Die Karriere dieses Begriffs ist so erstaunlich, dass es sich empfiehlt. über seine Legitimation nachzudenken. Wir, die Fraktion der Deutschen Volksunion, sind der Meinung, dass wir in Schwindel erregendem Tempo, wie es sich von selbst zu bestätigen scheint, schon mitten in einem Umsturz aller althergebrachten Verhältnisse, speziell der Informations - und Kommunikationstechnik, leben.
Meine Damen und Herren! Wer auch immer zum ersten Mal ins Internet geht, kommt mit einem etwas verklärten Blick und dem untrüglichen Gefühl zurück, in einer anderen Welt gewesen zu sein, einer komplizierten Welt, in der alles gleichzeitig da zu sein scheint. Daran haben wir uns inzwischen gewöhnt. Das Internet und viele andere Informations- und Kommunikationstechnologien gehören bereits zum Alltag des Berufslebens und durchdringen in zunehmendem Maße alle Bereiche unseres Lebens. 62 der rund 4 800 vertretenen deutschen Unternehmen bei der weltgrößten Computermesse „CeBIT 2000" in Hannover kamen aus dem Land Brandenburg. Im vergangenen Jahr nahmen an der CeBIT 57 brandenburgische Unternehmen teil.
Eine unter den Brandenburger Firmen, die in Hannover vertreten waren, ist zum Beispiel die Potsdamer MIDAT-AG. Dieses Unternehmen, das im II. Quartal dieses Jahres als erstes märkisches Unternehmen an die Börse gehen will, machte eine rasante Entwicklung durch. 1992 ging diese Firma aus den Resten des Bezirksrechenzentrums hervor und hat heute 200 Beschäftigte. Nach Aussagen von Vorstandschef Uwe Fenner werden noch in diesem Jahr 45 Beschäftigte dazukommen. Die Aspiranten kommen vor allem aus den eigenen Schulun gszentren der MIDATAG, die sich unter anderem in Potsdam und in Brandenburg an der Havel befinden.
An diesem Punkt, so meinen wir, die Fraktion der Deutschen Volksunion, sollten sich die Regierenden um Herrn Schröder ein Beispiel nehmen und nicht nach Indern Ausschau halten. Wie sagte unser Bundeskanzler so schön bei der Eröffnung der weltgrößten Computermesse: Informationskompetenz ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. - Er setzte sich für mehr Chancengleichheit bei der Nutzung der Informations- und Kommunikationstechnologien ein.
Allen Menschen muss Zugang zu modernen Kommunikationstechniken im Internet ermöglicht werden. Nur mit der Herstel
lung eines chancengleichen Zu gangszu den neuen Informationsund Kommunikationstechnologien kann verhindert werden, dass eine soziale Kluft zwischen Nutzern und Nichtnutzern entsteht.
Die Deutsche Telekom kündigte an, allen Schulen in Deutschland einen kostenlosen ISDN-Internet-Anschluss zur Verfügung zu stellen. Die Unternehmen sollten sich nach Ansicht von Bundeswirtschaftsminister Werner Müller dem Wettbewerb durch die neuen Informations- und Kommunikationstechnologien noch bereitwilliger stellen.
„Ob wir Deutsche das nun lieben oder nicht, diesem weltweiten Trend kann man sich nur stellen. um möglichst an der Spitze mitzulaufen. Eine andere Alternative gibt es nicht. Deshalb müssen die Rahmenbedingungen in Deutschland verbessert werden."
Das ist die Meinung von Telekom-Chef Sommer. Nötig sind zum Beispiel eine regulierte Marktstruktur und ein innovationsfreundliches Meinungsumfeld.
Ja. - Nur noch einen Satz: In den nächsten Jahren könnten bis zu 30 000 weitere Arbeitsplätze in der Medienbranche entstehen. Die rasante Entwicklung auf dem Gebiet der Informations- und Kommunikationstechnologien macht auch vor dem Land Brandenburg nicht Halt. Die Fraktion der Deutschen Volksunion stimmt deshalb dem vorliegenden Antrag zu. - Ich bedanke mich.
Da wir noch mitten in der Aussprache sind, gebe ich der einreichenden Fraktion noch einmal das Wort. Herr Dr. Trunschke ist inzwischen da und erhält das Wort. Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Müller, ich möchte die Vorrede wenigstens noch nachliefern, damit Sie wissen, wem Sie nicht folgen können.
Zweite Vorbemerkung: An einer der Hochschulen Brandenburgs - habe ich gehört - seien Computer ausgefallen, weil sie in nicht klimatisierten Räumen standen und einen Wärmekollaps erlitten hätten. Nun sind Abgeordnete in gewissem Sinne auch bloß Computer- ich will mich deshalb kurz fassen und Sie nicht strapazieren.
Das Anliegen ist kurz umrissen: Wir wollen, dass die Landesregierung regelmäßig über den Stand von Informations- und Kommunikationstechnologien im Landtag berichtet. Drei Bemerkungen will ich dazu machen.
Zum einen besteht die Notwendigkeit; das ist auch nicht sehr strittig. Der Bildungsminister sprach vom Jahrhundert der Bildung - man muss es nicht gleich so hoch hängen, Jahrzehnt der
Bildung reicht auch -, aber da haben wir noch längst nicht alles im Griff. Ein Beispiel dafür - ich hatte es heute früh schon angesprochen -: Die Mittel für Informations- und Kommunikationstechnik an den Hochschulen werden halbiert. Wenn der Wissenschaftsminister ausgeführt hat, dass die Mittel vielleicht woanders sind, dann hat er sie zumindest so gut versteckt. dass auch die Präsidenten der Hochschulen sie noch nicht gefunden haben. Wir hatten am Montag eine Anhörung. Der Minister hat die Präsidenten auch nicht korrigiert.
Zweite Bemerkung: Unsere Forderung nach einem solchen Bericht ist natürlich eine Kritik, aber gleichzeitig auch eine Selbstkritik. Ich glaube, wir alle haben in der vergangenen Legislaturperiode, in den vergangenen Jahren diesen Technologien nicht die notwendige Aufmerksamkeit gewidmet.
Dritte Bemerkung: Wenn wir einen solchen Bericht fordern, geht es uns um ein breites Spektrum von Details. zum einen natürlich um die Ausstattung mit Hard- und Software und um die Ausbildung der Leute, die damit arbeiten sollen. Zum anderen geht es darum, über den Stand an den Schulen, an den Hochschulen. in der Wirtschaft und im Handel zu berichten. Aber es geht um noch mehr. Es geht um die Auswirkungen dieser Technologien auf die Demokratie bis hin zum Parlamentarismus, auf die Steuern und aufs Geld. Wer aufmerksam die „Wirtschaftswoche" liest, findet gerade in den letzten Ausgaben dazu sehr interessante Berichte.
Ich bitte Sie also, unsere Forderun g nach einem Bericht - Herr Müller, ich bitte auch Sie - zu unterstützen. Natürlich gibt es auch andere Möglichkeiten. Man kann Große Anfragen stellen. Ich weiß, dass Sie daran arbeiten. Auch wir können uns das sehr gut vorstellen. Wir haben auch darüber nachgedacht. Das hätte für uns sogar den Charme, noch viel präziser fragen zu können, was wir wissen wollen, und sogar doppelt so lange zu reden. Zur Not machen wir das auch. Das können wir dann gemeinsam tun, das ist nicht das Problem.
Aber ich glaube, der Bericht hat zwei Vorteile. Erstens hat man eine Kontinuität, das kommt immer wieder; bei einer Großen Anfrage muss man daran denken, dass man sie wieder stellt. Zweitens kann man durch diese Kontinuität natürlich der Dynamik der Entwicklung, mit der wir leben, viel besser gerecht werden. weil regelmäßig auf den Zustand eingegangen werden muss. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Das Wort geht jetzt an die Landesregierung. - Die Landesregierung wünscht das Wort nicht. Dann kann ich die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt schließen.
Wir kommen zur Abstimmung. Die Fraktion der PDS hat beantragt, die Drucksache 3/1085 an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen - federführend -, an den Ausschuss für Inneres und an den Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kultur zu überweisen. Wer diesem Überweisungsantrag folgt, den bitte ich uni sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Überweisungsantrag mehrheitlich abgelehnt worden.
Wer diesem Antrag seine Zustimmung gibt. den bitte ich um sein Handzeichen, - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist auch der Antrag mehrheitlich abgelehnt worden.
Ich eröffne die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt mit dem Beitrag der einreichenden Fraktion. Herr Abgeordneter Christoffers, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit der Verabschiedung des europäischen Regelwerks zur Vergabe, das heißt der Baukoordinierungsrichtlinie, der Lieferkoordinierungsrichtlinie, der Dienstleistungsrichtlinie sowie der Sektorenrichtlinie und deren Einarbeitung über das Vergaberechtsänderungsgesetz in das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, haben sich die Vergabekonditionen in Deutschland qualitativ verändert.
Vergaben der öffentlichen Hand induzieren etwa 13 % des Bruttoinlandsproduktes und stellen damit insgesamt ein Instrument dar. das sowohl den Wettbewerb, die Beschäftigung als auch die Regionalentwicklung nachhaltig beeinflusst. Im Land Brandenburg galt bis vor kurzem im Zusammenhang mit öffentlichen Vergaben ein Tariftreueverlangen, das ein zusätzliches Entscheidungskriterium bei Vergaben darstellte. Durch das Innenministerium ist die entsprechende Verwaltungsvorschrift mit Rundschreiben vom 05.04. aufgehoben worden. Dazu gab es keinen Grund. Die im Zusammenhang mit dem Land Berlin in Diskussion befindliche Regelung hat einen anderen Wortlaut als die in Brandenburg und würde auch von einer möglichen Gerichtsentscheidung über die Tariftreue in Berlin nicht tangiert werden.
Mit den Übergangsregelungen des Vergaberechtsänderungsgesetzes gilt der Sachverhalt, dass ab 30.06.2000 alle Regelungen, die über das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen hinausgehen, hinfällig sind, sofern nicht Bundes- oder Landesgesetze etwas anderes bestimmen. Das heißt, die Aufkündigung der Verwaltungsvorschrift durch das Innenministerium ohne eine gleichzeitige Diskussion über mögliche Landesregelungen lässt nur einen Schluss zu: Die Frage der Tarif-treue soll aus dem Vergabeverständnis der öffentlichen Hand zurückgezogen werden und rechtliche Möglichkeiten zur Ausgestaltung gleicher Bedingungen für den Wettbewerb zur Sicherung der Beschäftigung unter Berücksichtigung regionaler Potenziale sollen nicht genutzt werden.
Entsprechend den EU-Vorgaben ist oberhalb von Schwellenwerten im Regelfall bei Bauaufträgen über 5 Millionen Euro und bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen über 200 000 Euro die Anwendung so genannter vergabefremder Kriterien. zu denen auch die Tariftreueerklärung gehören würde, untersagt.
Unterhalb dieser Schwellen gibt es entsprechend § 97 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen aber die Möglichkeit, landesgesetzliche Regelungen zur Vergabe über die Kriterien der Europäischen Union hinaus einzuführen.
Erstens: Es geht uns um eine breite Diskussion des Vergabeverständnisses der öffentlichen Hand, da sich auch hier zum Teil ausschließende Politikansätze bemerkbar machen.
Während in den Vergabevorschriften vom wirtschaftlichen Angebot die Rede ist, kommt es in der Praxis von Vergaben durch die Anwendung des Haushaltsrechts - es werden ja öffentliche Mittel vergeben - fast ausschließlich zur Berücksichtigung des niedrigsten Preisangebotes als Entscheidungskriterium. Damit wird die Berücksichtigun g anderer Sachverhalte sehr erschwert bzw. unmöglich gemacht.
Es ist zu konstatieren, dass abstrakt gleiche Wettbewerbsbedingungen nicht existieren und aufgrund der Entwicklung in den neuen Bundesländern auch auf längere Zeit nicht existieren werden. Um die Lenkungsfunktionen öffentlicher Vergaben ausschöpfen zu können, ist bei Berücksichtigung der EU-rechtlichen Vorgaben eine breite Diskussion notwendig, was die Definition des Begriffs „wirtschaftliches Angebot" inhaltlich umfasst.
Zweitens: Unterhalb der Schwellenwerte haben wir die Möglichkeit, selber zu definieren, wie die Marktchancen entsprechend den realen Marktverhältnissen für regionale Unternehmen durch Vergaben in Ansatz gebracht werden können. Das heißt, ein Vergabegesetz für diesen Bereich würde den gleichen Zugang zum Markt für alle definieren und zugleich regionale Beschäftigung sicherstellen helfen. Der Verweis auf eine umfassende Anwendung der VOB und VOL - der Vergabeordnung Bau und der Vergabeordnung Leistungen - ist insofern nicht ausreichend, als durch die Vernetzung mit dem Haushaltsrecht bei Vergaben Schwierigkeiten bei der Definition des wirtschaftlichen Angebots auftreten.
Drittens: Es geht uns nicht um eine Abschottung vom internationalen Markt bei Vergaben, sondern um die Nutzung von Möglichkeiten der realen Marktsituation, um der Beschäftigungssituation im Land Brandenburg entsprechen zu können. Das schließt beispielsweise ein. Bietergemeinschaften, Kooperationsketten usw. über ein Vergabegesetz weiter zu favorisieren und damit regionale Potenziale umfassend zu erschließen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es geht der PDS nicht darum, in eine neue Art von Regelungswut zu verfallen, sondern darum, den erklärten Willen aller Parteien aus dem Wahlkampf, auch unter den Bedingungen eines globalen Wettbewerbs regionale Potenziale zu erschließen, in eine Rechtsform zu gießen, die die Umsetzung dieser Zielstellung auch ermöglicht.
Die Tatsache. dass mit dem Auslaufen der Regelungen am 30. Juni 2000 möglicherweise ein Zeitraum entsteht, in dem ein derartiges Landesgesetz nicht vorliegt, spricht nicht gegen unseren Antrag, sondern macht den Handlungsdruck sichtbar, dem das Parlament unterliegt.
Darüber hinaus ordnet sich die Diskussion über die Vergaben der öffentlichen Hand ein in die Auseinandersetzung um konterkarierende Politikansätze der Europäischen Union. Sie wissen, dass sich das Wettbewerbsrecht der Europäischen Kommission sowie die regionalpolitischen Ansätze aus Brüssel zum Teil gravierend widersprechen. Mit der Diskussion und Verabschiedung eines derartigen Landesgesetzes wäre eine - und ich betone: eine - Möglichkeit gegeben, diesen Konflikt zu minimieren und Beschäfti gung und Marktentwicklung sicherzustellen.
Nebenbei bemerkt, der Freistaat Bayern hat mit Datum vom 5. April 2000 dem Landtag ein eigenes Vergabegesetz zugeleitet, das den Schwerpunkt Tariftreue im Freistaat Bayern regeln soll. Man plant dazu auch eine Bundesratsinitiative, um die Möglichkeiten des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen umfassend zu erschließen.
Auch vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass die Nutzung von Möglichkeiten des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen ein gemeinsames Anliegen aller Fraktionen im Landtag sein sollte, um Chancengleichheit zu wahren und Brandenburg im Wettbewerb der Regionen bei der Herausbildung von Wertschöpfungsketten zu unterstützen.
Ich bitte um die Überweisun g dieses Antrages in den Ausschuss für Wirtschaft und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Schönen Dank. - Wir sind damit bei den Koalitionsfraktionen. Für die SPD- und für die CDU-Fraktion gemeinsam spricht der Abgeordnete Hei ko Müller.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Jetzt kann ich der Vorrede ein Stück weit folgen und sie einbeziehen. Das hilft natürlich, wenn man auf einen solchen Antrag antwortet.