Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister Scheiter, wir sind schon lange in Europa angekommen. Aber Sie werden uns zugestehen, dass wir als Opposition hier im Landtag auf die Gefahren hinweisen. Doch nun zu meinem eigentlichen Redebeitrag.
Nach dem vom EU-Ministerrat beschlossenen Fahrplan soll die Aufnahme neuer Mitgliedsstaaten ab 2003 möglich sein. Entscheidend für den tatsächlichen Zeitraum des Beitrittes sei jedoch die Beitrittsreife der Anwärterländer, wie der zuständige EU-Kommissar Günter Verbeugen gegenüber der Presse betonte. Zurzeit erfüllten alle zwölf Beitrittskandidaten weder die wirtschaftlichen noch die strukturellen bzw. rechtlichen Voraussetzungen für einen EU-Beitritt. Trotzdem sollen, wenn es nach dem Willen der EU-Kommission eilt, die Beitrittsverhandlungen bis spätestens 2005 endgültig abgeschlossen sein - und dies auf Biegen und Brechen. Diesen Termin will der für die EU-Erweiterune zuständige Kommissar Günter Verheulten den zwölf Anwärterstaaten auf dem Nizza-Gipfel im Dezember verbindlich in Aussicht stellen.
In Deutschland sprechen sich inzwischen auch große Wirtschaftsverbände wie zum Beispiel der Deutsche Industrie- und Handelstag, aber auch die Friednch-Ebert-Stiftung der SPD dafür aus, die EU-Erweiterung zu verschieben.
Als Fraktion der Deutschen Volksunion in diesem Landtag schließen wir uns diesen Forderungen in der Erwartung an, dass es mindestens - hören Sie zu, Herr Lenz! - noch ungefähr zehn Jahre dauern wird, bis bei den einzelnen Beitrittsanwärterstaaten die Beitrittsreife tatsächlich erreicht ist. Darüber hinaus kann es nicht angehen, dass Staaten wie zum Beispiel Polen und die Tschechische Republik EU-Mitglieder werden, ohne das Vertreibungsunrecht an den aus diesen Staaten vertriebenen Deutschen wieder gutgemacht zu haben und erst recht nicht, obwohl bei ihnen nach wie vor Rechtssysteme mit völkerrechtswidrigen Elementen, nämlich der Vertreibungsdekrete der Präsidenten Benei und Gomulka, existieren.
Genau dies, meine Damen und Herren, ist der Punkt. Zwar hat die Bundesrepublik Deutschland mit dem Deutsch-Polnischen Vertrag vom 17. Juni 1991 die derzeitige deutsch-polnische Grenze als eindeutig bestätigt und darin ebenso wie in der Deutsch-Tschechischen Erklärung von 1998 als Staat Bundesrepublik Deutschland auf jegliche Ansprüche gegenüber diesen Staaten verzichtet. Tatsächlich ist aber die Frage von Eigentum und Entschädigung der Vertriebenen als Personen noch immer ungelöst. Bei den Deutsch-Polnischen Verträgen von 1990/91 ebenso wie in der Prager Erklärung von 1998 bleibt dieses Problem außen vor. Wenn die neue rot-grüne Regierun g das politisch anders werten mag, ein Dilemma bleibt: Deutschland kann nicht im Namen der Vertriebenen auf deren private Entschädigungsansprüche verzichten. Anderenfalls würden diese sich mit ihren Forderungen in Milliardenhöhe an die Bonn/Berliner Regenten halten.
tritt Polens. Auch wenn nach Meinung der Regierung in Warschau ein EU-Beitritt die Eigentumsfra gen nicht berührt, will sie doch möglichst lange verhindern, dass sich viele Deutsche im Land sesshaft machen. Am liebsten wäre Warschau eine zehnjährige Übergangsfrist, während der Ausländer nur in Ausnahmefällen Grund und Boden erwerben dürfen.
Was für Polen eilt, gilt erst recht für die Tschechische Republik. Denn dort kann paradoxerweise jeder Ausländer aus allen Staaten dieser Erde Grund und Boden erwerben, mit einer Ausnahme: Deutsche dürfen dies nicht. Erst letzte Woche erklärte der tschechische Staatspräsident Havel anlässlich seines Deutschlandbesuches, der ihn nach Berlin und Potsdam führte, dass er bei allem geheuchelten Bedauern über die Vertreibung der Sudetendeutschen nach wie vor eisern daran festhalte, dass es gegenüber den sudetendeutschen Heimatvertriebenen weder Rückgabe noch Entschädigung noch Freizügi gkeit gebe. Auch an den Vertreibungsdekreten des ersten tschechischen Nachkriegspräsidenten Eduard Bene§, in welchen unter anderem die Sudetendeutschen jeglicher Menschen- und Bürgerrechte beraubt wurden und in welchen jede Gewalttat gegenüber Deutschen von vornherein als amnestiert galt - 241 000 Sudetendeutsche. zumeist Frauen und Kinder, mussten dieses Dekret mit dem Leben bezahlen -, will Havel nicht rütteln.
Dasselbe gilt für die Republik Polen, welche ebenfalls an den Gomulka-Dekreten nach wie vor festhält und damit die Vertreibung von laut Schätzung bis zu 15 Millionen Deutschen, wobei zweieinhalb Millionen umkamen, nach wie vor rechtlich legalisiert
Diese völkerrechtswidrigen Vertreibungsdekrete widersprechen sowohl der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der UNO vom 10. Dezember 1948 als auch der Erklärung der Grundrechte und Grundfreiheiten des Europäischen Parlaments vom 12. April 1998, in der die Rechte der Freizügigkeit sowie des Eigentums definitiv festgeschrieben sind.
Mit uns als Fraktion der Deutschen Volksunion in diesem Landtag ist ein solcher Verrat an den deutschen Heimatvertriebenen jedenfalls nicht zu machen.
Sehen wir uns kurz noch ganz wertneutral an. was uns Deutsche der geplante EU-Beitritt von zunächst sechs mittel- und osteuropäischen Staaten bringt und was er uns kostet. - Leider ist meine Redezeit fast zu Ende.
Sie ist zu Ende, alles klar. - Lassen Sie mich kurz noch einen Satz sagen. Wir würden gerne sehen, dass unser Antrag in den zuständigen Ausschüssen in all seinen Einzelheiten debattiert wird, so wie es heute Morgen in der Aktuellen Stunde schon angedacht war.
Frau Hesselbarth, ich muss mich korrigieren. Sie haben als einEbenso offen ist die Frage der Freizügigkeit nach einem EU-Bei
reichende Fraktion zehn Minuten Redezeit. Ich bitte um Entschuldigung. Fahren Sie fort, wenn Sie das noch wünschen!
Ich knüpfe noch einmal an den Punkt an, dass wir den Verrat an den deutschen Heimatvertriebenen nicht mitmachen werden. Wir sehen ganz wertneutral an, dass es doch unwahrscheinlich viel kostet. Es bringt uns nichts außer weiteren Millionen von Ausländern aus diesen Staaten, die dann Freizügigkeit in Deutschland genießen und unseren Arbeitsmarkt belasten. Aber es kostet uns nach Berechnungen des Statistikers Werner Weidenfeld im Auftrag der Berthelsmann-Stiftung mindestens 20 Milliarden DM pro Jahr. Selbst wenn man davon ausgeht, dass diese 20 Milliarden DM die gesamte jetzige EU belasten, so wissen Sie genauso gut wie ich, dass wir als Bundesrepublik Deutschland den größten Teil davon werden übernehmen müssen. Diese 10 oder 15 Milliarden DM an Nettozahlungen kommen zu den heute bereits mehr als 25 Milliarden DM an Nettozahlungen an die bisherige EU noch dazu.
Andererseits verhält sich die EU-Kommission gegenüber Deutschland bereits heute extrem hart und hier insbesondere gegenüber Mitteldeutschland. Unternehmen in Brandenburg oder in den anderen neuen Bundesländern, denen das Wasser finanziell bis zum Halse steht. können nur noch bis Ende 2000 mit dem besonderen Wohlwollen der Brüsseler EU-Kommission rechnen. Dann - so die unausgesprochene, aber deutliche Warnung des EU-Wettbewerbskommissars Mario Monti - gelten auch für sie die gleichen härteren Spielregeln wie für alle übrigen Konkurrenten im europäischen Binnenmarkt. Andererseits jedoch wurde der EU-Haushalt durch die Mehrheit der etablierten Fraktionen des Europa-Parlaments zur Finanzierung außenpolitischer Aktionen erheblich aufgebläht. zum Beispiel mit zwei- bis dreistelligen Millionensummen für den Kosovo. für Marokko, die Türkei oder Osttimor. Jetzt sollen auch noch zwölf wirtschaftlich mehr oder weniger rückständige Beitrittskandidaten dazukommen - und dies wird die logische Folge sein: Das Einstimmigkeitsprinzip im EU-Ministerrat wird damit gekippt werden.
Aber sehen wir uns die möglichen Folgen einer EU-Osterweiterung und die dabei auftretenden Schwierigkeiten anhand eines konkreten Politikfeldes an. Ich meine die Agrarpolitik - hierüber wurde heute bereits gesprochen. Noch bevor die EU-Kommission ihre Verhandlungsposition dafür festgelegt hat, brechen bereits heute zahlreiche Konflikte auf. Die Beitrittskandidaten sind keineswegs bereit, weitgehend auf die in der EU üblichen Agrarsubventionen zu verzichten. Langsam wird zumindest in Landwirtschaftskreisen akzeptiert, dass die Ansprüche, die beispielsweise in Polen formuliert werden, teilweise berechtigt seien. Setzte sich diese Ansicht in der EU durch, dann hieße das, dass die EU-Osterweiterung erheblich teurer würde als geplant.
„für eine Übergangszeit Direktzahlungen für Umstrukturierungshilfen und für ländliche Entwicklungsmaßnahmen verwendet werden sollten".
den mittel- und osteuropäischen Staaten auf die Dauer so genannte Direktbeihilfen nicht verweigern zu können, wenn diese in anderen EU-Staaten gezahlt werden.
(Frau Stobrawa [PDS]: Wissen Sie, wie viel Geld Bran- denburg von der EU in den letzten Jahren bekommen hat?)
Das bedeutet es auch für die EU-Finanzen einerseits und für die Bauern in den EU-Mitgliedsstaaten andererseits.
Es bedeutet, dass das in der EU herrschende System der Direktzahlungen in den Beitrittsstaaten gelten wird. Das sprengte aber alle bisher bestehenden Haushaltsansätze. Allein in Polen gibt es etwa zwei Millionen Landwirtschaften, von denen allerdings vermutlich nicht einmal die Hälfte die Integration in den gemeinsamen Agrarmarkt überleben wird. Diese polnischen ExBauern werden sich dann vermutlich als Gastarbeiter in Deutschland niederlassen. Der Rest hängt dann am finanziellen EU-Tropf.
Aus all dem Gesagten ergibt sich doch, dass die Integration der Beitrittskandidaten in die EU ein finanzielles Fass ohne Boden sein wird, welches die Europäische Union so, wie wir sie jetzt kennen, vor eine Zerreißprobe stellen wird.
Aus diesen Gründen, meine Damen und Herren. bitte ich Sie: Lassen Sie ideologische Scheuklappen weg und stattdessen Realitätssinn und Sachverstand walten und schließen Sie sich unserem Antrag auf eine Bundesratsinitiative zur Aussetzung der EU-Osterweiterung um mindestens zehn Jahre an! - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Die Fraktionen der CDU und der SPD haben Redeverzicht signalisiert, die Fraktion der PDS ebenfalls. Ich frage die Landesregierung. - Die Landesregierung wünscht auch nicht zu sprechen. Damit kann ich die Aussprache zu diesem Tagesordnun gspunkt beenden.
Wir kommen zur Abstimmung. Wir stimmen ab über den Antrag der Fraktion der DVU, der beinhaltet, die Drucksache 3/1069 an den Ausschuss für Europaangelegenheiten und Entwicklungspolitik - federführend -, an den Ausschuss für Arbeit. Soziales, Gesundheit und Frauen. an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen. an den Ausschuss für Inneres und an den Ausschuss für Wirtschaft zu überweisen. Wer diesem Überweisungsantrag folgt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Überweisungsantrag mehrheitlich abgelehnt worden.
Wir stimmen jetzt direkt ab über die Drucksache 3/1069, Wer diesem Antrag seine Zustimmung gibt, den bitte ich um sein Handzeichen.
Herr Abgeordneter, laut Geschäftsordnung gibt es jetzt keine DeDas heißt doch nichts anderes. als dass Fischler davon ausgeht,
hatte mehr. Ich bin mitten in der Abstimmung. Ich erkläre Ihnen das hinterher. Sie können im § 64 der Geschäftsordnung nachlesen.
Wir stimmen ab über den Antrag in Drucksache 3/1069. Wer diesem Antrag seine Zustimmung gibt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt worden.
Ich eröffne die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt und erteile der einreichenden Fraktion das Wort, Herrn Abgeordneten Dr. Trunschke. - Herr Trunschke ist nicht anwesend. Damit hat der Sprecher der Fraktionen der SPD und der CDU, Abgeordneter Müller, das Wort.
Ich kann den Worten meines Vorredners zum Tagesordnungspunkt leider nicht fol gen. Wir empfehlen keine Überweisung, sondern die Ablehnung. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das so genannte Aktionsbündnis gegen rechts ist auf dem linken Auge blind. Anlässlich des 1. Mai..
Ich habe gerade zur Tür gesehen, als der Abgeordnete Dr. Trunschke hereinkam. - Wir sind beim Tagesordnungspunkt „Bericht der Landesregierung zu Informations- und Kommunikationstechnologien", Herr Abgeordneter Firneburg.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren? Als das 20. Jahrhundert zu Ende ging, schien, zumindest in Europa. auch der Begriff der Revolution nicht mehr recht brauchbar. Zu viel mit diesem
Namen hatte mehr oder weniger als Katastrophe geendet. Dennoch scheint der Wunsch nach einem Umsturz, der damit gemeint war, ein seltsames Eigenleben zu führen. Mitten in der politischen Enttäuschung suchte er einen neuen Stoff, an dem man sich festhalten konnte. Er fand ihn dort, wo die Moderne seit dem 18. Jahrhundert noch immer den Stoff ihrer Träume fand: in der Technik.
Die Vorstellung, dass großartige Maschinen unser Leben in ein einziges Reich des Glücks und der Freiheit verwandeln könnten, kehrte mit erstaunlichem Erfolg in die Köpfe vieler Menschen zurück. Mitte der 90er Jahre war es nicht nur möglich, sondern geradezu zur Pflicht geworden, von einer neuen Revolution zu sprechen, von der Revolution des Internets, einer Revolution der informations- und Kommunikationsmittel, deren Folgen noch gar nicht richtig abschätzbar sind. Fundamental sind sie jedoch in jedem Fall.
Die Karriere dieses Begriffs ist so erstaunlich, dass es sich empfiehlt. über seine Legitimation nachzudenken. Wir, die Fraktion der Deutschen Volksunion, sind der Meinung, dass wir in Schwindel erregendem Tempo, wie es sich von selbst zu bestätigen scheint, schon mitten in einem Umsturz aller althergebrachten Verhältnisse, speziell der Informations - und Kommunikationstechnik, leben.