Frauke Heiligenstadt

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Last Statements

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! In bildungspolitischen Fragen ist Niedersachsen leider bei jeder Studie, die erscheint, auf den Abstiegsplätzen der Bundesrepublik.
- Sie können gerne dagegen reden!
Ich kann da beispielsweise die Bertelsmann-Studie nennen, wonach auf zehn Schulformüberweisungen nach unten nur ein Aufstieg nach oben kommt,
oder ich erwähne die gerade vor zwei Tagen frisch auf den Markt gekommene Statistik für Krippenplätze. Da muss man ja nur zählen und nicht einmal bewerten. Da sind Sie mit einer mageren Quote von 22,1 % Drittletzter in der ganzen Bundesrepublik.
So kann man das nicht machen, meine Damen und Herren. Das muss besser gemacht werden, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!
In vielen Gesprächen und Besuchen vor Ort höre ich immer: Es muss sich endlich etwas ändern in der Bildungspolitik Niedersachsens. - Die entsprechenden Hinweise erreichen doch sicherlich auch Sie. Doch anstatt diese Signale zu beachten und Konsequenzen im Handeln zu ziehen, beschwich
tigen Sie und reden sich die Welt schön. Ich möchte Ihnen drei Beispiele nennen. Sie sind mit der Betreuungsquote bei den Krippenplätzen noch bei 22,1 % gelandet, und das acht Monate vor dem Rechtsanspruch. Statt endlich in die Puschen zu kommen, meine Damen und Herren, und den Eltern in Niedersachsen ihren Rechtsanspruch tatsächlich zu gewährleisten, beschwichtigen Sie die ernstzunehmenden Hinweise, reden etwas von einer höheren Quote bei den Zwei- bis Dreijährigen und verneinen sogar den Erzieherinnenmangel. So machen Sie das, meine Damen und Herren. Wir werden das besser machen, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Denn wir haben schon zu Oppositionszeiten zu einem Krippengipfel eingeladen, bei dem alle Verbände anwesend waren. Wir haben auf Augenhöhe einen Dialog geführt und uns die tatsächlichen Probleme genau angeschaut. Wir brauchen die frühkindliche Bildung und die Verbesserung der Rahmenbedingungen in den Kitas; denn das ist existenziell für unsere Kinder und deren Chancengleichheit. Sie - z. B. Herr Klare - kündigen stattdessen auf Podiumsdiskussionen die dritte Kraft an und unterschreiben sogar die Volksinitiative, die jetzt gestartet worden ist.
Und was tun Sie konkret? - Nichts! Nicht einmal ein laues Lüftchen, meine Damen und Herren!
Keine Initiative von Ihrer Seite, nur hohle Sprüche!
Zweites Beispiel: Ganztagsschulen in Niedersachsen. Sie beweihräuchern sich immer ganz gerne mit 1 500 offenen Ganztagsschulen in Niedersachsen, obwohl Sie sich weigern, die Schulen richtig auszustatten. Von den Arbeitsverträgen, den Honorarverträgen und den staatsanwaltschaftlichen Überprüfungen will ich gar nicht reden. Sie beuten engagierte Pädagoginnen und Pädagogen aus, die zahlreichen Ehrenamtlichen ebenso - nur weil Sie das Billigmodell der Ganztagsschule weiterhin fahren. So machen Sie das, meine Damen und Herren. Wir werden das besser machen, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Wir werden die Altfälle lösen. Wir werden uns um einen Stufenplan zur Einführung kümmern und Schritt für Schritt alle Schulen in Niedersachsen, die das möchten, zu Ganztagsschulen ausbauen.
Oder das Beispiel Inklusion, meine Damen und Herren: Sie statten die Schulen mit einem Minibudget für Fortbildung aus, das schon längst aufgebraucht ist. Die untergesetzlichen Regelungen liegen bis heute nicht vor, obwohl alle wissen müssen, wie die Stundenbedarfe bei den Schülerinnen und Schülern aussehen, die ab Februar gemeldet werden müssen.
Inklusion, meine Damen und Herren, ist keine weitere Schulform. Inklusion ist der Schlüssel für gute, gelingende Bildungspolitik in Niedersachsen. Und Sie vernachlässigen das vollständig!
Aber so machen Sie das. Wir werden das besser machen.
Sie verheddern sich in alten Strukturkämpfen, meine Damen und Herren.
Herr McAllister, gerade gestern wieder auf dem Parteitag der CDU: Für uns sind die Gymnasien ein wichtiger integraler Bestandteil einer niedersächsischen Bildungslandschaft, meine Damen und Herren.
Sie machen alte Bildungspolitik, die verstaubt und antiquiert ist.
Wir machen moderne Bildungspolitik und entwickeln Schullandschaft von unten nach oben, meine Damen und Herren. Wir werden das besser machen und anpacken!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Dr. Althusmann, wenn Sie schon zitieren, dann wäre ich Ihnen sehr dankbar, wenn Sie die Zitierregeln ordentlich beherrschen würden.
Deswegen lese ich Ihnen einmal mein Zitat aus der Elbe-Jeetzel-Zeitung vor:
„Die schulpolitische Sprecherin Heiligenstadt stimmte grundsätzlich zu, mehr Versuche in unterschiedlichen Organisationsformen zuzulassen.“
Sie haben das anders zitiert.
- Bei den „unterschiedlichen Organisationsformen“ geht es u. a. um die verschiedenen Kooperations
möglichkeiten für kleine Grundschulstandorte, um die flexible Eingangsstufe und andere Modelle.
Herr Dr. Althusmann, Zitierregeln muss man beherrschen können.
Weil hier immer wieder das Märchen kommt, dass Sie so toll Krippenplätze geschaffen hätten: Wir hätten ganz gerne bis zum Jahr 2003, unter sozialdemokratischer Verantwortung, noch wesentlich mehr Krippenplätze geschaffen.
- Wir mussten, Herr Möllring, erst 86 000 Kindergartenplätze schaffen, die Sie verweigert hatten.
Zum Thema Schulabbrecherquote: Natürlich kann ich die Schulabbrecherquote halbieren, indem ich die Bemessungsgrundlage nahezu verdoppele und den zehnten Jahrgang am Gymnasium doppelt zähle.
Herr Dr. Althusmann, nicht eine Schülerin und nicht ein Schüler hat etwas davon. Sie haben ein wachsendes Übergangssystem. Wir werden alle Jugendlichen mitnehmen und ihnen eine Ausbildungsgarantie geben.
So werden wir das machen - nämlich besser - und anpacken.
Frau Ministerin Wanka, ist Ihnen bekannt, dass das Erbbaurecht mit der Begründung eingeführt wurde, dass es ein soziales Wohnraumbewirtschaftungsinstrument ist, mit dem man gerade Familien, die in einkommensschwächeren Verhältnissen leben, ermöglichen wollte, günstig Wohnraum für sich selbst zu schaffen, und dass es nicht dazu dient, wirtschaftlich die höchstmöglichen Erträge zu erzielen?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Wer sich zurzeit mit Vertreterinnen und Vertretern aus den niedersächsischen Kindertagesstätten unterhält, der merkt, dass es in den Einrichtungen brodelt. Es brodelt in der frühkindlichen Bildung, weil diese Landesregierung und mit ihr CDU und FDP in den letzten zehn Jahren dort nicht für nennenswerte Veränderungen gesorgt haben. Es brodelt, weil Sie den notwendigen und wichtigen Anteil der Kommunen beim Krippenausbau nicht ausreichend wertschätzen. Und es brodelt, weil Sie die Arbeit der Erzieherinnen und Erzieher in den Einrichtungen nicht ausreichend wertschätzen.
Das wurde uns - Herrn Klare und mir gerade gestern - in verschiedenen Diskussionen deutlich gemacht.
Die Landesregierung hat erst im März 2012 zusätzliche Landesmittel bereitgestellt, obwohl, wie Frau Vockert selbst ausgeführt hat, der Krippengipfel bereits 2007 stattgefunden hat und mit der Umsetzung der Beschlüsse schon 2008 hätte begonnen werden können. Ansonsten hat das Land vier Jahre lang nichts anderes als den 5-%-Anteil übernommen und die Kommunen die Hauptlast beim Krippenausbau tragen lassen.
Viel wichtiger aber ist, dass Sie mit der Vorlage Ihres Entwurfs zur Änderung des KiTaG einen gemeinsamen Nenner verlassen, den wir im Schulbereich mühsam erarbeitet hatten, nämlich die Inklusion, sprich: allen Kindern unter sechs Jahren, die eine Beeinträchtigung oder Behinderung haben, einen entsprechenden Rechtsanspruch zu garantieren.
Deshalb haben SPD, Grüne und auch die Fraktion DIE LINKE einen gemeinsam getragenen Änderungsantrag eingebracht, in dem wir sagen, dass die UN-Behindertenrechtskonvention auch für Kinder unter sechs Jahren gelten muss. Es kann doch nicht sein, dass Kinder über sechs Jahre, wenn sie eine Behinderung haben, einen Anspruch darauf haben, auf eine Schule ihrer Wahl zu gehen, während im Krippen- und Kindertagesstättenbereich das gemeinsame Erziehen und Großwerden von Kindern mit Behinderungen weiterhin unter einen Ressourcenvorbehalt gestellt wird.
Meine Damen und Herren, es wäre ausreichend Zeit gewesen, diesen Gesetzentwurf auch unter dem Inklusionsgedanken zu beraten. Darauf hätten wir die nächsten vier Wochen noch verwenden können; meine Fraktion war ebenso wie die anderen Oppositionsfraktionen dazu bereit.
Sie hingegen argumentieren technokratisch, es sei nicht ausreichend Zeit dafür, den Gesetzentwurf unter dem Gesichtspunkt der Inklusion zu behandeln, wir müssten uns auf die Regelung der Finanzhilfe beschränken. Dabei vergessen Sie allerdings, dass Sie mehr als fünf Jahre Zeit gehabt haben, um eine Änderung am Kindertagesstätten
gesetz vorzunehmen. Spätestens nach dem Krippengipfel und der entsprechenden Finanzierungszusage des Bundes hätten Sie tätig werden können. Aber das wollten sie einfach nicht, meine Damen und Herren.
Aber die Themen Inklusion und Wertschätzung der Arbeit der Erzieherinnen und Erzieher sind nicht die einzigen Themen, die es in der frühkindlichen Bildung zu diskutieren gilt.
Ein weiteres wichtiges Thema ist und bleibt die Sicherstellung des Rechtsanspruchs auf einen Krippenplatz. Und hier, lieber Herr Dr. Althusmann, können Sie noch so viel herumtricksen und sagen, die Statistik, die für März 2012 herausgekommen ist, sei schon wieder überholt: Diese Statistik wurde nun einmal erst gestern veröffentlicht.
Und selbst wenn jetzt nur noch 10 000 Plätze in Niedersachsen fehlen sollten, um die 35prozentige Versorgungsquote für unter Dreijährige zu erreichen: Diese 10 000 Plätze bis zum 1. August 2013 zu schaffen, bleibt eine besondere Aufgabe! Schließlich geht es nicht nur um die Plätze als solche, sondern vor allem darum, das Personal zu bekommen, das sich um die Kinder auf diesen 10 000 Plätzen, die noch geschaffen werden müssen, dann auch kümmert. Der Beruf der Erzieherinnen und Erzieher ist, auch wenn Sie das im Juli dieses Jahres noch verneint haben, Herr Dr. Althusmann, mittlerweile nämlich zu einem, wenn nicht sogar zu dem Mangelberuf geworden.
Aus diesem Grunde wollen wir nun einen Masterplan auf den Weg bringen, um Krippen und Kindertagesstätten ausreichend Personal zur Verfügung stellen zu können.
Einige Vorschläge, Frau Vockert, haben wir in der Tat schon häufig diskutiert. Gleichwohl müssen wir sie immer wieder auf die Tagesordnung bringen, weil die rechte Seite des Hauses ja beständig davon ausgeht - auch jetzt haben Sie die Zahlen wieder genannt -, dass in Niedersachsen eine ausreichende Anzahl von ausgebildeten Erzieherinnen und Erziehern vorhanden ist.
Das, meine Damen und Herren, ist aber mitnichten der Fall. Vielmehr würden gerne noch mehr die Ausbildung zur Erzieherin bzw. zum Erzieher angehen, aber leider reichen die an den berufsbil
denden Schulen vorhanden Plätze nicht aus. Deshalb besteht eine unserer Maßnahmen, die wir vorschlagen, darin, zusätzlich Plätze an den berufsbildenden Schulen zu schaffen, um dort zusätzliche Erzieherinnen und Erzieher ausbilden zu können.
Eine weitere Maßnahme, meine Damen und Herren, beruht darauf, dass wir auch die Berufsschulpädagogen brauchen, die diese Erzieherinnen und Erzieher ausbilden. Leider gibt es dafür in Niedersachsen nur einen Studiengang. Darin wurden lange Zeit nur 30 Berufsschulpädagogen pro Jahr ausgebildet, wovon 20 sofort in andere Bundesländer verschwunden sind. Lediglich zehn ausgebildete Berufsschulpädagogen für den Bereich Sozialpädagogik sind in Niedersachsen verblieben. Das reicht nicht, um eine solch große Aufgabe wie die Erfüllung des Krippengipfels zu bewältigen. Deshalb haben wir gesagt, wir brauchen einen weiteren Studiengang Sozialpädagogik mit der Fachrichtung Berufsschule an einem anderen Standort in Niedersachsen.
In diesen Zusammenhang gehören auch die Studienseminarplätze. Dazu gehört des Weiteren, dass wir die in Niedersachsen tätigen Sozialassistentinnen und Sozialassistenten weiter ausbilden. Dazu gehört, dass die Arbeitsagentur Geld für die Fortbildungsmaßnahmen dieser Umschülerinnen und Umschüler, die wir eventuell in den Masterplan einbeziehen können, zur Verfügung stellt. Niedersachsen ist eines der wenigen Bundesländer, die das nach wie vor nicht finanzieren.
Meine Damen und Herren, es gäbe eine Fülle von Maßnahmen. Wir haben sie dokumentiert und niedergelegt. Ich hoffe, dass Sie, nachdem Sie erkannt haben, dass wir in Niedersachsen dringend Erzieherinnen und Erzieher brauchen, unserem Entschließungsantrag zustimmen, und beantrage für meine Fraktion direkte Abstimmung.
Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nur damit hier keine falschen Eindrücke entstehen, Herr Dr. Althusmann: Sie sind nicht Viertletzter, sondern Sie sind gemeinsam mit dem Saarland Drittletzter, was die Ausbauquote im Bereich der unter Dreijährigen angeht. Das ärgert mich nicht, muss ich ganz ehrlich sagen. Ich finde dies im Namen der Eltern in Niedersachsen, die einen Krippenplatz benötigen, ausgesprochen bedauerlich, meine Damen und Herren.
Außerdem wissen wir alle: Selbst wenn die 35 % erreicht werden - mittlerweile sind zwischen Bund und Ländern 39 % vereinbart; dafür brauchen Sie noch mehr als 10 000 -, selbst wenn die 35 % in den nächsten acht Monaten durch eine entsprechende Aufholjagd erreicht werden, heißt das doch noch lange nicht, dass der Rechtsanspruch erfüllt ist, Herr Dr. Althusmann.
Sie müssen natürlich 50 % erfüllen, wenn 50 % der Eltern einen Platz beantragen. Deshalb müssen wir eine wesentlich höhere Quote erreichen. Aber da sind Sie nur am Beschwichtigen und am Schön
reden, anstatt für die Eltern in Niedersachsen zu arbeiten, meine Damen und Herren.
Jetzt zu den angeblich tollen Aktionen dieser Landesregierung im frühkindlichen Bereich: Man mag zur Befreiung von Elternbeiträgen stehen, wie man will. Aber dadurch, dass Sie 100 Millionen Euro für die Befreiung von Elternbeiträgen zur Verfügung stellen, hat sich an der Qualität in den Kitas überhaupt nichts verändert. Davon ist bei den Erzieherinnen und bei den Kindern nichts angekommen, außer dass das Geld geflossen ist.
Zum Thema Orientierungs- und Rahmenplan: Diesen haben die Verbände erarbeitet. Sie haben versucht, die entsprechenden Vereinbarungen zu schließen. Nicht alle haben beim zweiten Mal mitgemacht. Das ist freiwillig; es wird nicht geprüft, ob er umgesetzt wird. Auch das hat im Bereich der frühkindlichen Bildung keinen verpflichtenden Charakter.
Sie haben das Brückenjahr eingestellt und die Sprachförderung am Anfang gekürzt. Ich könnte die Liste noch erweitern.
Was mich aber ganz besonders ärgert - das muss ich ganz ehrlich sagen, Herr Dr. Althusmann -, ist: Sie sagen immer, Sie hätten die beste Ausbaudynamik, weil Sie so tief, nämlich mit 5,6 %, angefangen haben.
5,6 % - aber eine SPD-geführte Landesregierung musste überhaupt erst einmal einen Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz schaffen, weil die CDU hier im Hause gesagt hat: Mütter, die ihre Kinder in den Kindergarten geben, sind Rabenmütter.
Als meine Kolleginnen und Kollegen dann darüber reden wollten, dass wir Krippenplätze benötigen - - -
Denn vor zehn Jahren haben CDU und FDP bei dem Wort „Krippe“ noch an Weihnachten gedacht, meine Damen und Herren.
Herr Minister Dr. Althusmann, haben Sie die Debatte am gestrigen Tag zu dem Antrag der SPDFraktion zur Veränderung der beruflichen Bildung und der berufsbildenden Schulen in Niedersachsen verfolgt? Dazu sind u. a. zehn Vorschläge der SPD-Fraktion schriftlich niedergelegt worden.
Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Dr. Althusmann, da Sie hier vorne Weihrauch versprüht haben, um sich selbst und Ihre Taten zu beweihräuchern, möchte ich doch noch eines feststellen: In Niedersachsen befinden sich über 35 000 Jugendliche im Übergangssystem.
Wir haben so viele Jugendliche wie noch nie insbesondere in den Bereichen des BVJ und der Berufseinstiegsklassen. Die Quote der Anrechnung des ersten Ausbildungsjahres an der Berufsfachschule liegt bei unter 2 %. Und wir haben, weiß Gott, immer noch nicht genügend Ausbildungsplätze.
Wenn Sie meinen, dass das eine gute Politik ist, die Sie mit Ihren Zahlen hier immer gern präsentieren, dann sage ich Ihnen: Wir werden alle Jugendliche in Niedersachsen mitnehmen.
Uns sind 35 000 in Übergangssystemen zu viel, uns ist die Quote der Schulabbrecher zu hoch, und uns ist die Zahl der Jugendlichen zu hoch, die ohne entsprechende Berufsorientierung in den Übergangssystemen landen.
Meine Damen und Herren, vielleicht sind Sie mit Ihrer Politik zufrieden, wir sind es nicht. Das werden wir ändern.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich fände es gut, Herr Minister Dr. Althusmann, wenn wenigstens der Fachminister wüsste, wovon er redet.
Meine Damen und Herren, ich denke, es ist sehr wichtig, als gemeinsame Grundlage für die Beratung zumindest in den Berufsbildungsbericht zu schauen. Dort wird sehr gut definiert, was das Übergangssystem umfasst. Das sind neben den
Berufseinstiegsschulen, die Sie mit dem BVJ und der BEK hier in Niedersachsen haben, auch die einjährigen Berufsfachschulen.
Dabei haben wir die Jugendwerkstätten noch nicht mitgerechnet. Würden wir sie noch mit einrechnen, lägen wir bei 45 000 Jugendlichen, die im Moment nicht mit einem Ausbildungsplatz versorgt sind.
Herr Dr. Althusmann, natürlich wissen auch wir, dass es vollzeitschulische Ausbildungen gibt und dass es Berufsfachschulen gibt, die eine vollzeitschulische Ausbildung ermöglichen.
Dann reden wir aber von zweijährigen Berufsfachschulen, das wissen auch Sie. Diese Schulen habe ich ausdrücklich nicht zum Übergangssystem gezogen.
Wenn ich die beiden Zahlen, die Sie für 2011 vorgetragen haben - die Landesregierung sah sich nicht in der Lage, uns neuere Daten zu geben, obwohl wir die statistischen Daten nachgefragt hatten -,
zusammenrechne, komme ich auf die Zahl von 35 000. Das ergeben die Zahlen, die Sie selber vorgetragen haben. Ich bitte darum, mir doch nicht zu unterstellen, wir würden falsche Daten nutzen, meine Damen und Herren.
Herr Präsident! Liebe Kollegin Reichwaldt, finden Sie es nicht auch etwas merkwürdig, dass der fachlich zuständige Ressortminister bei der Diskussion zum Betreuungsgeld, das ja bundesweit ein Thema ist, nicht anwesend ist?
Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Minister, Sie haben gerade als Argument ins Feld geführt, dass Kinder unter einem Jahr eine stärkere Bindung
brauchen und deshalb in der Familie besser aufwachsen können als in einer Betreuungsinfrastruktur bzw. in einer Krippe.
- Er kann das ja gerne gleich anders darstellen.
Ich habe Sie gefragt, was das mit dem Betreuungsgeld zu tun hat. Denn der Gesetzentwurf, der mir vorliegt - wenn er noch aktuell ist -, sieht vor, das Betreuungsgeld erst dann auszuzahlen, wenn die Kinder ein Jahr alt sind.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Am 3. September ist das neue Schuljahr gestartet.
Auch in diesem Jahr arbeiten die Lehrkräfte, die Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen an den Schulen, die pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Schulträger daran, den Kindern und Schülerinnen und Schülern in Niedersachsen das Bestmögliche an Förderung und einen optimalen Start für gute Bildungschancen in Niedersachsen zu geben. Wir sollten ihnen ein ganz großes Dankeschön dafür sagen, meine Damen und Herren.
Kein Zweifel: Diese Menschen krempeln die Ärmel hoch, damit es in der Schule läuft, Herr Klare.
Was läuft in der Schule sonst noch?
Es laufen die Kopierer, meine Damen und Herren - die Kopierer, die an 3 000 niedersächsischen Schulen in zweifacher Ausfertigung Honorarverträge und Verträge mit freien Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern kopieren müssen, weil die Schulen sie der Rentenversicherung vorlegen müssen.
Herr Althusmann, Sie lächeln. Ich sage Ihnen: Das ist ein einzigartiger Vorgang.
Den hat es in der Geschichte der Bildungspolitik in Niedersachsen noch nie gegeben, meine Damen und Herren.
Alle niedersächsischen Schulen müssen die Honorarverträge vorlegen - alle, nicht nur die Ganztagsschulen.
Und die Lehrkräfte müssen das ausbaden, was drei Kultusminister in Niedersachsen angerichtet haben, meine Damen und Herren.
Es läuft, Herr Dr. Althusmann? Es läuft?
Wie bezeichnen Sie die Tatsache, dass mehr als 240 Schulleiterinnen- und Schulleiterstellen in Niedersachsen ausgeschrieben sind, aber trotz mehrerer Ausschreibungen nicht besetzt werden können? - Es läuft, Herr Nacke? Es läuft?
Ich erwähne auch die Unterrichtsversorgung an den berufsbildenden Schulen von teilweise unter 80 %.
400 Stellen sind im berufsbildenden Bereich ausgeschrieben worden, meine Damen und Herren. Aber nicht einmal die Hälfte konnte besetzt werden, weil diese Landesregierung den Schulen große Budgetprobleme verursacht.
Es läuft, meine Damen und Herren? - Ich weiß nicht, was Sie unter „laufen“ verstehen!
Ich könnte auch die Anzahl der Schülerinnen und Schüler nennen, die in das Übergangssystem gehen. Sie ist im Vergleich zu allen anderen Bundesländern exorbitant hoch. Was sagen Sie denn den Schülerinnen und Schülern, die nach einer erfolgreichen Schulausbildung keine Perspektive auf eine duale Ausbildung haben? - Es läuft? Herr Althusmann, es läuft? Sagen Sie das den Schülerinnen und Schülern, die keinen Ausbildungsplatz bekommen haben?
Was sagen Sie den Eltern, die ihr Kind gerne an einer Gesamtschule anmelden möchten, aber jetzt einen von den über 2 500 Bescheiden bekommen haben, dass es nicht an der Gesamtschule angemeldet werden kann, weil es nicht ausreichend viele Plätze gibt?
Es läuft, meine Damen und Herren, in der Schulpolitik in Niedersachsen? - Vielleicht nach Ihrer Vorstellung, aber nicht nach unserer und nicht nach der der Eltern in Niedersachsen!
Meine Damen und Herren, ich kann Herrn Althusmann, um im Bildungsbereich zu bleiben, natürlich auch fragen: Was sagen Sie den Eltern, die gerne einen Krippenplatz hätten, aber Schlange stehen, die zu Hunderten auf Wartelisten stehen, aber
keinen Krippenplatz bekommen, weil Niedersachsen bei der Krippenplatzquote Schlusslicht ist?
Meine Damen und Herren, es läuft? Läuft das bei Ihnen?
- Beruhigen Sie sich doch ein klein wenig, meine Damen und Herren!
In vielen Bereichen in Niedersachsen läuft es, weil, wie ich am Anfang erwähnt habe, viele Akteure im Bildungsbereich die Ärmel hochkrempeln. Sie wollen es unseren Kindern vor Ort ermöglichen, möglichst optimale Bildungschancen zu bekommen.
Eines läuft ganz besonders - neben diesem Engagement der vielen vor Ort -: Ihre Zeit, meine Damen und Herren, die läuft ab!
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Frau Ministerin Wanka, das müssen Sie jetzt bitte noch einmal erklären. Woher kommen die Bildungsmittel des Bundes für Inklusion, die Sie erwähnt haben, und für den anderen Bereich? - Ich habe den Eindruck, dass es hier ein Missverständnis gibt. Es wäre ganz nett, wenn Sie das aufklären könnten.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Da Frau Ministerin Wanka die Zwischenfrage leider nicht zugelassen hat, will ich die zusätzliche Redezeit nutzen, um mit ein paar Punkten aufzuräumen, die sie völlig falsch und aus dem Zusammenhang gerissen dargestellt hat, meine Damen und Herren.
Erstens stelle ich fest: Die Ganztagsschulmittel sind Mittel der rot-grünen Regierung Schröder und Edelgard Bulmahn. Meine Damen und Herren, Sie haben nicht einen Cent dazubezahlt!
Im Gegenteil, wenn es diese IZBB-Mittel nicht gegeben hätte, dann wäre hier in Niedersachsen die Ganztagsschule heute noch verpönt, weil die rechte Seite des Hauses immer gegen Ganztagsschulen argumentiert hat.
Zweiter Punkt. Meine Damen und Herren, Sie machen ja jetzt in Ganztagsschule light. Aber wenn es das Bundesprogramm nicht gegeben hätte, Herr Rolfes, dann hätten Sie hier überhaupt nichts investiert, weil Sie der Ganztagsschule light immer nur eine minimale Stundenzahl zugestehen und sie nicht vernünftig ausstatten, meine Damen und Herren.
Das ist heute noch so - und das auch noch mit rechtswidrigen Verträgen!
Dritter Punkt. Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sind uns in diesem Hause sicherlich darin einig, dass Bildung der Schlüssel für höchste Chancengleichheit in der Gesellschaft, für die Weiterentwicklung des Wohlstandes und für jeden Einzelnen ist, um an der Gesellschaft teilzunehmen. Warum sperren Sie sich dann dagegen, dass diese wichtigste Aufgabe für die Zukunft unserer Gesellschaft eine Gemeinschaftsaufgabe werden soll, meine Damen und Herren?
Letzter Punkt. Die Ministerin Frau Professor Dr. Wanka führte hier in epischer Breite dozierend aus, was sie von dem Antrag der SPD zum Kooperationsverbot hält.
Sie weiß noch nicht einmal, dass seit dem Kooperationsverbot, über das wir unter diesem Tagesordnungspunkt reden, für Schule nicht mehr ein einziger Cent vom Bund an das Land fließen kann. Sie verwechselt das sogar. Was für eine Ministerin ist das denn, die doch für dieses Thema zuständig ist? Was für eine völlig durcheinander aufgestellte Landesregierung ist das?
- Herr Thümler, das muss man sich doch noch einmal auf der Zunge zergehen lassen: Wir reden über das Kooperationsverbot. Die ehemalige Ministerin trägt dazu für die Fraktion vor. Der Kultusminister weiß die Zahl, raunt seiner Kollegin am Kabinettstisch etwas anderes zu, und sie trägt hier falsch vor. Das ist das Bild der Landesregierung, das Sie hier seit Monaten abgeben, meine Damen und Herren!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Wir brauchen mehr Erzieherinnen und Erzieher in unserem Land. Die Erhöhung der Krippenplatzzahl in den nächsten Jahren erfordert immense Anstrengungen, um den Bedarf an qualifizierten Erzieherinnen und Erziehern zu decken.
Im Übrigen benötigen wir zusätzliches Personal infolge der Anforderungen an flexiblere Öffnungszeiten, z. B. bei den Einrichtungen, die Drei- bis Sechsjährige betreuen. Wir brauchen auch zusätzliches Personal in den Horten.
Schon seit Jahren weisen meine Fraktion und die Opposition in diesem Hause auf diesen Bedarf hin. Aber leider tut sich nichts.
Meine Damen und Herren, mittlerweile gehört die Erzieherin zu den Topmangelberufen. Dies bestätigt auch das Deutsche Jugendinstitut in einer Studie, wonach in Niedersachsen mehr als 5 000 Erzieherinnen und Erzieher fehlen werden. Das ist der traurige Spitzenplatz unter den Bundesländern, was die Mangelsituation angeht. Niedersachsen muss hier endlich aufholen.
Ich verweise z. B. auch auf Frau Professor Renate Zimmer vom Nifbe. Die Leiterin des Osnabrücker Instituts hat ebenfalls bereits 2010 auf den drohenden Erzieherinnenmangel hingewiesen und parallel zum Krippenausbau ein Konzept gefordert, dass entsprechende Programme zur Aus- und Weiterbildung aufgelegt werden. Doch leider ignoriert die Mehrheit dieses Hauses das Ansinnen voll und ganz, auch diese Landesregierung.
Meine Damen und Herren, diese Landesregierung will noch nicht einmal das Problem zur Kenntnis nehmen. Noch im Juni-Plenum, in der Debatte am 22. Juni 2012, sagte Herr Dr. Althusmann wörtlich: Wir haben keinen Mangel an Erzieherinnen. - Herr Althusmann, hören Sie endlich auf, diesen Mangel zu ignorieren!
- Meine Damen und Herren, auch Herr Thümler, nehmen Sie endlich die Realität wahr!
Wir haben einen extrem hohen Bedarf, und wir steuern bei den ausgebildeten Erzieherinnen und Erziehern auf eine Versorgungslücke zu. Wir erwarten daher von der Landesregierung, dass sie dieses Problem angeht. Handeln Sie endlich, meine Damen und Herren!
Wir brauchen dazu aber keine Erzieherinnenausbildung light, wie sie von einigen auf Bundesebene und zum Teil auch auf Landesebene vorgeschlagen wurde. Ich bin ganz froh, dass wenigstens in Niedersachsen nicht auf diese Vorschläge eingegangen werden soll.
Meine Fraktion schlägt Ihnen eine konzertierte Aktion mit acht Maßnahmen vor:
Erstens. Sie müssen die beteiligten Akteure an einen Tisch holen und mit privaten und staatlichen Schulen einen Kapazitätenplan für die Erzieherinnen- und Erzieherausbildung vereinbaren. Dazu sind auch die Träger der Jugendhilfe und Vertreter der Einrichtungen mit an den Tisch zu holen.
Zweitens. Sie müssen die Kapazitäten für die Erzieherinnenausbildung an den staatlichen berufsbildenden Schulen ausbauen. Sie verweigern leider zum Teil die Einrichtung entsprechender Klas
sen. Sie richten nur unter starkem Druck entsprechende Klassen ein.
Drittens. Sie müssen für die langfristige Sicherung der Ausbildung zur Erzieherin mindestens einen weiteren Studiengang für das Lehramt der Fachrichtung Sozialpädagogik in Niedersachsen einrichten.
Viertens. Sie müssen die Zahl der Studienseminarplätze für diese Lehrkräfte erhöhen.
Fünftens. Wir haben in Niedersachsen über 1 000 ausgebildete, erwerbslose Sozialassistentinnen, die leider nicht in der Lage sind, einen Zuschuss in voller Höhe für die anschließende zweijährige Erzieherinnenausbildung von der Bundesagentur zu bekommen. Sie bekommen nur zwei Drittel. Andere Bundesländer finanzieren das letzte Drittel. Niedersachsen weigert sich hartnäckig. Auch hier müssen Sie eine entsprechende Maßnahme einleiten.
Sechstens. Die Kapazitäten an den vorhandenen Schulen werden wahrscheinlich nicht ausreichen. Daher könnte man auf die Ressourcen der Berufsförderungswerke hinweisen, die man, weil dort die entsprechenden Kapazitäten vorhanden sind, vielleicht für einen Zeitraum von drei Jahren dazu benutzen könnte, um diese Sozialassistentinnen und Sozialassistenten weiter zu qualifizieren.
Siebtens. Das Land kann weitere gemeinsame Modelle mit den entsprechenden Akteuren erproben. Ich verweise nur auf ein Beispiel von BadenWürttemberg, wo eine duale Ausbildung zur Erzieherin in einem entsprechenden Ausbildungsgang von drei Jahren absolviert werden kann. Modellhaft ist das durchaus eine Überlegung wert.
Achtens. Das Ganze ist durch zusätzliche Fortbildungsmaßnahmen für Erzieherinnen zu begleiten, die in den Krippen tätig werden sollen, damit auch dort die Bedürfnisse der kleinsten Kinder ausreichend gewürdigt werden.
Meine Damen und Herren, während diese Landesregierung noch bestreitet, dass es überhaupt einen Bedarf an Erzieherinnen und Erziehern gibt, handeln wir und legen ein Konzept vor.
Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Vor dem Hintergrund der vom Kultusminister soeben gemachten Ausführungen, dass in Niedersachsen zurzeit gerade einmal 45 Menschen eine Umschulung zur Erzieherin oder zum Erzieher machen, während es allein in Hessen, wo im Gegensatz zu Niedersachsen auch noch das dritte Ausbildungsjahr mitfinanziert wird, 500 sind, frage ich die Landesregierung: Sind Sie bereit, in Niedersachsen auch das dritte Jahr der Umschulung mitzufinanzieren?
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor dem Hintergrund, dass der Kultusminister hier soeben ausgeführt hat, dass der Erzieherinnenberuf in Niedersachsen kein Mangelberuf sei und es lediglich einen Bedarf von 12 000 zusätzlichen Erzieherinnen und Erziehern in Niedersachsen gebe, das Deutsche Jugendinstitut allerdings von einem zusätzlichen Bedarf von 26 000 Erzieherinnen und Erziehern ausgeht, frage ich die Landesregierung, warum und auf welcher Basis sie zu diesen anderen Erkenntnissen kommt.
Ich frage das vor allen Dingen vor dem Hintergrund, dass am 19. Juni 2012 in den Northeimer Neuesten Nachrichten mit der Überschrift „Erzieherinnen sind Mangelware“ drei Beispiele von Einrichtungen geschildert wurden, die keine Erzieherinnen und Erzieher mehr zur Einstellung finden konnten und große Probleme bei der Vertretung haben.
Ich denke, wenn dieser Fall eingetreten ist, müsste es dem Land Niedersachsen doch möglich sein, auch das dritte Ausbildungsjahr für die Umschulung zu finanzieren.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Hinter dem warmherzigen Begriff „Betreuungsgeld“ steckt in Wirklichkeit eine kalte Fernhalteprämie.
Das Betreuungsgeld hält Kinder von frühkindlicher Bildung und Frauen von ihren Chancen am Arbeitsmarkt fern. Das, meine Damen und Herren, ist der absolut falsche Weg.
2 Milliarden Euro, die dafür jährlich nötig wären, müssen stattdessen in den Aufbau von guten Betreuungsplätzen investiert werden. Gerade hier in Niedersachsen ist das ausdrücklich notwendig.
Die Niedersächsische Landesregierung und auch die Bundesregierung wollen sich aber mit der Fernhalteprämie billig aus ihrer Verantwortung ziehen.
Hier in Niedersachsen heißt die Gleichung: 100 Euro Fernhalteprämie statt 13 000 Euro Investitionskostenzuschuss für einen neuen Krippenplatz.
Die Leidtragenden werden vor allen Dingen die Kinder sein. Gegen diese falsche Politik, meine Damen und Herren, machen wir mobil. Wir wissen die Mehrheit der Menschen auf unserer Seite.
Dabei trägt uns das Familienbild, dass sich Elternverantwortung und Kinderbetreuung nicht aus
schließen. Im Gegenteil, sie gehören zusammen. Studien wie der Familienreport 2011 - immerhin im Auftrag des Bundesfamilienministeriums - belegen, dass Kinder, die eine Krippe besuchen, später höhere Bildungsabschlüsse vorweisen.
Aber nicht nur diese Argumente und Meinungen der Mehrheit der Bevölkerung haben wir auf unserer Seite, meine Damen und Herren, sondern auch zahlreiche Politikerinnen und Politiker in der CDU und in der FDP, die mutig genug sind,
so z. B. die Bundesjustizministerin der FDP, die verfassungsrechtliche Bedenken äußert, oder der DGB und der Arbeitgeberpräsident Herr Hundt. Ich zitiere die Erklärung von Herrn Dieter Hundt am 16. April 2012:
„Ein Betreuungsgeld wäre ein neuer Anreiz zum Ausstieg aus dem Beruf und würde das Problem des Fachkräftemangels weiter verschärfen.“
Herr Hundt weiter:
„Ich fordere die Bundesregierung auf, dieses grundverkehrte Vorhaben aufzugeben.“
Recht hat er, der Herr Hundt!
Ich kann auch die Ausführungen des Vorsitzenden des CDU-Wirtschaftsrates im Handelsblatt vom 17. April 2012 zitieren, Herr Nacke:
„‚Hat denn die Politik nichts dazugelernt?’, fragt Kurt Lauk. ‚Gesamtwirtschaftlich sinnvoller wäre es, die für das Betreuungsgeld vorgesehenen Mittel für den versprochenen Ausbau des Kindertagesstätten-Angebotes einzusetzen’.“
23 Abgeordnete der CDU-Bundestagsfraktion haben gemeinsam erklärt, sie wollen das Betreuungsgeld nicht unterstützen und somit die Herdprämie nicht befürworten.
Ich kann auch die Ausführungen von Herrn Busemann von der Landesregierung in der NOZ vom 2. Mai 2012 zitieren. Bei einem Besuch des Samtgemeindeverbandes der Christdemokraten in
Lathen sagte der Minister, dass die Landesregierung sich zum Betreuungsgeld zurzeit nicht äußere. Er halte jedoch eine direkte Zahlung nicht für optimal. Das Krippensystem dürfe nicht gefährdet werden. - Das finde ich gut!
Herr Busemann ist ja mit dieser Position - das wissen wir aus vielen Gesprächen mit den Kolleginnen und Kollegen der CDU und der FDP - nicht allein in diesem Haus. Ich gucke einmal zu den Frauen in der CDU-Fraktion. Ich könnte jetzt auch einige Namen nennen. Auch bei den Herren ist das so. Als wir das Thema im Kultusausschuss behandelt haben, wollte niemand zu diesem Thema sprechen. Aber was macht dieser Ministerpräsident, der im Moment nicht anwesend ist? - Herr McAllister schlägt die Hacken zusammen, folgt seiner Parteivorsitzenden und Bundeskanzlerin und verrät damit die Interessen des Landes Niedersachsen und dessen Kinder.
Bei diesem Thema könnte sich Herr McAllister einmal bundesweit profilieren. Das würde gar nicht wehtun. Er hätte sogar eine ganze Menge Menschen an seiner Leiste.
- An seiner Seite.
- Entschuldigung, ich habe mich versprochen. Ich wollte sagen: an seiner Seite. Aber es wäre besser, er könnte hier in jedem Fall einmal Flagge zeigen und etwas für das Land Niedersachsen tun. Dafür macht er nichts. Da versteckt er sich hinter seiner Bundeskanzlerin.
Ich ziehe folgendes Fazit: Diese Landesregierung hat kein Geld für Bildung, aber jede Menge Geld für keine Bildung, meine Damen und Herren.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Da war er wieder, der Verpackungskünstler, der meinte, doch noch schönreden zu müssen, was in der Entwicklung vielleicht nicht ganz so schön gewesen ist.
Meine Damen und Herren, ich denke, man muss das eine oder andere Märchen doch aufklären oder zumindest etwas relativieren.
Ich möchte z. B. das Thema Ganztagsschule aufgreifen. Es ist gar keine Frage: Über 500 Grundschulen sind jetzt Ganztagsschule light. Das ist auch gut so. Daran sieht man, dass der Bedarf an Ganztagsschulen vorhanden ist. Aber, meine Damen und Herren, unter welchen Bedingungen müssen diese Ganztagsschulen denn tatsächlich arbeiten?
Fragen Sie einmal vor Ort, wie das mit den entsprechenden Budgets organisiert werden muss und wie sich die Kollegien zum Teil selbst ausbeuten, nur weil diese Landesregierung die Ganztagsschulen und damit auch die Grundschulen seit zehn Jahren nicht ordentlich ausstattet!
Nun zum Thema Brückenjahr. Natürlich ist das Brückenjahr weitergeführt worden - aber ohne das
Geld der Landesregierung, meine Damen und Herren! Dass die Projekte jetzt noch laufen, ist ausschließlich den Kolleginnen und Kollegen zu verdanken, die die Kooperation noch weiter aufrechterhalten. Wenn es zu einem Personalwechsel kommt, dann brechen die Kontakte sehr häufig zusammen, weil die institutionelle Förderung in diesem Bereich nicht weitergeführt wird. Das geschieht wieder auf dem Rücken der betroffenen Lehrkräfte.
Zum Thema Schulleitungen: Die neue Arbeitszeitverordnung für Schulleitungen, die Sie, Herr Althusmann, in Ihrer wunderschönen Verpackungsliste mit aufführen, sorgt für keinerlei Verbesserung für die Schulleitungen an Grundschulen. Im Gegenteil!
- In Einzelfällen ist das in der Tat möglich. Aber der Großteil der Grundschulen wird davon nicht betroffen sein.
Ferner zum Thema Schulstandorte. Hier tragen Sie wirklich das größte Märchen vor sich her. Nicht die SPD hat Tausende Grundschulstandorte geschlossen.
- Wir wissen, wie Herr Klare seine Redebeiträge hier im Plenum hält. Dazu muss ich, glaube ich, nicht mehr besonders viel sagen.
Aber eines, Herr Klare, ist doch nicht in Ordnung: Dieser Kultusminister fordert die Gemeinden und Städte auf, keine Grundschulen zu schließen, während der Innenminister sagt: Wenn du in den Zukunftsvertrag nicht hineinschreibst, dass du ein oder zwei Grundschulstandorte schließt, dann bekommst du kein Geld aus dem Zukunftsfonds. - Meine Damen und Herren, so sieht doch die Realität vor Ort aus!
Von wegen „Das Land schließt keine Grundschulen“!
Herr Althusmann hat in seinem ersten Beitrag deutlich gesagt, dass wir uns Gedanken über Mindestgrößen von Schulen machen müssen, weil wir
ja alle wollen, dass sie besser mit Ressourcen ausgestattet werden.
- Ja, das ist auch in Ordnung. Wir sind auch gerne bereit, mit Ihnen darüber zu diskutieren. Denn wir wissen genau, dass man, wenn wir die Ganztagsschule bzw. die Grundschule ordentlich ausstatten wollen, auch darüber nachdenken muss, ob man sich das an jedem Standort leisten kann oder ob es nicht sinnvoller ist, das möglicherweise in geeigneten Größenordnungen zu tun.
Das hat erst einmal nichts mit der Qualität von kleinen oder großen Standorten zu tun, sondern damit, dass man dann, wenn man wenig Ressourcen hat, darüber nachdenken muss, wie man sie sinnvoll einsetzt. Dafür haben wir Vorschläge gemacht, z. B. für Schulen im Sekundarbereich I.
Diese Vorschläge könnte man natürlich auch auf Grundschulen anwenden. Aber Sie ziehen lieber schwadronierend durch das Land und sagen, Sie schließen keine Schulen, den Schwarzen Peter lassen Sie bei den Kommunen, die ja darüber entscheiden, und Ihren Innenminister lassen Sie dann die Drecksarbeit machen. Ich denke, das ist auch nicht in Ordnung.
- Entschuldigung, meine Damen und Herren, das nehme ich zurück. Ich sage nicht „Drecksarbeit machen“, sondern: die unangenehmen Aufgaben erledigen. - Das ist unredlich.
Herr Althusmann, Sie zeigen uns hier immer nur die Außenhülle der Verpackung. Aber die Ware selbst ist nicht in Ordnung.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! An dieser Stelle passt die Frage eigentlich ganz wunderbar. Am 26. Januar war in den Northeimer
Neuesten Nachrichten unter der Überschrift - ich zitiere, Herr Präsident - „Land verlangt für Entschuldungshilfe Aufgabe der Selbstständigkeit“ - so war die Überschrift - zu lesen - ich zitiere weiter -:
„Das Land hat den Antrag auf Entschuldung der Gemeinde Kalefeld abgelehnt. Das Geld gibt es nur, wenn die Kommune mit einer Nachbargemeinde fusioniert.“
Die freiwilligen Leistungen dieser Kommune sind bereits auf unter 3 % reduziert worden, und der Bürgermeister vermutet, dass der Entschuldungstopf des Landes wohl leer sei.
„Jetzt müssen die Bedingungen verschärft werden. Die Gemeinde Kalefeld soll, koste es, was es wolle, woanders beitreten.“
So der Bericht der Northeimer Neuesten Nachrichten. Vor dem Hintergrund frage ich: Wie hat das Land die Kriterien für die Inanspruchnahme der Entschuldungshilfe verändert, wenn die Kommunen jetzt gezwungen werden, Fusionen vorzunehmen, bevor Finanzhilfe gezahlt wird?
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor dem Hintergrund, dass Herr Minister Schünemann ausgeführt hat, dass 1,4 Milliarden Euro in
den nächsten Jahren den Kommunen im Rahmen der Entschuldungshilfe und des Zukunftsvertrages zur Verfügung gestellt werden, und dass er in einer Antwort auch leichte Andeutungen gemacht hat, dass man auch darüber nachdenke, Strukturhilfemittel aus den EU-Strukturfonds da mit einzubeziehen, frage ich die Landesregierung: Wie stellt sich die Landesregierung die Finanzierung der 1,4 Milliarden Euro Entschuldungshilfe und Zukunftsfondsmittel für die niedersächsischen Kommunen vor?
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Knapp 500 Petentinnen und Petenten haben beim Niedersächsischen Landtag Petitionen mit der Bitte eingereicht, die Errichtung einer vierzügigen Integrierten Gesamtschule am Standort Einbeck zu ermöglichen. Wenn Sie heute hier lediglich beschließen, diese knapp 500 Petentinnen und Petenten über die Sach- und Rechtslage zu unterrichten, dann werden Sie sie stark enttäuschen. Es gibt nämlich vor Ort einen großen Bürgerwillen, eine Integrierte Gesamtschule in Einbeck einzurichten.
Es ist der klassische Sachverhalt: ein Mittelzentrum in Niedersachsen, im ländlichen Raum gelegen, mit über 30 Ortschaften. Es gibt einen Konsens vor Ort, dass die Haupt- und Realschulen zusammengeführt werden und sich in eine Integrierte Gesamtschule umwandeln. Leider kann in den ersten Jahren nur eine Vierzügigkeit dieser Schule nachgewiesen werden. Immerhin könnten nach einer Befragung über 100 Schülerinnen und Schüler pro Jahrgang in diese Integrierte Gesamtschule eingeschult werden. Wir sind davon überzeugt, dass es noch weit mehr würden, wenn man dieses Angebot tatsächlich zuließe.
Diese Landesregierung und die Koalition aus CDU und FDP verhindern jedoch durch die bis heute nicht nachvollziehbare Hürde von fünf Zügen faktisch die Errichtung Integrierter Gesamtschulen im ländlichen Raum. Wir werden nicht nachlassen, dafür zu kämpfen, dass auch der ländliche Raum in den Genuss dieser Schulform kommen kann, so wie es viele Eltern in Niedersachsen wünschen.
Meine Damen und Herren, im Übrigen wäre das auch einem Konsens vor Ort sehr zuträglich; denn eine vierzügige Integrierte Gesamtschule wäre auch dann möglich, ohne das vor Ort bestehende Gymnasium deutlich zu beschneiden. Somit könnte dort eine vielfältige Schullandschaft präsent sein.
Deshalb erwarten wir, dass sich schon in den nächsten Monaten einiges ändern wird. Wir wollen, dass auch im ländlichen Raum vierzügige, in Ausnahmefällen auch dreizügige Gesamtschulen zugelassen werden, und bitten, zu diesen Petitionen von knapp 500 Menschen allein aus dem Einbecker Raum „Berücksichtigung“ zu beschließen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach dem Beitrag von Herrn von Danwitz habe ich fast den Eindruck, dass die Märchenstunde zu den ersten beiden Themen der Aktuellen Stunde von heute Morgen jetzt fortgesetzt werden soll. Man merkt ja, wie die Koalition und auch der Minister versuchen, solche unangenehmen Studien entsprechend zu widerlegen.
Meine Damen und Herren, Ihr Problem ist nicht, dass Sie diese eine Studie anzweifeln müssen, die Ihnen wirklich eine schlechte Bildungspolitik bescheinigt, sondern Ihr Problem ist, dass sich Niedersachsen in jeder Studie, die im Moment in Deutschland für den Bildungsbereich auf den Markt gebracht wird, nur in den unteren Rängen wiederfindet.
(Hans-Werner Schwarz [FDP]: Wel- che Studien lesen Sie denn? Das ist doch das Problem. (Beifall bei der SPD - Christian Gra- scha [FDP]: Was ist denn mit der Schulabbrecherquote?)
Da können Sie die Bildungsvergleichstudie aus dem Jahr 2010 nehmen, Sie können den Kinderförderungsbericht der Bundesregierung, die Studie der TU Dortmund nehmen oder auch die PISAStudie 2009 nehmen. Jede Studie, die für diese Landesregierung in Sachen Bildungspolitik auf den
Weg gebracht wird, belegt eines: Sie machen eine grottenschlechte Bildungspolitik, meine Damen und Herren.