Thomas Nitz

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Last Statements

Herr Präsident! Liebe Kollegen!
Frau Peters, die Wassersportler und der Naturschutz.
Wassersportler sind Naturschützer und Naturschützer sind vernünftige Menschen, weil es vernünftig ist, die Natur zu schützen. Und weil das so ist, können wir davon ausgehen, dass vernünftige Menschen eine Lösung finden werden. Und wenn wir dazu einen Beitrag geleistet haben auch in unserer Arbeit hier, dann könnte das schon
ein gutes gemeinsames Fazit sein. Meine Fraktion wird allerdings der Beschlussempfehlung unter anderem aus diesem Grund nicht zustimmen.
Es wäre schön, wenn solche Probleme manchmal etwas schneller zu lösen wären, aber offensichtlich ist das nicht möglich gewesen. Aber es finden Gespräche statt und das ist, glaube ich, auch sehr wichtig, dass man im Gespräch bleibt, dass Verkrustungen und Verhärtungen abgebaut werden.
Wir haben manchmal gut zusammengearbeitet, wir haben manchmal auch weniger gut zusammengearbeitet. Und es gibt auch Petenten, die verstummt sind. Sie sind verstummt, nicht weil das Problem gelöst ist, sondern weil sie resigniert haben. Ich denke da insbesondere an die Opfer politischer Gewalt.
Und jetzt erlauben Sie mir noch ein paar persönliche Bemerkungen. Insgesamt ist von den Idealen des Herbstes 1989 nicht so sehr viel übrig geblieben. Ich denke, wir sind hier wie in so vielen Dingen ganz am Anfang. Ich hoffe, dass wir am Anfang sind, oder kennen Sie Forderungen der Wendezeit nach uneingeschränkter Macht des Geldes, nach Ellenbogenmentalität? Kennen Sie Forderungen aus der Wendezeit nach Parteiengezänk als Selbstzweck, nach gegenseitiger Verletzung in der politischen Auseinandersetzung und Ehrabschneidung? Kennen Sie Forderungen nach der Arroganz der Macht in mancher Amtsstube,
nach Spendenskandalen, nach Korruptionsaffären, nach neuen Seilschaften auf diesmal dem polierten Parkett der Empfänge oder in elitären Clubs? Kennen Sie Forderungen aus der Wendezeit nach Kriegseinsätzen deutscher Soldaten im Ausland oder Forderungen nach Lauschangriff und Rasterfahndung oder nach skandalösen Befugnissen der Ordner bei unglaublicher Willfährigkeit des Volkes, wie es der Präsident der Akademie der Wissenschaften, Professor Simon, beschreibt?
Ich habe solche Plakate nicht gesehen und solche Forderungen nicht gehört, wohl aber nach Dialogen. Darin steckt Respekt, Toleranz und Solidarität. Ich habe Forderungen nach Freiheit gehört, nach Meinungsfreiheit, nach Pressefreiheit. Ich habe Forderungen gehört nach Gerechtigkeit – das ist weit mehr, als bloße Rechtsstaatlichkeit –, nach Menschlichkeit, nach Menschenwürde, nach Wahrhaftigkeit und Vertrauen. Und manchmal scheint es mir, als bräuchten wir erneut ein Neues Forum, ein Forum, wo man kulturvoll miteinander umgeht, ehrlich ist und fair bleibt. Möglicherweise kann ein neuer Landtag so einem Forum etwas näher kommen.
Als ich im Herbst 1998 hier das zweite Mal im Landtag angetreten bin, fand ich in meinem Postfach eine Karte mit guten Wünschen, ohne Namen, ohne Absender, und da stand drauf: „Und bleiben Sie in jeder Hinsicht gesund.“ Ich wünsche Ihnen, bleiben Sie in jeder Hinsicht gesund. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch dieser Bericht spiegelt die Problemlage des Landes wider. Die statistischen Verschiebungen kann sich jeder angucken. Ich denke, sie entbehren einer gewissen Logik nicht. Es gibt auch erfreuliche Komponenten von Beschwerden, und zwar haben wir eine steigende Anzahl, die den Naturschutz betreffen. Das Erfreuliche dabei ist, dass sich sowohl Naturschützer als auch Naturnutzer zu Wort melden als Zeichen dafür, dass Bürger mitgestalten wollen. Und ich denke, gerade in diesen Fällen sollte die Landesregierung das auch als Angebot verstehen.
Bitte? – Tut mir Leid, also ich würde gerne darauf antworten, aber dann müsste ich es auch richtig verstehen.
Insgesamt jedoch ist die Problemlage im Land nahezu konstant. Und deshalb noch mal der Appell an die Verantwortlichen, die aufgeworfenen Probleme, besonders, wo sie sich verdichten, ernst zu nehmen und nicht abzublocken, und deshalb nochmals die Forderung, schriftlich und verbindlich dazu Stellung zu nehmen. Es kann unter anderem nicht sein, dass Verwaltungsverfahren vier Jahre dauern, die Entwicklungen lähmen und Menschen verschleißen.
Ein zentrales Thema war die Beseitigung von Ausgrenzung, Ausgrenzung von Ausländern, Aussiedlern, Behinderten
und anderen Randgruppen,
ein Wort, das ich nicht mag.
Und in der Tat haben wir hier ein schlimmes Problem unserer Gesellschaft deutlich gemacht. Wenn man Denkweisen und Redensarten analysiert, auch manchmal die eigenen Gedanken, dann weiß man, dass wir, gerade was Selbstverständlichkeiten im Umgang miteinander, im Leben nebeneinander betrifft, ganz am Anfang sind. Die Bereitschaft, Menschen, die an sich als anders angesehen werden, als anders aussehend, als anders denkend, diese Menschen auszugrenzen, ist leider sehr groß.
Und wenn ich sehe, dass zum Beispiel Asylbewerberkinder aufgrund läppischer Versicherungsfragen nicht in den Hort gehen dürfen, dann fehlt mir auch jegliches Verständnis. Heime liegen manchmal mit allem, was es dann logischerweise an Folgen gibt, mitten im Wald. Und gerade auch infolge des 11. September stehen Bevölkerungsgruppen unter Generalverdacht, was sicherlich auch nichts mit Integration zu tun hat, sondern, im Gegenteil, Ursachen für neue Konflikte legt.
Große Arbeit liegt noch vor uns bei der Integrationsförderung für Menschen mit Handicaps. Hier mag auch die Kommunalisierung der Sozialhilfe in diesem Bereich förderlich sein, denn Integration ist nicht nur menschlicher, sondern meistens auch sehr viel billiger,
als wenn man Behinderte oder Pflegebedürftige vielleicht vorschnell aus fiskalischen Erwägungen oder kommunalfiskalischen Erwägungen in Heime steckt, die dann – wie ich schon sagte – auch sehr integrativ oftmals dann noch irgendwo im Wald liegen. Das ist bei Behinderten in der Tat auch manchmal so.
Abschließend noch ein Wort zum Umweltschutz. Die Zurückhaltung der Verwaltung gegenüber der Wirtschaft wird angesprochen. Das ist sicher oftmals durch den Abwägungsprozess bedingt: Arbeitsplätze – Wachtelkönige, Wachtelkönige – Arbeitsplätze. Was nicht sein kann, ist, dass nur der Kleine kontrolliert, schikaniert und bestraft wird und die Großen nicht angefasst werden. Ich sage Ihnen mal ein Beispiel: Wenn Sie die Antifoulinganstriche von Sportbooten nehmen, ab 20 Metern Wasserlinie kann jeder darunter schmieren, was er will. Hier werden in der Tat nur die Kleinen zur Verantwortung gezogen, gegriffen und bestraft. Und es ist immerhin so, dass ein Containerfrachter etwa so viel Unterwasserfläche hat wie 1.500 Yachten. Darüber sollte man mal nachdenken! – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, ich muss ein wenig Wasser in den Wein gießen,
denn man kann mit Mehrheit kein schönes Wetter beschließen.
Und ich meine, Beschlüsse, die Tatsachen ignorieren, entsprechen nicht dem Fairplay, das Demokraten miteinander verabredet haben. Ich warne vor einer weiteren Zunahme von politischen Entscheidungen im Petitionsausschuss.
Liebe Kollegen von SPD und PDS, Sie gehören den regierungstragenden Parteien an. Und gerade, wenn es
um Petitionen geht, bei denen Landesbehörden betroffen sind, dann sind Sie in der Situation, Ihre eigenen Leute möglicherweise kritisieren zu müssen. Das kann im Einzelfall problematisch sein, das kann auch Konflikte geben, das ist alles verständlich, aber es darf nicht zum Prinzip des Handelns werden.
Ich sage noch etwas dazu. Ich sage noch etwas dazu.
Und ich sage das auch ganz ruhig mit Blick auf die vergangene, auf die vorhergehende Legislaturperiode, als die Mehrheitsverhältnisse anders waren.
Und Sie beleidigen ja letztendlich auch die Regierung, wenn Sie meinen, Kritik unterdrücken zu müssen und Fehler schönzustimmen.
Denn wenn wirklich jemand an seine Sache glaubt, dann wird er auch mit Zweifeln fertig. Ansonsten muss man an der Überzeugung zweifeln.
Ich nenne Ihnen mal ein Beispiel, zu Ihrer Freude die Wassersportler: Es wurde gesagt, bezüglich der Kernzone des Nationalparks gibt es keine Ausnahmeregelung. Abgestimmt, Mehrheit, Thema durch. Sie haben Tatsachen ignoriert. Sie brauchen nur in die Karten zu sehen und in die Gesetzblätter. Paragraph 8 der Nationalparkverordnungen regelt Ausnahmen, Paragraph 7 der Befahrensregelungen regelt Ausnahmen. Die Ausnahmen gibt es ganz selbstverständlich, wenn es um Bestandsschutz geht. Die gibt es zur Beseitigung unbeabsichtigter und unsinniger Härten ebenso selbstverständlich. Aber wir stimmen im Ausschuss, es gibt in der Kernzone keine Ausnahmeregelung – Punkt, Thema durch! Und das kann nicht sein.
Wenn es so ginge, wie Sie das dort praktizieren, dann würde es die Gespräche zwischen Wassersportlern und Naturschützern …
Ja, ich bin bei den Wassersportlern, weil das ein Thema ist, was so offensichtlich Tatsachen einfach ignoriert.
Wir hatten mehrfach darüber gesprochen, über die ganzen sicherheitsrelevanten Dinge, die dem Naturschutz nicht wehtun. Es wird einfach ignoriert. Und das kann es nicht sein.
Wenn in anderen Fällen, beispielsweise bei Personalangelegenheiten, Unregelmäßigkeiten auftreten – ich will das gar nicht vertiefen –, dann steht am Ende ganz
unzweifelhaft fest, es hat diese gegeben. Wie schwer, sei dahingestellt, aber es gab sie, das war unstrittig. Mehrheitlich abgestimmt, Abhilfe ist nicht nötig, es ist alles in Ordnung.
Und das kann es nicht sein.
Bitte?
Das ist richtig,
aber wie viele Petitionen beschäftigen uns,
die auf ein Problem hinweisen, das nach wie vor besteht. Und da ist dann Abhilfe eben doch nötig.
Ich sage auch dazu noch etwas. Einen kleinen Moment!
Was bitte? – Regt euch doch nicht so auf, Menschenskind!
Ich sage aber noch mal ganz deutlich für die Arbeitskreismitglieder der CDU: Wir sind keine Statisten und wir übernehmen auch keine Alibifunktion.
Wenn das so gewollt ist, dann stellt sich ganz deutlich die Frage nach dem Sinn unserer Arbeit. Und wir prüfen derzeit, einen Änderungsvorschlag zum Paragraphen 4 Absatz 1 des Petitions- und Bürgerbeauftragtengesetzes zu machen. Das Problem nenne ich auch jedes Mal, weil es uns seit Jahren hier beschäftigt. Und das werde ich auch so lange sagen, wie es uns noch weiter beschäftigt. Dieser Absatz besagt, dass die Petenten zur Behandlung von Petitionen mit eingeladen werden können. Aus dieser Kannbestimmung wollen wir eine Sollverpflichtung machen, so dass man im begründeten Einzelfall davon absieht, aber in der Regel die Petenten einlädt. Die Argumente sind auch ausgetauscht.
Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte beim letzten Satz von Frau Müller ansetzen, es regeln sich eben viele Dinge nicht von alleine. So auch in diesem Fall.
Ich habe eine etwas längere Redezeit beantragt, damit wir möglichst – vielleicht auch abweichend von den mit viel Fleiß erarbeiteten Statements – ins Gespräch kommen können. Ich möchte Ihnen zu Anfang etwas vortragen, was Petenten über uns denken. Ich möchte bitten, dass sich niemand persönlich verletzt fühlt, denn von Irrtum und Schuld ist keiner frei, auch nicht mit Mehrheit. Also bitte ich um Aufmerksamkeit für den Brief, den ich Ihnen jetzt vorlesen werde:
„Der Petitionsausschuss hat sich abschließend am 07.11. mit meinem Anliegen befasst und festgestellt, dass die Formalismen abgearbeitet wurden. Inhaltlich wurden seitens der Fachministerien die stereotypen Begründungen wiederholt. Ich wurde zu keinem Zeitpunkt in die Bearbeitung einbezogen, alles wurde hinter verschlossenen Türen behandelt. Kann das der übliche Umgang mit Bürgern, die sich wie ich fachkundig um Ökonomie und Ökologie sowie verkehrlich günstige Lösungen bemühen, sein, oder sind wir nach ,Glasnost und Perestroika‘ wieder da, wo wir mal waren? Auf Grund meiner jahrelangen einschlägigen Tätigkeit kann ich mir sehr wohl ein Bild über die fachliche Seite meiner Petition machen und kenne Arbeits- und Denkweise in Behörden, so dass mich das auf diese Weise erreichte Ergebnis nicht verwundert. Die Zeche zahlen die Bürger dieses Landes, die diese gigantischen Lösungen erhaltend finanzieren müssen,... Auf Grund des Umfanges der angesprochenen Problematik hätten sich die gewählten Abgeordneten“, die vielleicht auch mal zuhören könnten,...
Wenn Sie vielleicht auch mal zuhören könnten!
... „nach meiner Auffassung intensiver und vor Ort befassen müssen. Die Behandlung, die mir bisher widerfuhr, ich habe sehr viel Arbeit investiert, ist empörend und hoffentlich nicht symptomatisch. Ich handele nicht aus Eigennutz oder Rechthaberei, das ergibt sich schon aus dem Thema! Ich bitte Sie, das Anliegen wieder aufzugreifen und mich in die Abarbeitung einzubeziehen“ – das ist vielleicht der wichtigste Satz in diesem Brief: „und mich in
die Abarbeitung einzubeziehen“ – „oder mir zu erklären, dass die Wende lange zurückliegt und Bürger sich gefälligst um ihren Kram kümmern sollen, weil der Staat, die geballte Fachlichkeit der Behörden, immer Recht hat. In der Hoffnung, im Interesse dieses Landes zumindest angehört zu werden, verbleibe ich mit freundlichen Grüßen“.
Ich empfehle allen, sich diesen Brief mal zu besorgen – er ist weder geheim noch vertraulich – und sich dann die Frage zu stellen, wie man das mit seinem Anspruch hier in der Politik vereinbart. Ich denke, egal welcher politischen Überzeugung man ist, auf solche Dinge muss man reagieren.
Und nun zum Eigentlichen: Wir wollen heute eine Petition abschließen, die uns dem Grunde nach seit 1997 in verschiedenen Vorgängen begleitet. Es geht um das Konfliktfeld Wassersport und Naturschutz, im Grunde der Konflikt, den einheimische Investoren und Touristen so erleben, dass Aussperrungen, Arbeitsplatzverlust und Abwanderung die Folge sind und, was am meisten aufhorchen lassen sollte, dass dabei auch noch der Naturschutzgedanke, Dr. Klostermann, zerstört wird. Und ich sage Ihnen das als Naturfreund, der das sachliche Anliegen der Nationalparke, der Naturschutzgebiete, der Landschaftsschutzgebiete, sogar der Befahrensordnung und auch der FFH-Richtlinie mitträgt, genau wie auch – hören Sie auf den Titel der Initiative, die hier die Petition gemacht hat – „Wassersport pro Natur“. Was immer wieder verkannt wird, der Wassersport ist der natürliche Partner des Naturschutzes.
Und man muss auch mal überlegen, wem der Erhalt des Naturreichtumes gerade in der wilden Zeit nach der Wende, gerade in den Gebieten, die heute gesperrt sind, wem das maßgeblich zu verdanken ist. Für die Segler beginnt die Freiheit auch heute in vielen Fällen hinter der 3-Meilen-Zone.
Was mich bei der Sache am meisten stört, ist, dass auch hier eine Beteiligung der Petenten bei der Lösung der Petition nicht erfolgt ist. Wir haben es immerhin mit 27 Wassersportverbänden zu tun mit über 5.200 Mitgliedern, da kann man auch die Familienmitglieder hinzuzählen, die sind alle mitbetroffen. Und diese Wassersportler werden seit 1997 mit Allgemeinplätzen abgewiesen, immer wieder, wie „Es gibt keinen neuen Sachstand“.
Am Ende, okay? Gut.
Es gibt keinen neuen Sachstand. Ja, woher soll denn der Sachverstand auch kommen?
Ja, am Ende. Das dauert aber noch ein bisschen.
Wir haben vorhin von Sportförderung gesprochen. Ich erinnere bloß mal an dieser Stelle daran. Und bei dieser Petition geht es um ganze fünf Vorschläge. 33 Vorschläge wurden gemacht, nicht ein einziger wurde umgesetzt, fünf sind übrig geblieben. Ich kann das gerne mal vortragen, um was es geht. Das ist einmal der Schwarze Peter als Liegeplatz. Dann ist es ein kleines Stück auf dem Ufer
streifen, Außenstrand Hiddensee, nördlich Gellen. Dann ist es die Reede am Bock, wo man durch das Versetzen einer Tonne innerhalb einer Tiefwasserrinne wesentlich mehr Ankerplätze erreicht. Dann sind es die Verengungen im Fahrwasser, die auch sicherheitsrelevant sind, dazu lese ich gleich einige Sachen vor. Und dann ist es die Regelung in der Harving, wo man einen kleinen Uferstreifen, der von Land frei begehbar ist und der auch für Segelfahrzeuge nutzbar ist, für Motorboote öffnet.
Lassen Sie mich bitte einiges zitieren. Die Initiative Wassersport pro Natur: „Dann das Totschlagargument, daß es neben den Nutzerverbänden auch Schützerverbände gebe, denen, ,die vorgenannte Verordnung schon viel zu weit gehe.’ Darin steckt wohl die Drohung, wenn ihr nicht stille seid, bleibt ihr ganz zu Hause?“
In der Stellungnahme des Wasser- und Schifffahrtsamtes ist zu lesen: „Die vom Deutschen Sportbund beantragten Verbesserungsvorschläge dienen der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs, da größere Flächen im Nationalpark genutzt werden können.“
Die Weiße Flotte dazu: „Durch diese Festlegung werden für alle Verkehrsteilnehmer in diesen engen Fahrwassern aufgrund der Dichte der Belegung Gefahrensituationen provoziert, die nicht vertretbar sind.“
Ich habe auch von der Wasserschutzpolizei einiges. Da kann man dann lesen: „Im Laufe der Zeit bringen das Leben mit dieser Verordnung und die daraus resultierenden Erfahrungen verbesserungswürdige und verbesserungsbedürftige Hinweise mit sich.“ Und sie haben als Schwerpunkte herausgearbeitet die Verengung im Fahrwasser Hiddensee, das Befahren der Schutzzone II mit Motorbooten an der westlichen Außenküste von Hiddensee. Aus Sicht der Wasserschutzpolizei ist die künstliche Verengung im Fahrwasser Hiddensee, welche aus Kartenblatt und so weiter zu entnehmen ist, nicht gerechtfertigt und für die prognostische Entwicklung des zu erwartenden maritimen Tourismus im Bereich hinderlich. „Diese Verengung des Verkehrsraumes lässt kaum Ausweichmanöver zu und führt somit zu latenten Verkehrsgefährdungen. Es ist in gewisser Hinsicht nur der Umsicht aller in diesem Bereich fahrenden Schiffsführer zu verdanken, dass es hier noch zu keinen schwerwiegenden Unfällen gekommen ist. Jedoch ist eine ständige latente Gefahr vorhanden, welche nicht herausgefordert werden sollte.“ Das schreibt die Wasserschutzpolizei dazu.
Ich zitiere einen Bericht des Ruderclubs: „Himmelfahrt 1998 fuhren wir mit drei Ruderbooten, Tiefgang 15 Zentimeter, Freibord 0,5 Meter, von der Vittower Fähre kommend bei nordwestlichem Wind in Richtung Halbinsel Bug/Fischerhaken, um Wind- und Wellenschutz zu erhalten. Circa 1.000 Meter vor dem Ufer wurden wir von Parkwächtern in einem schweren Schlauchboot mit Außenbordmotor angewiesen, in die Fahrrinne zurückzukehren. Anschließend konnten wir erleben, wie diese Naturschützer mit relativ hoher Geschwindigkeit über das Flachwassergebiet hinwegfuhren, wo wir mit unseren Booten sicher keinen Schaden anrichten, diese es aber richtig durchpflügten.“ Wohlgemerkt, das sind Ruderboote. Wenn man gerade mit Ruderbooten mit Kindern unterwegs ist, weiß man ganz genau, bei schlechtem Wetter muss man unter Land oder man kann es nicht mehr tun.
Der Yachtclub Strelasund schreibt: „Die Rechtlosigkeit des Wassersportes gegenüber Maßnahmen des Naturschutzes und die Erkenntnis, in der Folgezeit unsere Wassersportgebiete der Ermessungswillkür des Naturschutzes zu unterwerfen, machen die Richtlinien zum Alptraum.“
In „Wassersport und Wirtschaft“, Nummer 1 dieses Jahres können wir lesen: „Die Charterverträge gingen um 40 Prozent“ – um 40 Prozent, das ist fast die Hälfte – „gegenüber dem Vorjahr zurück. Messestände des Landes blieben geradezu verwaist.“
Und zum Schluss zu diesem Thema einen Auszug aus einer Stellungnahme des BUND, des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschlands: „Einig waren sich die Teilnehmer aus Tourismus-, Segler-, Motoryacht-, Angler-, Jagd- und Umweltverbänden über notwendige und sinnvollere Regelungen zum Erhalt der einzigartigen Natur in Mecklenburg-Vorpommern. Zukünftig sollen dabei die Erfahrungen der Nutzer besser einbezogen werden. Jedoch auch die Umweltverbände wollen bei Gefahren für den Naturschutz frühzeitiger mit den Nutzerverbänden in Kontakt treten. Das wollen wir auch.“
Große Mühe gab man sich zu begründen, warum das uralte Angelrevier Werderbucht-Aue ganzjährig gesperrt sein muss. Lesen Sie bitte die fünf Seiten dort selbst und urteilen Sie, nachdem Sie mit den Nutzern, insbesondere auch bei der Bootshafengemeinschaft Wendisch-Langendorf, gewesen sind, mit denen mal gesprochen haben, sich das mal angesehen haben. Also, mit solchen Argumenten könnte man jeden Parkplatz zum Biotop machen.
So viel zur Sportförderung.
Ganz klar noch einmal an dieser Stelle: Wenn der Petitionsausschuss Erfüllungsgehilfe der Behörden ist, wenn er Petenten nicht in die Problemlösung einbezieht und wenn ihm die Wege im Land zu weit sein sollten, dann hat er keine Existenzberechtigung mehr. Und ich denke, das, was ich Ihnen vorgetragen habe, ist eigentlich Grund genug, sich diese Petition noch einmal genau anzugucken, zu gucken, ob es irgendwo Kompromissmöglichkeiten gibt. Deshalb liegt dieser Änderungsantrag von der CDU vor. Ich bitte Sie, uns hierbei zuzustimmen und diese Petition dann wohlwollend weiter mit zu bearbeiten und nicht heute abzuschließen. – Herzlichen Dank.
Ja.
Mag sein, dass manchmal Petenten verwirrt sind. Aber wenn Petenten verwirrt sind, dann liegt das wahrscheinlich in erster Linie mal an uns.
Und zum anderen, wenn man immer nur über die Leute redet, aber nicht mit den Leuten, dann, denke ich mal, wird man immer nur ein einseitiges Ergebnis bekommen. Denn es ist ja so, wir unterhalten uns mit den Behörden, wir lassen die Behörden durch Behörden überprüfen und wir haben dann meistens die gleichen Begründungen. Uns fehlt einfach die andere Seite, die sagt, nee, nee, so ist das nicht gewesen. Das ist in ganz vielen Fällen so gewesen. Das ist doch eine Erfahrung aus unserer Arbeit, dass wir ohne Einbeziehung der Betroffenen überhaupt kein objektives Bild bekommen können.
Ja.
Nein, das habe ich eben so nicht gemeint. Ich meine, wir reden schon über die Angelegenheiten der Leute. Natürlich, wir reden über ihre Angelegenheiten, aber ohne sie. Dann nehmen Sie es mal so. Wir können doch nicht über Dinge reden, regelhaft, regelhaft, darum geht es, dass wir regelhaft über Dinge reden, die andere betreffen, und diejenigen, die es betrifft, sind nicht dabei. Vielleicht ist es so verständlicher.
Frau Peters, ich habe eigentlich zwei Fragen. Die erste Frage ist: Woraus haben Sie geschlossen, dass meine Rede eine Antinaturschutzrede ist?
Die zweite Frage ist: Sie sind selber Rüganerin. Ich gehe mal davon aus, Sie kennen das Fahrwasser nach Hiddensee. Und Sie finden die Regelung, so, wie sie jetzt besteht, mit den Engstellen in Ordnung?
Wer ist denn Ihrer Meinung nach der Petent?
Ja, ja.
Also, ich denke mal, über Fairness zu sprechen, nachdem man dort die Leute wie die dummen Kinder behandelt, seit Jahren, das finde ich dann auch gewagt. Ich möchte noch einmal klarstellen, ich habe keine Antinaturschutzrede...
Bitte? Ich habe es jetzt nicht verstanden.
Ich habe keine Antinaturschutzrede gehalten. Ich habe nur über Dinge gesprochen. Das sind Marginalien. Es sind 33 Verbesserungsvorschläge gemacht worden, von denen ist nicht einer umgesetzt. So viel zu Kompromissen. Und es sind fünf Dinge übrig geblieben. Und das sind wirklich Marginalien. Und ich habe Ihnen die Sicherheitsrelevanz vorgetragen, von der Wasserschutzpolizei
über das Wasser- und Schifffahrtsamt, über die Berufsschifffahrt, und Sie sagen, das ist in Ordnung, das können wir zu den Akten legen, da können wir nicht helfen. Muss denn immer etwas passieren oder was ist hier los?
Na ja, bloß das regt einen doch auf. Das liegt doch auf der Hand. Ich zitiere hier etwas. Es wird vollständig ignoriert.
Es ist einfach kein neuer Sachstand, weg damit. Das kann doch nicht sein. So kann man doch nicht arbeiten als Ausschuss!
So viel auch zur Bürgernähe.
Und ich meine, wenn man so arbeitet, dann ist es vielleicht auch besser, wenn die Bürger draußen bleiben, ansonsten kann man sich hier nur blamieren. – Danke.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir bringen heute 50 Petitionen zum Abschluss und – ich sage es vorher – wir haben gut und auch relativ ideologiefrei zusammengearbeitet. Demzufolge kann sich meine Fraktion bei dieser Beschlussempfehlung auch ruhigen Gewissens der Stimme enthalten.
Gestatten Sie mir einige Bemerkungen zur Arbeit des Petitionsausschusses insgesamt, vielleicht als einen kleinen Blick über die Schulter und auch zu aktuellen Problemen, die uns im Augenblick beschäftigen.
Da waren junge Leute, die nahmen ihr Erspartes, borgten sich Geld und halsten sich sozusagen eine dieser vielen Ruinen, die noch im Lande stehen, auf und erwarteten eigentlich Unterstützung, Unterstützung der Behörden, insbesondere der Denkmalbehörden, sowohl der unteren Denkmalbehörde als auch der Landesbehörde. Was sie erfuhren, das war ein bürokratischer Aufwand, der fast nicht mehr zu überbieten ist. Was dabei zutage kam, war auch ein unheimlich schlechtes Zusammenspiel der Behörden. Aber ich sage das nur aus einem Grunde: Wir hätten nichts darüber erfahren und wir wären nicht näher ins Problem eingestiegen, hätten wir die Petenten dazu nicht eingeladen.
Unser Vorschlag dazu ist: Wir sollten das grundsätzlich tun. Wer nicht dabei ist, wenn über ihn geredet wird, der hat auch nicht die Möglichkeit, Dinge richtig zu stellen. Auch wir erfahren regelmäßig nur die Hälfte. Ich halte es auch für falsch, diese Dinge im Einzelfall jeweils erst beschließen zu müssen. Im Gegenteil, wir sollten beschließen, wenn wir es nicht tun, und grundsätzlich den Petenten auch die Möglichkeit geben, wenn über ihre Angelegenheiten verhandelt wird, dabei zu sein. Der Landtag und der Petitionsausschuss müssen ein offenes Haus sein.
Das war mein Anliegen, was ich Ihnen noch vortragen wollte. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Der Sechste Bericht trägt erneut eine Handschrift – und das ist gut so. An der Problemlage im Land, die der Bericht bekanntlich widerspiegelt, hat sich nichts geändert. Das konnte auch nicht erwartet werden. Es kann sich nämlich nichts ändern, wenn alles so schön unverbindlich bleibt. Eine Problemdarstellung ohne ernsthafte Anstrengungen zur Behebung nutzt wenig. Deshalb wiederhole ich gern die Forderung nach schriftlicher Stellungnahme und einem Bericht zu den einzelnen Punkten in einem angemessenen Zeitraum
wie auch die Forderung nach der Pflicht, auf die Einlassung der Bürger, ebenfalls in angemessenem Zeitraum, zu antworten.
Zwei Einzelprobleme lassen Sie mich bitte kurz ansprechen: In einem Fall ist seit wenigstens eineinhalb Jahren – der Fall war in ähnlicher Weise schon im Petitionsausschuss – immer noch ungeklärt, in welcher Weise die Tagespflegebeiträge auf die Sozialhilfe anzurechnen sind, ein aus meiner Sicht sicher lösbares Problem.
Als weiteres Problem auch dieses Landes sind angesprochen Intoleranz und Fremdenfeindlichkeit. Das ist nicht nur ein menschliches Problem. Ich will noch mal kurz beschreiben, dass es auch ein sehr ökonomisches Problem sein kann: In einer kleinen verträumten Stadt wurde eine Gruppe Ausländer – in dem Fall waren es Asiaten, ich mag nicht sagen, waren es Japaner, waren es Koreaner, es waren Asiaten –, angeglotzt, angepöbelt und am Ende auch noch verschärft kontrolliert, also staatlich sanktioniertes Misstrauen demonstriert. Ja, und von dieser Investorengruppe sah und hörte man natürlich dann nichts mehr. So weist dann auch der Bericht anhand von Zahlen auf das Problem hin. Als Königswege zur Lösung wurden Aufklärung, Bildung, vor allen Dingen Thematisierung an Schulen, und Werbung für Toleranz angegeben.
Als wichtig wurden auch das Problem der Integrationsförderung und die Beseitigung von Diskriminierung angesprochen. Ich füge hinzu: Auch Angst und Unsicherheit müssen beseitigt werden, denn gerade Angst und Unsicherheit führen dazu, dass man versucht ist, sich über andere zu erheben und Sündenböcke für eigenes Versagen zu suchen.
Bedrückend, wohl aber sehr real ist, wie im Vorwort zu lesen, dass bei Bürgern der Wunsch besteht, ernst genommen und angehört zu werden. Meine Damen und Herren, solche Wünsche hatten wir vor 1989 auch. Ich zitiere aus dem Vorwort: „Oft empfinden die Bürgerinnen und Bürger eine tiefe Kluft zwischen sich selbst und der Verwaltung, zwischen sich selbst und der Politik. Angesichts komplizierter gesetzlicher Regelungen und noch komplizierterer Sprache in den Amtsstuben entsteht ein Gefühl der Unterlegenheit und Ohnmacht. Die Bürger kommen mit der Erfahrung, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung ihren Wissensvorsprung nicht einsetzen, um eine Lösung im Interesse des Bürgers zu finden. Demokratie und Rechtsstaatlichkeit werden dann – wider besseres Wissen – nicht als Wert erlebt.“
Verwaltungsallmacht und damit verbundene Arroganz machen die Gemeinschaft freier Bürger zunichte, ehe sie entsteht. Ohnmachtsgefühle schaffen quasi als sich selbst bewahrende Prophezeihungen den Obrigkeitsstaat neu. Und das kann ja wohl nicht gewollt sein. In der festen Überzeugung, dass man über solche Feststellungen nicht hinweggehen kann, fordern wir von hier aus, alles zu tun, um die Bürgerrechte zu stärken.
Das heißt auch, dass alle Aktivitäten, die von diesem Landtag ausgehen, diesbezüglich auf den Prüfstand gestellt werden. Zuallererst aber möchte ich noch einmal Verbindlichkeit fordern, auch wenn das möglicherweise wieder einmal Papier bedeutet, aber was geschrieben
steht, das drückt nun mal mehr und das soll es auch. – Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen! Der SPD-Bundestagsabgeordnete Rolf Schwanitz wies in einer schriftlichen Anfrage die Bundesrepublik darauf hin, dass die argentinische Regierung mit dem Gesetz 24043 den Opfern politischer Haft – und jetzt hören Sie zu, weil wir so sehr viel über Mittel reden, und wir sind ja so ein armes Land – umgerechnet 4.200 DM pro Haftmonat zugesteht und den Hinterbliebenen sogar noch eine erhöhte Entschädigung.
Sehr geehrter Herr Minister Sellering, es geht nicht um finanzielle Wiedergutmachung. Ich glaube nicht, dass irgendjemand ermessen kann, was dort wirklich kaputtgemacht wurde. Das Geld ist in der Tat nur symbolisch materialisierte Hilfe, materialisierte Anerkennung und setzt ein Zeichen. Und ich denke, wir reden gern und oft über Zivilcourage, fordern Zivilcourage und fördern, dass man mit dem breiten Strom schwimmt. Ich will Ihnen versuchen zu erklären, warum Sie eigentlich gar nicht anders können, als hier zuzustimmen, auch wenn alles richtig wäre, was bisher gesagt wurde.
Wer als Schüler verfolgt wurde, leidet oftmals heute noch. Und dass die Politik bisher versagt hat an dieser Stelle, das stellt ja gar keiner in Abrede. Nur dass wir selbst bei diesem Thema bei Schuldzuweisungen bleiben, anstatt zu gucken, wie man dort weiterkommt, das erschüttert mich eigentlich sehr. Hier muss ganz einfach an dieser Stelle korrigiert werden und jemand muss diese eigentlich schon seit längerem anstehende Forderung der Opferverbände einbringen und wir tun das hier sehr gerne. Der Zeitpunkt ist auch deshalb gut und günstig, weil derzeit das 3. SED-Unrechtsbereinigungsgesetz im Bundestag am 17. oder 16. Juni, wenn ich richtig informiert bin, behandelt wird. Auch da ist es wichtig, von hier aus ein Zeichen zu setzen.
Es gibt sehr viele verschiedene Einzelschicksale mit den unterschiedlichsten Auswirkungen, die alle davon gekennzeichnet sind, dass die Benachteiligung bis heute fortwirkt. In vielen Fällen sind diese Menschen bereits anerkannt als Opfer politischer Willkür, gesellschaftlicher Irrtümer, aber sie erhalten nichts. Es ist eine Lücke im Gesetz, genau wie ich es gestern auch im Zusammenhang mit den Zwangsausgesiedelten und den Zivildeportierten jenseits von Oder und Neiße gesagt habe.
Es muss noch mal wiederholt werden: Es geht hier nicht in erster Linie um Geld.
Und auch die Summe wäre nach den bisherigen Einschätzungen und Erkenntnissen, die es durchaus gibt, überschaubar. Erinnert sei noch mal: Argentinien als nicht so reiches Land wie Deutschland gewährt eine weitaus höhere Summe als wir.
Ich möchte jetzt auch nicht weiter über Indikatoren und Modalitäten sprechen. Das hieße wahrscheinlich, den Rahmen zu sprengen. Aber, liebe Kollegen, gestatten Sie
mir, Ihnen eine einfache Geschichte einfach vorzulesen, die ist aktueller, als Sie denken: Man stelle sich einen Schulhof vor, Krawall, Fröhlichkeit, Gerangel, kurz: Lebensfreude. Abseits ein kleines Mädchen, mal ist ein kleiner Junge dabei, der Bruder. Sie sind immer allein. Ihr Glaube ist stärker als die allzu deutsche Eigenschaft, sich anzupassen. Das ist unwissenschaftlich und zurückgeblieben, sagt man. Manche lachen sie aus. Das müssen wir fördern, das Auslachen, sagt der Apparat. Er hat es getan. Er hätte es gar nicht tun müssen. Sie waren so eifrig, die Lacher, beim Ausgrenzen. Schwester und Bruder wurden ausgelacht, sie sind zurückgedrängt, zurückgeblieben, eiskalt zurückgelassen worden,
staatsfern abgesondert, in eine Oppositionsrolle gedrängt, die oft gar nicht gewollt war, immer verdächtigt, immer hinterfragt. Die anderen marschierten die gut gelernten markigen Lieder singend an ihnen vorbei. Sie sagen heute, es war nicht so schlecht, das Singen, das Laufen, das Fußball spielen und das Schwimmen im Klassenkampf. Wir waren doch wer. Man war doch eine große Gemeinschaft. Der Einzelne musste sich einfügen, sich unterordnen, erst mal was leisten, also die Klappe halten, die Zähne zusammenbeißen, nur nicht denken. Es ging ja schließlich allen so, also war es in Ordnung. Die haben es weit gebracht, sieht man manch Anwesen, manch Reisevideo, manche Rente. Das System hat es nicht weit gebracht. Es war schlimm, weiß man heute und hört es nicht gern. Man sieht auch gar nicht so gern hin, dass da noch andere sind, auch heute aus dem Kollektiv ausgeschlossen. Wir haben doch so schön mitgesungen, fleißig mitgemacht, nun stört manche Erinnerung eben.
Und nun kommen wir wieder zu dem Geschwisterpaar. Aus den Kindern sind inzwischen ältere Leute geworden, sie sind allein, sehr bitter, verschlossen, etwas wunderlich – mag sein. Die kamen doch noch nie klar, sagt man in so Runden, weißt du noch, mit dem Kollektiv damals auf dem Zeltplatz. Das waren noch Zeiten, als nicht nur das Geld zählte. Warum sind sie heute dazu gezwungen, dass nur das Geld zählt? Aber sie kommen klar. Wenn so unbequeme Fragen kommen, wehrt man sich, kollektiv, versteht sich, und zeigt oft: Schaut sie euch doch an, unsere großen Revolutionäre, damals mit den komischen Kerzen! Als Erste rausgeflogen sind sie. War doch klar, dass die sich nicht anpassen können. Kennen wir alles. Immer wieder dieses komische Wir. Und außerdem, da war doch mal was mit der Polizei und so. Na ja, die kannten eben ihre Pappenheimer.
Bruder und Schwester kamen nie auf einen grünen Zweig. Die Wege, die ihnen damals versperrt wurden, konnten sie einfach nie wieder beschreiten. Es war zu viel passiert, zu viel vorgefallen, sie waren in eine Verteidigerrolle gedrängt und hatten sich auch persönlich verändert.
Herr Helmrich hat es schon gesagt, nach den beruflichen Rehabilitierungsgesetzen können sie bei ihrer beruflichen Förderung unterstützt werden. Die Zeitgrenze für das BAföG ist außer Kraft für diesen Personenkreis, aber aus Altersgründen greift das alles nicht. Und in dem Gesetz ist die Frage „Was wäre, wenn?“ ausgeschlossen, deshalb die symbolische Gewährung einer Summe je nach Schwere des Schicksals bis zu 10.000 DM, wie Sachsen es für sich auch beschlossen hat. Sachsen hat versucht, die Gerechtigkeitslücke auf Bundesebene zu schließen. Das ist nicht gelungen und so hat man diesen
Weg gewählt, den verfolgten Schülern noch ein Stück Wiedergutmachung zukommen zu lassen. Und noch mal der Hinweis: Es geht nicht in erster Linie um das Geld. Darüber kann man reden. Auch über den Weg, wie man es umsetzen will, kann man reden, nur, man muss es tun und deshalb dieser Antrag und die Bitte, ihn auch zu überweisen, um darüber reden zu können.
Die Geschichte, die ich Ihnen vorgelesen habe, ist unspektakulär und die handelnden Personen begegnen uns täglich. Ich bitte Sie hier an dieser Stelle, in dieser Zeit, in diesem Raum, dass wir, um ein klein wenig mehr Gerechtigkeit herzustellen, unabhängig vom politischen Bekenntnis an dieser Aufgabe mitarbeiten. Und wenn Sie helfen wollen, stimmen Sie bitte zu. Wenn Sie nicht zustimmen, nehmen Sie dem Landtag die Möglichkeit zu helfen, und das können Sie aus meiner Sicht ernsthaft nicht wollen. Über das Wie, wie gesagt, kann man sich ganz bestimmt einigen. Es geht nicht um Wählerpotential und es geht auch nicht darum, irgendjemandem die Vergangenheit um die Ohren zu schlagen. Wie wollen Sie eine Brücke bauen, wie es immer gesagt wird, wenn es nicht einmal ein Gespräch über die Opfer dieser tragischen Irrwege geben darf,
nur Gespräche? Das Mindeste ist doch, dass man zur Kenntnis nimmt und Aufmerksamkeit widmet. Das können Sie nicht nicht wollen.
Und wenn am Ende eines langen Weges jeder sagen kann, das und jenes habe ich schlimm falsch gemacht,
aber ich helfe mit, es wieder gutzumachen oder dafür zu sorgen, dass es nie wieder passiert, darf meiner Ansicht nach unser Volk auch einen kurzen Augenblick stolz auf sich sein. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn es aus dem Bericht des Bürgerbeauftragten keine Konsequenzen geben soll, und schon gar keine verbindlichen, dann entwerten Sie das Amt der Bürgerbeauftragten. Wir haben aber …
Moment, Moment, dazu kommen wir noch.
Aber wir haben doch die Möglichkeit, die Probleme, die der Bürgerbeauftragte aufzeigt, aufzugreifen und hier in entsprechende Beschlüsse zu fassen und umsetzen zu lassen.
Ja.
Moment, Moment, jetzt bin ich dran.
Die CDU-Fraktion hat die Anregungen des Bürgerbeauftragten aufgegriffen und vorgeschlagen, die Landesregierung zu bitten zu prüfen. Das ist ja wohl in diesem Fall kein Oppositionsgehabe. Aber genügend Probleme haben wir wahrscheinlich auch ohne die Sorgen der Bürger des Landes. Das kann es wohl nicht sein. Das kann wohl auch nicht Ihre Auffassung sein, meine Damen und Herren hier von den linken Bankreihen.
Ich möchte eigentlich nur zu zwei Schwerpunkten sprechen, die die CDU-Fraktion herausgearbeitet hat und die leider bislang abgelehnt wurden. Die Landesregierung sollte aufgefordert werden zu prüfen, ob die rechtliche und finanzielle Situation der überlebenden Zivildeportierten jenseits von Oder und Neiße verbessert werden kann. Und dass diese Dinge nicht längst erledigt sind, Herr Dr. Schoenenburg, in der Vergangenheit, das ist in der Tat beschämend auch für uns. Das muss man ganz klar benennen, das ist so und das ist eigentlich traurig. Der Bürgerbeauftragte weist in dem vorliegenden Bericht darauf hin. Wir haben es aufgegriffen in einem Antrag. Was ist daran falsch? Sie wissen genau, was die Menschen durchmachen mussten und wie sie zu Recht verbittert sind, weil ihr Schicksal kaum zur Kenntnis genommen wird, während man darum streitet, ob einige dynamische IMs beim MDR weiter auf Sendung bleiben sollen oder nicht. Und dabei geht es gar nicht so sehr um Geld, sondern um eine späte Form der Anerkennung. Wer in irgendeiner Weise selbst von Unrecht betroffen war und auch
heute ist, weiß, wie wichtig das ist. Jeder kennt das subtile „Na, wer weiß“ hinter dem Rücken. Und Diffamierung ist ja inzwischen ein Volkssport. Man lenkt so vom eigenen Versagen ab und dabei ist keiner frei von Irrtum und Schuld.
Man vergisst …
Ich hatte dazu bereits etwas gesagt.
… hierzulande immer die Opfer mancherlei Strebsamkeit, auf die manche auch noch stolz sind. Was ist also ernsthaft dagegen zu sagen, dass die Landesregierung mittels ihrer Fachleute an der Nahtstelle zu den Opfern, wie zum Beispiel Versorgungsämter, Amt für Rehabilitierung und Wiedergutmachung, Landesbeauftragte, überprüft, ob es nicht Möglichkeiten gibt zu helfen? Eine Bundesratsinitiative wäre denkbar. Also lassen Sie uns bitte prüfen, und das mit dem Willen, einen Weg zu finden. Was täte an einer Zustimmung hierzu nun so weh? Und an dieser Stelle von Geld zu reden wäre in der Tat beschämend.
Weiterhin wird die Landesregierung aufgefordert, Gleiches für die Gruppe der Zwangsausgesiedelten zu prüfen, deren Problemlage sicher für jeden einsehbar im vorliegenden Bericht recht anschaulich geschildert wurde. Ich will Sie da auch nicht weiter mit klugen Worten belehren, sondern nur ganz einfach bitten, hier mit gutem Willen künftig nach Möglichkeiten zu suchen. Deshalb wird die CDU diese Problematik in entsprechenden Anträgen erneut zur Aussprache bringen. Ich hoffe hier auf die Bereitschaft zur Kooperation.
Klar, ja.
Also bei der Enquetekommission ist mir besonders in Erinnerung, dass die Opferverbände diese unter Protest verlassen haben und auch mit den Vorschlägen nicht einverstanden waren. Eine Stiftung für die Opfer staatlicher Gewalt – ohne zu sagen, welcher Gewalt – zu gründen, damit werten Sie die Opfer von SED-Unrecht und auch zuvor von NS-Unrecht ab, wenn Sie das hier gleichsetzen. Opfer staatlicher Gewalt mag es auch heute geben, aber es ist doch eine andere Qualität. Eine Stiftung für die Opfer des SED-Regimes zu gründen,
für die Zwangsausgesiedelten oder für die Zivildeportierten, für die Schüler, wie auch immer, wäre sicherlich ein gangbarer Weg.
Ja, doch.
Also diese Formulierung, die Sie gewählt haben – Opfer staatlicher Gewalt –, das ist eine Gleichsetzung von Rechtsstaat und Unrechtsregime. Das geht meiner Meinung nach nicht. Und das kann ich mir auch so nicht vorstellen. Also ein Opfer von einem Unrechtsregime, das ist erstens eine andere Quantität, eine andere Qualität als Opfer, die es zweifelsohne auch in einem Rechtsstaat durch staatliches Handeln gibt, natürlich. Es gibt Justizirrtümer, es gibt Übergriffe, Polizeiübergriffe und dergleichen. Es gibt aber auch rechtsstaatliche Möglichkeiten, sich dagegen zu wehren. Es gibt also Riesenunterschiede. Für mich ist das eine Gleichsetzung, die nicht geht, und die ging damals auch nicht. Ich weiß nicht, ob das der Hauptgrund war, es war aber sicherlich auch ein Grund, dass die Opferverbände damals die Enquetekommission verlassen haben. Also es ist eine Gleichsetzung von Unrechtsregime mit einem Rechtsstaat. Und das kann es nicht geben, das halte ich für nicht möglich.
Aber bleiben wir bei der PDS. Es gibt eine Forderung nach mehr Kompetenzen im Petitionsrecht, liebe Kollegin Koburger, eine Forderung, die Sie öffentlich gestellt haben, die ich voll und ganz teile. Die hätte man theoretisch sogar gemeinsam stellen können. Aber wenn Sie auf einer Seite mehr Kompetenzen fordern, dann passt es eben nicht zusammen, wenn die vorhandenen Kompetenzen nicht ausgeschöpft werden. Und das wären eben solche Sachen, wie unseren Vorschlägen zu folgen, die Landesregierung zu bitten zu prüfen, nicht mehr,
und unsere Punkte in Bausch und Bogen abzulehnen und zu sagen …
Ja, ja, ja, mit der Begründung, das wäre alles erledigt. Ich verzichte jetzt darauf, die Punkte vorzulesen, aber erledigt ist von den acht Punkten nicht einer, nicht einer. Ich sehe auch die Notwendigkeit gar nicht. Wenn ich mich
so in Ihre Lage als regierungstragende Fraktion versetze, dann sehe ich überhaupt keinen Grund, warum man diese Anliegen, wenigstens die wichtigsten, nun überhaupt nicht mittragen kann.
Frieder Jelen als Bürgerbeauftragter hat oft mit Windmühlenflügeln gekämpft, das lag ein wenig auch an uns, weil wir seiner Arbeit nicht den gebührenden Stellenwert eingeräumt haben. Und das wird auch jetzt wieder deutlich. Er ist aber, wenn es um diese bitteren und sehr schweren Sorgen der Menschen ging, in seinem Kampf nicht müde geworden. Und Sie, liebe Frau Lorenz, haben den Staffelstab längst übernommen. Um der Menschen in diesem Land willen sei Ihre Arbeit erfolgreich. Ich persönlich wünsche Ihnen viel Glück. – Herzlichen Dank.
Herr Kollege Friese, wenn Sie über Versöhnung reden, wer muss nach Ihrer Meinung den ersten Schritt tun? Der Täter oder das Opfer?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe vorhin erfahren, dass ich
zu der Thematik alleine sprechen werde. Ich finde das eigentlich sehr schade, denn wenn man wahrgenommen werden will, muss man sich auch bemerkbar machen. Und wenn man diesem Petitionsausschuss mehr Gewicht verleihen will, dann ist das ganz bestimmt auch kein Selbstzweck.
Ich will mich aber dennoch kurz fassen, lasse mal einiges weg und möchte nur auf eine Sache hinweisen, die aus unserer Sicht so nicht weitergehen kann. Wenn Bürger Petitionen an uns richten, dann waren sie in der Regel schon überall. Es macht aus unserer Sicht und auch aus unserer Erfahrung wenig Sinn, die Verwaltungsmeinung in mehreren Ebenen x-fach zu wiederholen. Wenn also die Petenten nicht die Möglichkeit haben, bei bestimmten Petitionen, wo sich das anbietet, Aussagen richtig zu stellen, auf neue Gesichtspunkte, die sich in der Diskussion möglicherweise vielfach auch ergeben, zu reagieren, wird man oftmals ein einseitiges Bild erhalten. Um jetzt nicht falsch verstanden zu werden, schriftliche Rückäußerungen sind ja immer möglich, nachdem der Petitionsausschuss so oder so oder so entschieden hat. Nur, das Bild, was man in der Diskussion erhält, mit einer schriftlichen Rückäußerung einer einzelnen Person zu korrigieren, das gelingt meistens nicht. Die Auswahl der Petenten, die man einlädt, wo sich das als geboten zeigt, zu treffen, das ist unsere Berufskunst, liebe Kollegen. Und das heißt für mich, auch im Zweifelsfall immer zu Gunsten des Petenten zu entscheiden.
Noch eins: In der Regel scheuen die Petenten die Auseinandersetzung auch persönlich nicht, sonst hätten sie wahrscheinlich auch gar keine Petition geschrieben. Also sie bedürfen aus meiner Sicht auch keiner vordergründigen Fürsorge.
Ja.
Ja, den Eindruck hatte ich durchaus in einigen Fällen. Nur wird man, ohne dass man sich auch der Rede und Gegenrede stellt, wenig erreichen. Und das wissen auch die Petenten in aller Regel. Ich denke mal, so manchem kann man auch die persönliche Auseinandersetzung nicht ersparen. Das kann doch nicht das Ziel sein. Ich habe gesagt, unsere Berufskunst ist es, die Petitionen auszuwählen. Wenn wir dort jemanden haben, der ein gewisses Alter erreicht hat, möglicherweise sehr krank ist, das ergibt sich ja aus den Unterlagen, und die Petition hat aufgrund mehrfacher Rechtsprechung und, und, und keine Aussicht auf Erfolg, ja dann, in dem Fall würde ich auch Abstand nehmen von einer Beteiligung des Petenten im Verfahren. Aber es gibt durchaus Petitionen, die sind von der Darstellung und von der Sichtweise so verschieden und unterschiedlich, dass man aus meiner Sicht der Wahrheit überhaupt nur nahe kommen kann, wenn man den Petenten mit einlädt oder die Petenten und die Verfahrensbeteiligten, das sind ja
manchmal noch ganz andere Institutionen, um zu einem runden Bild zu kommen.
Was war der zweite Teil der Frage? Das hatte ich jetzt vergessen.
Okay.
Ja also, wir sagen immer, wir sollen die Menschen motivieren, dass sie für ihre eigenen Rechte auch persönlich eintreten. Doch dann ist es meiner Meinung nach widersinnig, wenn man sie nicht vorlässt.
Das war eigentlich schon alles, das wollte ich nur loswerden. Nur noch eine Bemerkung: Wir können weiter Coca-Cola aus Stralsund trinken. – Im doppelten Sinne Danke!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch ich will mich sehr kurz fassen. Es bleibt auch nicht mehr viel zu sagen, eigentlich ist alles gesagt.
Aber eins sollte uns vielleicht zu denken geben, warum eigentlich bei solchen Problemen nicht immer so pragmatisch und so, wie wir das diesmal gemacht haben im Sinne der Arbeitsplätze … Es hat uns doch überhaupt nichts gekostet, es hat eventuell was genutzt, was das Anliegen der Belegschaft dort betrifft. Das hat mich sogar ins ND gebracht,
habe ich gerade gesehen. Das hätte ich nie für möglich gehalten.
Also insgesamt denke ich, mögen …
Das ist nicht mehr schlimm, nein. Ich finde auch, wenn es denn der Sache dient,
dann ist das doch vollkommen okay, dann soll das auch so sein.
Die Stralsunder Bürgerschaft hat heute genauso einvernehmlich in etwa das Gleiche beschlossen, als Lehre für die Zukunft vielleicht ganz brauchbar und praktisch. Ich denke nur, dass den Verantwortlichen im Vorstand die Ohren klingen und die Belegschaft weiter so solidarisch bleibt. Ich wünsche ihnen dazu Kampfgeist und Erfolg. – Vielen Dank.
Der Bericht ist geprägt von einer Handschrift und nicht etwa von Behördendeutsch.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will es auch so halten wie meine Vorrednerinnen und vielleicht erst mal etwas zu der Position und der Person des Bürgerbeauftragten insgesamt sagen.
Der Bericht ist der Abschluss einer Fünferreihe und er ist auch der Beweis dafür, dass man in der Sache, am konkreten Problem und da, wo es tatsächlich schon manchmal sehr weh tut, parteiübergreifend den menschlichen Konsens finden kann.
Wie wichtig das ist, zeigt uns, glaube ich, auch gerade die gegenwärtige Diskussion, die geführt wird.
Vielleicht einen Satz dazu: Lange vorher gründete der Bürgerbeauftragte ein Bündnis für Demokratie und er warnte – er war damals als gewichtige politische Größe einbezogen – vor den Auswirkungen der Debatte um das Staatsbürgerschaftsrecht. Unermüdlich war auch sein Einsatz für die Opfer der Diktatur. Auch das ist gelebte Demokratie und das ist gelebter Einsatz für Toleranz und gegen Gewalt. Die Institution des Bürgerbeauftragten gehört mit großer Selbstverständlichkeit und ohne peinliches Hin und Her dem Verein für Toleranz und Demokratie an.
Seit dem April 1995 wurden 7.600 Petitionen mündlich, schriftlich, telefonisch oder eben direkt vor Ort an einem der etwa 400 durchgeführten Sprechtage entgegengenommen. 7.600! Wie viel Menschen und wie viel Sorgen das sind, vermag niemand zu sagen, auch und vor allem deshalb nicht, weil niemand weiß, wie viel Menschen sich gar nicht erst an ihn gewandt haben, weil sie schon wieder resignieren. Und das ist es auch – das sage ich jetzt für die Zukunft –, was es so wichtig macht, einen Bürgerbeauftragten zu haben, von dem man weiß, dass er da ist, und zwar auch für den, wie Frau Mahr gesagt hat, der dieser ganzen Amtlichkeit und dem Behördendeutsch etwas
hilflos gegenübersteht. Wenn man sich die Vorgänge ansieht, dann verwundert einen das wenig.
Das alles nützte aber wenig, wenn der Bürgerbeauftragte nicht unabhängig wäre. Es war sehr klug, ihm damals Verfassungsrang und Gewicht zu geben. Es nützte aber nichts, wenn sich der Bürgerbeauftragte nicht mit ganzem Herzen der Aufgabe gewidmet hätte – das hat mit Mut zu tun –, und es nützte sicher auch nichts, wenn es ihm nicht gelungen wäre, eine kleine schlagkräftige und zuverlässige Mannschaft zusammenzuschweißen.
Ich möchte, meine sehr geehrten Damen und Herren, das Zahlenspiel aus der Andacht gestern noch einmal aufgreifen. Das sind fünf Jahre Frieder Jelen als Bürgerbeauftragter und die daraus resultierenden fünf Tätigkeitsberichte. Das ist praktisch wie die fünf Kieselsteine aus dem Bach und dem immer währenden Kampf zwischen Gut und Böse. Das war der Beitrag von Frieder Jelen, dieses Land und diese Welt ein wenig besser zu machen. Ich wünsche mir vor allen Dingen, dass die Nachfolge jetzt würdig geregelt wird. Mit Dank und guten Wünschen für die neue Funktion verbleibt meine Fraktion und erlaubt sich, darauf hinzuweisen, dass der Nachfolger in sehr große Stiefel steigen muss. In der Hoffnung auf eine lebendige Gesellschaft freier Bürger, danke.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will den Ball mal gleich aufgreifen, das Thema Mobbing. Mobbing findet ja sehr verbreitet gerade im öffentlichen Dienst statt, sehr verbreitet in helfenden Berufen, das heißt in Berufen, in denen die Angst um den Arbeitsplatz eigentlich nicht so die vordergründige Rolle spielt. Es geht oftmals um Geld und Geltung und es geht auch darum, was Menschen bereit sind, anderen Menschen anzutun. Das ist vielleicht das Kernproblem beim Thema Mobbing.
Nun zum Bericht des Petitionsausschusses. Ich kann die Zufriedenheit mit den Ergebnissen der Arbeit des Petitionsausschusses nicht so ganz teilen, aber das ist sicherlich auch nicht so gemeint gewesen. Zufrieden mit in etwa 25 Prozent positiv entschiedenen Petitionen kann man nun mal nicht sein.
Was mich ein bisschen beunruhigt bei der Geschichte und was auch die CDU beunruhigt, ist, dass die Anzahl der Petitionen eigentlich seit Jahren kontinuierlich zurückgeht. Man kann ja darüber in Jubel ausbrechen und
sagen, es gibt eben keine Probleme mehr. Aber wenn Sie mal in die Gesichter der Leute schauen, dann sehen Sie, dass es sehr viele Petitionen gibt, die nie geschrieben werden.
Sie haben schon sehr verbreitet – und ich sage nachher auch gleich etwas dazu – Resignation und Lethargie. Und auch das wird zur materiellen Gewalt, wenn es die Massen ergreift. Das ist nun mal so, und zwar in der Weise, dass anschließend die Staatsgewalt sich auf Kosten der Leute gegen die Leute wendet. Diesen Rückgang von Petitionen sehe ich weder als einen Grund zum Jubeln, sondern eher als ein Alarmzeichen, und zwar seit Jahren.
Nehmen wir mal das Beispiel der SED-Opfer. Warum wenden die sich kaum noch an uns? Die haben schlichtweg einfach aufgegeben. Die haben mitbekommen, dass in dieser Republik eifrige Systemtreue und Mitmachen, treue Pflichterfüllung, egal für wen und was, weitaus höher gewertet werden als eigenes Denken, als der Einsatz für Freiheit und Menschenwürde.
Eine Petentin schreibt uns zu der Meinung, dass der Rückgang der Petitionen auf die immer bessere Arbeit der öffentlichen Verwaltung der Behörden zurückzuführen ist: Wenn das mal nicht ein Irrtum ist. Es ist nämlich oftmals so, dass der Apparat am Ende immer Recht hat. Das bekam eine junge Frau zu spüren, die in Wildwestmanier in die Mangel der Polizei geriet. Das war übrigens einer der wenigen derartigen Fälle, die in die Öffentlichkeit gelangten und auch durch die Presse gingen, weil man in solchen Fällen gerade vorweg die Übermacht sieht oder aus Angst oder Scham vor weiterer Demütigung von solchen Beschwerden absieht.
Als dann erkennbar wurde, dass sich diese junge Frau beschweren würde, dass sie die Sache nicht auf sich beruhen lassen würde, wurde sie erst einmal vorsorglich angezeigt wegen Beamtenbeleidigung und Widerstand. Tja, da beweise mal einer das Gegenteil! In der Befassung damit erfuhr ich, dass das ein ganz gängiges Verfahren ist. Weil gerade die Opfer hier oftmals in Beweisnot sind, greift das Übermaßverbot nicht. Das ist auch ein Hinweis auf eine weitere Lücke im entsprechenden Gesetz.
Die Petitionen nehmen ab. Ja, aber wer beschwert sich angesichts solcher Dinge dann noch? Dabei ist es in der freiheitlichen Demokratie so wichtig, sich zu wehren, eben gegen Amtsmissbrauch, Korruption, Willkür und die Arroganz der Macht der Behörden in allen Ebenen. Und das ist weit verbreitet inzwischen.
Wenn jetzt die Verwaltung, die Behörden den Ausschuss unterstützen, dann tun sie weiter nichts als ihre Pflicht und Schuldigkeit.
Ich kann Ihnen von noch einem Fall berichten, an dem man sieht, wie man in der Bürokratie verschleißen kann, wenn man sich wehrt in dieser Bundesrepublik. Wenn sich jemand gegen das Verbot, einen Kleintierstall auf seinem Grundstück errichten zu dürfen, wehrt, kann es schon einmal passieren, dass dann später irgendwann der Autobahnzubringer zufällig genau über sein Grundstück führt. Das alles passiert in diesem Land.
Eine Sache wollte ich noch ansprechen, die uns immer wieder verfolgt und die aus meiner Sicht auch eine gewis
se Wichtigkeit hat, da Artikel 1 des Grundgesetzes zur Menschenwürde hierbei ein große Rolle spielt, und zwar ist das die Verfahrensweise der Kontrolle so genannter eheähnlicher Gemeinschaften durch die Sozialämter. Darüber wird ständig Beschwerde geführt. Da gibt es einen Katalog, wie vorzugehen ist, dass man einen Hausbesuch macht, dass man eingelassen werden muss, ansonsten kürzt man die Leistungen oder streicht sie. Ja, man wird in aller Regel auch eingelassen. Dann sind solche Sachen zu kontrollieren wie Betten, Schränke, der Kühlschrank, ob er getrennte Fächer hat, und dergleichen. Das mag ja alles berechtigt sein, dass man kontrolliert, aber so geht das auf keinen Fall. Das verstößt gegen die Menschenwürde, Artikel 1 Grundgesetz.
Wer also akzeptiert, schluckt, mitmacht, wird zum Komplizen eines immer arroganter, selbstherrlicher und rigoroser werdenden Apparates. Wenn dieser nun auch noch gewalttätig wird, ändert diese Republik ihr Gesicht.
Wir haben hier einen sehr sachlichen Tätigkeitsbericht vorliegen und in der Thematik zwar schwankende, aber tendenziell rückläufige Petitionszahlen. Noch sind die Menschen geduldig und friedlich und ich will mal hoffen, dass das kein Trugschluss ist. – Vielen Dank.