ideellen Bereich. Dann werden wir gemeinsam das erreichen, was wir alle wollen: dass der Weg in die Selbstständigkeit einfacher, selbstverständlicher wird. als das bis jetzt der Fall ist. Das wird allen helfen. Es wird denen helfen, die selbstständig werden, Das werden nicht alle sein, da muss ich Herrn Dr. Trunschkc Recht gehen. nicht jeder wird selbstständig werden können. Aber sowohl die Selbstständigen als auch die, die bei den Selbstständigen angestellt sind, werden davon profitieren, wenn wir mehr Unternehmen im Land Brandenburg haben, die langfristig erfolgreich sind.

Insofern sehe ich den Bericht als einen wesentlichen Schritt an, den wir gehen mussten: aber wir sind noch nicht am Ende des Weges angekommen. Wir werden uns gemeinsam noch ein ganzes Stückchen weiter bewegen. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich danke für die komprimierte Darstellung. - Das Wort geht an die DVU-Fraktion. Herr Abgeordneter Schuldt, bitte!